Karl Schultes: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Karl Schultes''' (* [[6. Juli]] [[1909]] in [[Nordhausen]]; [[2. Februar]] [[1982]]) war ein [[Deutsche|deutscher]] [[Jurist]], [[Parteifunktionär]] ([[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]/[[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|SAP]]/[[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]]/[[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]), [[Fahnenflucht|Wehrmachtsdeserteur]] und [[Verfassungsgerichtsbarkeit|Landesverfassungsrichter]] in [[Nordrhein-Westfalen]].
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'''Karl Schultes''' (geb. [[6. Juli]] [[1909]] in Nordhausen; gest. [[2. Februar]] [[1982]]) war von 1952 bis 1953 [[Oberbürgermeister]] von Nordhausen ([[SED]]) und Landesverfassungsrichter in Nordrhein-Westfalen.


== Leben ==
== Leben ==
Schultes entstammte der Familie eines Arztes und [[Freidenker]]s. Sein Wohnhaus wurde von dem bekannten späteren NS-[[Architekt]]en [[Paul Schultze-Naumburg]] errichtet.<ref>http://www.saaleck-werkstaetten.de/paul_schultze_naumburg/bauwerke.html Abgerufen 9. Juni 2011
Schultes entstammte der Familie eines Arztes und Freidenkers lebten im Haus [[Vor dem Hagentor 2]]. Nach dem Besuch von Volksschule und Gymnasium absolvierte er ab 1928 ein Studium der Rechtswissenschaften. In diesen Jahren trat er in die [[SPD]] ein, engagierte sich außerdem im ''Bund sozialistischer Studenten'' und in der Deutsche Liga für Menschenrechte. Neben der Verfassung von Zeitungsartikeln trat er auch als Wahlredner für seine Partei auf. Weil er sich für die Einheitsfront von Sozialdemokraten und Kommunisten einsetzte und deswegen Berufsverbot erhielt, trat er 1932 in die [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|Sozialistische Arbeiterpartei]] ein.
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Nach der [[Machtergreifung|Machtübertragung an die NSDAP]] wurde er 1934 in [[Bonn]] zum Doktor der Rechtswissenschaften [[promoviert]]. Seine [[Dissertation]] enthielt eine fundamentale Kritik an der Verfassungspraxis von [[Notverordnung|Artikel 48]] der [[Weimarer Verfassung]]. 1938 legte er sein [[Staatsexamen|Zweites juristisches Examen]] ab, wurde aber trotz Beitritt zum [[Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund|NS-Juristenbund]] nicht zum Staatsdienst zugelassen. Nach einer Tätigkeit in der [[Metallindustrie]] wurde er 1942 zur [[Wehrmacht]] eingezogen. Wegen „[[Wehrkraftzersetzung|Zersetzung der Wehrkraft]]“ wurde gegen ihn 1944 ein [[Militärgerichtsbarkeit (Nationalsozialismus)|Kriegsgerichtsverfahren]] eröffnet. Einem lebensbedrohlichen Urteil kam er zuvor, indem er von der Truppe [[Fahnenflucht|desertierte]] und sich in US-amerikanische [[Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges|Kriegsgefangenschaft]] begab.
1934 wurde Karl Schulte in Bonn zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Seine Dissertation enthielt eine fundamentale Kritik an der Verfassungspraxis von Notverordnung der Weimarer Verfassung. 1938 legte er sein Zweites Staatsexamen ab, wurde aber trotz Beitritt zum NS-Juristenbund nicht zum Staatsdienst zugelassen. Nach einer Tätigkeit in der Metallindustrie wurde er 1942 zur Wehrmacht eingezogen. Wegen Wehrkraftzersetzung wurde gegen ihn 1944 ein Kriegsgerichtsverfahren eröffnet. Einem lebensbedrohlichen Urteil kam er mit Fahnenflucht zuvor und sich in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft begab.


