Tausendjährige Dörfer am Südharz

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Autor: K. A. Schwarz
Titel: Tausendjährige Dörfer am Südharz
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aus: Nordhausen-Harz und Goldene Aue
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Erscheinungsdatum: 1974
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Tausendjährige Dörfer am Südharz


Aus dem verhältnismäßig späten urkundlichen Erscheinen mancher hohenstein-scher Orte des Südharzes kann man durchaus nicht schließen, sie seien erst bei der Beurkundung im 12. Jahrhundert entstanden. So weiß man von Nordhausen, daß schon um das Jahr 785 königliche Beauftragte an den Südharz auf den Boden der heutigen Stadt kamen und Unterkünfte errichteten. Nordhausen aber wird erstmalig erst 142 Jahre später in einer Urkunde vom 13. 5. 927 erwähnt. (Quelle: Heinz Sting, Das tausendjährige Nordhausen).

Es gibt einige Dörfer am Südharz, die viel früher als Nordhausen beurkundet sind, so die Orte Branderode, Sachswerfen, Gudersleben und Mackenrode. Branderode erscheint urkundlich erstmalig 874 als Habebranderode. Ein gewisser Hadebrand übergab in diesem Jahre seine Güter in Sachswerfen („Sahswirpen“) und Gudersleben („Dudinsleibe“) dem Kloster Fulda in Hessen. (Quelle: Tradiones fuldenses von Schannat). Nach diesem Hadebrand wurde das Dorf benannt, das ganz sicher schon vor 874 begründet wurde. Somit können Branderode, Gudersleben und Sachswerfen (sicherlich Obersachswerfen) im Jahr 1974 ihr 1100 jähriges Bestehen feiern.

Eine absolut sichere Nachricht liegt vor über die Gründung des Ortes Mackenrode. Am 19. März 979 schenkte Kaiser Otto II. (seit 973 Nachfolger seines Vaters Otto I., d. Gr.) sein kaiserliches Eigentum im Dorfe Beisingen (jetzt wüst bei Osterode) dem Erzbischof Gisalhar von Magdeburg zur Verbesserung des von diesem nach Rodung des Waldes im' Jahre 977 neu angelegten Ortes Makkanroth (Mackenrode). (Quelle: ehern. Preußisches Staatsarchiv zu Magdeburg; Bau- und Kunstdenkmäler der Grafschaft Hohenstein S. 113; F. Schmidt, Heimatland, 15. Jahrg., S. 3). Die Einwohner Mackenrodes können also in drei Jahren auf ein tausendjähriges Bestehen ihres schönen Dorfes zurückblicken.

Zweifellos sind andere hohensteinsche Dörfer bedeutend älter als die bisher genannten, da nach Dr. E. Wasserzieher, Sturmfels/Bischof und Schmidt die Orte mit der Endung „rode“ zur 3. Siedlungsperiode bei den letzten Rodungen im 9-12. Jahrhundert, also lange nach der Völkerwanderung gehören. Aus der 2. Siedlungsperiode (bis zum 9. Jahrhundert) ist uns nach F. Schmidt nur ein Ort bekannt, nähmlich Kehmstedt.

Zu der ältesten Siedlungsperiode gehören die Orte mit den Endungen „leben“, „ungen“, „ingen“. Zu ihnen gehören: Woffleben, Gudersleben, Cleisingen, Hörningen, Haferungen, Pützlingen, Bliedungen, Gratzungen und Schiedungen. Aber wohl auch Stöckey, Sachsa und Trebra haben ein Alter weit über 1 000 Jahre. (Quelle: Schmidt, Heimatland, 15. Jahrg.; Wilh. Arnold, Ansiedlungen und Wanderungen deutscher Stämme).

In frühgeschichtlicher Zeit ist eine Besiedlung unserer Gegend wohl nur in ganz geringem Umfang vorgegangen, da die überlieferten Orts-, Flur- und Forstnamen, abgesehen von den Namen der Bäche und Flüsse, nicht aus germanischer oder vordeutscher Zeit stammen. Vergleicht man die Flur- und Forstnamen der Grafschaft Hohenstein mit denen anderer Gebiete, beispielsweise der Goldenen Aue, so wird man finden, daß die Flur- und Waldnamen fast immer aus dem Althochdeutschen (bis 1 100) oder aus dem Mittelhochdeutschen (1 100 bis 1 350) stammen. Das beweist, daß die nördliche und westliche Grafschaft erst vor rund 1 000 Jahren besiedelt wurde. Mich hat verständlicherweise das Alter meines Heimatdorfes Liebenrode besonders interessiert. Leider erscheint die älteste, mittelhochdeutsche Namensform erst 1178 in einer Urkunde des Klosters Walkenried als Lievenroth. Zu vermuten ist aber, daß diese mittelhochdeutsche Form eine ältere des Althochdeutschen als Vorgängerin gehabt hat und so altersmäßig den anderen „Rode-Dörfern“ (Mackenrode, Branderode usw. ) gleichzustellen ist. Bestärkt wird man in dieser Annahme durch die Tatsache, daß Mackenrode und Liebenrode manches Gemeinsame haben: beide Orte haben Petri-Kirchen, beide die gleiche Befestigung. Nach Schmaling, Hohensteinsches Magazin, sind alle Orte mit der Endung „rode“ vom 9. bis zum 12. Jahrhundert entstanden. In unserem Heilmatgebiet gibt es davon noch 8 bestehende und mindestens 12 wüste Orte. In Hessen endet der zehnte Teil aller Orte auf „rode“, nämlich 180, davon sind 100 wüst, in Thüringen sogar 680, die Hälfte davon wüst. Man kann sagen, daß im Durchschnitt die „Rode-Dörfer“ etwa 1000 Jahre alt sind.

K. A. Schwarz