Johann Ferdinand Zwanziger: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Johann Ferdinand Zwanziger''' (bekannt als '''Professor Zwanziger'''; geb. 1. Februar 1844 in Nordhausen; gest. 18. November 1919 | '''Johann Ferdinand Zwanziger''' (bekannt als '''Professor Zwanziger'''; geb. 1. Februar 1844 in Nordhausen; gest. 18. November 1919 ebenda) war ein Handschuhmacher und gilt als „[[Nordhäuser Original]]“. Seine Gestalt ist Mitglied der [[Rolandgruppe]]. | ||
== Leben == | == Leben == | ||
Johann Ferdinand Zwanziger wurde als Sohn armer Eltern | Johann Ferdinand Zwanziger wurde als Sohn armer Eltern in der [[Webergasse]] 179 geboren. | ||
Im Alter von 14 Jahren begann er eine Lehre als Handschuhmacher und belieferte die Oberschicht. Ferdinand, auch mit Spitznamen „Nante“ genannt, | Im Alter von 14 Jahren begann er eine Lehre als Handschuhmacher und belieferte die Oberschicht. Ferdinand, auch mit Spitznamen „Nante“ genannt, mußte meist 14 Stunden arbeiten (Montag bis Sonnabend voll und auch Sonntag, wenn das Geschäft offen war oder die Termine für die Kundschaft drängten). Auch wenn es an Essen, Lohn und Heizung fehlte und gespart wurde, achtete Zwanzigers Meister sehr genau auf die Kleidung.<br /> | ||
Der angeblich nur 1,50 Meter große Mann mit kränklicher Natur war deshalb auch später sehr auf seine äußere Erscheinung bedacht; man sah ihn nur mit Zylinder, Gehrock, weißen Handschuhen und einem viel zu großem Spazierstock, der ihm bis unter die Achseln gegangen sein soll. Im Sommer trug er immer eine Blume im Knopfloch seines Gehrockes. Er wurde oft wegen seiner Kleidung verhöhnt und verspottet: „''Do kämmet dr Professer!''“ | |||
Um 1875 verstarb sein Vater und Zwanziger lebte mit seiner Mutter allein zusammen, die auf ihn sehr großen Einfluß hatte. Finanziell ging es ihm wahrscheinlich wieder besser. Als ein sich immer mehr entwickelnder Sonderling wählte er als | Um 1875 verstarb sein Vater und Zwanziger lebte mit seiner Mutter allein zusammen, die auf ihn sehr großen Einfluß hatte. Finanziell ging es ihm wahrscheinlich wieder besser. Als ein sich immer mehr entwickelnder Sonderling wählte er als Freizeitbeschäftigung die Wetterbeobachtung. Aus dieser Zeit ist bekannt, daß er sich einen Kompaß aus Kork zusammengebastelt hat. Es wurde üblich, Zwanziger nach dem Wetter zu fragen, der dann gern für seine Auskunft eine Zigarre entgegen nahm. | ||
Im Adreßbuch von 1897 erscheint er als Privatmann, also als ein Nichtarbeitender. Die Vermutung liegt nah, daß er in dieser Zeit Wege für die Pfarrei erledigte. Diese Tätigkeit ließ ihn ständig in der Stadt präsent sein. Zwanziger nahm an Veranstaltungen regen Anteil. Um die Jahrhundertwende entwickelte sich Zwanziger zum | Im Adreßbuch von 1897 erscheint er als Privatmann, also als ein Nichtarbeitender. Die Vermutung liegt nah, daß er in dieser Zeit Wege für die Pfarrei erledigte. Diese Tätigkeit ließ ihn ständig in der Stadt präsent sein. Zwanziger nahm an Veranstaltungen regen Anteil. Um die Jahrhundertwende entwickelte sich Zwanziger zum „Original“. | ||
