100 Jahre Nordhäuser Museum
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Zusammenfassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Festschrift „100 Jahre Museum in Nordhausen“, die 1976 vom Meyenburg-Museum zum Jubiläum herausgegeben wurde, gibt einen umfassenden Überblick über die Geschichte des Museums von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart der DDR. In verschiedenen Aufsätzen werden die Entwicklungsetappen nachgezeichnet und wichtige Personen und Ereignisse beleuchtet.
Den Auftakt bildet ein Artikel über das Naturalienkabinett des Pastors Friedrich Christian Lesser im 18. Jahrhundert. Lesser hatte durch 32-jährige Sammeltätigkeit eine bedeutende naturwissenschaftliche Sammlung zusammengetragen, die jedoch nach seinem Tod verloren ging. Dennoch gilt seine Sammlung als ein Vorläufer des späteren Museums. Eingehend geschildert wird die Gründungsphase des Museums in den 1870er Jahren. Auf Initiative des Lehrers Dr. Perschmann und des Geschichts- und Altertumsvereins kam es 1872 zum Beschluss eines Städtischen Museums. Zunächst war es in Schulgebäuden untergebracht und zog mehrmals um. Prägend war die Unterstützung durch den wohlhabenden Bürger Hermann Arnold, der dem Museum auch testamentarisch Mittel vermachte. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gestaltete der Erfurter Stadtarchivar Alfred Overmann kunstgewerbliche Ausstellungsräume, die in zeitgenössischen Berichten große Bewunderung fanden. Ab den 1930er Jahren war das Museum auf zwei Villen verteilt. Diese günstige Lösung wurde jedoch während der NS-Zeit wieder rückgängig gemacht, was als Ausdruck der Kulturfeindlichkeit des Regimes gewertet wird. Ein weiterer Abschnitt behandelt die Nachkriegszeit, als das schwer kriegsbeschädigte Gebäude mühsam wiederaufgebaut werden musste. In den 1950er Jahren kam es zu Bemühungen, dem Museum eine sozialistische Bildungsarbeit zu geben. Neugestaltungen von Ausstellungsbereichen fanden statt mit dem Ziel, die Arbeiterklasse stärker einzubeziehen. Der letzte Teil schildert die Arbeit des Museums als sozialistische Bildungseinrichtung zum Zeitpunkt des Jubiläums 1976. Es wird beschrieben, wie durch Ausstellungen, Veranstaltungen und die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Gruppen versucht wird, die Menschen im Sinne des Sozialismus zu erziehen. Eine Erweiterung des Museums ist geplant. Insgesamt vermittelt die Festschrift trotz ihrer teils ideologisch geprägten Sichtweise einen guten Einblick in die vielschichtige Geschichte des Meyenburg-Museums über einen Zeitraum von 100 Jahren - von den bescheidenen Anfängen einer bürgerlichen Altertumssammlung bis zum selbstbewussten sozialistischen Regionalmuseum der DDR. Die Beiträge bieten eine Fülle an Informationen und machen die wechselvolle Entwicklung des Museums deutlich, die von großem Engagement, aber auch manchen Rückschlägen gekennzeichnet war. Die Festschrift von 1976 ist damit selbst zu einer wichtigen historischen Quelle für die Museumsgeschichte geworden. |
100 JAHRE
Nordhäuser Museum
1876–1976
H E R A U S G E B E R
M E Y E N B U R G - M U S E U M N O R D H A U S E N
Inhaltsverzeichnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Naturalienkabinett des Pastor Lesser – ein Vorläufer des Nordhäuser Museums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Erwähnung des Namens Lesser mögen ältere Nordhäuser Bürger aufhorchen, und wenn sie schon nicht an die von ihm verfaßten „Historischen Nachrichten von der Kayserl. und des Heil. Rom. Reichs Freien Stadt Nordhausenn“ denken, so doch sicher an die „Lesser-Stiege“, das ehemalige Verbindungsstück zwischen Rautenstraße und Bahnhofstraße. Weniger bekannt dürfte sein, daß zu den geliebten Nebenbeschäftigungen dieses geistlichen Herrn die Naturwissenschaften gehörten. In 32jähriger eifriger Tätigkeit hatte er eine beachtliche Sammlung zusamengetragen, die systematisch nach den Gebieten „Mineralreich, Pflanzen- und Tierreich“ geordnet war. Es fehlten weder ein alphabetisch geordneter Katalog noch die dazuge hörende Bibliothek. Mit welcher Hingabe er dieses „Hobby“ betrieb zeigt, daß er mit 388 Naturwissenschaftlern seiner Zeit im Briefwechsel gestanden hat und eine große Anzahl von gedruckten Schriften und Veröffentlichungen hinterließ. Außerdem war er Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Gesellschaften, unter anderem auch der „Kaiserl. Leopoldinischen Carolingischen Akademie der Naturforscher zu Halle“. Naturalienkabinette des 18. Jahrhunderts sind ein Fortschritt im Gegensatz zu den Raritäten und Kostbarkeiten anhäufenden „Kunst- und Wunderkammern“ des Feudalismus. Ihre Systematik und übersichtliche Ordnung zeigen Anfänge wissenschaftlichen Wirkens. So ist also auch die Sammlung Lessers, die leider nach seinem Tode durch Verkauf in fremde Hände geriet und der Stadt nicht erhalten werden konnte, nicht nur ein Vorläufer unseres Nordhäuser Museums, sondern auch ein Meilenstein auf dem Wege der Entwicklung zum Museum.
