Altes Museum: Unterschied zwischen den Versionen
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Aufgrund der Tatsache, dass die beiden städtischen höheren Lehranstalten 1889 staatlich wurden, musste die Stadt 1891 das Volksschulgebäude am Taschenberg an den preußischen Saat abgeben. Die Mädchenvolksschule bezog im Juli 1891 das bisherige Gebäude des Realgymnasiums am Friedrich-Wilhelm-Platz 1 und erhielt zusätzlich Räume im Gebäude der Knabenvolksschule am Friedrich-Wilhelm-Platz 8. Die Knabenvolksschule wurde auf zwei Schulen aufgeteilt, das Volksschulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz und das ehemalige Gymnasialgebäude in der Predigerstraße. An den städtischen Volksschulen wurden Ende September 1899 1338 Schüler und 1462 Schülerinnen in jeweils 25 Klassen unterrichtet. | Aufgrund der Tatsache, dass die beiden städtischen höheren Lehranstalten 1889 staatlich wurden, musste die Stadt 1891 das Volksschulgebäude am Taschenberg an den preußischen Saat abgeben. Die Mädchenvolksschule bezog im Juli 1891 das bisherige Gebäude des Realgymnasiums am Friedrich-Wilhelm-Platz 1 und erhielt zusätzlich Räume im Gebäude der Knabenvolksschule am Friedrich-Wilhelm-Platz 8. Die Knabenvolksschule wurde auf zwei Schulen aufgeteilt, das Volksschulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz und das ehemalige Gymnasialgebäude in der Predigerstraße. An den städtischen Volksschulen wurden Ende September 1899 1338 Schüler und 1462 Schülerinnen in jeweils 25 Klassen unterrichtet. | ||
Im Oktober 1900 bezog die Knabenvolksschule dann die neu erbaute " | Im Oktober 1900 bezog die Knabenvolksschule dann die neu erbaute "Petersbergschule“. | ||
Nun wurden beide Schulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz als Mädchenvolksschule genutzt, in denen im September 1901 unter Leitung von Gottlieb Klautzsch 1425 Schülerinnen in 30 Klassen unterrichtet wurden. | Nun wurden beide Schulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz als Mädchenvolksschule genutzt, in denen im September 1901 unter Leitung von Gottlieb Klautzsch 1425 Schülerinnen in 30 Klassen unterrichtet wurden. | ||
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Nach dem Tod von Gottlieb Klautzsch am 9. Juni 1902 wurde die Mädchenvolksschule geteilt, in die "Mädchenvolksschule I" und die "Mädchenvolksschule | Nach dem Tod von Gottlieb Klautzsch am 9. Juni 1902 wurde die Mädchenvolksschule geteilt, in die "Mädchenvolksschule I" und die "Mädchenvolksschule II“. Die "Mädchenvolksschule I" erhielt ihr Domizil im ehemaligen Realgymnasium am Friedrich-Wilhelm-Platz 1 (ab 1927 "Mädchen-Volksschule am Töpfertor") und die "Mädchenvolksschule II" im Volksschulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 (ab 1907 Museum). | ||
Neuer Rektor der "Mädchenvolksschule II" am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 wurde Georg Röpke. | Neuer Rektor der "Mädchenvolksschule II" am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 wurde Georg Röpke. | ||
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Im Jahr 1923 übernahm Dr. [[August Stolberg]] die Leitung des Museums. Der Kunsthistoriker und Archäologe, dem 1926 der Titel Museumsdirektor verliehen wurde, widmete sein Augenmerk vor allem der Kunst- und der Vorgeschichte. Zu den Glanzstücken des Museums zählten nun eine Pieta aus der Riemenschneiderschule, urgeschichtliche Liebenröder Mammut- und Feuersteinfunde und ein bronzezeitliches Höckerskelett mit Beigaben. Mit Sonderausstellungen und historischen Museumskonzerten versuchte Dr. Stolberg die Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung zu erhöhen. | Im Jahr 1923 übernahm Dr. [[August Stolberg]] die Leitung des Museums. Der Kunsthistoriker und Archäologe, dem 1926 der Titel Museumsdirektor verliehen wurde, widmete sein Augenmerk vor allem der Kunst- und der Vorgeschichte. Zu den Glanzstücken des Museums zählten nun eine Pieta aus der Riemenschneiderschule, urgeschichtliche Liebenröder Mammut- und Feuersteinfunde und ein bronzezeitliches Höckerskelett mit Beigaben. Mit Sonderausstellungen und historischen Museumskonzerten versuchte Dr. Stolberg die Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung zu erhöhen. | ||