Nach dem Tod seiner Mutter (1906/1907) zog er als Invalide in das Armenhaus [[Siechenhof]], achtete aber weiterhin auf sein gepflegtes Äußeres. Zwanziger galt als Stadtnarr und im Laufe der Jahre war der Titel „Professor“ zu einem Ehrennamen geworden und verschaffte ihm die Illusion, zu den angesehenen Bürgern der Stadt zu gehören. Man überhäufte den „Wetterpropheten“ mit erdachten Orden und Auszeichnungen, druckte Postkarten mit seinem Bild, | Nach dem Tod seiner Mutter (1906/1907) zog er als Invalide in das Armenhaus [[Siechenhof]], achtete aber weiterhin auf sein gepflegtes Äußeres. Zwanziger galt als Stadtnarr und im Laufe der Jahre war der Titel „Professor“ zu einem Ehrennamen geworden und verschaffte ihm die Illusion, zu den angesehenen Bürgern der Stadt zu gehören. Man überhäufte den „Wetterpropheten“ mit erdachten Orden und Auszeichnungen, druckte Postkarten mit seinem Bild, eine Büste wurde angefertigt. | ||
Johann Ferdinand Zwanziger | Johann Ferdinand Zwanziger verstarb am 18. November 1919 und wurde auf dem [[Zentralfriedhof an der Leimbacher Straße]] beigesetzt. | ||
[[Datei:Napiralla Schmitt.jpg|thumb|[[Winfried Schmitt]] (rechts) als Professor Zwanziger beim Rolandsfest 2001]] | |||
Mit dem ersten [[Rolandsfest]] 1955 wurde seine Gestalt in die [[Rolandgruppe]] aufgenommen, wo er für Späße und Streiche zuständig ist. | Mit dem ersten [[Rolandsfest]] 1955 wurde seine Gestalt in die [[Rolandgruppe]] aufgenommen, wo er für Späße und Streiche zuständig ist. | ||
== Familie == | == Familie == | ||
Der Name Zwanziger ist einmalig in Nordhausen und taucht 1824 nur einmal in den Adreßbüchern auf. | Der Name Zwanziger ist einmalig in Nordhausen und taucht 1824 nur einmal in den Adreßbüchern auf. | ||
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Sein Vater war der ca. 1875 verstorbene ''Johann Zwanziger'', der mit seiner Frau ''Johanna'', geb. ''Busse'', im Jahre 1846 in der Webergasse 179 wohnte. Der Vater war von Beruf Maurergeselle. | Sein Vater war der ca. 1875 verstorbene ''Johann Zwanziger'', der mit seiner Frau ''Johanna'', geb. ''Busse'', im Jahre 1846 in der Webergasse 179 wohnte. Der Vater war von Beruf Maurergeselle. | ||
Zwanziger blieb unverheiratet, hatte keine Kinder und wohnte bis zu seinem 60. Lebensjahr bei seiner Mutter. Mit seinem Tode erlosch auch der Name Zwanziger aus Nordhausens | Zwanziger blieb unverheiratet, hatte keine Kinder und wohnte bis zu seinem 60. Lebensjahr bei seiner Mutter. [[Adreß-Buch der Stadt Nordhausen für die Jahre 1904/5|1904/05]] wurde er als „Invalide“ im Einwohnerbuch geführt. Mit seinem Tode erlosch auch der Name Zwanziger aus Nordhausens Adressbuch. | ||
== Adresse == | |||
In den Adressbüchern wird Zwanziger geführt: | |||
* 1846 | * 1846: Webergasse 179 | ||
* 1852 | * 1852: Petersberg 198 | ||
