Der Nordhäuser Roland (4/1953): Unterschied zwischen den Versionen

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Die beliebtesten Ausflüge von Nordhausen nach dem Harze, ohne die Bahn zu benutzen, gehen nach dem Flecken Neustadt. Über die Promenade, die Riemann-und die Albert-Traeger-Straße (zwei ehemalige Nordhäuser Bürger) wandert man mit dem Blick auf den weiten Harzrand nach Rüdigsdorf. Zuvor erblicken wir die kahlen Gipsberge der „Rüdigsdorfer Schweiz“, deren Berge nach unserem Wege hin steil abfallende Wände zeigen. Die kleinen, von den Gipfeln herabkommenden, nur nach Regengüssen fließenden Bäche haben noch nicht die Kraft besessen, die Erosionstäler bis zur Haupttalsohle der Landstraße Krimderode- Rüdigsdorf zu vertiefen, so daß sie oft 10 und mehr Meter über dieser Talsohle endigen. Kurfz vor Rüdigsdorf bieten wir auf einem Feldwege links ein, berühren den äußersten Westzipf ei des Giebichenhagens und ersteigen dann die letzte Welle der Harzvorberge. Von ihrer Höhe aus genießen wir den anziehendsten Blick auf Neustadt unten im Tale und auf die Burg Hohnstein dahinter; abgeschlossen wird der Blick vom Massiv des Poppenbergs. Neustadt ist zwar von ke.ner Mauer umgeben, dennoch steht an seiner Südseite ein hohes altertümliches Tor; auf dem Markte befindet sich das 1730 errichtete Rolandstandbild. Von Neustadt steigt man auf die Ruine Hohnstein. Der Name ist der Burg nach dem „Hohen Sterne“, auf dem sie liegt, gegeben worden. Mehrfache Mauern schon am Fuße und auf halber Bergeshöhe zeigen die starke Befestigung dieses einstigen Grafensitzes. Schließlich tritt man von der Ostseite her in den Burghof ein, Da hier die schwächste Stelle der Burg war und das harte Gestein einen Graben unmöglich machte, sind hier doppelte Befestigungen angelegt worden. Schon unten vom Burghof aus hat man eine einzigartige Aussicht. Die Burg wurde um 1120 erbaut; die Grafen von Hohnstem haben von hier aus weite Gebiete unseres Südharzes beherrscht. Ln Fleglerkrieg 1412 wurde die Burg durch Handstreich erobert. 1525 war sie im Besitz der Bauern; 1627 wurde sie im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt. Auf alles das haben die nun morsch gewordenen Quader aus Porphyrit herniedergeschaut. Von Neustadt treten wir den Rückweg durch den Giebichenhagen an. Wieder über die Vor harzwelle, dann aber östlich von unserer Anmarschstraße hinunter in die Senke, wo einstmals unweit unseres Weges die 1412 im Fleglerkrieg unter gegangenen Dörfer Harzfeld und Günsdorf lagen, dann nimmt uns das Buchengrün des Giebichenhagens auf. Nach 45 Minuten ist Petersdorf erreicht, und von der Anhöhe des Harz-Rigi aus sehen wir Nordhausen wieder vor uns liegen. Dauer der Wanderung 4 Stunden. (Nach Dr. Hans Silberborth: „Wer wandern will“.)
Die beliebtesten Ausflüge von Nordhausen nach dem Harze, ohne die Bahn zu benutzen, gehen nach dem Flecken Neustadt. Über die Promenade, die Riemann-und die Albert-Traeger-Straße (zwei ehemalige Nordhäuser Bürger) wandert man mit dem Blick auf den weiten Harzrand nach Rüdigsdorf. Zuvor erblicken wir die kahlen Gipsberge der „Rüdigsdorfer Schweiz“, deren Berge nach unserem Wege hin steil abfallende Wände zeigen. Die kleinen, von den Gipfeln herabkommenden, nur nach Regengüssen fließenden Bäche haben noch nicht die Kraft besessen, die Erosionstäler bis zur Haupttalsohle der Landstraße Krimderode- Rüdigsdorf zu vertiefen, so daß sie oft 10 und mehr Meter über dieser Talsohle endigen. Kurfz vor Rüdigsdorf bieten wir auf einem Feldwege links ein, berühren den äußersten Westzipf ei des Giebichenhagens und ersteigen dann die letzte Welle der Harzvorberge. Von ihrer Höhe aus genießen wir den anziehendsten Blick auf Neustadt unten im Tale und auf die Burg Hohnstein dahinter; abgeschlossen wird der Blick vom Massiv des Poppenbergs. Neustadt ist zwar von ke.ner Mauer umgeben, dennoch steht an seiner Südseite ein hohes altertümliches Tor; auf dem Markte befindet sich das 1730 errichtete Rolandstandbild. Von Neustadt steigt man auf die Ruine Hohnstein. Der Name ist der Burg nach dem „Hohen Sterne“, auf dem sie liegt, gegeben worden. Mehrfache Mauern schon am Fuße und auf halber Bergeshöhe zeigen die starke Befestigung dieses einstigen Grafensitzes. Schließlich tritt man von der Ostseite her in den Burghof ein, Da hier die schwächste Stelle der Burg war und das harte Gestein einen Graben unmöglich machte, sind hier doppelte Befestigungen angelegt worden. Schon unten vom Burghof aus hat man eine einzigartige Aussicht. Die Burg wurde um 1120 erbaut; die Grafen von Hohnstem haben von hier aus weite Gebiete unseres Südharzes beherrscht. Ln Fleglerkrieg 1412 wurde die Burg durch Handstreich erobert. 1525 war sie im Besitz der Bauern; 1627 wurde sie im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt. Auf alles das haben die nun morsch gewordenen Quader aus Porphyrit herniedergeschaut. Von Neustadt treten wir den Rückweg durch den Giebichenhagen an. Wieder über die Vor harzwelle, dann aber östlich von unserer Anmarschstraße hinunter in die Senke, wo einstmals unweit unseres Weges die 1412 im Fleglerkrieg unter gegangenen Dörfer Harzfeld und Günsdorf lagen, dann nimmt uns das Buchengrün des Giebichenhagens auf. Nach 45 Minuten ist Petersdorf erreicht, und von der Anhöhe des Harz-Rigi aus sehen wir Nordhausen wieder vor uns liegen. Dauer der Wanderung 4 Stunden. (Nach Dr. Hans Silberborth: „Wer wandern will“.)
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Version vom 9. September 2015, 21:42 Uhr

