Nordhausen mahnt - Ausstellung vom 6. bis 27. März 1949

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Textdaten
Autor: Verschiedene
Titel: Nordhausen mahnt
Untertitel: Ausstellung vom 6. bis 27. März 1949
aus:
Herausgeber: Stadtverwaltung Nordhausen
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Erscheinungsdatum: 1949
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Kurzbeschreibung: Begleitheft zur gleichnamigen Ausstellung
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„Nordhausen mahnt“
AUSSTELLUNG VOM 6. BIS 27. MÄRZ 1949
unter dem Protektorat des
Herrn Ministerpräsidenten Eggerath


Das Trümmerfeld der Stadt Nordhausen stellt immer wieder die Brutalität des imperialistischen Krieges vor unsere Augen. Es waren keine militärischen Ziele, die angestrebt wurden, als die amerikanische Luftwaffe das historische Nordhausen in Trümmer legte, denn die Kriegsentscheidung war längst gefallen, und die faschistische Bestie lag in den letzten Zügen.

Das Trümmerfeld dieser Stadt muß uns immer wieder die unerbittliche Notwendigkeit vor Augen führen, als erstes die Sicherung gegen einen neuen Raubkrieg zu schaffen. Der Kampf um ein einheitliches demokratisches Deutschland und einen dauerhaften, gerechten Frieden muß im Mittelpunkt unseres Denkens stehen. Einen Teil dieses Kampfes stellt die Aktivisten- oder Hennecke-Bewegung, die Erfüllung des großen Planes dar. Wir zeigen in der sowjetischen Zone dem ganzen Deutschland den Weg und schaffen dadurch auch die Voraussetzungen für ein besseres Leben.

Im Kampf für Erfüllung des Zweijahresplanes schaffen wir auch die Voraussetzungen für den Wiederaufbau unserer zerstörten Städte auf einer neuen und besseren Grundlage. Mehr Stahl, mehr Eisen, mehr Kohle, mehr Maschinen bedeuten mehr Steine, mehr' Zement, mehr Gebrauchsgegenstände. Entfaltung der Aktivität zur Erfüllung des Zweijahresplanes bedeutet wiederum Entfaltung der Solidarität aller schaffenden Menschen zur Beseitigung der Wunden des Krieges. Diese Solidarität soll und muß sich besonders richten auf die Hilfe für die Bevölkerung der Städte, die vom Kriege am meisten geschlagen wurden. An der Spitze dieser Städte in Thüringen steht die Stadt Nordhausen, deren Wiederaufbau eine Sache des gesamten Landes Thüringen sein muß.

Weimar, den 8. Februar 1949.

Eggerath, Ministerpräsident.


Nordhausen mahnt...
alle diejenigen, die durch den Bombenkrieg ihre Lieben, alle diejenigen, die durch die Bomben der Amerikaner ihre Geschäfte, alle diejenigen, die fünf Minuten vor Beendigung des Krieges ihr Letztes, ihre Wohnungen und ihren Hausrat verloren haben, daran zu denken, daß sie mit aller Macht und mit allen Kräften für die Demokratie, für den Frieden, gegen den Krieg kämpfen müssen.

Nordhausen mahnt...
alle Stellen, die es angeht, alle Städte, die nicht zerstört sind., alle Regierungsstellen, die verantwortlich sind, da Nordhausen allein niemals imstande sein wird, dies wieder zu schaffen, was jahrhundertelang auf gebaut und in wenigen Minuten zerstört worden ist. Dazu gehört die Solidarität derjenigen, die nichts verloren haben, und die Unterstützung aller Regierungskreise.

Nordhausen mahnt...
aber auch die Bevölkerung der Stadt daran zu denken, daß die Kräfte der Stadtverwaltung allein nie ausreichen werden, all das zu schaffen, was zum Wohlergehen der Bevölkerung dient, sondern daß dazu gehört der Wiederaufbauwille der gesamten Bevölkerung der Stadt. Gemeinsam haben wir gelitten, gemeinsam haben, wir alles verloren und gemeinsam wollen und müssen wir wieder aufbauen im Jahre 1949.