* 1856 | * 1856: Petersberg 200 | ||
* 1863 Hinter der Mauer 131 d | * 1863: Hinter der Mauer 131 d | ||
* 1877 | * 1877: Mauerstraße 3 | ||
* 1895 | * 1895: Weberstraße 38 | ||
* 1897 | * 1897: Weberstraße 50 | ||
* 1904/1905 | * [[Adreß-Buch der Stadt Nordhausen für die Jahre 1904/5|1904/1905]]: Gartenstraße 3 | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* [[Jörg-Michael Junker]]: ''„Professor“ Zwanziger'', in: [[Hans-Jürgen Grönke]], Jörg-Michael Junker: ''[[Unser Roland und sein Fest]]'', Nordhausen 1987, S. 49 ff. | * [[Jörg-Michael Junker]]: ''„Professor“ Zwanziger'', in: [[Hans-Jürgen Grönke]], Jörg-Michael Junker: ''[[Unser Roland und sein Fest]]'', Nordhausen 1987, S. 49 ff. | ||
* ''[[Nordhäuser Persönlichkeiten aus elf Jahrhunderten]]''. Horb am Neckar: Geiger, 2009. ISBN 978-3-86595-336-9 | * [[Stadtarchiv Nordhausen]] (Hrsg.): ''[[Nordhäuser Persönlichkeiten aus elf Jahrhunderten]]''. Horb am Neckar: Geiger, 2009. ISBN 978-3-86595-336-9 | ||
*Uwe Gerig (Hrsg.): ''[[Nordhausen: Historie - Heimat - Humor]]''. Königstein/Taunus: Gerig, 1991. ISBN 3-928275-09-7 | |||
== Verweise == | == Externe Verweise == | ||
*[http://www.rolandgruppe-nordhausen.de/darsteller/historisch/zwanziger/zwanziger-01.html Johann Ferdinand Zwanziger] | *[http://www.rolandgruppe-nordhausen.de/darsteller/historisch/zwanziger/zwanziger-01.html Biographie Johann Ferdinand Zwanziger] | ||
*[http://www.nordhausen.de/news/news_galerie.php?MmNr=1544 Eröffnet: Das 39. Nordhäuser Rolandsfest - Bildergalerie] | *[http://www.nordhausen.de/news/news_galerie.php?MmNr=1544 Eröffnet: Das 39. Nordhäuser Rolandsfest - Bildergalerie] | ||
*[http://www.nordhausen.de/news/news_galerie.php?MmNr=8965&Step= Bildergalerie: Festumzug und Schlüsselübergabe zum Rolandsfest 2012] | *[http://www.nordhausen.de/news/news_galerie.php?MmNr=8965&Step= Bildergalerie: Festumzug und Schlüsselübergabe zum Rolandsfest 2012] | ||
[[Kategorie:Geboren 1844]] | [[Kategorie:Geboren 1844]] | ||
[[Kategorie:Gestorben 1919]] | [[Kategorie:Gestorben 1919]] | ||
[[Kategorie:Mann]] |
Aktuelle Version vom 10. Oktober 2024, 14:43 Uhr
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Johann Ferdinand Zwanziger (bekannt als Professor Zwanziger; geb. 1. Februar 1844 in Nordhausen; gest. 18. November 1919 ebenda) war ein Handschuhmacher und gilt als „Nordhäuser Original“. Seine Gestalt ist Mitglied der Rolandgruppe.
Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Johann Ferdinand Zwanziger wurde als Sohn armer Eltern in der Webergasse 179 geboren.
Im Alter von 14 Jahren begann er eine Lehre als Handschuhmacher und belieferte die Oberschicht. Ferdinand, auch mit Spitznamen „Nante“ genannt, mußte meist 14 Stunden arbeiten (Montag bis Sonnabend voll und auch Sonntag, wenn das Geschäft offen war oder die Termine für die Kundschaft drängten). Auch wenn es an Essen, Lohn und Heizung fehlte und gespart wurde, achtete Zwanzigers Meister sehr genau auf die Kleidung.
