Martinsfest in Nordhausen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. November 2022, 16:46 Uhr
Das Martinsfest in Nordhausen (auch Martinstag, Martini; Mundart Märtensowend oder Märtensobend, auch Märtensfier) ist eine althergebrachte Feier am 10. November.
Geschichte
Das Martinsfest in Nordhausen wird größer als in anderen Thüringer Städten alljährlich am 10. November abgehalten, zugleich zur Erinnerung an die Anwesenheit Martin Luthers in Nordhausen, welcher u. a. hier im Jahre 1525 gegen den Bauern-Aufruhr (Thomas Münzer) predigte. Luther soll mit seinem Freunde Justus Jonas dessen Eltern in Nordhausen am Martinstage besucht haben, bei welcher Gelegenheit Gänsebraten und Rotkohl gespeist wurde.
An diesem Festtage ziehen die Nordhäuser Gesangvereine und Schulen mit Musik und Fahnen durch die Stadt bis vor das Rathaus, wo die Versammlung in feierlicher Weise mit Musikbegleitung das Lutherlied: „Eine feste Burg ist unser Gott“ absingt. Bei dem folgenden Abendschmaus wird in jeder Familie, die es erschwingen kann, ein Karpfengericht und eine gebratene Martinsgans verspeist, wobei nach alter Sitte zur Freude der Kinder bunte Martinslichter brennen. Früher kamen viele Fremde, zumeist Kunden der Brennherren oder Verwandte und Geschäftsfreunde der Nordhäuser, zur Teilnahme an dem Feste, bei welchem sie als Gäste im reichlichsten Maße bewirtet wurden.
In früheren Jahren musste an diesem Tage das Schulkorn und -brot sowie die Martinsgänse beim Schullehrer abgeliefert werden.
Chronik
- 1845 zog der erste Martinifestzug der Gesangvereine und Handwerkerinnungen durch die Stadt.[1]
- 1876 wurde das „Geschenkebringen zu Martini“ in den Schulen von der Regierung in Erfurt verboten.
- 1883 feierte die Stadt den 400. Geburtstag des Reformators Martin Luther. Ein Festzug bewegte sich von der Grimmelallee durch das Siechentor zur Neustadt, Rautenstraße zum Rathaus und zum Kohlmarkt, wo der Grundstein für das Lutherdenkmal gelegt wurde.[1]
- 1895 wurde aus Anlass seines 400. Geburtstages an der Adlerapotheke eine Gedenktafel für den Reformator Justus Jonas enthüllt.[1]
- 1931 waren die Straßen der Stadt in Erwartung des Martinszuges stark belebt. Es herrscht Demonstrationsverbot für politische Organisationen. Unter den Zuschauern, welche die Straßenseiten säumten, befanden sich Republikaner und Angehörige der Rechtsparteien. In der Bahnhofstraße wartete eine Gruppe von Nationalsozialisten auf den Zug. Tage zuvor war darauf hingewiesen worden, dass der Martini-Umzug von manchen Organisationen dazu benutzt werden könnte, das politische Umzugsverbot zu umgehen. So wurde der Martinsumzug 1931 teilweise eine politische Demonstration. Und als eine der Kapellen ein Potpourri spielte, in dem das Lied „Heil Dir im Siegerkranz“ vorkommt, wird dieser Eindruck politischer Prägung noch verstärkt.[1]
- 1933 wurde der 450. Geburtstag des Reformators als „Luthertag“ im ganzen Reich offiziell gefeiert. Er wurde ein Tag der Wahlpropaganda für die bevorstehende Reichstagswahl. Spruchbänder mit NS-Parolen spannten sich über den jetzt in Adolf-Hitler-Platz umbenannten Marktplatz, wo am Nachmittag Gauleiter und Reichsstatthalter Sauckel eine Wahlrede hielt. Bei einer Jugendkundgebung der HJ fand eine Bücherverbrennung statt.[2] Im Alten Museum wurde im Novembermonat eine Luther-Gedächtnisausstellung gezeigt.[1]
