Das Wirtschaftsleben der Stadt Nordhausen am Harz in den letzten zwei Jahrhunderten ihrer Reichsunmittelbarkeit

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Textdaten
Autor: Hans Oelze
Titel: Das Wirtschaftsleben der Stadt Nordhausen am Harz in den letzten zwei Jahrhunderten ihrer Reichsunmittelbarkeit (17. und 18. Jahrhundert.)
Untertitel: Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte ; Anhang: Die Berufsvererbung in Nordhausen im 17. u. 18. Jahrhundert
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Erscheinungsdatum: 1933
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Erscheinungsort: Nordhausen
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Digitalisat: PDF (57 MB)
Eintrag in der GND: 570979285
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Das Wirtschaftsleben der Stadt Nordhausen am Harz in den letzten zwei Jahrhunderten ihrer Reichsunmittelbarkeit ist eine wirtschaftshistorische Untersuchung der Stadt Nordhausen für den Zeitraum von 1600 bis 1802. Die Arbeit wurde von Hans Oelze als Inaugural-Dissertation an der Universität Leipzig verfasst und 1933 veröffentlicht.

Die Arbeit zeichnet ein detailliertes Bild der wirtschaftlichen Entwicklung Nordhausens in den letzten zwei Jahrhunderten seiner Reichsunmittelbarkeit. Sie zeigt den Wandel von einer agrarisch geprägten zu einer von Handel und Gewerbe dominierten Wirtschaftsstruktur auf und arbeitet die besondere Bedeutung der Branntweinindustrie heraus.

Inhalt und Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Werk gliedert sich in fünf Hauptkapitel sowie einen Anhang:

  • Überblick über die Struktur des Nordhäuser Wirtschaftslebens vom 17. bis zum 18. Jahrhundert
  • Das Auf und Ab des öffentlichen und privaten Wirtschaftslebens Nordhausens in den letzten 200 Jahren der Reichsunmittelbarkeit
  • Die öffentliche Wirtschaft Nordhausens im 17. und 18. Jahrhundert
  • Die private Wirtschaft Nordhausens im 17. und 18. Jahrhundert
  • Handel und Marktwesen; Radius der Nordhäuser Wirtschaft im 17. und 18. Jahrhundert
  • Anhang: Die Berufsvererbung in Nordhausen im 17. und 18. Jahrhundert

Kapitel 1: Wirtschaftsstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das erste Kapitel bietet einen Überblick über die sich wandelnde Wirtschaftsstruktur Nordhausens vom 17. bis zum 18. Jahrhundert. Oelze beschreibt die geografische Lage der Stadt und deren Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung. Nordhausen lag an wichtigen Handelsstraßen und bildete einen Knotenpunkt zwischen dem Harz und den südlich angrenzenden Gebirgszügen. Der Autor stellt dar, wie die Wirtschaft zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch stark landwirtschaftlich geprägt war. Viele Bürger betrieben neben ihrem Hauptgewerbe auch Ackerbau und Viehzucht. Als wichtige Wirtschaftszweige werden der Getreidehandel, der Ölhandel und das Braugewerbe genannt. Oelze zeichnet nach, wie sich im Laufe des Untersuchungszeitraums eine Verlagerung der wirtschaftlichen Schwerpunkte vollzog. Die Bedeutung der Landwirtschaft nahm ab, während Handel und Gewerbe zunahmen. Als neuer, aufstrebender Wirtschaftszweig etablierte sich die Branntweinindustrie, die im 18. Jahrhundert zum prägenden Faktor wurde.

Kapitel 2: Wirtschaftliche Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das zweite Kapitel bietet eine chronologische Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung Nordhausens von 1600 bis 1802. Oelze unterteilt den Zeitraum in mehrere Phasen:

  • Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648): Diese Zeit wird als Phase des wirtschaftlichen Niedergangs beschrieben. Oelze schildert die Auswirkungen des Krieges auf Handel und Gewerbe, etwa durch Truppendurchzüge, Kontributionen und Seuchen.
  • Die Nachkriegszeit (1648-1682): In dieser Phase setzte laut Oelze ein wirtschaftlicher Wiederaufstieg ein. Er beschreibt den Wiederaufbau der Wirtschaft und die Wiederbelebung von Handel und Gewerbe.
  • Die Pestjahre (1681-1683): Die Pestepidemie wird als schwerer Einschnitt in die wirtschaftliche Entwicklung dargestellt. Oelze analysiert die Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft.
  • Die Zeit bis 1723: Diese Phase wird als Zeit der wirtschaftlichen Erholung charakterisiert. Oelze schildert die allmähliche Konsolidierung der städtischen Wirtschaft.
  • Das "preußische Zwischenspiel" (1723-1715): Die preußische Besetzung Nordhausens wird als wirtschaftliche Belastung dargestellt. Oelze beschreibt die Auswirkungen der preußischen Politik auf Handel und Gewerbe.
  • Die Zeit von 1715-1756: Diese Phase wird als Zeit starken wirtschaftlichen Aufschwungs charakterisiert. Oelze schildert insbesondere die Entwicklung der Branntweinindustrie.
  • Der Siebenjährige Krieg (1756-1763): Der Krieg wird als wirtschaftliche Herausforderung dargestellt, die Nordhausen jedoch relativ gut überstand. Oelze beschreibt sogar wirtschaftliche Gewinne durch Heereslieferungen.
  • Die Nachkriegszeit bis 1792: Diese Phase wird als Zeit oszillierender, aber insgesamt positiver wirtschaftlicher Entwicklung charakterisiert. Oelze schildert den weiteren Aufschwung der Branntweinindustrie.
  • Die Zeit des Reichskriegs ab 1792: Diese Phase wird als erneute wirtschaftliche Belastungsprobe dargestellt. Oelze beschreibt die Auswirkungen von Fruchtsperren und Kriegslasten.

Oelze analysiert für jede Phase detailliert die wirtschaftliche Situation anhand von Faktoren wie Preisentwicklung, Handelsvolumen und Steuereinnahmen. Er stellt dar, wie sich die Stadt immer wieder von Krisen erholte und wirtschaftlich weiterentwickelte.

Kapitel 3: Öffentliche Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das dritte Kapitel widmet sich der öffentlichen Wirtschaft Nordhausens im 17. und 18. Jahrhundert. Oelze untersucht die Organisation und Verwaltung des städtischen Haushalts sowie die Einnahmen und Ausgaben der Stadt. Der Autor beschreibt zunächst die Struktur der städtischen Verwaltung. Er erläutert die Funktionen verschiedener Ämter wie des Kämmereiamts und des Schultheißenamts. Oelze stellt dar, wie der Rat der Stadt die wirtschaftlichen Angelegenheiten regelte.

Als wichtige Einnahmequellen werden verschiedene Steuern und Abgaben genannt:

  • Der Schoss (Grund- und Gebäudesteuer)
  • Interessentensteuern wie das Wachtgeld
  • Gewerbesteuern
  • Indirekte Steuern wie das Mahl-, Schrot- und Ölschlagegeld
  • Abgaben auf Bier und Branntwein
  • Zölle und Geleitgelder
  • Marktgelder

Oelze analysiert die Entwicklung dieser Einnahmen im Laufe des Untersuchungszeitraums. Er stellt dar, wie sich die Bedeutung einzelner Einnahmequellen verschob, etwa durch den Aufstieg der Branntweinindustrie. Ein weiterer Abschnitt widmet sich den "Dominialgefällen" - Einkünften aus städtischem Grundbesitz und Gewerbebetrieben. Oelze beschreibt etwa die Einnahmen aus verpachteten Ländereien oder dem städtischen Ratskeller.

Der Autor untersucht auch die Ausgaben der Stadt. Er nennt als wichtige Posten:

  • Personalkosten für städtische Beamte
  • Sachkosten für die Verwaltung
  • Baukosten für öffentliche Gebäude und Infrastruktur
  • Reichs- und Kreisabgaben
  • Zinszahlungen für Schulden

Oelze analysiert die Entwicklung der städtischen Finanzen über den Untersuchungszeitraum. Er stellt Phasen finanzieller Stabilität solchen gegenüber, in denen die Stadt mit Schulden zu kämpfen hatte. Ein eigener Abschnitt widmet sich der Wirtschaftspolitik des Rates. Oelze beschreibt verschiedene Verordnungen und Maßnahmen, etwa:

  • Regelungen zu Maßen und Gewichten
  • Münzordnungen
  • Preisvorschriften für Lebensmittel
  • Marktordnungen
  • Zunftordnungen

Der Autor analysiert, wie der Rat versuchte, regulierend in das Wirtschaftsleben einzugreifen und Handel und Gewerbe zu fördern.