Von der „ambulanten Künstlerexistenz“ des Nordhäuser Museums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die politischen Ereignisse in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten vielfach zu einer Rückbesinnung auf die Vergangenheit. Neuerwachte Heimat- und Vaterlandsliebe trieben unterschiedlichste Blüten. Eine davon war die Gründung von Kunst-, Geschichts- und Altertumsvereinen. Das damit verbundene Aufstöbern von „Alterthum“ mußte dazu führen, daß „Institute“ zu ihrer Aufbewahrung geschaffen wurden, die Zeit der Museumsgründungen begann gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Auch in Kreisen des Nordhäuser Bürgertums gab es interessierte Menschen, die sich Vereinen anschlossen. Zu ihnen gehörte Professor Ernst Günther Förstemann (gest. 1859), der unter anderem im „Nordhäuser Courier“ heimatkundliche Beiträge veröffentlichte, vor allem auch über „vorgeschichtliche Funde“, die bei der Vorbereitung zum Bau der Eisenbahnlinie Nordhausen — Sangerhausen zum Vorschein kamen. Urnen, die er aufoewahrt hatte, wurden schließlich Anlaß für die Gründung eines Museums in Nordhausen. In den Archivunterlagen befindet sich das Schreiben eines Antiquarius Fischer aus dem Jahre 1869, in dem dieser darauf hinweist, daß es an der Zeit wäre „ein bescheidenes Plätzchen“ zu finden, „woselbst die hier gefundenen Alterthümer für immer eine würdige Aufnahme fänden.“ Gemeint waren die Förstemannschen Urnen und die „alten historischen Denkmäler von Nordhausen“ wie der „Aar“ von der Straße „Vor dem Vogel“ und die Zwingergruppe vom Töpfertor, die in einer verstaubten Ecke des Rathauses ein trauriges Dasein fristeten. Erst 1872 kommt es zu einem Beschluß der Stadtverordnetenversammlung, die Einrichtung eines „Städtischen Museums“ betreffend. Die um ein Gutachten befragte Schuldeputation schien allerdings nicht sehr angetan von dem Projekt, denn sie lehnte es ab, sich näher darüber zu äußern, da „die Anlegung eines Museums hauptsächlich nur von Gegenständen aus der hiesigen Gegend mit den Interessen der Schule weniger im Zusammenhang“ stünde. Und doch war es ein Mann der Schule, der bereit war, seine Kraft für die Verwirklichung des Museumsgedankens einzusetzen.: der Oberlehrer Dr. Perschmann, Mitglied des neu gegründeten Nordhäuser „Geschichts- und Alterthumsvereins“. Dieser hatte 1872 gemeinsam mit dem Mediziner und Anthropologen Prof. Rudolf Virchow an Ausgrabungen in Höhlen des Südharzes teilgenommen. Ihm hatte Virchow seinerzeit Fundstücke übergeben mit der Forderung, „sie für ein demnächst zu gründendes Nordhäuser Alterthums-Museum aufzubewahren“. Auf Dr. Perschmanns Anregung hin wurde die Museumsangelegenheit 1874 auf den Nordhäuser „Geschichts- und Alterthums-Verein“ übertragen. Er übernahm gern das Amt des „Conservators“ im zukünftigen Museum. Das erste „Museumszimmer“ war ein Raum im Vorhaus der damaligen höheren Töchterschule in der Blasiistraße, der „gegenwärtig für Schulzwecke entbehrlich war“, weil er einen sehr kalten Fußboden hatte. Die Stadt gewährte für die Einrichtung des Museums die Summe von 150 Talern (450 Mark). Da diese Summe trotz äußerster Sparsamkeit nicht gereicht hätte, unterstützten zahlreiche Bürger das Unternehmen durch Spenden und aktive Mithilfe beim Aufbau. Am 29. September 1876 konnte die feierliche Übergabe an die Städtischen Behörden erfolgen. Durch das schnelle Anwachsen der Sammlung war man in kürzester Zeit gezwungen, sich nach einer neuen Bleibe umzusehen, und so begab sich das Museum auf Wanderschaft, ein Zustand, den es künftig des öfteren durchzumachen hatte. Ein Chronist späterer Zeiten sprach treffend von der „ambulanten Künstlerexistenz“ des Museums. Seine nächste Station wurde das 1878 erbaute damalige Volksschulgebäude am Taschenberg, welches den Krieg überdauerte und uns heute als Institut für Lehrerbildung ein Begriff ist. Bei der Wiedereinrichtung des Museums half ein Mann, dessen Name uns gegenwärtig noch durch ein nach ihm benanntes Feierabendheim und eine Straße vertraut ist: Hermann Arnold. Dieser vielgereiste Bürger und Brennherr widmete sich in seiner Freizeit dem Sammeln von Altertümern und Kunstgegenständen, wobei seine besondere Liebe den Muscheln und Schnecken galt, den Konchylien. Auch