Die Feier des Questenfestes

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Textdaten
Autor: A. Höhne
Titel: Die Feier des Questenfestes
Untertitel:
aus: Heimatbilder aus dem Kreise Sangerhausen und seinen Randgebieten
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1929
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Erscheinungsort:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung: über Questenberg
Digitalisat:
Eintrag in der GND: [1]
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Die Feier des Questenfestes.


Pfingsten ist's wieder, des freuen sich die Bewohner Questenbergs, und alles rüstet sich, das schöne, alte Questenfest zu feiern. Am ersten Pfingsttage ziehen die jungen Burschen unter fröhlichem Gesänge hinaus in den Wald, die Pfingstmaien zu holen. Am Abend richten sie auf dem Dorfplatze eine haushohe Birke auf und umstellen sie mit vielen kleinen Maien. Das ist ein fröhliches Treiben bis gegen Morgen! Mitten in der Nacht kommt ein Mann aus dem Dorfe Rotha und überbringt nach altem Brauche die Abgabe. Er überreicht sie dem Pfarrer mit den Worten:

„Ich bin der Mann aus Rothe
und überbringe die Käse mit dem Brote.“

 Er wird von dem Pfarrer mit Speise und Trank bewirtet, muß aber vor Sonnenaufgang den Ort wieder verlassen haben.

 Mitten in der nun folgenden Nacht zieht eine Schar junger Männer und Burschen hinauf auf den Questenberg. Mit vieler Mühe und großer Vorsicht wird im Dunkel der Nacht der Questenkranz vom Questenbaum heruntergenommen. Viele Zuschauer haben sich dazu eingefunden. Der Kranz ist so groß, daß sich ein Mann bequem hineinstellen kann. Ist der Kranz abgenommen, so gilt es, die aufgehende Sonne zu begrüßen. Die Blicke aller sind nach Osten gerichtet. Dicke Nebel lagern noch über der Erde. Da erhellt sich die dunkle Nebelmasse. Sie zerteilt sich allmählich, und der feurige Sonnenball steigt langsam über die Berge empor. Die Versammelten begrüßen freudig die aufgehende Sonne mit dem Gesänge des Kirchenliedes:

„Dich seh' ich wieder, Morgenlicht,
und freue mich der edlen Pflicht,
dem Höchsten Lob zu singen!" —

 Dieser alte Brauch hier oben auf dem Questenberge wurzelt im altgermanischen Heidentums. Hier an dieser Stelle haben in alter Zeit unsere Vorfahren die Sonne verehrt und ihr alljährlich dieses Fest veranstaltet. Der Questenkranz ist ein Abbild der Sonne.

 Der herabgenommene Kranz bleibt vorläufig am Fuße des Questenbaumes liegen. Der Questenbaum ist ein etwa 10 Meter hoher entrindeter Eichenstamm in Mannesstärke. Er ist in dem Walde hinter dem Questenberge gehauen und von den Männern und Burschen auf den Berg getragen und aufgerichtet worden. Seine Äste sind bis auf kurze Stümpfe abgeschlagen und dienen als Sprossen beim Besteigen des Baumes. Während früher jedes Jahr ein neuer Baum gesetzt wurde, wird er jetzt nur alle acht bis zehn Jahre erneuert.

 Ist die Begrüßung der Sonne vorbei, so geht's ins Dorf zurück. Nach kurzer Ruhepause ruft die Trommel zum Sammeln. Die Questen-Mannschaft tritt mit geschultertem Gewehr auf dem Dorfplatze an und marschiert geschlossen in die Kirche. Dem Zuge voran werden die beiden alten Questenfahnen getragen. Tausende von Festgästen sind inzwischen von nah und fern erschienen. Viele von ihnen nehmen auch teil an dem Gottesdienste, in dem der Geistliche auf den Ursprung des Questenfestes hinweist.

 Nun zieht alles hinauf auf den Questenberg. Von dem alten Kranz werden die trockenen Reiser entfernt, und das eiserne Gestell wird mit frischem Birkengrün und neuen Questen geschmückt. Ist der Kranz auf den Questenbaum gezogen und befestigt worden, so begeben sich die Festteilnehmer ins Dorf zurück. Mit fröhlichem Tanz im Freien findet das schöne Fest seinen Abschluß.

A. Höhne.