Als die NS-Herrschaft beseitigt und er nach [[Thüringen]] zurückgekehrt war, nahm ihn [[Hermann Brill]] im Mai 1945 als Mitarbeiter in sein Präsidialbüro auf. Im Juli 1945 trat er in die [[Kommunistische Partei Deutschlands]] (KPD) ein und wurde mit deren Mandat [[Oberbürgermeister]] (Nachfolger von Richard Senger<ref>[https://nordhausen-wiki.de/wiki/Richard_Senger Richard Senger – NordhausenWiki], abgerufen am 6. Januar 2021.</ref>) und [[Landrat (Deutschland)|Landrat]] (Nachfolger von Wolf von Wolffersdorf<ref>[https://nordhausen-wiki.de/wiki/Wolf_von_Wolffersdorf Wolf von Wolffersdorf – NordhausenWiki], abgerufen am 6. Januar 2021.</ref>) von Nordhausen. Weil er gegen die aktive Benachteiligung ehemaliger Sozialdemokraten in der vereinigten Arbeiterpartei SED auftrat, obwohl er für deren [[Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED|Vereinigung]] eingetreten war, wurde er von Thüringer Vertretern der [[Sowjetische Militäradministration in Deutschland|SMAD]] von seinen Posten abberufen (Nachfolger: [[Hans Himmler]]). Im Mai 1946 wurde er Leiter der Abteilung [[Gesetzgebung]] im [[Justizministerium]] und stellvertretender [[Justizminister]]. Zugleich leitete er das Justizreferat beim Landesvorstand seiner Partei und wurde [[Dozent]] an der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena]]. Über Thüringen hinaus war er als Rechtsexperte gefragt, weil er sich um die Einführung einer [[Verwaltungsgerichtsbarkeit (Deutschland)|Verwaltungsgerichtsbarkeit]] bemühte und damit Sozialismus mit [[Rechtsstaatlichkeit]] verbinden wollte. Als 1949 die [[Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik|DDR-Verfassung]] entstand, wurde er von [[Otto Grotewohl|Grotewohl]] um Mitarbeit ersucht. Der Druck der Verfechter einer moskautreuen Parteilinie auf ihn verstärkte sich aber immer mehr, so dass er 1950 in die [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] floh. Dort wurde er 1952 in die SPD aufgenommen, aber trotz Fürsprache renommierter Sozialdemokraten wurde ihm der Weg in den [[Öffentlicher Dienst|öffentlichen Dienst]] verwehrt, weil ihm der Makel anhaftete, nicht gegen den [[Kommunismus]] gekämpft zu haben. Von 1952 bis 1957 studierte er an der Londoner „[[London School of Economics and Political Science|School of Economics]]“ und arbeitete für die Kölner „''United Restitution Organization''“. Ab 1957 arbeitete er wieder als [[Rechtsanwalt]] und wurde 1964 stellvertretender [[Richter]]. Von 1970 bis 1978 wirkte er als Richter am [[Verfassungsgericht Nordrhein-Westfalen|Verfassungsgericht Nordrhein-Westfalens]].
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Thüringen zurück und [[Wikipedia:Hermann Brill|Hermann Brill]] nahm ihn im Mai 1945 als Mitarbeiter in sein Präsidialbüro auf. Im Juli 1945 trat er in die [[KPD]] ein und wurde mit deren Mandat Nordhäuser Oberbürgermeister(Nachfolger von [[Richard Senger]]) und Landrat des Landkreises Nordhausen (Nachfolger von [[Wolf von Wolffersdorf]]). Weil er gegen die aktive Benachteiligung ehemaliger Sozialdemokraten in der vereinigten Arbeiterpartei SED auftrat, obwohl er für deren Vereinigung eingetreten war, wurde er von Thüringer Vertretern der SMAD von seinen Posten abberufen.  
 
Im Mai 1946 wurde er Leiter der Abteilung Gesetzgebung im Justizministerium und stellvertretender Justizminister. Zugleich leitete er das Justizreferat beim Landesvorstand seiner Partei und wurde Dozent an der Universität Jena. Über Thüringen hinaus war er als Rechtsexperte gefragt, weil er sich um die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit bemühte und damit Sozialismus mit Rechtsstaatlichkeit verbinden wollte. Als 1949 die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik entstand, wurde er von Otto Grotewohl um Mitarbeit ersucht. Der Druck der Verfechter einer moskautreuen Parteilinie auf ihn verstärkte sich aber immer mehr, so dass er 1950 in die Bundesrepublik Deutschland floh.  
 
Dort wurde er 1952 in die SPD aufgenommen, aber trotz Fürsprache renommierter Sozialdemokraten wurde ihm der Weg in denöffentlichen Dienst verwehrt, weil ihm der Makel anhaftete, nicht gegen den Kommunismus eingetreten zu sein. Von 1952 bis 1957 studierte er an der London School of Economics and Political Science und arbeitete für die Kölner „''United Restitution Organization''“. Ab 1957 arbeitete er wieder als Rechtsanwalt und wurde 1964 stellvertretender Richter. Von 1970 bis 1978 wirkte er als Richter am [Verfassungsgericht Nordrhein-Westfalens.


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== Einzelnachweise ==
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Version vom 2. April 2022, 16:28 Uhr

Karl Schultes
[[Bild:|220px|Karl Schultes]]
'
geb. 6. Juli 1909 in Nordhausen
gest. 2. Februar 1982
Jurist, Parteifunktionär, Oberbürgermeister, Landesverfassungsrichter
Bilder und Medien bei Commons
Wikidata: Datensatz
GND-Nummer 117182753
DNB: Datensatz

Karl Schultes (geb. 6. Juli 1909 in Nordhausen; gest. 2. Februar 1982) war von 1952 bis 1953 Oberbürgermeister von Nordhausen (SED) und Landesverfassungsrichter in Nordrhein-Westfalen.