Da ständig Neuerwerbungungen aus allen Gebieten, u. a. eine besondere Abteilung für Höhlenkunde, hinzugekommen waren, zeigte es sich, dass der Platz im Museum nicht mehr ausreichte. Aus diesem Grund erwarb die Stadt im Herbst 1926 aus Privathand die „[[Kunsthaus Meyenburg|Beckersche Villa]]“ mit dazugehörigen Park in der damaligen Osterstraße. Die gesamte Stilzimmerausstellung siedelte im Frühjahr 1927 dann in dieses Gebäude über, wo sie am 26. Mai 1927 neu eröffnet wurde. Bei der Eröffnung erhielt dieses Gebäude den Namen "Neues | Da ständig Neuerwerbungungen aus allen Gebieten, u. a. eine besondere Abteilung für Höhlenkunde, hinzugekommen waren, zeigte es sich, dass der Platz im Museum nicht mehr ausreichte. Aus diesem Grund erwarb die Stadt im Herbst 1926 aus Privathand die „[[Kunsthaus Meyenburg|Beckersche Villa]]“ mit dazugehörigen Park in der damaligen Osterstraße. Die gesamte Stilzimmerausstellung siedelte im Frühjahr 1927 dann in dieses Gebäude über, wo sie am 26. Mai 1927 neu eröffnet wurde. Bei der Eröffnung erhielt dieses Gebäude den Namen "Neues Museum“. Im Unterschied dazu nannte man das Haus am am Friedrich-Wilhelm-Platz nun das „Alte Museum“, wo sich die übrigen Sammlungen nun weiter ausdehnen konnten. | ||
Da das Gebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz für die städtischen Berufsschulen gebraucht wurde, mussten das „Alte Museum“ und die Volksbücherei 1934 erneut umziehen. Um eine neue Bleibe für das „Alte Museum“ zu finden, kaufte die Stadt Anfang 1934 die ehemalige Riemann-Villa am Gehege, die wegen der nahen [[Merwigslinde]] als „[[Lindenhof]]“ bezeichnet wurde. Am 18. Mai 1934 begann der Umzug der Sammlungen des „Alten Museums“ und am 7. Juli 1934 wurde der „Lindenhof“ dann als Museum für Ur- und Frühgeschichte seiner Bestimmung übergeben. | Da das Gebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz für die städtischen Berufsschulen gebraucht wurde, mussten das „Alte Museum“ und die Volksbücherei 1934 erneut umziehen. Um eine neue Bleibe für das „Alte Museum“ zu finden, kaufte die Stadt Anfang 1934 die ehemalige Riemann-Villa am Gehege, die wegen der nahen [[Merwigslinde]] als „[[Lindenhof]]“ bezeichnet wurde. Am 18. Mai 1934 begann der Umzug der Sammlungen des „Alten Museums“ und am 7. Juli 1934 wurde der „Lindenhof“ dann als Museum für Ur- und Frühgeschichte seiner Bestimmung übergeben. |
Version vom 1. November 2021, 20:42 Uhr
Das Alte Museum war ein klassizistisches Schul- bzw. Museumsgebäude; es befand sich am Friedrich-Wilhelm-Platz 8, neben dem Stadttheater. Es wurde bei den Luftangriffen auf Nordhausen im April 1945 zerstört.
Geschichte
Volksschule
Nachdem man bereits im Jahr 1839 auf der Südseite des späteren Friedrich-Wilhelm-Platzes ein neues Schulgebäude für die Realschule errichtet hatte, wurde am 13. Juli 1840 auf der Nordseite der Grundstein für eine Bürgerschule für die Volksschulklassen gelegt. Vom 20. September bis 5. Oktober 1840 wurde das Schulgebäude dann errichtet und am 10. November 1841 seinem Zweck übergeben.
Noch im ersten Jahr nach ihrer Eröffnung wuchs die Schule auf vier Klassen an. Die Schülerzahlen an der Volksschule entwickelten sich wie folgt: 1851 waren es 6 Klassen. 1862 wurden 460 Schüler und 422 Schülerinnen unterrichtet. 1868 besuchten 1233 Kinder die Volksschule. Im Jahr 1871 zählte die Volksschule 1306 Kinder, 677 Jungen und 629 Mädchen. Sie war vierstufig. 20 Lehrer und 3 Lehrerinnen unterrichteten in 22 Klassen. Sieben Jahr später, 1878, waren es 1764 Kinder, 886 Knaben und 878 Mädchen. 29 Lehrer und 4 Lehrerinnen unterrichteten.