Der Nordhäuser Roland (April 1953)
Reihe Der Nordhäuser Roland
Band-Nr. 4/1958
Autor Verschiedene
Herausgeber Kulturbund
Erscheinungsjahr 1953
Umfang 18 S.
 Im Bestand der Stadtbibliothek Nordhausen.
Stand: 10. September 2015
Digitalisat: PDF (3 MB)
Seite Titel Autor
3 Dem "Nordhäuser Roland" zum Geleit! Fritz Gießner
4 Warum steht am Nordhäuser Rathaus ein Roland? R. H. Walther Müller
6 Probleme des Alterns und der Lebensverlängerung Hans Gebhardt
8 Kurt Wein
18 Otto Lange zum 75. Geburtstag
18 Die Burg Hohnstein

Dem "Nordhäuser Roland" zum Geleit!

Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, Kreis Nordhausen, trägt mit der Herausgabe der monatlichen Mitteilungen einem dringenden kulturellen Bedürfnis der Bevölkerung der Stadt und des Kreises Nordhausen Rechnung. Bewußt ist diesen monatlichen Mitteilungen der Name „Nordhäuser Roland“ gegeben worden, denn unter diesem Wahrzeichen unserer Heimat soll das kulturelle Leben iin unserer Stadt und des Kreises widergespiegelt und damit ein Beitrag zur breiten Entfaltung der Kultur in unserem Kreis geleistet werden.

Diese monatlichen Mitteilungen werden das jeweilige Programm des Kulturbundes und der Kulturinstitutionen enthalten, aus der reichen kulturellen Arbeit im Kreis Nordhausen berichten, die kulturellen Einrichtungen popularisieren, durch wissenschaftlich-kulturelle Beiträge und durch die Pflege des kulturellen Erbes mit die Voraussetzungen zur Entwicklung einer wahren sozialistischen Kultur schaffen.

Wir sind der Überzeugung, daß unsere monatlichen Mitteilungen unter diesen Gesichtspunkten freudig aufgenommen werden, daß die Mitarbeit und die helfende Kritik an unserer Arbeit zur Sache aller Bevölkerungskreise wird, und wir wünschen dem „Nordhäuser Roland“ eine gute Entwicklung und einen vollen Erfolg.

Nordhausen, den 1. April 1953.              Fritz Gießner, Kreisvorsitzender

Warum steht am Nordhäuser Rathaus ein Roland?

Von Stadtarchivar R. H. Walther Müller
Leiter der Fachgruppe Heimatgeschichte und Ortschronik

Der Roland ist das Wahrzeichen der Stadt Nordhausen. Es wird kaum einen ortsfremden Touristen geben, der ihn nicht (sofern er eine Kamera bei sich führt) auf die Platte bannt, um daheim einen anschaulichen Bericht geben zu können. Die markante, rotberockte Figur mit dem martialischen Gesicht und dem erhobenen Schwert wirkt so Jahr für Jahr als zuverlässiger Werber für den Nordhäuser Fremdenverkehr. Der Nordhäuser selbst sieht in ihm den ewigen Mitbürger, ein Wesen, das nicht etwa nur stumme Wacht an dem Platze hält, wo Beschlüsse über das Wohl und Wehe der Bürgerschaft gefaßt werden, sondern, das sich — selbstverständlich in heimischer Mundart — kritisierend und ratend am Zeitgeschehen beteiligt. Die kleinsten Buben prüfen und diskutieren vor ihm ihre Furchtlosigkeit, und Generation auf Generation trägt ihn als Inbegriff der Heimat mit durchs Leben. Immer von neuem erscheinen Name und Bild des Nordhäuser Rolands als Warenzeichen oder als Titel von Veröffentlichungen, wie die vorliegenden Mitteilungen des Kulturbundes ja beweisen.

