Unwetter in Nordhausen 1980

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Das Unwetter in Nordhausen am 14./15. Juni 1980 gehört zu den größten Naturkatastrophen der Regionalgeschichte.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Südharz ereignete sich in der Nacht vom 14. zum 15. Juni 1980 nach dem ersten Tropentag des Jahres ein großes Unwetter. Ohne vorherige wetterkundliche Anzeichen tobte am 15. Juni von 1:30 bis 3:00 Uhr ein starkes Ortsgewitter, begleitet von einem ungewöhnlichen Wirbelsturm aus Südwest.

Der Orkan mit Windstärke 12 beschädigte Dächer, drückte Schaufenster ein, entwurzelte Bäume, knickte Leitungsmasten. Besonders starke Verwüstungen richtete der Sturm an dem Baumbestand der Nordhäuser Naherholungsgebiete an: Etwa 60 Prozent der Bäume des Stadtparkes waren entwurzelt oder gebrochen, ganze Lichtungen riß der Sturm in die Waldungen des Gehege und des Parkes Hohenrode. Die Nordhäuser Parkanlagen verloren damit ihr bekanntes Gesicht.

Zu den Opfern des Sturmes gehörte auch die Bielsche Linde, ein weithin sichtbares Naturdenkmal. Ebenso wurde die Wallroth-Säule im Gehege von umfallenden Bäumen zu Fall gebracht.

Zitat Größtes und schwerstes Unwetter, heftiges Gewitter, Orkan, entwurzelte Bäume, besonders im Stadtpark, Hohenrode, Gehege, Hagel-Eiskörner, Durchmesser 1 Zentimeter, Verwüstungen, im Garten verkommen die Gemüse. Zitat
                    — Josef Tauchmann[1]

Während des zweistündigen Wolkenbruches fielen 46,5 Liter Regen. Dies war die drittgrößte Tagesmenge der letzten 25 Jahre. Verwüstenden Charakter übte der heftige Hagelschlag aus.

Besonders verheerend wütete der Orkan in den angrenzenden Forstrevieren, wo er 240.000 Festmeter Bruchholz verursachte; etwa 70 Prozent der getroffenen Bäume waren Buchen, der Rest Fichten. Viele Hänge wurden zu Kahlflächen.

Bereits in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurden Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden ergriffen. Im Einsatz waren u. a. die Feuerwehr, DLK Stadt- und Gemeindewirtschaft, die Gullys säuberten.

Großer Schaden trat am Energie- und Telefonnetz durch umstürzende Bäume ein. Bis Montagmorgen hatten 12 Ortsnetze, so Urbach, Windehausen, Görsbach, Rothesütte, Buchholz, Herrmannsacker, Neustadt und Harzungen, keinen Strom. Die Arbeiter des Energie-Kombinats wurden unterstützt von den Forstleuten und zum Teil durch Kräfte aus den Betrieben. Die Forstleute aus den Kreisen Sondershausen und Wernigerode sorgen mit Sowjetsoldaten dafür, dass ab Sonntag früh 3:00 Uhr die F 81 (Ilfeld-Netzkater-Hasselfelde) vom Windbruch geräumt wurde. Sonntag ab 19:30 Uhr konnte die Straße mit Geschwindigkeitseinschränkungen (30 km/h) wieder freigegeben werden.

Besonders wurden die Schulen auf dem Petersberg in Mitleidenschaft gezogen, ebenso landwirtschaftliche Kulturen. Die Leiter zahlreicher Großbetriebe, so IFA-Motorenwerke, NOBAS-Tabak, veranlaßten, dass im Betrieb entstandene Schäden am Sonntag behoben wurden. Einige Bürger versuchten bereits am Sonntag in Eigeninitiative ihre Schäden zu reparieren. Festgelegt wurde, Dachreparaturen größeren Ausmaßes durch die Fachabteilungen der örtlichen Räte zu erfassen, damit zielgerichtet Arbeitskräfte eingesetzt werden.

Das 13. Rolandsfest wurde wegen der schweren Verwüstungen abgesagt.

Zeitzeugenberichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Dann kam am 14. und 15. Juni das schwere Unwetter über unsere Stadt. Wenn ich es selbst nicht miterlebt hätte, würde ich es nicht glauben. Gegen 2:00 Uhr nachts wurden wir durch Hagelschlag geweckt. Der Himmel war nur hell von Blitzen. Dann brach ein Sturm los mit heftigen Regenschauern. Dächer wurden abgedeckt oder beschädigt, so daß das Wasser in die Häuser eindringen konnte. Bald kam das Wasser durch die Decken und lief auch an den Wänden herunter. Wir stellten Eimer, Wannen und Töpfe auf und halfen den Menschen, die über uns wohnten, wo wir konnten. Die Betten und Matratzen waren naß und mußten im Treppenhaus über das Geländer gelegt werden. Fensterscheiben wurden zerstört, so auch drei vom ,Dürer-Haus‘ und die Auslagen fort.
    Am Sonntag haben wir uns draußen den Schaden angesehen. Der Friedhof sah furchtbar aus und mußte gesperrt werden, Die Hauptwege lagen voll von Bäumen und Ästen, auch über den Gräbern.
    Ebenso gesperrt wurde auch Hohenrode mit dem herrlichen Baumbestand. Der Stadtpark ist nicht wiederzuerkennen: Eine Voliere kaputtgeschlagen und die Vögel tot. Ebenso Wild erschlagen und das Gatter gebrochen. - Ganz entsetzlich sieht das Gehege aus. Nicht allein, daß die früheren Lokale, wo wir so gern gesessen haben, bis auf drei noch auf sind … ist jetzt auch der Baumbestand der Anlage zum größten Teil vernichtet. 60 % aller Bäume sind bei dem Unwetter zerstört. Viele sagten: „Das ist schlimmer als der Angriff! Nun ist auch die Natur dahin,… wo wir so daran hingen!“ - Es wird nie wieder so aussehen, wie es war. - Ich habe geweint, als ich diese Zerstörung sah, so weh hat es getan. - Ein Stück zersplitterter Baumrinde habe ich mir zum Andenken mitgenommen, denn diese traurigen Bilder werden mich noch lange verfolgen.Nach dieser Katastrophe konnte dann auch kein Rolandsfest abgehalten werden.“ — Elfriede Meyer, geb. Hornkohl[2]
  • „Ich schicke Dir einige Bilder mit von der Naturkatastrophe, die Nordhausen heimgesucht hat. So etwas habe ich noch nie erlebt, es war schlimm. Aus den Zeitungsausschnitten, die ich Dir geschickt habe, geht einiges hervor. In meiner Wohnung ist keine Decke trocken. Mein Balkondach zertrümmert. Mit meiner ganzen Kraft mußte ich die Balkontür zuhalten, sonst wäre meine Wohnung verwüstet worden. Meine Flurscheiben waren kaputt, die Türenscheiben auch. Nordhausen hat es überstanden. In der Chronik von Nordhausen ist so ein Unwetter nicht vermerkt. Hagel, Wirbelsturm, Donner, Blitz - es war schlimm. Die Naherholungsgebiete werden ein anderes Gesicht bekommt. - Der Harz hat auch gelitten - ganze Strecken sind kahl … Der Sommer ist nicht schön, ich muß ab und an immer noch heizen … Der Friedhof war auch gesperrt, aber jetzt ist er wieder frei.“ — Brief vom 8. Juli 1980 nach Westdeutschland, anonym[2]