wurden unter seiner Leitung und mit seinen Mitteln erste Ausgrabungen im Gräberfeld auf dem Soolberg bei Auleben unternommen. Unter aktiver Mitwirkung Arnolds konnte im Mai 1879 das „Städtische Alterthums Museum“ am Taschenberg seine Pforten öffnen. Bis zu seiner erneuten Umsiedlung wurden aus anfänglich 4 Räumen 17, die für Museumszwecke genutzt werden konnten. Die Sammlung, die Zeitgenossen als sehr reichhaltig einschätzten, bestand 1890 aus 22 000 Museumsexponaten. Aus theoretischen Abhandlungen der örtlichen Presse über das Museum wird deutlich, daß man bewußt begann, die mehr spontane Entwicklung zu lenken: das Museum sollte zu einer Bildungsstätte im Sinne der herrschenden Klasse werden. Heute noch erhaltene, sorgfältig geführte Tätigkeitsberichte aus den Jahren 1884 bis 1894 vermitteln uns eine Vorstellung von der Arbeit im damaligen Museum. Unter dem Motto „Der Oolen Erbe laßt nich verderbe“ bemühten sich fünf Helfer aus den Kreisen des Bürgertums um die „Pflege des Instituts“. Neben der Beaufsichtigung der Besucher an dem einzigen Öffnungstage in der Woche beschäftigten sich die Herren mit Ordnen, Inventarisieren und Katalogisieren der Gegenstände. Die Arbeitsbedingungen waren äußerst bescheiden. So heißt es zum Beispiel in einem Tätigkeitsbericht, daß eine Ordnungsarbeit nur durchgeführt werden konnte, „da Herr Arnold einige Stearinlichte besorgt hatte“. Die Anzahl der Museumsbesucher scheint unterschiedlich gewesen zu sein. Besonders hervorgehoben wurden prominente Besucher und — vermutlich wegen ihrer Seltenheit — Gäste aus den unteren Schichten der Bevölkerung. In einer Eintragung vom 5. Januar 1888 heißt es zum Beispiel: „Am heutigen Tage war der Besuch des Museums ein recht lebhafter. Zumeist waren es Handwerker und Handarbeiter, die sich zum Theil mit ihren Frauen eingefunden hatten. Sie bekundeten ein lebhaftes Interesse für die Gegenstände und brachten sogar kleine Geschenke . . Inzwischen war die Neuordnung des Nordhäuser Stadtarchivs notwendig geworden. Die Stadt hielt es nicht für nötig, für diese ihr „ferner liegende Aufgabe“ bedeutende Geldopfer zu bringen. Da kam ihr sehr gelegen, als sich ein Helfer des Museums bereit erklärte, das Stadtarchiv zu ordnen. Es begann eine Personalunion zwischen Museum und Archiv, die bis in unsere Tage andauern sollte. 1888 war von einer „voraussichtlichen Dislocierung“ der Anstalt die Rede. Wieder war es eine Schule, die als neues Domizil in Frage kam: das ehemalige Gymnasium in der Predigerstraße. Nach der feierlichen Eröffnung 1892 setzte man große Hoffnungen auf steigende Besucherzahlen, da das neue Gebäude zentraler gelegen war. Wesentlich weniger Räume standen dem Museum nun zur Verfügung, und da es eine Selbstverständlichkeit War, alles zu zeigen, mögen die überfüllten Räume einem Raritätenkabinett geglichen haben. Im sogenannten „Waffenzimmer“ lagen laut Beschreibung blutrünstige Spontons, Dolche und Feuersteingewehre in friedlicher Eintracht neben „Hungerbrötchen“, Brandresten von Brotterode und Teilen von PerlmuttBeschlägen eines Kaiserbildes. Im „Ethnographischen“ Zimmer zeigte man Erzeugnisse und Erinnerungen, die dem Museum von Nordhäuser Söhnen nach ihrer „stolzen Rückkunft“ aus den Kolonien übergeben worden waren. Das Museum begann. — der allgemeinen Entwicklung folgend — auf die ihm spezifische Art, die Ziele der herrschenden Gesellschaftsordnung zu vertreten. Als Öffnungstag war seit der Einrichtung des Museums der Donnerstag-Nachmittag beibehalten worden. Diese Regelung führte zu der Beschwerde eines Arbeiters in der Nordhäuser Presse im Jahre 1893. Da heißt es unter anderem: „Schreiber der Notiz ist im Besitz von einigen Alterthümern. Soll aber ein Arbeiter dem Museum Geschenke machen, das ihm und seinen Genossen in Wahrheit verschlossen ist, da es nur an einem Arbeitsnachmittag dem Publikum geöffnet wird?“ Dieser Beitrag, der in der bürgerlichen „Nordhäuser Zeitung“ erschien, war übrigens mit dem Vermerk versehen „ohne geistige Verantwortung der Redaktion!