Gehen wir den Ursachen nach, die ihn zu einem derart beliebten Symbol werden ließen, so stellen wir fest, daß in ihm gewisse Freiheiten der ehemals Freien Reichsstadt verkörpert sind, eines Gemeinwesens also, das unabhängig von adligen Herren, Grafen und Fürsten war, und das sich vor der obersten irdischen Gewalt, dem Kaiser, ähnlicher Vorrechte erfreute, wie jene. Man hat den Roland geradezu als Wahrzeichen der Freien Reichsstadt bezeichnet.

Daß diese Ansicht nicht ganz zutreffend sein kann, dürfte unseren Heimatfreunden sofort einleuchten, wenn sie an das Vorhandensein der Rolande in Neustadt-Hohnstein und Questenberg denken. Beides sind ja Plätze, die weder im Genuß e.nes Stadtrechts noch gar der Reichsunmittelbarkeit gestanden haben. Es gibt auch andererseits zahlreiche, ehemals freie Reichsstädte, die nie einen Roland besessen haben. Und Bremen und Hamburg hatten Rolandstandbilder, ehe sie die Rechte einer Freien Stadt erwarben. Tatsächlich war Nordhausen die einzige, schon im Mittelalter anerkannte Reichsstadt mit einem Roland!

Es ist bemerkenswert, daß bei der sonst so umständlichen, schriftlichen Fixierung der Verleihung von Rechten im Zeitalter des Lehnswesens (Feudalismus) keine Urkunde die Errichtung oder das Vorhandensein eines Rolands erwähnt. In Nordhausen finden wir die älteste Nachricht in einem der 14 handgeschriebenen Bände, die uns der Nordhäuser Arzt und langjährige Bürgermeister Dr. Konrad From-mann (1616—1706) hinterlassen hat. In der darin enthaltenen Abschrift eines alten städtischen Erbzinsbuches notiert er unter dem Jahre 1421 auf dem Blattrande eine Abgabe „von dem eckhuse an dem steinwege gein (gegenüber) rulande“. Das gleiche Haus (also an der Stelle,, wo vor 1945 das Schühihaus Pabst stand) wird in der nämlichen Abschrift 1376 als „das eckhus vorn an dem holtzmarkte gein dem rathuß“ bezeichnet. Wir dürfen aus diesen beiden Notizen folgern, daß also zwischen 1376 und 1421 ein Roland am Rathause aufgestellt worden ist. (Karl Meyers Hypothese von einer noch älteren Rolands-„Säule“ bei dem „Alten Rathaus“ (antiquum mercatorium), dem ältesten Rathaus der Nordhäuser Bürgerschaft am westlichen Eingänge der Krämerstraße, kann als widerlegt bzw. unbeweisbar angesehen werden.) Wie dieser Roland ausgesehen hat, wissen wir nicht. Daß er aus Holz war, geht daraus hervor, daß er bei den großen Stadtbränden 1710 und 1712 so mitgenommen wurde, daß der Rat 1717 einen neuen — den heute noch stehenden — anfertigen ließ.

Nach den Ursachen und der Bedeutung der Aufstellung unseres Rolands um das Jahr 1400 würden wir aber vergeblich suchen, wenn uns nicht Forschungen über die etwa gleichzeitige Errichtung des Bremer Roland einige wichtige Hinweise vermittelten. Der Bremer Rat hatte zu jener Zeit nach jahrelangen politischen Macht- und Prestigekämpfen gegen Lübeck und Hamburg die Anerkennung als „vrye stad“ und damit die Überlegenheit über die genannten Konkurrenten erreicht, und zwar mit Hilfe einiger gefälschter Urkunden. Durch diese Fälschungen sollte der Ursprung alter bremischer Freiheiten bis auf Karl d. Gr. zurückgeführt werden, der als Schöpfer und Wahrer fränkischen Rechts überhaupt galt. Die Gestalt seines Neffen Roland, die Mitte des 12, Jahrhunderts durch das Rolandslied in Deutschland populär wurde, gab nun auch dem Standbild den Namen, das die Bremer 1404 zum Zeichen ihrer Rechte und Freiheiten vor ihr Rathaus stellten. Welche Zusammenhänge könnten nun zwischen der annähernd gleichzeitigen Errichtung des Bremer und des Nordhäuser Rolands bestehen? Es braucht nur erwähnt zu werden, daß Nordhausen sich 1430 bereit fand, der Hanse beizutreten, um auf die wirtschaftspolitischen Beziehungen zwischen beiden Städten zu schließen. Wenn nun auch der Nordhäuser Rat von den Bremer Fälschungen nichts wußte, so mußte ihm doch die suggestive, psychologische Macht des Rolandstandbildes deutlich werden, das ja eben der Ausdruck der kraftvollen und erfolgreichen Politik des Bremer Rats war.

Und gerade in Nordhausen gab es einen wichtigen Grund, alte, verbriefte Rechte, die hier tatsächlich von Kaisern verliehen waren, durch ein solches symbolisches Monument aller Welt sichtbar in Erinnerung zu bringen.