Nordhausen mahnt...
alle Bevölkerungsschichten, daran zu denken, daß der 2-Jahresplan das A und O unseres wirtschaftlichen Aufstiegs ist. Erfüllen und übererfüllen wir diesen, dann dienen wir nicht nur unserer Bevölkerung in bezug auf Erhöhung des Lebensstandards an sich, sondern dann dienen wir insbesondere dem Wiederaufbau der Stadt Nordhausen.

Nordhausen, den 21. Februar 1949.

Himmler, Oberbürgermeister.

Grundriss der Ausstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rundgang durch die Ausstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unsere Ausstellung „Nordhausen mahnt“ geht davon aus, in einer Gegenüberstellung mit dem Gewesenen zu zeigen, was wir bis jetzt geleistet haben und was wir im Rahmen des Zweijahresplanes noch schaffen werden.

Raum 1:
Nordhausen, wie es war

Alte Stiche und Bilder führen uns Nordhausen vor Augen, wie es in den Jahrhunderten wuchs. Ein Modell der Stadt zeigt uns die alten winkligen Gassen, steilen Treppen und historischen Baudenkmäler aus den verschiedensten Epochen.

Viel Schönes und Unersetzliches, aber auch manches alte Haus, längst mit gesundem, menschenwürdigem Wohnen nicht mehr vereinbar, sank während der Bombenangriffe in Schutt und Asche. Vor uns steht nun die Aufgabe, ein neues, den Anforderungen der modernen Zivilisation entsprechendes, schöneres Nordhausen wieder aufzubauen.

Raum 2:
Den Opfern

Eine erschütternde Zahl steht vor unserem Auge: 8800 Menschenleben forderten die Bombenangriffe am 3. und 4. April 1945. Von den Opfern entfallen

auf die ständige Bevölkerung ... 6 000
auf die nichtständige Bevölkerung ... 1 500
auf die KZ-Häftlinge der Boelckekaserne ... 1 300
Gesamtverluste ... 8 800 Tote

Raum 3:
3. und 4. April

Dieser Raum stellt eine einzige große Anklage dar gegen den Krieg und diejenigen, die ihn herauf beschworen.

Eine Künstlerin, die die Bombenangriffe auf Nordhausen miterlebte, führt uns das Grauen der Stunden nochmals vor Augen. Wir sehen das Inferno der Vernichtung, das all das zerstörte, was Jahrhunderte aufbauten. Wir erleben die Qual der Menschen, die alle in diesen Stunden etwas verlieren: Angehörige und Verwandte, das Heim, das Eigentum, die Heimat schlechthin.

Hier mahnt Nordhausen die Menschen daran zu denken, daß Krieg Entsetzen und Grauen, Tod und Verstümmelung, Not und Elend mit sich bringt, niemals aber Glück und Segen für die Völker. Eine Mahnung an alle ist es, sich nicht von den neuen Kriegshetzern verblenden zu lassen, sondern ihnen den Kampf anzusagen, den Kampf für den Frieden und um das Glück der gesamten Menschheit.

Raum 4:
Das Erbe

Und hier sehen wir das Erbe, das uns der Krieg hinterließ. Mit einer 74%igen Zerstörung steht unsere Stadt an 7. Stelle der zerstörten Städte Deutschlands und ist die am stärksten zerstörte Stadt in Thüringen. 171 105 500 DM betragen die Kriegsschäden, 650 000 cbm Schuttmassen liegen auf 810 000 qm zerstörtem Stadtgebiet. Ein Vergleich des Schuttberges mit dem Modell des Rathauses läßt uns erkennen, was allein die Beseitigung der Trümmermassen für eine Aufgabe ist, die nur in Gemeinschaftsarbeit aller Einwohner gemeistert werden kann. Groß waren die Zerstörungen an den städtischen Betrieben, dem Schlacht- und Viehhof, dem Gas- und Elektrizitätswerk. Einen kleinen Ausschnitt des schauerlichen Anblicks geben uns die nach dem Angriff erstellten Fotos, aber eine Gegenüberstellung von Fotos der gleichen Stellen heute zeigt uns, daß die Bevölkerung tatkräftig an den Wiederaufbau ging und daß wir doch schon beachtliche Erfolge erzielt haben.

