Die Schlacht am Totenweg

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Titel: Die Schlacht am Totenweg
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aus: Hallische Nachrichten : General-Anzeiger für Halle und die Provinz Sachsen, 31. Oktober 1937
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Erscheinungsdatum: 1937
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Kurzbeschreibung: Erinnerung an die Schlacht im Totenweg vor 500 Jahren. Errichtung eines Schlachtenkreuz.
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Die Schlacht im Totenweg


Eine Fehde des Bischofs von Halberstadt mit den Honsteiner und Stolberger Grafen fand ein blutiges Ende — Morgen Errichtung eines Schlachtkreuzes bei Rottleberode

Morgen, Sonntag, errichten die Walbgemeinde „Alter Stolberg“ und die Dorfgemeinde Rottleberode zur Erinnerung an die Schlacht im Totenweg vor 500 Jahren am 20. November ein Schlachtenkreuz. Die Vorgänge, die diesem Geschehen vor 500 Jahren zugrunde lagen, werden in nachstehendem Artikel geschildert:

Südöstlich von Rottleberode führt ein alter Weg über das Stolberg-Massiv in der Richtung des flämischen Dorfes Görsbach. Gleich am Anfang mündet er durch eine schauerliche Felsschlucht, die sich, gleichsam von Menschenhand mühsam eingehauen, etwa einen Kilometer lang, in der Breite nur eines Wagengleises, zwischen 70 und 80 Meter hohen fast nackten Felswänden steil aufwärts zieht. Diese finstere, grausige Schlucht heißt der Totenweg.

Auf dem bischöflichen Stuhl zu Halberstadt saß am 7. Mai 1437 bis in das Jahr 1458 Burchard III., ein ritterlicher, streitbarer Herr. Gleich im ersten Jahre seiner Regierung geriet er mit den Grafen von Schwarzburg in Fehde. Eine Erbverbrüderung von 1433 verpflichtete auch die Grafen von Honstein und von Stolberg, sich an dem Streit zugunsten der Schwarzburger zu beteiligen. Heinrich „der Kühne“ von Honstein fiel dann unvermutet in das Gebiet des Bischofs ein, sengte und brannte, raubte den Bauern Vieh und Getreide und kehrte mit Herden und anderer Beute ungefährdet heim. Als die Grafen von Schwarzburg, denen der Bischof diesen Überfall in Rechnung stellte, seine Bitte um Rückgabe des Raubes zurückwiesen, beschloss Burchard mit einem Rachezug zu antworten. Mit der stattlichen Schar seiner Freunde, Vasallen und Dienstmannen vereinigten sich bei Quedlinburg die Bürger von Halberstadt, Aschersleben und Quedlinburg. Der Bischof selbst übernahm den Oberbefehl. Siegesgewiss trat man den Marsch in den Harz an. Der Bischof zog durch das Stolbergische nach Westen und gelangte über Ilfeld in die Ebene bei Nordhausen. Dann wandte er sich, um vor allem das Gebiet der Schwarzburger zu schädigen, nach Südosten und brach in das Schwarzburgische Amt Heringen ein. Manche Ortschaften, welche damals ihren Untergang bei diesem Kriegszuge fanden (Hattendorf, zwischen Questenberg und Uftrungen, Bernecke bei Uftrungen, Walkerode südwestlich von Heringen, Bockenrode unterhalb der Ebersburg u. a.) haben sich niemals wieder aus der Asche erhoben. Ohne auf dem ganzen Zuge auch nur einen Gegner gesehen zu haben, trat Burchard den Rückweg über Ilfeld an. Schon lag dieser Eingang zum Harz vor ihnen, da stockte plötzlich der Vormarsch und es kam dem Bischof die unerwartete Meldung, der Ilfelder Paß sei durch Tausende von Rittern und bewaffneten Bauern belegt. Ohne harten Kampf war ein Durchschlagen nicht möglich; jedenfalls aber ging dabei die reiche Beute unrettbar verloren.

Da wurde vor den Bischof ein Mann aus Honstein geführt, der sich bereit erklärte, dem Bischof einen unbesetzten Paß in den Harz zu zeigen. Seinen Worten trauend zog man an den Wällen Nordhausens vorüber, am Südrand des Gebirges entlang bis Görsbach. Kundschafter hatten inzwischen festgestellt, daß der Paß frei sei. Man zog von Görsbach nordwärts und kam vor den finsteren Schlund, aus dem ein Entrinnen nicht möglich war. Der Bischof gab erst nach Zögern den Befehl zum Vorrücken. So ritten denn, wenn auch mit einiger Beklemmung, die Scharen in ihren „Totenweg“ ein.

Schon war die Spitze des Zuges in der Mitte des Weges angekommen, da trat eine Stockung ein und ehe man die Ursache derselben erkannte, ertönte plötzlich auf dem Gipfel der Felswand ein Schrei, und nun wurden wie mit einem Zauberschlag Wald und Gebirge lebendig. Gewaltige Felsblöcke, mächtige Baumstämme sausten wuchtig hernieder, zerschmetterten Roß und Mann, brachten unausweichbar Tod und Verwirrung. Auf und ab wogte der Kampf. Mit verhängten Zügeln und flüchtigen Fußes ging es hinein in den offenen Schlund; in rasendem Ritt, nicht achtend der Leichen, der Stürzenden, stürmte man vorwärts, auf den Fersen den Feind, hinweg über nieder sausende Felstrümmer, hinunter den Todesweg. Der Volksmund erzählt, daß das Blut in Strömen geflossen sei. Nur wenigen gelang es, sich durchzuschlagen. Unter ihnen dem durch einen Pfeilschuß am Schenkel verwundeten Bischof. Um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, zugleich aber, um Lösegeld zu gewinnen, drängte Graf Botho an 700 Feinde in den Rottleberoder Teich, so daß sie sich gefangen geben mussten. Im ganzen wurden 400 Reiter und 700 Mann Fußvolk gefangen genommen und auf die Burgen Honstein, Nohra, Klettenberg, Kelbra, Heringen und Sondershausen abgeführt.

Teilansicht des Totenweges bei Rottleberode
Zeichnung: Horst Keller


In Halberstadt matt und krank angekommen, forderte Bischof Burchard zunächst unter schweren Bedrohungen die Freigabe aller Gefangenen. Um ihrem Lande nicht neuen Raubzügen aussetzen zu müssen, wandten sich die verbündeten Grafen mit einem Hilferuf an den Kurfürsten Friedrich und den Herzog Wilhelm von Sachsen. Nun erst nahm der Bischof von Gewaltmitteln Abstand und einigte sich mit den Grafen dahin, die Sache dem Erzbischof Günther von Magdeburg, dem genannten Kurfürsten von Sachsen und dem Bischof Johann von Merseburg zur Entscheidung zu übertragen. Diese entschieden, nach Anhören der Parteien, am 3. Februar 1438 zu Leipzig, die Gegner sollten ihre Feindschaft vergessen und die Gefangenen ausliefern. Der Bischof sollte 16 000 rheinische Gulden in zwei Terminen als Lösegeld zahlen.