Durch die Nordhäuser Revolution von 1375 und die daher rührende Beteiligung der Kleinbürger am Stadtregiment war der Macht der herrschenden Patriziergeschlechter im Rat erhebliche Einbuße geschehen. Die Erneuerung des alten Bündnisvertrages mit Erfurt und Mühlhausen im Jahre 1400, dem 1416 auch Halberstadt. Aschersleben und Quedlinburg beitraten, diente nicht zuletzt dem Zwecke, die cligarchische Tendenz des Nordhäuser Ratsregiments neu zu festigen. Die verfassungsmäßigen Befugnisse des Rates beruhten aber, wie die Freiheiten des gesamten Gemeinwesens, auf kaiserlichen Privilegien, und diese galt es, gegen gewisse Neuerungsbestrebungen wieder zu Ansehen zu bringen. Nun bedeuteten allerdings die im Ratsarchiv verwahrten Pergamente dem gemeinen Manne nichts. Wie ganz anders mußte ein an öffentlichem Markt als Sinnbild altüberkommener Rechtsgewohnheiten aufgestellter Roland auf «die Öffentlichkeit wirken! Wir gehen also wohl in der Annahme nicht fehl, daß der Nordhäuser Roland nach Abschluß der obenerwähnten Verträge errichtet wurde, um, ganz ähnlich wie in Bremen, nach außen hin den Besitz kaiserlicher Privilegien, des Marktrechts, der Eigengerichtsbarkeit und des Münzrechts, nebenher aber einen Sieg und die Machtvollkommenheit des Rates zu dokumentieren. Der Kaiser duldete die Figur stillschweigend, gab sie doch Kunde von dien von ihm verliehenen Rechten, stärkte sie doch das Ansehen des Rates, der diese Rechte verwaltete, und war sie doch zugleich eine Mahnung an Fürsten und Grafen, diese Stadt des Reiches nicht anzu tasten.

Daß man im Laufe der Zeiten dann den Roland nur als Schutzpatron des Markt-, Gerichts- und Münzrechts ansah und bezeichnete, ist nach den Nordhäuser Verhältnissen verständlich, für die Deutung seines Ursprungs jedoch nicht ausreichend. In Bremen beispielsweise spielte das Schiffahrts- und Wasserstraßenrecht eine besondere Rolle.

Es ist hier erstmalig versucht worden, das Herkommen unseres Rolands nicht aus mehr oder weniger mythologischen Quellen, sondern aus den realpolitischen Verhältnissen des beginnenden 15. Jahrhunderts zu erklären. Der Zweck, zu dem er gesetzt war, wurde erfüllt. Das 15. und noch das 16. Jahrhundert weisen eine geschlossene Kraft des Gemeinwesens, eine Blüte seiner Entwicklung auf. Und als Symbol jener Zeit, als Kulturdenkmal ersten Ranges, werden wir unsern Roland (auf nordhäusisch) „verästemieren“, so lange wir leben.

Probleme des Alterns und der Lebensverlängerung

Nach einem am 30. 10. 1952 vor dem „Forum der Wissenschaften“ gehaltenen Vortrag.
Von Dr. med. et phil. Hans Gebhardt, Nordhausen.

Die kürzlich in der Presse veröffentlichten Ergebnisse der sowjetischen Altersforschung haben ein Problem in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gerückt, das schon lange Gegenstand biologischer und ärztLcher Studien gewesen ist. Es erscheint deshalb angebracht, den ganzen Fragenkomplex, der den Vorgang des Alterns, des Todes und der Lebensverlängerung umfaßt, über den Rahmen des Journalistischen hinaus von wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus zu untersuchen, zumal neue biologische oder medizinische Erkenntnisse in den Tageszeitungen selten so ausführlich behandelt werden können, daß Fehldeutungen ausgeschlossen sind.

In den folgenden Ausführungen ist deshalb zunächst beabsichtigt, den Vorgang des Aiterns im größeren Rahmen des allgemeinen biologischen Geschehens zu betrachten. Anschließend sollen am Beispiel der für das Leben wichtigsten Gewebe des Nervensystems und der Gefäße charakteristische Veränderungen beim Altern beschrieben und deren Ursachen besprochen werden. Schließlich wird auf der Basis der so gewonnenen Erkenntnis zu untersuchen sein, welche Möglichkeiten der UebensVerlängerung heute gegeben sind.