“ Es ist nur eine kleine Notiz, aber sie ist Ausdruck der Klassenwidersprüche, die innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftsordnung aufeinanderprallten. Um die Jahrhundertwende wurde das Museum durch das Ausscheiden des langährigen Conservators und Förderers Hermann Arnold aus seinem Amt schwer betroffen. Da an einen Ersatz für ihn kaum zu denken war, übernahm stillschweigend ein anderer Mitarbeiter des Museums dessen bisherige Aufgaben: der Lehrer Hermann Heineck. Dieser mußte nun das 25jährige Jubiläum des Museums vorbereiten und durchführen. Seine Jubiläumsschrift „Urkundliche Geschichte des Städtischen Museums“ ist auch für uns noch eine interessante Unterlage zur Geschichte des Museums. 1906 mußte das Museum erneut umziehen, da das Gebäude in der Predigerstraße für Schulzwecke gebraucht wurde. In der Schule am ehemaligen Friedrich-Wilhelm-Platz sollte das Museum nun längere Zeit bleiben dürfen. Das Stadtarchiv und die Volksbibliothek waren im gleichen Gebäude untergebracht. Mit 18 Räumen, die allein für das Museum vorgesehen waren, bestanden gute Voraussetzungen. Eine klare Gliederung in einzelne Abteilungen erleichterte dem Besucher das Verständnis. Erstmalig hören wir von einer naturkundlichen Abteilung. Die technisch-organisatorischen Fragen waren geregelt, so war der neu eingestellte Hausverwalter sogar im Besitz einer Dienstordnung. Nach der Eröffnung 1907 kam es zur Gründung einer Museumsdeputation. In Veröffentlichungen wurden die Ziele der Einrichtung klar formuliert: Das Museum sollte dazu beitragen, die Kenntnis der Heimat zu fördern, die Liebe zu ihr zu erwecken, um damit auch „ungemein wichtigen vaterländischen Interessen zu dienen“. Es war zum Heimatmuseum mit einer erzieherischen Funktion geworden, mußte sich zukünftig immer mehr zur Volksbildungsstätte entwickeln und als anerkannte Einrichtung des Überbaus mithelfen, die Ideologie der herrschenden Klasse zu verbreiten. Die Erweiterung der Öffnungszeiten (das Museum war bei freiem Eintritt täglich, außer montags zugänglich), bestätigt diese Tatsache. Durch den Tod des Rentiers Arnold eröffneten sich dem Museum neue Möglichkeiten. Dieser hinterließ der Stadt nämlich nicht nur seine reichen Sammlungen, sondern auch sein gesamtes Vermögen in Höhe von 1 700 000 Mark, wobei er die Hälfte „zur Linderung der Leiden der Menschheit“ und die andere Hälfte „zum Bau, zur Ausstattung, Erhaltung und Erweiterung des Städtischen Museums nebst Bibliothek und Archiv“ bestimmte. Durch den Bau des späteren „Arnold-Heimes“ wurde der eine Teil des Vermächtnisses erfüllt. Die endgültige Entscheidung für den geplanten Neu- bzw. Umbau des Museums ließ —* trotz Ausschreibung eines Ideenwettbewerbs — lange auf sich warten. Krieg und Inflation taten das Ihrige. 1926 waren von der gesamten Stiftung für das Museum nur noch 1850 Mark als Unterhaltskostenzuschuß übrig geblieben. Es ist falsch, anzunehmen, daß die Arnold-Stiftung dem Museum gar keinen Nutzen gebracht hat. Durch sie war erstmalig der Ankauf von Gegenständen in großem Maßstab möglich geworden. Die Museumsarbeit schien auch ohne neu eingesetzten Konservator einen befriedigenden Verlauf zu nehmen. Anfragen aus anderen Städten und Museen zeigten, daß das Museum einen guten Ruf hatte und man sich gern seiner Erfahrungen bediente. Eine Eingabe Heinecks aus dem Jahre 1912 läßt ahnen, daß innerhalb der Einrichtung nicht alles so lief, wie es sollte. Die Stadt nahm dies zum Anlaß, um sich nach einer neuen Fachkraft für die Leitung des Museums umzusehen. Es war der Erfurter Stadtarchivar Prof. Dr. Alfred Overmann, der sich mit Zustimmung des Erfurter Magistrates bereit erklärte, die Ordnung, Sichtung und Ergänzung des Nordhäuser Museums zu übernehmen. Er widmete sich vor allem der kunstgewerblichen Abteilung und begann, die Wohnkultur des wohlhabenden Bürgertums von der Gotik bis zum Biedermeier darzustellen, eine Art Anschauungsunterricht in Stilkunde. Im Frühjahr 1921 konnte nach 8jähriger Arbeit dem Publikum die neugestaltete Kostbarkeit präsentiert werden. Neben den 10 als Stilzimmer eingerichteten Räumen waren die anderen Abteilungen beibehalten und ebenfalls neu gestaltet worden. Nach der Eröffnung widmete die örtliche Presse zahlreiche Beiträge speziell den Stilzimmern. Man vertrat einstimmig die Meinung, Nordhausen könne auf diese Einrichtung stolz sein, keine Stadt in Mitteldeutschland habe Ähnliches aufzuweisen. Lokalpatriotismus oder nicht — in. der