Kapitel 4: Private Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das vierte Kapitel behandelt die private Wirtschaft Nordhausens im 17. und 18. Jahrhundert. Oelze unterscheidet zwischen der "ungeschlossenen" und der "geschlossenen" Wirtschaft. Zur ungeschlossenen Wirtschaft zählt er die nicht durch Zünfte reglementierten Gewerbe. Dazu gehörten:

  • Landwirtschaft
  • Getreidehandel
  • Ölhandel
  • Brauerei
  • Branntweinindustrie
  • Viehhandel
  • Holzhandel

Oelze analysiert detailliert die Entwicklung dieser Wirtschaftszweige. Besondere Aufmerksamkeit widmet er dem Aufstieg der Branntweinindustrie im 18. Jahrhundert. Er stellt dar, wie diese zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor wurde und den überregionalen Ruf Nordhausens prägte. Anhand statistischer Daten belegt er die enorme Steigerung der Produktion und des Exports. Der Autor untersucht auch die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den verschiedenen Branchen. Er beschreibt etwa, wie die Branntweinindustrie die Entwicklung der Landwirtschaft, des Getreidehandels und des Böttchergewerbes beeinflusste. Als "geschlossene Wirtschaft" behandelt Oelze die durch Zünfte organisierten Handwerke. Er untersucht die Entwicklung des Zunftwesens und stellt dar, wie dieses zunehmend erstarrte und wirtschaftlichen Fortschritt hemmte. Der Autor beschreibt die Reglementierungen durch Zunftordnungen und analysiert deren wirtschaftliche Auswirkungen. Oelze vergleicht die Entwicklung der zünftigen und nicht-zünftigen Wirtschaftszweige. Er kommt zu dem Schluss, dass die dynamischsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Branchen nicht zünftig organisiert waren.

Kapitel 5: Handel und wirtschaftlicher Einflussbereich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im fünften Kapitel analysiert Oelze Handel und Marktwesen sowie den wirtschaftlichen Einflussbereich Nordhausens. Der Autor beschreibt zunächst die geografische Lage Nordhausens und deren Bedeutung für den Handel. Die Stadt lag an wichtigen Handelsstraßen und bildete einen Knotenpunkt zwischen dem Harz und den südlich angrenzenden Gebirgszügen. Oelze stellt dar, wie Nordhausen als Handelsplatz von dieser Lage profitierte.

Ein Abschnitt widmet sich dem Marktwesen. Oelze untersucht die Bedeutung der Wochen- und Jahrmärkte für den lokalen und regionalen Handel. Er beschreibt die gehandelten Waren und analysiert die wirtschaftliche Bedeutung der Märkte für die Stadt. Der Autor untersucht auch die Handelsbeziehungen Nordhausens zu anderen Städten und Regionen. Er beschreibt die wichtigsten Handelspartner und -routen. Besondere Aufmerksamkeit widmet er den Handelsbeziehungen zu den Messestädten Leipzig und Frankfurt am Main. Oelze analysiert den wirtschaftlichen Einflussbereich Nordhausens anhand verschiedener Wirtschaftszweige:

Für den Getreidehandel stellt er dar, wie Nordhausen als Umschlagplatz zwischen den Anbaugebieten Thüringens und den Abnehmerregionen im Harz fungierte. Für die Branntweinindustrie zeichnet er nach, wie sich der Absatzmarkt im Laufe des 18. Jahrhunderts ausweitete und schließlich weite Teile Nord- und Mitteldeutschlands umfasste. Für den Viehhandel beschreibt er die Handelsbeziehungen zu den Zuchtgebieten in Norddeutschland und den Absatzmärkten in Mitteldeutschland.

Der Autor kommt zu dem Schluss, dass sich der wirtschaftliche Einflussbereich Nordhausens im Laufe des Untersuchungszeitraums erheblich ausweitete. Im 18. Jahrhundert erstreckte er sich über weite Teile Mittel- und Norddeutschlands.