Dem Schicksal des Alterns und des Todes unterliegt alles Lebendige. Der Mensch mit seinen ins Gigantische gesteigerten Mitteln des Erkennens ebenso wie die niedere Alge oder die Aktinie, deren Lebensfunktionen sich mit Nahrungsaufnahme, Verdauung und Fortpflanzung erschöpfen. Fragt man nach den Ursachen des Alterns und des physiologischen Todes (der weder durch eine Krankheit im engeren Sinne, noch durch äußere Gewalteinwirkungen ausgelöst wird), so sind in erster Linie die morphologischen und physiologischen Veränderungen zu untersuchen, die im Laufe des Lebens auf treten. Wegen des vergleichsweise einfachen Aufbaus und der Möglichkeit, die Entwicklung vieler Generationen in relativ kurzer Zeit untersuchen zu können, eignen sich zu derartigen Studien vor allem die einzelligen Lebewesen. Dabei stellte man fest, daß sich die Einzeller beim Erreichen einer gewissen Größe teilen und daß diese Teilungsfähigkeit praktisch unbegrenzt ist, wenn die entsprechenden Lebensbedingungen gewährleistet sind. So gelang es beispielsweise, von einem einzigen Infusorium im Laufe von 1V2 Jahren 9000 Generationen zu züchten. Auf diesen und ähnlichen Beobachtungen beruht bekanntlich die Vorstellung von der potentiellen Unsterblichkeit der einzelligen Lebewesen. Wird durch entsprechende Versuchsbedingungen die Teilung verhindert und das Wachstum über eine gewisse Grenze gefördert, sterben die Versuchsobjekte ab. Als Ursache wird eine Vergiftung durch Stoffwechselabbauprodukte angenommen, die normalerweise durch die Zelloberfläche abgegeben werden. Mit fortschreitendem Wachstum verringert sich diese jedoch bei gleichzeitiger Massenzunahme des Zellinnern. Damit verschlechtern sich die Bedingungen für die Ausscheidung mehr und (mehr, bis die Zelle schließlich zugrunde geht.

Auch bei den vielzelligen Lebewesen — den Metazoen — können die einzelnen Zellkomplexe unbegrenzte Zeit in Gewebskulturen am Leben erhalten werden, wenn man durch geeignete Versuchsbedingungen den Zellen die Möglichkeit zu ungestörter Teilung gibt. Je weniger differenziert das Gewebe ist, desto besser gelingen derartige Züchtungen. Mit zunehmender Differenzierung mißlingen diese Experimente jedoch in zunehmendem Maße. Das höchstentwickelte Gewebe, das Nervengewebe, läßt sich überhaupt nicht in Nährlösungen am Leben erhalten Die sen an Gewebskulturen gemachten Erfahrungen entsprechen den Beobachtungen an den Geweben des pflanzlichen und tierischen Organismus im Verband. Auch hier ist der Grad der Differenzierung Maßstab für Teilungs- und Erneuerungstätigkeit; denn bekanntlich unterliegt der pflanzliche und tierische Organismus in seiner Substanz einer dauernden Veränderung. Am raschesten wechseln die am wenigsten differenzierten Zellen des Epithel- und Endothelgewebes, dann folgen das Muskelgewebe, die Zellen der inneren Organe, ja selbst vor dem anscheinend toten Knochengewebe macht der stetige Umwandlungsprozeß nicht halt. Man kann sagen, daß keine einzige Zelle im lebenden System von diesem „Stirb und werde“ verschont bleibt, so daß der Organismus nach zehn Jahren entelechial zwar noch derselbe ist, bezüglich seiner Substanz aber e'ne völlige Erneuerung erfahren hat. Nur das Nervengewebe ist zellkonstant und nicht regenerationsfähig. Tier und Mensch sterben also mit den gleichen Ganglienzellen, mit denen sie geboren wurden. Auf diese Tatsache ist bei der fundamentalen Bedeutung des Nervensystems für alle Funktionen des Organismus, auf die vor allem Pawlow und se;ne Schüler aufmerksam gemacht haben, besonders hinzuweisen. Denn es wäre denkbar, daß das einer dauernden Erneuerung unterworfene Körpergewebe nicht altem würde, wenn nicht das übergeordnete regulative Prinzip, das wir im Zentralnervensystem sehen müssen, im Laufe des individuellen Lebens einem langsamen Degenerationsprozeß unterliegen würde. Dieser findet seinen sichtbaren Ausdruck im sogenannten Alterspigment, klumpig zusammengeballten Stoffwechselschlacken in der alternden Ganglienzelle. Vieles spricht also dafür, daß Altern und Tod der Metazoen letzten Endes auf die Arbeitsteilung im Zellenstaat zurückzuführen ist, welche die potentiell unsterblichen, weniger differenzierten Gewebskomplexe dem Zentralnervensystems unterwirft, das, nicht erneuerungsfähig, im Laufe des Lebens degenerative Umwandlungen erfährt. Mit dem damit verbundenen Nachlassen des trophischen Einflusses des Zentralnervensystems ist dann auch die Abmagerung, d;e Herabsetzung des Grundumsatzes und die übrigen Altersveränderungen, auf die noch einzugehen sein wird, erklärbar! Demnach wäre also der physiologische Tod in erster Linie ein Hirntod (Harms), wofür allerdings klinische Beweise beim Menschen noch völlig fehlen (Bürger).