Erinnerung der Bevölkerung leben diese Stilzimmer bis in unsere Tage als etwas einmalig Schönes. Mit dieser Neugestaltung hatte Overmann für die Stadt etwas von bleibendem Wert geschaffen. Als sein Nachfolger übernahm 1923 Dr. August Stolberg die Leitung des Museums, seit 1926 sogar mit dem verliehenen Titel „Museumsdirektor“. Er war gebürtiger Nordhäuser, hatte Kunstgeschichte und Archäologie bei profilierten Wissenschaftlern studiert und interessierte sich sehr für Aeronautik und Grönlandforschung. Er hatte das Glück, dem Grafen Zeppelin bei einigen Fahrten als Meteorologe assistieren zu dürfen und an einer Grönlandexpedition teilnehmen zu können. Mit viel Aktivität und Elan bemühte sich Stolberg darum, das Museum „unter die Leute zu bringen“. Er begann mit Sonderausstellungen und war der Initiator für historische Musemskonzerte. Trotzdem scheint das Museum nur einen geringen Teil der Bevölkerung ängesprochen zu haben. 1926 kaufte die Stadt das sogenannte „Beckersche Grundstück“, um dort die 10 Stilzimmer noch besser unterzubringen. Die intime Atmosphäre der Villa — unseres heutigen Meyenburg-Museums — war für die Stilzimmer wie geschaffen. Im Unterschied zum „Alten Museum“ am Friedrich-Wil- helm-Platz, wo die übrigen Abteilungen sich sehr ausbreiten konnten, nannte man dieses Gebäude bei der Eröffnung im Jubiläumsjahr 1927 das „Neue Museum“. Trotz dieser ideal erscheinenden Lösung zeigte es sich in einigen Jahren, daß der Platz im „Alten Museum“ nicht ausreichte. Und wieder war das Nordhäuser Museum dazu verurteilt, zu wandern. Es wurde ein äußerst komplizierter Umzug in den „Lindenhof“, einer Villa am Gehege, die heute vom Institut für Lehrerbildung genutzt wird. Die vorliegenden Artikel über die Eröffnungsfeierlichkeiten 1934 sind ein Spiegelbild des „Dritten Reiches“. Ausgerichtet auf Blut- und Bodenpolitik erklangen hochtrabende Worte über den deutschen Volksgenossen als Kulturträger. In diesem Sinne, zur Verbreitung der chauvinistischen und menschenfeindlichen Ideologie des Faschismus sollte das Museum wirksam werden. Äußerlich gesehen konnte die Museums-Situation nicht besser sein: zwei der schönsten Grundstücke der Stadt standen zur Verfügung. Wie der greise Dr. Stolberg in seiner Eröffnungsrede meinte, sei die Idee Hermann Arnolds nun erfüllt. Das neu eröffnete Gebäude wurde als „Lindenhof-Museum“ bezeichnet, während das „Neue Museum“ den Namen Michael Meyenburgs erhielt. Nachdem Dr. Stolberg sein Amt aus Altersgründen niederlegte, übernahm sein Sohn vorübergehend seine Nachfolge im Nebenamt. Und dann begann der letzte und traurigste Abschnitt der „ambulanten Existenz“ des Museums. Der „Lindenhof“ wurde für militärische Zwecke gebraucht — man schrieb das Jahr 1938, die Vorbereitung des zweiten Weltkrieges war im Gange. Es wurde kein anderer Ausweg gefunden, als kurzerhand die Stilzimmer aufzulösen und sie einzelnen Institutionen zur Verfügung zu stellen. Die Bestände des „Lindenhofes“ brachte man, so gut es ging, im „Meyenburg- Museum“ unter. In einem rechtfertigenden Pressebericht heißt es, daß die beiden großen Gebäude den Verwaltungsapparat der Stadt zu sehr belasteten und der „Lindenhof“ sowieso als Museum ungeeignet wäre. Überhaupt sollte ein Provinzmuseum nicht uferlos Abseitsliegendes Zusammentragen. So wurde in kürzester Zeit die liebevolle und mühsame Arbeit vieler Jahrzehnte sinnlos zerschlagen. Diese Entwicklung ist ein Ausdruck der kulturfeindlichen Barbarei, wie sie nur ein nationalistisches Gedankengut hervorbringen konnte. Die „ambulante Existenz“ des Nordhäuser Museums war damit beendet. Nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus übernahmen besonders die Nordhäuser Bürger ein trauriges Erbe. Unter den beschädigten Gebäuden der Stadt befand sich auch das Meyenburg-Museum mit einem allerdings immer noch reichen Bestand an Kulturgut. Es galt in den ersten Jahren zunächst mit dem Vorhandenen zu arbeiten und — ausgehend von der neuen Aufgabenstellung der Museen — einen Anfang zu finden. Durch die Mitarbeit vieler fleißiger Bürger, denen das humanistische Kulturerbe der Vergangenheit am Herzen lag und die der Gegenwart aufgeschlossen gegenüberstanden, entwickelte sich aus diesen Anfängen eine sozialistische Bildungsstätte.