Am 10. Juni 1872 erhielten die die beiden Bürgerschule (Mädchen- und Knabenschule) ihr Domizil im Schulgebäude. Die Volksschule musste das Gebäude räumen und erhielt neue Unterrichtsräume am Pferdemarkt. Am 17. Februar 1873 wurden die beiden Bürgerschulen in Mittelschulen umgewandelt. Begründer und erster Rektor beider Schulteile war Friedrich Polack, der dieses Amt bis Ostern 1877 ausübte. Sein Nachfolger wurde Friedrich Kunze. Im Jahr 1877 besuchten 1000 Schüler und Schülerinnen die Schule. 29 Lehrer und 4 Lehrerinnen unterrichteten in jeweils 10 Klassen. Am 3. August 1885 bezogen die beiden Mittelschule das neu erbaute Schulgebäude in der Domstraße 15.
Aufgrund der Tatsache, dass die beiden städtischen höheren Lehranstalten 1889 staatlich wurden, musste die Stadt 1891 das Volksschulgebäude am Taschenberg an den preußischen Saat abgeben. Die Mädchenvolksschule bezog im Juli 1891 das bisherige Gebäude des Realgymnasiums am Friedrich-Wilhelm-Platz 1 und erhielt zusätzlich Räume im Gebäude der Knabenvolksschule am Friedrich-Wilhelm-Platz 8. Die Knabenvolksschule wurde auf zwei Schulen aufgeteilt, das Volksschulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz und das ehemalige Gymnasialgebäude in der Predigerstraße. An den städtischen Volksschulen wurden Ende September 1899 1338 Schüler und 1462 Schülerinnen in jeweils 25 Klassen unterrichtet. Im Oktober 1900 bezog die Knabenvolksschule dann die neu erbaute "Petersbergschule“.
Nun wurden beide Schulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz als Mädchenvolksschule genutzt, in denen im September 1901 unter Leitung von Gottlieb Klautzsch 1425 Schülerinnen in 30 Klassen unterrichtet wurden.
Nach dem Tod von Gottlieb Klautzsch am 9. Juni 1902 wurde die Mädchenvolksschule geteilt, in die "Mädchenvolksschule I" und die "Mädchenvolksschule II“. Die "Mädchenvolksschule I" erhielt ihr Domizil im ehemaligen Realgymnasium am Friedrich-Wilhelm-Platz 1 (ab 1927 "Mädchen-Volksschule am Töpfertor") und die "Mädchenvolksschule II" im Volksschulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 (ab 1907 Museum).
Neuer Rektor der "Mädchenvolksschule II" am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 wurde Georg Röpke.
Ende September 1903 waren in der Bildungseinrichtung folgende Lehrkräfte tätig:
- Rektor: Georg Röpke
- Volksschullehrer: Acke, Hesse, Killge, Lange, Margraf, Ritschke, Schirmer, O. Schmidt, Schütte, Tierack, Todenhöfer
- Lehrerinnen: Frl. Kosack, Stolberg, Trömel
- Handarbeitslehrerin: Frl. Kohn
680 Schülerinnen wurden in 12 Klassen unterrichtet.
Im August 1906 zog die "Mädchenvolksschule II" in die neu erbaute Volksschule an der Wiedigsburg (ab 1927 "Justus-Jonas-Schule") um.
Museum
Da die Räumlichkeiten des 1892 eröffneten Museums im ehemaligen Gymnasialgebäude in der Predigerstraße für die Mädchen-Mittelschule benötigt wurden, überließ die Stadt dem Museum und dem Stadtarchiv nun das Gebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz 8. Im Sommer und Herbst 1906 wurde die ehemalige Mädchenschule dann zum Museum umgebaut. Das Gebäude erhielt ein neues Dach und wurde auch im Innern stark verändert.
Am 27. Juni 1907 wurden das Städtische Museum und das Archiv am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 neu eröffnet. Für das Museum standen hier 18 Räume in den oberen Etagen zur Verfügung. Eine klare Gliederung in einzelne Abteilungen erleichterte dem Besucher das Verständnis. Neben den heimatkundlichen und kunstgeschichtlichen Abteilungen war erstmalig auch eine ethnographisch-naturkundlichen Abteilung zu sehen. Ausgestellt war hier auch die Konchyliensammlung von Hermann Arnold, die wohl zu den umfangreichsten dieser Art gehörte.