  • „… so etwas habe ich noch nicht erlebt: Nach einem schrecklich heißen Tag, man konnte auch nachts keine Abkühlung finden, gings in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag mit einem Wirbelsturm los, daß wir glaubten, wir würden selbst mit durch die Luft gehen. Wir sind aufgestanden, im Treppenhaus lief schon das Wasser vom Boden herab. Das hintere Verandafenster hatte der Sturm aufgedrückt, wir hatten alle Mühe, es wieder zuzumachen. - Die Kinder mußten aus ihrem Schlafzimmer ausziehen, weil das Wasser von der Decke ins Bett tropfte. Das ganze Haus stinkt nach Kalk. - Am anderen Morgen sahen wir die Bescherung: 6 schöne große Obstbäume waren mit den Wurzeln rausgedreht, Ziegeln lagen überall herum, der Garten war wie mit einer Walze bearbeitet. Es hat ja auch noch taubeneiergroße Hagelkörner gegeben. Alle Nachbarn standen auf der Straße, alle hilflos. Wie seinerzeit nach dem Angriff. Überall dasselbe Malheur. Trotzdem sind wir noch gut weggekommen: In der Stadt waren bei mehreren Geschäften die Schaufensterscheiben eingedrückt. Das Dach der Güterabfertigung fand sich in der Arnoldstraße wieder. Den Stadtpark kannst Du vergessen, und das Gehege sieht aus wie ein Schlachtfeld. Man sagte mir, daß man von unten die Gaststätten sehen könne. Straßenbahnoberleitungen zerstört, parkende Autos zertrümmert und dergl. mehr. - Wirklich, so etwas habe ich noch nicht erlebt! - Ich war bisher nur am Reinemachen, dann geht es draußen weiter. Bei uns ist wenigstens kein Mensch zu Schaden gekommen, alles andere zählt nicht so schwer. - L. ist heute morgen auf dem Dach rumgeklettert und hat einiges ausgebessert. O. und sein Schwiegervater haben die entwurzelten Bäume bearbeitet - einer lag über dem Bürgersteig, ein anderer beim Nachbar im Garten. Das sind Arbeiten, die möglichst schnell gemacht werden müssen. - Heute habe ich die Matratzen der jungen Leute gesäubert, das muß alles trocknen; z. Z. schlafen sie auf ihren Polstermöbeln … Übrigens - der 'Quirl' fährt nur bis nach Ilfeld, die ehem. Hindenburg-Allee ist nur einseitig befahrbar! … Inzwischen habe ich mit meiner Freundin telefoniert - sie sagte mir: „Wir haben kein Gehege, keinen Stadtpark, kein Hohenrode mehr.“ — anonymer Zeitzeugenbericht[2]
  • „Bei uns [Rothesütte] ist eine Windhose langgezogen. Ich sage Dir, es ist unbeschreiblich, wie der Harz jetzt bei uns aussieht. Sonn­abend Nacht zu Sonntag ist es passiert. Ich dachte, bei uns kommen die Scheiben rein, das hat gedroschen und gehagelt, einfach unglaublich. Am Donnerstag, den 12. 6. war es auch schon so, nur daß jetzt der Sturm viel stärker war.
    Sonntag früh bis abends um 18 Uhr haben die Männer von Rothesütte aufgeräumt, notdürftig und zwar in Netzkater. In Il­feld an der Papiermühle (früher Keferstein) steht nicht ein Baum mehr sondern nur noch Stumpen von 2 bis a3 m Höhe und adas lag alles auf der Straße. Genau so an der Talbraue­rei, nicht ein Baum steht noch dort. Dann ist die Windhose durch den Wald gegangen und hat in Netzkater ein paar Bäu­me auf den Nudelkater gelegt. Dann war der Strom weg und alle Kühltruhen sind abgetaut. Und von Netzkater bis Eisfelder Talmühle war die Straße zu. Bis abends um 22 Uhr haben die Feuerwehren und verschiedene andere Organisationen zu­sammen mit dem Forst die Straße erst mal einspurig freige­macht.
    Wo die Bahnstation Tiefenbachmühle ist, da gegenüber sind die Hänge jetzt total kahl. Das sieht fürchterlich aus. Als sie die Straße notdürftig freimachten, wurden zwischen den Bäumen noch Autos und Motorräder gefunden, die von ihren Besitzern verlassen waren. Der Harz sieht aus wie ein Schlachtfeld.“ — anonymer Zeitzeugenbericht[3]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Externe Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]