Das Museum heute – wichtiger Bestandteil unserer Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„Kommunist kann einer nur dann werden, wenn er sein Gedächtnis um alle Schätze bereichert, die von der Menschheit gehoben worden sind“ formulierte W. I. Lenin in seinen „Aufgaben für die Jugend verbände“. So gehört es zu den vornehmsten Aufgaben bei der Erziehung unserer Jugend, bei der Entwicklung der Menschen unseres Staates zu allseitig gebildeten sozialistischen Persönlichkeiten und bei der weiteren Gestaltung des Sozialismus, das humanistische und revolutionäre Erbe unseres Volkes und der Weltkultur zu pflögen und zu bewahren. Unser Volk und besonders die Arbeiterklasse sollte sich dieser Traditionen immer mehr bewußt werden und von ihnen Besitz ergreifen. Bei der Verbreitung dieses Anliegens haben die sozialistischen Museen ihre spezielle Aufgabe zu erfüllen. Nadeshda Krupskaja drückte das so aus: „Die Museen müssen zu Stützpunkten der Agitation und Propaganda werden und einen bestimmten Platz an der Front des Klassenkampfes und des sozialistischen Aufbaus einnehmen.“ In der DDR gibt es viele kleinere Regionalmuseen, in denen vor allem die Geschichte der nächsten Umgebung dargestellt wird und die den Charakter von Heimatmuseen haben. Zu diesen Museen, die auf ihre eigene, ganz besondere Art und Weise zur Erhöhung der Allgemeinbildung der Bürger beitragen, ihr Geschichtsbewußtsein vertiefen helfen und ihr Weltbild im Sinne der marxistisch- leninistischen Ideologie formen, gehört auch das Meyenburg-Museum. Wie alle Einrichtungen dieser Art hatte auch unser Museum nach der Gründung des Arbeiter-und-Bauern-Staates verschiedene Entwicklungsetappen zu durchlaufen, ehe Klarheit über die eigentliche Aufgabenstellung herrschte. Für Nordhausen speziell stand das Problem, in einem relativ kleinen Gebäude eine überreiche Fülle an Exponaten unterzubringen. Das Vorhandene mußte geordnet und gesichert werden. Unnützes wurde ins Magazin verbannt. Mit unzähligen technischen Unzulänglichkeiten hatten die Mitarbeiter des Museums fertig zu werden — es war eine Zeit der Provisorien. Da das Museum jahrelang nur nebenamtlich vom Stadtarchivar betreut wurde, brauchte man dringend den Rat und die Mitarbeit ehrenamtlicher Helfer. Als nächstes stand die inhaltliche Gestaltung zur Debatte. Viele Meinungen prallten da aufeinander. Es sollte aber noch Jahre dauern, bis die Auseinandersetzungen auf zentraler sowie örtlicher Ebene beendet waren und formulierte Richtlinien Vorlagen. 1958 begann im Meyenburg-Museum eine in der „Fachschule für Heimatmuseen“ ausgebildete hauptamtliche Fachkraft zu arbeiten. Erstmalig wurde ein. Perspektivplan erarbeitet, die Neuordnung der Magazinräume in Angriff genommen und die systematische Neugestaltung begonnen. Mit speziellen Sonderausstellungsräumen schuf die Museumsleiterin eine gute Grundlage für die weitere Arbeit. Die Neugestaltung bzw. Umgestaltung von 6 Ausstellungsräumen der ständigen Ausstellung konnte seit 1969 vorgenommen werden. Die jährlich stattfindenden 8 bis 10 Sonderausstellungen aus den verschiedensten Gebieten ermöglichten es uns, die differenzierten Interessen der Bürger allseitig zu erfüllen. Besonders am Herzen liegt uns die Zusammenarbeit mit der Arbeiterklasse, vor allem mit unseren drei Patenbrigaden aus dem VEB NOBAS- Schwermaschinenbau und dem VEB Fernmeldewerk. Durch die jährliche „Galerie der Freundschaft“ besteht eine enge Verbindung zum Pionierhaus und den Schulen der Stadt und des Kreisgebietes. Mit Führungen, Museumsgesprächen und dem „Tag der offenen Tür“ versuchen wir, den Besuchern stärkere Erlebnisse zu vermitteln und ihr Verständnis für die Geschichte und nicht zuletzt für die Arbeit des Museums zu gewinnen. Gegenwärtig ist der Rat der Stadt dabei, eine Studie für die bauliche Rekonstruktion und Erweiterung sowie die Neugestaltung des Gartens erarbeiten zu lassen. Die Unterbringung der reichen Bestände des Museums ist ein Problem, das in absehbarer Zeit gelöst werden muß. Damit würden Beschlüsse dej IX. Parteitages verwirklicht, die die Pflege und den Schutz unseres kulturellen Erbes betreffen. Wir begrüßen die Initiative des Rates und hoffen als Mitarbeiter des Museums sehr auf eine baldmögliche Verwirklichung des Vorhabens, um die Museumsarbeit grundlegend verbessern zu können.