Im Erdgeschoß des Gebäudes befanden sich die Volksbücherei, das Stadtarchiv und die aus der Volksbücherei herausgelöste „Historische Bücherei“.
Das Archiv und die Historische Bücherei waren in anderthalb saalähnlichen Räumen untergebracht. Die Archivalien ruhten auf zum Teil über dreieinhalb Meter Hohen Regalen. Die „Historische Bücherei“ umfasste um 1920 2400 Bände. Seit 1925 machte sich für das Stadtarchiv aber immer mehr die beengte Räumlichkeit des Gebäudes bemerkbar. 1927 zogen daher Archiv und „Historische Bücherei“ in das Gebäude des einstigen Stadtgefängnisses Mauerstraße 15 um. Nur die Urkunden verblieben im vergitterten Erdgeschoß des Museums, wo sie bis 1934 aufbewahrt wurden.
Die Volksbücherei war bereits 1906 aus dem Waisenhaus in die neuen Räume am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 übergesiedelt. Dort wurde sie am 18. Februar 1907 wieder eröffnet. Sie war dort in einem geräumigen Saal im Erdgeschoß untergebracht. Durch die Zuwendungen der Jakob-Plaut-Stiftung und des Bankiers Frenkel sowie der Übernahme des Buchbestands des Bildungsvereins betrug der Bücherbestand am Tag der Eröffnung 1340 Bände. Nach dem Namen ihres Förderers wurde sie als „Jakob-Plaut-Volksbücherei“ bezeichnet. Gleichzeitig wurde bei der Eröffnung ein mit Zeitschriften und Zeitungen ausgestatteter Lesesaal zur kostenfreien Benutzung übergeben. Im Jahr 1912 verfügte die Bücherei bereits über 3000 Bände und war wochentags von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Die Lesegebühren betrugen wöchentlich 2 Pfennig je Buch. Bis 1927 erhöhte sich der Buchbestand 5400 Bände. Geleitet wurde die Volksbücherei bis 1934 durch Luise Müller.
Durch den Tod des langjährigen Konservators am Museum Hermann Arnold am 30. Dezember 1909 eröffneten sich dem Museum neue Möglichkeiten. Er hinterließ der Stadt seine reichen Sammlungen (u. a. die bereits erwähnten Konchyliensammlung) und auch sein gesamtes Vermögen in Höhe von 1.700.000 Mark, zum Zweck der Begründung einer Stiftung, deren Zinsen zur Hälfte „zum Bau, zur Ausstattung, Erhaltung und Erweiterung des Städtischen Museums nebst Bibliothek und Archiv“ dienen sollten. Durch die Arnoldstiftung war man in der Lage, regelmäßige Ankäufe von Gegenständen in größeren Maßstab zu tätigen.
Geleitet wurde das Museum im Nebenamt zunächst durch den Mittelschullehrer und ehrenamtlichen Stadtarchivar Hermann Heineck. Dieser war bereits seit dem Jahr 1900 Konservator des Museums in der Predigerstraße. Am 7. November 1912 beschloss die Hermann-Arnold-Stiftung, den Erfurter Stadtarchivar Dr. Obermann mit der Ordnung, Sichtung und Ergänzung des Städtischen Museums zu beauftragen. Er übernahm 1913 nebenamtlich die Leitung und begann mit der systematischen Neuorganisierung der Einrichtung. In achtjähriger Arbeit stellte er eine 10 Zimmer umfassende kostbare Stilmöbelsammlung zusammen. Diese Sammlung zeigte die Wohnkultur des wohlhabenden Bürgertums von der Gotik bis zum Biedermeier.
Bei der Neueröffnung des Museums am 7. Mai 1921 konnte die Stilmöbelsammlung erstmals der Öffentlichkeit gezeigt werden. Unter der Leitung von Dr. Obermann hatte das Museum eine völlige Neugestaltung erfahren. Neben den 10 als Stilzimmer eingerichteten Räumen waren die anderen Abteilungen beibehalten und ebenfalls neu gestaltet worden. Es waren Abteilungen für bildende Kunst, lokale Altertümer, Waffensammlung, Naturwissenschaft und die Sammlung für Ur- und Frühgeschichte zu sehen. Die örtliche Presse vertrat einstimmig die Meinung, Nordhausen könne auf diese Einrichtung stolz sein, keine Stadt in Mitteldeutschland habe Ähnliches aufzuweisen.