Leben

Schultes entstammte der Familie eines Arztes und Freidenkers lebten im Haus Vor dem Hagentor 2. Nach dem Besuch von Volksschule und Gymnasium absolvierte er ab 1928 ein Studium der Rechtswissenschaften. In diesen Jahren trat er in die SPD ein, engagierte sich außerdem im Bund sozialistischer Studenten und in der Deutsche Liga für Menschenrechte. Neben der Verfassung von Zeitungsartikeln trat er auch als Wahlredner für seine Partei auf. Weil er sich für die Einheitsfront von Sozialdemokraten und Kommunisten einsetzte und deswegen Berufsverbot erhielt, trat er 1932 in die Sozialistische Arbeiterpartei ein.

1934 wurde Karl Schulte in Bonn zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Seine Dissertation enthielt eine fundamentale Kritik an der Verfassungspraxis von Notverordnung der Weimarer Verfassung. 1938 legte er sein Zweites Staatsexamen ab, wurde aber trotz Beitritt zum NS-Juristenbund nicht zum Staatsdienst zugelassen. Nach einer Tätigkeit in der Metallindustrie wurde er 1942 zur Wehrmacht eingezogen. Wegen Wehrkraftzersetzung wurde gegen ihn 1944 ein Kriegsgerichtsverfahren eröffnet. Einem lebensbedrohlichen Urteil kam er mit Fahnenflucht zuvor und sich in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft begab.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Thüringen zurück und Hermann Brill nahm ihn im Mai 1945 als Mitarbeiter in sein Präsidialbüro auf. Im Juli 1945 trat er in die KPD ein und wurde mit deren Mandat Nordhäuser Oberbürgermeister(Nachfolger von Richard Senger) und Landrat des Landkreises Nordhausen (Nachfolger von Wolf von Wolffersdorf). Weil er gegen die aktive Benachteiligung ehemaliger Sozialdemokraten in der vereinigten Arbeiterpartei SED auftrat, obwohl er für deren Vereinigung eingetreten war, wurde er von Thüringer Vertretern der SMAD von seinen Posten abberufen.

Im Mai 1946 wurde er Leiter der Abteilung Gesetzgebung im Justizministerium und stellvertretender Justizminister. Zugleich leitete er das Justizreferat beim Landesvorstand seiner Partei und wurde Dozent an der Universität Jena. Über Thüringen hinaus war er als Rechtsexperte gefragt, weil er sich um die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit bemühte und damit Sozialismus mit Rechtsstaatlichkeit verbinden wollte. Als 1949 die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik entstand, wurde er von Otto Grotewohl um Mitarbeit ersucht. Der Druck der Verfechter einer moskautreuen Parteilinie auf ihn verstärkte sich aber immer mehr, so dass er 1950 in die Bundesrepublik Deutschland floh.

Dort wurde er 1952 in die SPD aufgenommen, aber trotz Fürsprache renommierter Sozialdemokraten wurde ihm der Weg in denöffentlichen Dienst verwehrt, weil ihm der Makel anhaftete, nicht gegen den Kommunismus eingetreten zu sein. Von 1952 bis 1957 studierte er an der London School of Economics and Political Science und arbeitete für die Kölner „United Restitution Organization“. Ab 1957 arbeitete er wieder als Rechtsanwalt und wurde 1964 stellvertretender Richter. Von 1970 bis 1978 wirkte er als Richter am [Verfassungsgericht Nordrhein-Westfalens.

Werke

  • Die Jurisprudenz zur Diktatur des Reichspräsidenten nach Art. 48, Absatz II der Weimarer Verfassung. Ein kritischer Rückblick, Bonn : Röhrscheid, 1934
  • Die Verfassung der Sowjetunion, Weimar : Thüringer Volksverl., 1946
  • Die Verfassung des Landes Thüringen, Weimar : Thüringer Verlagsanst., 1947
  • Thüringische Rechtskartei, Weimar : Landesverl. Thüringen, 1947
  • Der Niedergang des staatsrechtlichen Denkens im Faschismus. Die Lehren des Herrn Professor Carl Schmitt, Kronjurist der Gegenrevolution, Weimar : Werden u. Wirken, 1947
  • Gesetzgebung und Rechtsentwicklung im Lande Thüringen, Weimar : Landesverl. Thüringen, 1947
  • Die süddeutschen Länderverfassungen, Berlin : Dietz, 1948
  • Der Aufbau der Länderverfassungen in der sowjetischen Besatzungszone, Berlin : Dietz, 1948

Literatur

  • Steffen Kachel: Ein rot-roter Sonderweg? Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen 1919 bis 1949 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe, Bd. 29), S. 565, ISBN 978-3-412-20544-7

Weblinks

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