„Jugend im Museum“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]„Sitz der Musen“ war die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Museum“ oder „Museion “, wie es im Griechischen heißt. Gelehrte Herren lustwandelten in diesen „Museumstempeln“, führten erbauliche Gespräche und ergötzten sich an der Schönheit der ausgestellten Stücke. Unsere heutigen Museen haben damit höchstens noch den Namen gemein. Denn neben den gelehrten und lustwandelnden Herren und vielen anderen Besuchern ist auch die Jugend bei uns zu Hause. Wenn man zum Beispiel montags, mittwochs oder donnerstags am Museum vorbeikommt, herrscht hier nicht gerade die ehrfürchtige Stille eines „Musentempels“! An diesen Tagen treffen sich nämlich der Jugendklub bzw. die beiden Arbeitsgemeinschaften „Junge Historiker“ des Museums. Mancher wird jetzt fragen: Interessiert sich denn die Jugend überhaupt noch für so etwas? Natürlich muß da die Antwort lauten: sogar sehr. Allerdings nicht in jedem Falle von sich aus. Sie muß erst einmal herangeholt und interessiert werden. (Dabei halfen uns die KätheKollwitz-Schule und der Klub der Werktätigen der Oberstadt.) Wie und womit erreichen wir das? Bestimmt nicht nur durch wissenschaftliche Vorträge. Dann wären sie wohl nicht wiedergekommen! Also versuchten wir es anders. Es galt, die eigenen Initiativen der Jugendlichen aufzugreifen und zu verwirklichen und ihnen einen Ort zu schaffen, an dem sie sich wohlfühlen, ungezwungen Zusammenkommen und über alles sprechen können. Bei uns erarbeitet sich der Jugendklub im Gespräch bestimmte Themen aus der Stadtgeschichte, Kunstgeschichte und Geschichte des Museums (die ersten Begegnungen damit hatten einige der Jugendlichen aus dem Klub schon in der AG des Museums), sie helfen uns bei größeren Aufgaben, zum Beispiel bei der Vorbereitung der Museumskonzerte, beim „Tag der offenen Tür“ usw. und lernen dadurch die Arbeit eines Museums kennen. Um ihre Allgemeinbildung zu erweitern, gehen wir gemeinsam ins Theater oder Kino und sehen uns andere Museen an. Neben Buchlesungen und Gesprächen über Probleme des Lebens feiern wir natürlich auch schöne Feste. Dabei geht es aber in erster Linie nicht um abrechenbare Ergebnisse und um äußere Erfolge. Wie sich die Jugendlichen zu einem Kollektiv zusammengefunden haben, wird sich an ihrem Verantwortungsgefühl und Engagement bei den öffentlichen Veranstaltungen zeigen, die wir vielleicht noch im Herbst dieses Jahres im eigenen Raum durchführen wollen. Das wird die Bewährungsprobe sein, und wir hoffen, daß es uns dann noch umfassender gelingt, zur sinnvollen Freizeitgestaltung der Jugendlichen beizutragen, auf ihr Geschichtsbewußtsein einzuwirken und ihre eigenschöpferische Betätigung und ihr Interesse an Kunst und Kultur zu fördern, so wie es Kurt Hager in der „Direktive für die Arbeit der Museen mit den Jugendlichen“ von einem Museum als sozialistische Bildungsstätte fordert. Gleichzeitig wird damit ein Beitrag geleistet bei der Entwicklung der Jugendlichen zu kommunistischen Persönlichkeiten, so wie es auf dem IX. Parteitag beschlossen wurde.
„Alte Musik im Museum“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter dieser Überschrift lasen am 5. Oktober 1925 viele Nordhäuser Bürger in der „Nordhäuser Zeitung“ den Bericht über das erste Museumskonzert in unserer Stadt. Anliegen der damaligen Museumsleitung und Museumsdeputation (heute Museumsbeirat) war es, das Museum auch anderen künstlerischen Zwecken nutzbar zu machen. So begann in den Oktobertagen des Jahres 1925 das, was jetzt, nach reichlich 50 Jahren mit ähnlichem Anliegen wieder fortgesetzt wird; die Museumskonzerte. Sollte damals in den Stilzimmern und auf historischen Stühlen mit alter Musik („von Bach bis Mozart“) ein Lebensgefühl der vergangenen Zeit vermittelt werden, was die „Nostalgiewelle“ der heutigen Zeit bei weitem übertrifft, so ist heute der Zweck, die Sonderausstellungen, insbesondere die Kunstausstellungen in festlichem Rahmen zu zeigen, verschiedene künstlerische Richtungen miteinander zu verbinden, „Galeriekonzerte“ durchzuführen. Die Rezensenten vor 50 Jahren schwelgten in den farbigsten Darstellungen von der Schönheit der Konzerte, gleich, ob das die Musik, die Interpretation oder den äußeren Rahmen betraf. Die musikalische Ausgestaltung hatten immer Nordhäuser Musiker übernommen, Lehrer, Mitglieder des Theaterorchesters und Laien. 