Pustefest
Das Pustefest in Rüdigsdorf existierte von 1866 bis 1941.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Da die Handwerker und Kaufleute auch am Sonntag arbeiteten, blieb lediglich der Montag als Ruhetag bzw. es wurde meist am Sonntagabend gefeiert. In geselliger Runde wurde so der „blaue Montag“ auch im Gasthaus „Zur Hohnsteiner Schweiz“ in Rüdigsdorf gefeiert. Nach unterschiedlichen Erzählung soll dort ein Knabe oder ein Handwerksmeister mit einem Pusterohr zum Wettpusten angeregt haben. Das Pusterohr war zu jener Zeit ein sehr beliebtes Spielzeug. So wurde im Sommer 1866 das Pustefest von sechs bis acht namentlich benannten Personen begründet, unter ihnen Hermann Fischer, Eduard Bräß und Theodor Demme. Es entwickelte sich zu einem heiteren und bekannten Fest.
Das Pusterohr war aus Holz mit ca. 1,80 Meter Länge und einem Innendurchmesser von 3 Zentimetern; es wurde aus zwei Halbschalen zusammengeleimt. Die Munition (Püstchen) waren 2 bis 3 Zentimeter lange Nägel. Die Zielscheiben waren relativ groß mit 12 Ringen.
Um 1870 nannte sich die Vereinigung um das Pustefest „Rüdigsdorfer Montags-Club“ (R. M. C.). 1868 wurde das erste organisierte Fest durchgeführt. Es wurde ein Programm gedruckt, selbst gedichtete Lieder gesungen, Ansprachen abgehalten und ein Pustekönig ermittelt.
Die 30 bis 40 Mitglieder wanderten nach Rüdigsdorf und trafen sich dazu 13:30 Uhr am 1858 erbauten Huldabrunnen unterhalb des Geheges. Über den Gesundbrunnen ging es zu einer alten Eiche, die zu Ehren des Pustefest-Mitbegründers Hermann Fischer den Namen Antiquar-Fischer-Eiche erhielt. Der Baum war das liebste Ziel von Fischer. Hier wurde auch Rast bei Bier und Schnaps gehalten. Danach zogen die Mitglieder in Rüdigsdorf beim Wirt Fritz Peter ein.
Auf dem ersten bekannten Foto von 1872 sind 43 „Pustebrüder“ zu sehen. Sie entstammten mehrheitlich der mittleren bis oberen Mittelschicht. Zwei Jahre später wurde eine Fahne gestiftet, auf der der „Püstrich von Sondershausen“ abgebildet ist. Im Garten der Gaststätte wurde ein kleiner „Schießstand“ erbaut. 1884 fand das Fest erstmals bei elektrischer Beleuchtung in der Festhalle statt. Um 1885 übernahm Karl Peter das Gasthaus von seinem Vater.
Nach dem Ausscheiden von Hermann Fischer stagnierte das Pustefest und fristete ein „kümmerliches Dasein“.[1] 1903 wurde der Kaufmann Fritz Ewald Präsident des Vereins. Das Fest wurde in den folgenden Jahren größer veranstaltet; so gab es einen Festumzug mit Blasmusik, eine Krone für den Pustekönig, Orden und Abzeichen, sowie weitere Preise. Auch Frauen durften nun am Pustefest teilnehmen.
Das Gasthaus „Zur Hohnsteiner Schweiz“ wurde von Karl Schönemann übernommen, dem Schwiegersohn von Karl Peter. Er war ein ehemaliger Militärmusiker, führte den Spitznamen „Posaunenwirt“, und galt als beliebtester Wirt des Pustefestes.
1925 wurde der Pustestand erneuert. Da der Huldabrunnen 1896 abgetragen wurde, liefen die Mitglieder ab ca. 1910 durch das Gumpetal über den Stadtberg, wo sie 1828 die Schutzhütte „Ewalds Ruhe“ errichteten. Später verkehrten Autobusse vom Altentor nach Rüdigsdorf.
Das letzte Pustefest fand 1941 statt. Ende 1958 wurde die Rüdigsdorfer Gaststätte von Schönemann geschlossen und im April 1959 an den VEB Baustoffwerk Magdeburg verkauft. Es entstand ein Ferienheim und ein Kinderferienlager in dem Gebäude. Karl Schönemann übergab die Pustekette, Helme, einige Bilder, Programme und Abzeichen dem Meyenburg-Museum.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Jörg-Michael Junker: Das Pustefest in Rüdigsdorf. In: Beiträge zur Heimatkunde aus Stadt und Kreis Nordhausen (Heft 13/1988).
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Junker: Das Pustefest in Rüdigsdorf. In: BHNDH (Heft 13/1988).