Otto Flagmeyer
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Otto Flagmeyer (geb. 11. September 1884; gest. 1960) war Bauunternehmer, Stadtrat (SPD) und 1945 kurzzeitig Oberbürgermeister von Nordhausen.
Leben
Otto Flagmeyer wurde als Sohn eines Schuhmachermeisters und Sozialdemokraten geboren. Er machte eine Ausbildung zum Buchdrucker- bzw. Schriftsetzermeister und war seit 1906 Mitarbeiter, später Technischer Leiter der Nordhäuser Volkszeitung (bis 1919). Flagmeyer wird im Adreß-Buch der Stadt Nordhausen für das Jahr 1910/1911 als Schriftsetzer in der Riemannstraße 33 geführt.[1] Ab 1922 arbeitete er als ehrenamtlicher und ab 1924 als hauptamtlicher Geschäftsführer des Baubetriebes für Nordhausen und Umgebung, soziale Baugesellschaft m.b.H. Nach 1933 erwarb er diesen Betrieb gemeinsam mit anderen und wurde 1936 Alleininhaber.
Flagmeyer trat 1902 in die SPD ein und war von 1919 bis 1933 ehrenamtlicher Stadtrat und Fraktionsführer in Nordhausen. 1932 stellte Flagmeyer Strafantrag gegen das KPD-Organ Nordhäuser Echo wegen verleumderischer Beleidigung und übler Nachrede. Am 6. September wird die Berufung der wegen einer Schlägerei am Martinstag 1931 Verurteilten abgelehnt und das Urteil rechtskräftig.
Er galt bis zur NS-Machtübernahme 1933 als Nordhausens „wichtigster Organisator“ der Arbeiterbewegung.[2] Aufgrund dessen wurde er nach dem Reichstagsbrand am 18./19. März 1933 zusammen mit anderen sozialdemokratischen Kommunalpolitikern verhaftet. Kurz darauf kam er wieder frei, wurde jedoch im Juni 1933 für einige Zeit erneut interniert. Im August/September 1944 war er für vier Wochen im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert.
Nachdem am 15. April 1945 der bisherige Stadtrat vom US-amerikanischen Militärgouverneur entlassen worden war, ernannte er am nächsten Tag Otto Flagmeyer zum Bürgermeister (→ Protokoll über die Übernahme der Stadtverwaltung Nordhausen im Auftrage des Militärgouvernements in Nordhausen). Flagmeyer waren nun sämtliche in Nordhausen befindlichen Behörden und Schulen sowie Reichsbahn und Post unterstellt. Er erhielt den Auftrag, die Verwaltung wieder in Gang zu setzen und für Aufräumungsarbeiten zu sorgen. Flagmeyer ernannte antifaschistisch gesinnte Behördenleiter und verbot jegliche politische Betätigung. Die Stadtverwaltung siedelte aus dem Gehege in das frühere Arbeitsamt in der Spangenbergstraße um.
Am 8. Mai 1945 musste er in einem Aufruf allen Plünderern die Todesstrafe androhen (→ Aufruf an die Nordhäuser Bevölkerung durch Bürgermeister Flagmeyer (8. Mai 1945)). Flagmeyer weihte am 13. Mai 1945 den Ehrenfriedhof ein. Am 25. Mai 1945 gab er die Umbenennung von 52 Straßen bekannt, die Bezug zum Nationalsozialismus haben, und ließ zudem das Wehrfreiheitsdenkmal sowie den Horst-Wessel-, Schlageter- und Klaus-Buhe-Stein im Stadtpark beseitigen.
Am 14. Juni 1945 trat er vom Amt zurück. Sein Nachfolger wurde auf Veranlassung des Militärgouverneurs der Rechtsanwalt Richard Senger. Nach einem Bericht des Regierungsrates Karl Schultes vom 17. Juli 1945, sei Flagmeyer aufgrund von „Schwierigkeiten mit dem Military Government“ zurückgetreten. Ihm wurde vorgeworfen, den Wiederaufbau mit Privatgeschäften sabotiert zu haben. Von den Kommunisten sei Flagmeyer aufs Schärfste abgelehnt worden, „weil er es während seiner Amtstätigkeit unterlassen hat, mit dem antifaschistischen Ausschuß die nötige Fühlung aufzunehmen“. Am 8. August 1945 konstituierte sich unter Vorsitz von Otto Flagmeyer eine Arbeits- und Wiederaufbaukommission.
Im alphabetischen Verzeichnis sämtlicher Haushaltungen von Nordhausen (1948) ist er in der Damaschkestr. 2 verzeichnet.[3]
Werke
- Wie es der Volkszeitung im Weltkrieg erging. In: Volkszeitung für Nordhausen, Jg. 26, Nordhausen 1931, Nr. 225 vom 26. September.
Zitate
- „Über Deutschland läuten die Friedensglocken: ein schwerer Alpdruck ist von uns genommen, wir leben auf, und wir bedauern es wohl alle, daß es uns nicht vergönnt war, diese Friedensglocken einige Tage früher zu hören - dann wäre unsere schöne tausendjährige Vaterstadt erhalten geblieben.“[4]
Siehe auch
Literatur
- Peter Kuhlbrodt: Nordhausen unter dem Sternenbanner. Nordhausen: Archiv der Stadt Nordhausen, 1995.
Einzelnachweise
- ↑ Adreß-Buch der Stadt Nordhausen für das Jahr 1910/1911, thulb.uni-jena.de; abgerufen am 18. Dezember 2020.
- ↑ Vgl. Franz Walter, Tobias Dürr, Klaus Schmidke: Die SPD in Sachsen und Thüringen zwischen Hochburg und Diaspora. S, 244 ff.
- ↑ Alphabetisches Verzeichnis sämtlicher Haushaltungen von Nordhausen (1948), thulb.uni-jena.de; abgerufen am 21. Mai 2021.
- ↑ http://www.nnz-online.de/news/news_lang.php?ArtNr=26693
- 1802–1868
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- 1868–1945
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