1927 wurden die Konzerte vom Alten Museum am Friedrich-Wilhelm-Platz in unser heutiges Meyenburg-Museum verlegt, welches sich durch seine hervorragende Ak- kustik und die räumlichen Voraussetzungen noch besser dafür eignete. Besonders stolz aber werden die Nordhäuser gewesen sein, als in der Zeitung zu lesen war, daß „Nordhausen die einzige Mittelstadt bis jetzt sei, die im eigenen Museum derartige Konzerte veranstaltet“. Als besondere Leckerbissen konnten wohl auch die „Mitternachtsmusiken“ zwischen 1934 und 1940 bezeichnet werden, deren Tradition als Parkkonzerte oder Serenadenabende unmittelbar nach dem Krieg fortgesetzt wurde. Regelmäßig veranstaltete dann die Museumsleitung im Sommer diese beliebten Konzerte, bei denen Chöre der Stadt, des Kreises und andere Volkskunstensembles mitwirkten. Eine sehr reizvolle Veranstaltung, die wir uns für die nächste Zeit auch wieder wünschen würden, war die StudioInszenierung der Bühnen der Stadt von dem Singspiel „Die Magd als Herrin“ von G. B. Pergolesi im Meyenburg-Park. Am 9. Dezember 1974 erklang dann in den Sonderausstellungsräumen das erste „Museumskonzert“ nach 1945, eine vorweihnachtliche Barockmusik, deren zahlreiche Besucher kaum Platz fanden auf den historischen Stühlen, die zu diesem Zweck aus dem Magazin hervorgeholt worden waren. Organisiert wurde es in Zusammenarbeit mit dem Klub der Werktätigen der Oberstadt. Inzwischen wuchs die Zahl der durchgeführten Museumskonzerte auf sechs, die Höchstbesucherzahl war 130, so daß meist selbst die Treppenstufen und die obere Diele besetzt waren. Zu zwei Konzerten konnten profilierte Künstler, Berufsmusiker aus Leipzig und Berlin gewonnen werden, bei den vier anderen Konzerten Mitglieder der Bühnen der Stadt und Laienmusiker aus Nordhausen. Es wird angestrebt, weiterhin jährlich zwei Konzerte mit auswärtigen Musikern durchzuführen. Die Feststellung am 23. August 1928 in der „Nordhäuser Zeitung“, „daß die Museumskonzerte, ohne anderen musikalischen Veranstaltungen Konkurrenz zu machen, ihren eigenartigen Charakter wahren …“, kann auch für die heutige Zeit angewandt werden: durch die Raumsituation, den Zweck und das Ziel dieser Konzerte ist es das besondere Anliegen, Musik erklingen zu lassen, die sich diesem anpaßt und wobei meistens unser Cemoalo benutzt werden kann, welches seit September 1975 im Besitz des Museums ist und uns die Organisation der Konzerte bedeutend erleichtert. Unsere Konzerte hatten schon früher und haben auch noch heute den Ruf, daß man sich dabei wirklich wie bei einer „Hausmusik“ im wahrsten Sinne des Wortes fühlen kann, besonders eben durch ihren äußeren Rahmen und ihren intimen Charakter. Doch die Hausherren sind andere geworden: nicht mehr eine bevorzugte und finanzkräftige Schicht, sondern wir alle sind sie, Arbeiter und Bauern ebenso wie die Intelligenz und jeder, der sich dafür interessiert.
„Nordhäuser Blauköppe“ im Museum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wem sind nicht schon im oberen Stockwerk unseres Museums die zwei schlichten, etwas plumpen Schnapsgläschen mit blauem Rand aufgefallen, die „Nordhäuser Blauköppe“ wie auf der Beschriftung steht, und mancher wird sich überlegt haben, was sie wohl zu bedeuten hatten. „Echte“ Nordhäuser, dazu befragt. erzählen folgendes: Da auch schon in der vergangenen Zeit die Kornbranntweinbrennereien viel auf Namen und Produkt hielten, konnten sich die Kunden in den kleinen Schankstuben oder Verkaufsläden der Brennereien oder in den alten Nordhäuser Eckkneipen von der Qualität des Korns überzeugen. Für 10 Pfennig bekam man dort einen „Blaukopp“ voll zum Probieren. Wer aus einem echten „Blaukopp“ trinken wollte, durfte jedoch nicht in die feineren Lokale gehen, denn dort legte man keinen Wert auf die etwas klobigen Trinkgefäße, die angeblich nur in Nordhausen verbreitet gewesen sein sollen. Es besteht also eine enge Verbindung zwischen unseren „Blauköppen“ und der Nordhäuser Branntweinindustrie. Die kleine Ausstellung des Museums berichtet mehr von der Bedeutung dieser traditionsreichen Industrie für die Geschichte der Stadt und ihre Menschen. War doch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die Branntweinfabrikation die einzige größere Industrie in der Stadt. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen andere große Industriezweige, wie die Kautabakherstellung, der Maschinenbau, die Tapetenfabrikation u. a. hinzu. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die über 400jährige Tradition des Nordhäusev Kornbranntweins durch den neu entstandenen VEB Nordbrand Nordhausen fortgesetzt. Heute stellt der Betrieb 28 Sorten Kornbranntwein her, welche in viele Länder exportiert werden. Die Größe des Betriebes läßt sich schon allein an der Beschäftigtenzahl von etwa 450 ermessen, während es sich früher bei den Brennereien größtenteils um Familienbetriebe handelte. Die Wandlung zeigt sich auch in der Produktionsweise. Wurde früher kostbares Holz verheizt, so deckt der VEB Nordbrand seinen Energiebedarf zur Branntweinproduktion durch den Anschluß an das Fernheizungsnetz. Daß die Qualität des „echten Nordhäuser“ auch heute noch vorzüglich ist, beweist, daß ein Großteil der Produkte hohe Auszeichnungen, wie zum Beispiel „Leipziger Messegold“, bekam. Wer das nicht glauben will, der soll sich mal einen schönen kühlen „Nordhäuser“ genehmigen und dann urteilen! So führte der kleine „Blaukopp“ dazu, daß ich angeregt wurde, mich ein wenig über seine Geschichte und das „brennende Wasser“ in Vergangenheit und Gegenwart zu informieren. Es ist schade, daß diese hübschen Gläser nur noch im Museum zu finden sind, aber vielleicht gäben sie eine gute Vorlage eines „echten“ Nordhäuser Souvenirs?
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