- von 1940 bis 1951 fiel die Martinsfeier aus. Aus Verdunkelungsgründen war während des Zweiten Weltkrieges kein Umzug möglich, auch Martinsgänse gab es nicht. 1940 rief die NSDAP alle auf, statt dessen am 10. November an der Feierstunde im Stadttheater zum Gedenken an den 9. November 1923 teilzunehmen: „Sie atmet wahrhaft den Geist unserer Zeit, sie ist besser als jede Martinsfeier geeignet, in uns den Geist wach zu halten, den wir wach halten müssen, wenn wir dem Führer dienen wollen.“[1]
- 1952 feierten die Nordhäuser am 10. November nach 13 Jahren Unterbrechung wieder das Martinsfest mit einem Festumzug und anschließendem Gottesdienst.[1]
- 1981 kam es durch Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu zwei Bränden. In Salza und in der Rautenstraße löschte das Kommando der Feuerwehr.[1]
- 1983 wurde das Nordhäuser Martinsfest besonders festlich begangen. Fanden sich in den vergangenen Jahren immer ungefähr 400 Erwachsene und Kinder mit Lampions vor der Blasii-Kirche ein, so strömten zum 500. Geburtstages von Martin Luther über 1000 Menschen zum Gottesdienst auf den Platz vor der Kirche. Der Posaunenchor spielte Choräle, und Pfarrer Günter Donath hielt die Ansprache. Zum Schluss der Feier wurde das Lutherlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ gesungen.[1]
- 1988 sprach zum ersten Mal ein katholischer Geistlicher ein Grußwort bei der traditionellen evangelischen Martinsfeier.[1]
Zitate
Der 10. November, Luthers Geburtstag, wird sonderbarer Weise hier mehr als anderwärts als Volksfest gefeiert. [...] Schon am Tage vorher wird die sogenannte Martinsgans geschlachtet und die bemalten Lichter gekauft, worauf das Bild Luthers, zur großen Freude der Kinder, deren jedes ein Licht bekommt; überhaupt so viel Familienglieder, so viel Lichter. Nachmittags versammeln sich die Gewerke mit ihren Fahnen auf dem Markte und singen unter Posaunenbegleitung das Lied: Eine feste Burg ist unser Gott, welches auch am Abend zwischen 5 und 6 Uhr vom Petrikirchturme geblasen wird. In dieser Stunde wird auch mit allen Glocken geläutet und eine Festmahlzeit gehalten, es wird die Martinsgans verzehrt, bei hellem Lichterschein. Doch ist dieses Volksfest jetzt sehr materiell geworden, man denkt nur ans Essen und vergißt des Mannes, dem zu Ehren man feiert. | ||
— Theodor Eckart: Gedenkblätter aus der Geschichte der ehemaligen freien Reichsstadt Nordhausen. Leipzig: Bernhard Franke, 1895. |
Nordhausen die Lutherstadt, wer liebte sie nicht in heißer Dankbarkeit, der einmal das Glück gehabt, das wundervolle Fest des Martinstages dort mitzufeiern, am Abend die Huldigung des gesamten protestantischen Bürgertums mit den Schulen, den Vereinen, den Behörden. Mit Sang und Klang und Festansprache vor dem Lutherdenkmal am Lutherplatz mitzuerleben, daß alle Fibern der Seele erbebten bei dem machtvollen Choral deutschen Christentums: „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen!“ | ||
— Michael Georg Conrad: Erinnerungen an Nordhausen. In: Nordhausen. Wie es unsere Dichter sahen.... Bleicherode: Heimatland-Verlag, 1927. |
Siehe auch
Literatur
- D'r Märtensobend zu Nordhusen. In: Nordhüsche Rieme unn Biller.Nordhausen: C. Haacke, 1898.
- Karl Meyer: Das Martinsfest in Nordhausen. In: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde, 36. Jahrgang, 1903.
- Klaus Großmann: Volksbräuche zu Martini in Nordhausen.