Anhang: Berufsvererbung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Anhang untersucht Oelze die Berufsvererbung in Nordhausen anhand ausgewählter Familien. Er analysiert, wie sich Berufe über mehrere Generationen in Familien vererbten oder veränderten. Als Beispiele dienen:

  • Die Tuchmacherfamilie Eulhardt
  • Die Bäckerfamilie Rosenthal
  • Die Buchdruckerfamilien Hynitzsch und Cöler

Oelze stellt dar, wie sich die Berufswahl im Laufe der Generationen wandelte. Er untersucht Faktoren, die die Berufswahl beeinflussten, etwa:

  • Wirtschaftliche Lage des jeweiligen Gewerbes
  • Soziales Prestige verschiedener Berufe
  • Ausbildungsmöglichkeiten
  • Familiäre Traditionen

Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die Berufsvererbung im Laufe des Untersuchungszeitraums abnahm. Er stellt eine zunehmende soziale und berufliche Mobilität fest.

Methodik und Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oelze stützt seine Untersuchung vor allem auf die Auswertung von Archivmaterial. Er nutzt intensiv die Bestände des Nordhäuser Stadtarchivs, insbesondere:

  • Kämmereirechnungen
  • Ratsverordnungen und -protokolle
  • Zunftakten
  • Steuerlisten
  • Bürgerrollen
  • Chroniken

Der Autor wertet dieses Material sowohl quantitativ als auch qualitativ aus. Er erstellt Statistiken zu Preisen, Löhnen, Produktions- und Exportmengen und analysiert deren Entwicklung. Gleichzeitig interpretiert er die Quellen, um wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge aufzuzeigen. Ergänzend zieht Oelze zeitgenössische Druckwerke wie Chroniken und wirtschaftliche Abhandlungen heran. Er berücksichtigt auch die bis dahin erschienene Forschungsliteratur zur Nordhäuser Stadtgeschichte.

Methodisch ist die Arbeit stark deskriptiv und faktenorientiert. Oelze konzentriert sich auf die detaillierte Darstellung wirtschaftlicher Entwicklungen und Strukturen. Theoretische Überlegungen oder übergeordnete wirtschaftsgeschichtliche Konzepte spielen eine untergeordnete Rolle.

Zentrale Thesen und Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wirtschaftsstruktur Nordhausens wandelte sich im Untersuchungszeitraum von einer stark agrarisch geprägten zu einer vom Handel und Gewerbe dominierten Struktur. Die Bedeutung der Landwirtschaft nahm ab, während neue Wirtschaftszweige wie die Branntweinindustrie aufstiegen.

Die Branntweinindustrie entwickelte sich im 18. Jahrhundert zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor und prägte den überregionalen Ruf der Stadt. Oelze belegt dies mit Produktions- und Exportzahlen, die eine enorme Steigerung im Laufe des Jahrhunderts zeigen.

Das Zunftwesen erstarrte zunehmend und hemmte wirtschaftliche Innovationen. Die dynamischsten Wirtschaftszweige waren nicht zünftig organisiert. Oelze sieht darin einen Grund für den wirtschaftlichen Erfolg von Branchen wie der Branntweinindustrie.

Nordhausen erholte sich wirtschaftlich erstaunlich schnell von Krisen wie dem Dreißigjährigen Krieg oder der Pest von 1681-83. Der Autor führt dies auf die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der städtischen Wirtschaft zurück.

Der wirtschaftliche Einflussbereich Nordhausens dehnte sich im 18. Jahrhundert erheblich aus, vor allem durch den Branntweinexport. Oelze zeichnet nach, wie sich die Handelsbeziehungen der Stadt räumlich ausweiteten.

Die Reichsunmittelbarkeit bot wirtschaftliche Vorteile, führte aber auch zu einer gewissen Isolation. Der Anschluss an Preußen 1802 eröffnete neue wirtschaftliche Perspektiven. Oelze sieht darin einen Wendepunkt in der Wirtschaftsgeschichte der Stadt.

Die Berufsvererbung nahm im Laufe des Untersuchungszeitraums ab. Oelze stellt eine zunehmende soziale und berufliche Mobilität fest, die er mit dem wirtschaftlichen Wandel in Verbindung bringt.