Der angeblich nur 1,50 Meter große Mann mit kränklicher Natur war deshalb auch später sehr auf seine äußere Erscheinung bedacht; man sah ihn nur mit Zylinder, Gehrock, weißen Handschuhen und einem viel zu großem Spazierstock, der ihm bis unter die Achseln gegangen sein soll. Im Sommer trug er immer eine Blume im Knopfloch seines Gehrockes. Er wurde oft wegen seiner Kleidung verhöhnt und verspottet: „Do kämmet dr Professer!“
Um 1875 verstarb sein Vater und Zwanziger lebte mit seiner Mutter allein zusammen, die auf ihn sehr großen Einfluß hatte. Finanziell ging es ihm wahrscheinlich wieder besser. Als ein sich immer mehr entwickelnder Sonderling wählte er als Freizeitbeschäftigung die Wetterbeobachtung. Aus dieser Zeit ist bekannt, daß er sich einen Kompaß aus Kork zusammengebastelt hat. Es wurde üblich, Zwanziger nach dem Wetter zu fragen, der dann gern für seine Auskunft eine Zigarre entgegen nahm.
Im Adreßbuch von 1897 erscheint er als Privatmann, also als ein Nichtarbeitender. Die Vermutung liegt nah, daß er in dieser Zeit Wege für die Pfarrei erledigte. Diese Tätigkeit ließ ihn ständig in der Stadt präsent sein. Zwanziger nahm an Veranstaltungen regen Anteil. Um die Jahrhundertwende entwickelte sich Zwanziger zum „Original“.
Nach dem Tod seiner Mutter (1906/1907) zog er als Invalide in das Armenhaus Siechenhof, achtete aber weiterhin auf sein gepflegtes Äußeres. Zwanziger galt als Stadtnarr und im Laufe der Jahre war der Titel „Professor“ zu einem Ehrennamen geworden und verschaffte ihm die Illusion, zu den angesehenen Bürgern der Stadt zu gehören. Man überhäufte den „Wetterpropheten“ mit erdachten Orden und Auszeichnungen, druckte Postkarten mit seinem Bild, eine Büste wurde angefertigt.
Johann Ferdinand Zwanziger verstarb am 18. November 1919 und wurde auf dem Zentralfriedhof an der Leimbacher Straße beigesetzt.
Mit dem ersten Rolandsfest 1955 wurde seine Gestalt in die Rolandgruppe aufgenommen, wo er für Späße und Streiche zuständig ist.
Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Name Zwanziger ist einmalig in Nordhausen und taucht 1824 nur einmal in den Adreßbüchern auf.
Der Großvater Johann Ferdinand Zwanziger (1841 verstorben) wohnte mit seiner Frau Henriette Marie, geb. Beatus, (1846 verstorben) in der Elisabethgasse 835 h, einer der ärmsten Gegenden Nordhausens. Der Beruf des Großvaters war Handarbeiter, Nachtwächter und Ablader. Sein Vater war der ca. 1875 verstorbene Johann Zwanziger, der mit seiner Frau Johanna, geb. Busse, im Jahre 1846 in der Webergasse 179 wohnte. Der Vater war von Beruf Maurergeselle.
Zwanziger blieb unverheiratet, hatte keine Kinder und wohnte bis zu seinem 60. Lebensjahr bei seiner Mutter. 1904/05 wurde er als „Invalide“ im Einwohnerbuch geführt. Mit seinem Tode erlosch auch der Name Zwanziger aus Nordhausens Adressbuch.
Adresse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In den Adressbüchern wird Zwanziger geführt:
- 1846: Webergasse 179
- 1852: Petersberg 198
- 1856: Petersberg 200
- 1863: Hinter der Mauer 131 d
- 1877: Mauerstraße 3
- 1895: Weberstraße 38
- 1897: Weberstraße 50
- 1904/1905: Gartenstraße 3
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Jörg-Michael Junker: „Professor“ Zwanziger, in: Hans-Jürgen Grönke, Jörg-Michael Junker: Unser Roland und sein Fest, Nordhausen 1987, S. 49 ff.
- Stadtarchiv Nordhausen (Hrsg.): Nordhäuser Persönlichkeiten aus elf Jahrhunderten. Horb am Neckar: Geiger, 2009. ISBN 978-3-86595-336-9
- Uwe Gerig (Hrsg.): Nordhausen: Historie - Heimat - Humor. Königstein/Taunus: Gerig, 1991. ISBN 3-928275-09-7