Ist somit dem Zentralnervensystem be^m Prozeß des Alterns die primäre Stellung einzuräumen, so darf doch die wichtige Rolle, welche die Gefäße für die Lebensfunktionen spielen, nicht vergessen werden, Steht doch der Satz, daß der Mensch das Alter seiner Arterien habe, schon seit langem im Mittelpunkt der Forschung des Alterns. Wie man auch das Zustandekommen degenerativer Veränderungen an den Gefäßen erklären will, ob im Sinne einer nervalen Dysregulation oder auf andere Weise, Tatsache ist, daß sich im Laufe des Lebens im zunehmenden Umfange insbesondere an den Arterien Schäden einstellen, die zu mehr oder weniger schweren Störungen des jeweiligen Versorgungsgebietes führen. Das so entstehende Krankheitsbild wird als Arteriosklerose bezeichnet. Eä umfaßt neben einer Zunahme an Bindegewebe die Verfettung, die hyaline und schleimige Entartung und endlich d:e Verkalkung bestimmter Teile der Arterienwandung. Diese führt zu einer Verengerung des Gefäß Volumens und damit zu einer Störung der Blutver-sorgung, ein Umstand, der zu besonders schwerwiegenden Folgen führt, wenn das Zentralnervensystem oder das Herz betroffen werden. Es würde weit über den Rahmen dieser Ausführungen hinaus gehen, wollte man auch nur andeutungsweise auf die sonstigen klinischen Symptome der Arteriosklerose eingehen. Es genügt hier, nochmals auf die wichtige Bedeutung hinzuweisen, die den Gefäßen beim Prozeß des Alterns der Tiere und des Menschen zukommt.

Kurt Wein

Kurt Wein, der größte gegenwärtige Naturforscher unserer Stadt, beging am 22. Februar seinen 70. Geburtstag.

Neben dem Jubilar, der diesen Tag bei bester Gesundheit und geistiger Frische begehen konnte, nahmen weite Kreise, führende Wissenschaftler und namhafte Universitäten durch persönliche Ehrung des verdienten Forschers teil. Die zahlreichen Glückwunschurkunden, von denen ganz besonders die der Universität Potsdam und des Instituts für Kulturpflanzenforschung in Gaters-leben hervorzuheben sind, würdigen bei besonderer Herausstellung seiner großen Kenntnisse und Leistungen auf dem Gebiete der heimatlichen Floristik und besonders der Geschichte der Botanik seine Arbeiten insbesondere deshalb, weil diese die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Vergangenheit in weitgespannten echt historischen Untersuchungen aus den besonderen Bedingungen ihrer Zeit heraus verständig machen und würdigen. Gerade dadurch ist sein Name in der Fachwelt weit ins Ausland hinaus bekannt geworden als der eines Forschers, der das in unermüdlicher Arbeit erworbene bewundernswerte historische Allgemeinwissen m glücklicher Weise mit seinen reichen floristi-schen Erfahrungen zu verbinden und in zahlreichen Veröffentlichungen nutzbar zu machen verstanden hat. Alle Glückwünsche sind von dem Wunsche beseelt, daß unser nunmehr 70jähriger Forscher mit seinem großen Wissen noch viele Jahre der Wissenschaft dienen möge. Wir wissen, daß dieses sein bisheriges Lebenswerk war und es auch bleiben wird.

Von seiner Geburtsstadt Eisleben kommend), wandte sich Kurt Wein schon bald der heimatlichen Flora des Ostharzes, insbesondere des Wippertales, zu und dehnte dann seine Forschungstätigkeit auf den gesamten Harz einschließlich seines Vorlandes aus. Dabei ist es ihm gelungen, eine Reihe von Gebieten zu entdecken, deren floristischer Wert von der bisherigen Forschung nicht erkannt worden war. Ein solches von ihm neu aufgedecktes Gebiet ist die Landschaft zwischen Sänger -hausen und Bennungen. Hier gelang ihm u. a. die Auffindung der seltenen „Kahlen Katzenminze“ (Nepeta pannonica) sowie die Klarstellung der Verbreitung des „Zweifelhaften Schmielenhafers“ (Ventenata dubia), worüber Veröffentlichungen aus den Jahren 1914 und 1925 vorliegen. Besondere Verdienste hat er sich hinsichtlich der Klarstellung älterer Forschungen erworben. So vermochte er z. B. an Hand der Originale festzustellen, daß F. W. Wallroth bei der „Grünen Nieswurz“ zwischen „Helleborus viridis“ bei Walkenried und der westlichen Unterart „Hell. v. occidentalis“ bei Scharzfeld unterschieden hatte. Dieses Forschungsergebnis wurde 1914 veröffentlicht. Viele seiner Forschungsergebnisse haben zur Herausgabe der „Verbreitungskarten mitteldeutscher Pflanzenarten“ von Prof. Meusel beigetragen.

Durch die Übersiedlung nach Nordhausen im Jahre 1912 dehnte sich sein Forschungsgebiet auf Nordthüringen aus. Auch in diesem Gebiet gelang es ihm, überraschende Funde zu machen. Hier sind besonders die Feststellungen über die Verbreitung des „Schlangenkrautes“ (Calla palustris) hervorzuheben, worüber 1929 die Veröffentlichung „Das Vorkommen von Calla palustris i:m südlichen Harze“ erfolgte.

Bei der Erforschung der Flora dies Harzes stieß unser zeitgenössischer Forscher Kurt Wein auf d!;e Werke seiner ruhmvollen Vorgänger, insbesondere auf den Arzt Johann Thal (f 15®3), den Nordhiäuser Ratsherrn Johann Ludwig Führer (t 1626^, Pfarrer und Stadtchronist Lesser (f 1754), Kreisarzt Fr. Wilhelm Wallroht (f 1856), Professor Traugott Kiitzing (t 1893), Louis Oßwald (f 1918) und Professor Arthur Petry (f 1934), denen er sich ebenfalls als namhafter floristischer Gelehrter würdevoll anschließt.