Oskar Doering beschrieb die Ausstellung wie folgt:
- „Die kunst- und kulturgeschichtlichen Gruppen umfassen Erzeugnisse von den ältesten Epochen bis zu der Grenze der Gegenwart, von der jüngeren Steinzeit bis zum Klassizismus. Die kunstgewerbliche Sammlung, deren wesentlichste Teile in den Stilzimmern vereinigt sind, beginnt mit Gegenständen aus der Zeit der hohen Gotik, also vom 14. Jahrhundert bis in den Anfang des 16. und gibt weiter Einblick in die künstlerische Kultur der Renaissance, des Barock und der folgenden Epochen bis zum Ausgange des Biedermeierstiles. Auf Einzelheiten dieser sehr umfangreichen Abteilung einzugehen, ist hier nicht möglich. Aus der Gruppe der kirchlichen Kunst nennen wir als noch nicht erwähnt die überaus kostbaren Bestände eines Fundes, der 1911 in dem Schreiberschen Hause, Töpferstraße 7, gemacht wurde. Die Gegenstände haben ohne Zweifel einer Kirche oder einem Kloster gehört (wahrscheinlich Himmelgarten) und dürften vergraben sein, um sie vor der Raubsucht der Bauern zu retten. Außer einer Anzahl von kleineren Stücken sind es drei Kapseln, fünf Kelche nebst Patenen und ein silbernes Weihrauchfaß, alles wundervolle Arbeiten aus dem 14. bis 15. Jahrhundert. Von gotischen Figuren des Museums sei ein stehender Apostel wegen monumentaler Zeichnung erwähnt. — Der Waffensaal enthält außer einer Fahnensammlung zahlreiche Angriffs- und Abwehrwaffen vom Mittelalter besonders aber vom 16. Jahrhundert an, übrigens nicht nur nordhäusische, sondern auch Gegenstände aus fremden Ländern und primitiven Kulturkreisen. — Sehr reich und von großem kunstgeschichtlichem, daneben technischem Werte, ist die Sammlung von Nordhäuser Haus- und Handwerksaltertümern, über die Dr. Stolberg eine Sonderschrift herausgegeben hat (Verlag Theodor Müller in Nordhausen 1925). Herausgegriffen seien hier die in Nordhausen heimischen Anfänge der Tapetenfabrikation, interessante Sammlungen von Lebkuchenformen, Messing- und Bronzegeräten, Tafelgeschirr, Zinnsoldaten, Schreiner- und Drechslerarbeiten, Spielsachen. Auf weiteres einzugehen ist hier nicht möglich.“
Im Jahr 1923 übernahm Dr. August Stolberg die Leitung des Museums. Der Kunsthistoriker und Archäologe, dem 1926 der Titel Museumsdirektor verliehen wurde, widmete sein Augenmerk vor allem der Kunst- und der Vorgeschichte. Zu den Glanzstücken des Museums zählten nun eine Pieta aus der Riemenschneiderschule, urgeschichtliche Liebenröder Mammut- und Feuersteinfunde und ein bronzezeitliches Höckerskelett mit Beigaben. Mit Sonderausstellungen und historischen Museumskonzerten versuchte Dr. Stolberg die Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung zu erhöhen.
Da ständig Neuerwerbungungen aus allen Gebieten, u. a. eine besondere Abteilung für Höhlenkunde, hinzugekommen waren, zeigte es sich, dass der Platz im Museum nicht mehr ausreichte. Aus diesem Grund erwarb die Stadt im Herbst 1926 aus Privathand die „Beckersche Villa“ mit dazugehörigen Park in der damaligen Osterstraße. Die gesamte Stilzimmerausstellung siedelte im Frühjahr 1927 dann in dieses Gebäude über, wo sie am 26. Mai 1927 neu eröffnet wurde. Bei der Eröffnung erhielt dieses Gebäude den Namen "Neues Museum“. Im Unterschied dazu nannte man das Haus am am Friedrich-Wilhelm-Platz nun das „Alte Museum“, wo sich die übrigen Sammlungen nun weiter ausdehnen konnten.
Da das Gebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz für die städtischen Berufsschulen gebraucht wurde, mussten das „Alte Museum“ und die Volksbücherei 1934 erneut umziehen. Um eine neue Bleibe für das „Alte Museum“ zu finden, kaufte die Stadt Anfang 1934 die ehemalige Riemann-Villa am Gehege, die wegen der nahen Merwigslinde als „Lindenhof“ bezeichnet wurde. Am 18. Mai 1934 begann der Umzug der Sammlungen des „Alten Museums“ und am 7. Juli 1934 wurde der „Lindenhof“ dann als Museum für Ur- und Frühgeschichte seiner Bestimmung übergeben.