Joh. Thal war es, der über den Herausgeber seines Werkes, den Nürnberger Stadtarzt Joachim Camerarius uns seinen “Hortus medicus et philosophicus“ (1588) ihn auf das Wissensgebiet brachte, auf dem sich Kurt Wein als bester Kenner der Geschichte der Garten- und der Kulturpflanzen seine großen Lorbeeren erwarb.

Als ebenfalls hervorragender Kenner aller einschlägigen Literatur — mit Ausnahme von zwei französischen Quellen, die selbst der „Biblioth-eque Nationale“ in Paris fehlen — zeichnen sich seine mannigfachen, zahlreichen Publikationen auf diesem Gebiete gerade durch die erschöpfende Erfassung allen Quellenmaterials besonders aus, was ihm nicht zuletzt seinen bedeutenden Ruf als Spezialforscher der Geschichte der Garten- und Kulturpflanzen einbrachte. Auf diesem Gebiete sind besonders se’ne Veröffentlichungen: „Die Geschichte der Syringa persica“ (1928), ,,D’e Geschichte der Monatsrose“ (1929), „Gartenrosen im Wandel der

Zeiten“ (1929), „Die erste Einführung nordamerikanischer Gehölze in Europa“ (1930) und „Die Geschichte der Einführung und ältesten Einbürgerung von Datura Stramonium“ (1931) und viele andere mehr, die als „grundlegend“ in Fachkreisen kritisiert,worden sind, zu nennen.

Als Kenner sämtlicher Florenwerke der Zeit van 1588 bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts war ihm die Voraussetzung gegeben, die Geschichte einer Reihe von Pflanzen aufzuklären, die ursprünglich Gartengewächse waren., später aber verwilderten. Es ist selbstverständlich, daß solche bahnbrechenden Erkenntnisse von der Fachkritik als „besonders wertvoll“ ausgezeichnet wurden.

Die Floristik führte unseren nimmermüden Forscher zur Fflanzengeographie, wobei besonders seine Befähigung hervorzuheben ist, die pflanzengeographischen Erscheinungen nicht nur zu beschreiben, sondern diese genetisch zu klären.

Von seinen botanisch-geschichtlichen Arbeiten wird besonders anerkannt, daß diese die einzelnen Tatsachen in größere historische Zusammenhänge hineingestellt haben. Dieses geht besonders aus seiner Publikation im Jahre 1929: „Barock, Rokokoi und die Dendrologie“ deutlich hervor. Schon als 23 jähriger lenkte der junge Forscher Kurt Wein durch seine ersten Veröffentlichungen: „Beiträge zur Flora von Wippra — Geranium phaeum im Unterharze bei Wippra“, „Einiges über Mutation bei Viola arvensis“ und „Über den Farmenkreis der Viola palustris auf der Pyrenäenhalbinsel“ im Jahre 1906 das Augenmerk der Wissenschaft auf sich. Diesen ersten Veröffentlichungen folgten im Laufe seiner Forschertätigkeit weitere 130 mit rein wissenschaftlichem Inhalt neben zahlreichen mit nicht rein wissenschaftlichem Charakter.

Unzählige Male stellte er sich und sein reichhaltiges Wissen, das sich auf fast alle Disziplinen der Naturwissenschaft erstreckt, weitesten Kreisen als wissenschaftlicher Redner oder Exkursionsleiter zur Verfügung und hat dadurch ebenso unzähligen nicht nur erlebsnisreiche Stunden bereitet, sondern auch vielen Anregungen und Förderung zu fachwissenschaftlicher Tätigkeit zuteil werden lassen. Nachdem 1930 Kurt Wein zum Mitglied der „Akademie der Gemeinnützigen Wissenschaften“. gewählt worden war, wurde ihm bereits 1Ö34 die große Ehre zuteil, von der1 „Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina)“ in Halle einstimmig zu deren Mitglied ernannt zu werden. Diese hohe Auszeichnung, die nur hervorragenden Naturforschern, und nur äußerst selten einem nichtakademisch Vorgebildeten, verliehen wird, ist Ausdruck genug für seine großen Leistungen auf dem Gebiete der Floristik und der Erforschung der Flora des mitteldeutschen Gebietes.

Seine bisherige Forschertätigkeit wurde gekrönt mit einem Forschungsauftrag auf „Neuordnung und Neubestimmung der Wildrosen des berühmten Rosariums in Sangerhausen“ und einem weiteren Forschungsauftrag zur „Bearbeitung der Geschichte der Kulturpflanzen in einem von der Deutschen Akademie der Wissenschaften geplanten großen Kulturpflanzenwerke“, weil es nur Kurt Wein ist, der über das hierzu erforderliche Wissen verfügt. Aber ebenso ist er nach wie vor populärwissenschaftlich tätig als Pilzsachverständiger, Naturschutzbeauftragter und als »Leiter der Sektion Natur- und Heimatfreunde im Kulturbund.

Nicht vergessen sei, daß seine besondere Liebe in der freien Natur den schwierigeren Pflanzengruppen, so den Rosen, den Gräsern, Mohnen und den Ampfern gilt, von denen er eine Reihe von kritischen Formen zuerst für Deutschland bzw. Mitteldeutschland nachweisen konnte.

Mögen unserem greisen Forscher noch viele Jahre Gesundheit und Schaffenskraft beschieden sein, zu seinem eigenen Wohle und seinem Wirken im Dienste der Wissenschaft und nicht zuletzt zur Ehre Unserer Stadt!

Otto Lange zum 75. Geburtstag

Am 23. Januar dieses Jahres konnte unser heimischer Kunstmaler Otto Lange seinen 75. Geburtstag begehen. Das erste Heft des „Nordhäuser Rolands“ des Kulturbundes soll nicht herausgehen, ohne nicht auch dieses Nordhäuser Künstlers zu gedenken, der, w.e selten ein anderer Maler, ein Künder der Schönheiten unserer engeren Heimat genannt zu werden verdient. Seit 1910 ist der Künstler in Nordhausen ansässig und, von verschiedenen kleineren Reisen abgesehen — die Lüneburger Heide, Hiddensee, Rügen und Tirol schenkten dem Maler ebenfalls ihre Motive — hielt Otto Lange unserer Heimatstadt die Treue.

Wir kennen seine Bilder, die uns unser altes Nordhausen zeigen, wir kennen seine Landschaften, die uns hinausführen in unsere kleinen Dörfer. Leimbach, Auleben, Sundhausen, Heringen, wir kennen seine Harzstudien, und wir schätzen an allen diesen Arbeiten nicht nur das zeichnerische Können, sondern vor allem die starke Leuchtkraft ihrer Farben, wenn es auch erlaubt sein mag, festzustellen, daß uns die Hauptstärke des unbestreitbar großen malerischen Talents Otto Langes auf dem Gebiet der Porträtkunst zu liegen scheint. — Der Kulturbund wünscht dem Maler Otto Lange noch viele und vor allem künstlerisch fruchtbare und ertragreiche Jahre!

Die Burgruine Hohnstein

Das Ziel unserer Oster-Wanderung

Die beliebtesten Ausflüge von Nordhausen nach dem Harze, ohne die Bahn zu benutzen, gehen nach dem Flecken Neustadt. Über die Promenade, die Riemann-und die Albert-Traeger-Straße (zwei ehemalige Nordhäuser Bürger) wandert man mit dem Blick auf den weiten Harzrand nach Rüdigsdorf. Zuvor erblicken wir die kahlen Gipsberge der „Rüdigsdorfer Schweiz“, deren Berge nach unserem Wege hin steil abfallende Wände zeigen. Die kleinen, von den Gipfeln herabkommenden, nur nach Regengüssen fließenden Bäche haben noch nicht die Kraft besessen, die Erosionstäler bis zur Haupttalsohle der Landstraße Krimderode- Rüdigsdorf zu vertiefen, so daß sie oft 10 und mehr Meter über dieser Talsohle endigen. Kurfz vor Rüdigsdorf bieten wir auf einem Feldwege links ein, berühren den äußersten Westzipf ei des Giebichenhagens und ersteigen dann die letzte Welle der Harzvorberge. Von ihrer Höhe aus genießen wir den anziehendsten Blick auf Neustadt unten im Tale und auf die Burg Hohnstein dahinter; abgeschlossen wird der Blick vom Massiv des Poppenbergs. Neustadt ist zwar von ke.ner Mauer umgeben, dennoch steht an seiner Südseite ein hohes altertümliches Tor; auf dem Markte befindet sich das 1730 errichtete Rolandstandbild. Von Neustadt steigt man auf die Ruine Hohnstein. Der Name ist der Burg nach dem „Hohen Sterne“, auf dem sie liegt, gegeben worden. Mehrfache Mauern schon am Fuße und auf halber Bergeshöhe zeigen die starke Befestigung dieses einstigen Grafensitzes. Schließlich tritt man von der Ostseite her in den Burghof ein, Da hier die schwächste Stelle der Burg war und das harte Gestein einen Graben unmöglich machte, sind hier doppelte Befestigungen angelegt worden. Schon unten vom Burghof aus hat man eine einzigartige Aussicht. Die Burg wurde um 1120 erbaut; die Grafen von Hohnstem haben von hier aus weite Gebiete unseres Südharzes beherrscht. Ln Fleglerkrieg 1412 wurde die Burg durch Handstreich erobert. 1525 war sie im Besitz der Bauern; 1627 wurde sie im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt. Auf alles das haben die nun morsch gewordenen Quader aus Porphyrit herniedergeschaut. Von Neustadt treten wir den Rückweg durch den Giebichenhagen an. Wieder über die Vor harzwelle, dann aber östlich von unserer Anmarschstraße hinunter in die Senke, wo einstmals unweit unseres Weges die 1412 im Fleglerkrieg unter gegangenen Dörfer Harzfeld und Günsdorf lagen, dann nimmt uns das Buchengrün des Giebichenhagens auf. Nach 45 Minuten ist Petersdorf erreicht, und von der Anhöhe des Harz-Rigi aus sehen wir Nordhausen wieder vor uns liegen. Dauer der Wanderung 4 Stunden. (Nach Dr. Hans Silberborth: „Wer wandern will“.)