Die Volksbücherei erhielt neue Räumlichkeiten in der Domstraße 10. Nach ihrem Machtantritt hatten die Nordhäuser Nationalsozialisten den Namen ihres jüdischen Förderers Jakob Plaut aus dem Namen der Bibliothek entfernt. Sie wurde nun nur noch als „Städtische Volksbücherei“ bezeichnet.
Berufsschule
Nach dem Umzug des „Alten Museum“ in den „Lindenhof“ fanden im Gebäude Friedrich-Wilhelm-Platz 8 folgende Städtischen Berufs- und Fachschulen ihr Domizil: die Kaufmännische Berufsschule, die Gewerbliche Berufsschule (mit Mädchenabteilung) und die Städtische Höhere Handelsschule und Städtische Handelsschule.
Im Schuljahr 1936/37 waren an den Bildungseinrichtungen folgende Lehrkräfte tätig:
1. Gewerbliche Berufsschule (mit Mädchenabteilung):
- Lehrer: Dir.-Stellvertr. Glupe, Gewerbeoberlehrer Barthels, Geuther, Nicolai, Voß, Ottsen, Wiese, Gieseler, Riechel
- Lehrerinnen: Gewerbeoberlehrerinnen Kossinna, Strempel, Gewerbelehrerin Ziergiebel
- 5 nebenamtlich beschäftigte Lehrkräfte
1632 Schüler(innen) in 74 Klassen wurden in den beiden Schulteilen am Friedrich-Wilhelm-Platz und in der Domstraße 15/16 unterrichtet.
2. Kaufmännische Berufsschule:
- Lehrer: Handelsoberlehrer Otto Peschlow, Dr. Oelze, Handelslehrer Böttcher,
- techn. Lehrer: Guhl, Krüger
- Lehrerinnen: Handelsoberlehrerin Körber, Handelslehrerin Deeken, Brüggenolte
454 Schüler(innen) in 22 Klassen wurden unterrichtet.
3. Städtische Höhere Handelsschule und Städtische Handelsschule
- Lehrer: Fachschuloberlehrer Dr. Propp, Dr. Hesse
- Lehrerinnen: Handelsoberlehrerinnen Gehrke, Schade
227 Schüler(innen) in 4 Klassen wurden unterrichtet.
Direktor der Städtischen Berufs- und Fachschulen war Dr. Georg Seibert.
Beim britischen Bombenangriff auf Nordhausen am 4. April 1945 wurde das Gebäude völlig zerstört.
Siehe auch
Literatur
- Claudia Ehser, Rainer Hellberg: Festschrift - 125 Jahre Museum Nordhausen. Nordhausen 2001
- Peter Kuhlbrodt: Chronik der Stadt Nordhausen 1802 bis 1989
- Hermann Heineck: Geschichte der Stadt Nordhausen 1802 - 1914
- Markus Veit: Die »Töpfervorstadt«, vom Friedrich-Wilhelm-Platz zum Platz der Republik. In: Der Nordhäuser Adler (2/2002)'
- Oskar Doering: Nordhausen
- Adressbuch von 1900
- Adressbuch von 1904
- Adressbuch von 1937
- Heinz Sting: Das 1000jährige Nordhausen und der schöne Südharz
- Dr. Ernst Diederichs: Zur Geschichte des Nordhäuser Museums. in Der Nordhäuser Roland (5/1955)'
- Heidi Wedde: Ausbildung mit Tradition (1), NNZ vom 25.10.2007
- 125 Jahre Stadt-Bibliothek, NNZ vom 28.01.2002
- Barbara Roesch: Von der Volksbibliothek zur KulturBibliothek, NNZ vom 05.03.2012
- Meyenburg-Museum Nordhausen (Hrsg.): 100 Jahre Nordhäuser Museum, Nordhausen 1976.
- R. H. Walther Müller: Geschichte des Nordhäuser Stadtarchivs
- Peter Kuhlbrodt: Historische Bibliothek Nordhausen
- Rainer Hellberg: Nordhausen in alten Ansichten - Band 2
- Hans-Jürgen Grönke: Nordhäuser Persönlichkeiten aus elf Jahrhunderten