Raum 5:
Kultur

Wertvolle Kunstgegenstände, Plastiken, Truhen und Siegel aus Nordhausens Vergangenheit zeigt uns der Raum. Glasmalereien mit dem Thema „Wiederaufbau“ leiten über zur Neuzeit. Vom Ringen um den kulturellen Wiederaufbau berichtet der Kulturbund, und das Stadttheater gibt uns einen Einblick in seine Arbeit. Das Schulamt gibt uns einen Ueberblick über die Durchführung der Schulreform in Nordhausen.

Raum 6:
Wirtschaft

Auch die Wirtschaft zeigt, was sie durch die Bombenangriffe verloren hat, aber hier nimmt das Neugeschaffene den breitesten Raum ein. Die wichtigsten Nordhäuser Betriebe der alteingesessenen Branntwein- und Kautabakindustrie und der Maschinenindustrie wurden in die Hände des Volkes übergeführt, und sie berichten nun hier über die Aufgaben, die sie im. Rahmen des Zweijahresplanes zu erfüllen haben. Proben ihrer Erzeugnisse und Ausschnitte aus dem Fabrikationsprozeß werden gezeigt. Neben der alteingesessenen Industrie stehen die neu nach Nordhausen verlagerten Betriebe Telefonbau und Schlepperwerk. Im Mittelpunkt steht das Modell des im Aufbau befindlichen Schlepperwerkes, das das größte der Ostzone werden wird und das für Nordhausens Wirtschaft von größter Bedeutung ist.

Raum 7:
Verkehr

Groß waren die Schäden die die Bombenangriffe den Stadtwerken zufügten. Von der 4,250 km langen Straßenbahnstrecke waren nach dem Zusammenbruch nur noch 40% der Gleisanlagen und 500 m des Fahrleitungsnetzes betriebsfähig. Sämtliche Straßenbahnwagen waren mehr oder weniger beschädigt. Schritt für Schritt wurden diese Schäden beseitigt, wie die Skizzen der verschiedenen Bauabschnitte zeigen. Eine wesentliche Verbesserung im Straßenbahnverkehr wurde durch den Einbau einer Weiche auf der Linie zum Altentor geschaffen. Eine weitere wesentliche Verbesserung ist im Rahmen des Zweijahresplanes vorgesehen: Eine Obuslinie von Krimderode-Altentor zum Bahnhof und von Salza zum Bahnhof soll geschaffen werden mit späterer Wetterführung bis zum Stresemannring. Vier Fahrzeuge mit einem Fassungsvermögen von je 70 Personen sollen im 20-Minuten-Verkehr eingesetzt werden. Einige Modelle zeigen uns den jetzigen Stand der Nahverkehrsmittel.

Raum 8:
Bau

Planen und Bauen ist der Leitgedanke des Raumes, der durch die Stadtpläne des alten und des neu entstehenden Nordhausens eingeleitet wird. Ein Modell, Bebauungspläne und Ansichtsskizzen veranschaulichen die Planungsabsichten. Daß unser bisheriger Aufbau im Verhältnis zum Ausmaß der Zerstörungen verschwindend gering ist, zeigt uns die Aufstellung der Bauleistungen seit 1945. Der blockmäßige Aufbau neben dem Ausbau teilzerstörter Gebäude ist zwar als zweckmäßig anerkannt, wird aber durch die ungeklärten Fragen der alten Hypothekenschulden und des zu erwartenden Lastenausgleichs gehindert. Der Zweijahresplan wird auch den Wiederaufbau sichtbar in Gang bringen.

Die zur Verfügung stehenden Materialien, nichtkohlegebundene Bindemittel und Steine und Platten aus diesem Material werden gezeigt. Hochwertige Fachkräfte können durch einfachste Konstruktionen und Arbeitsweisen eingespart werden. Auf diese neuen Materialien ist unsere Planung abgestimmt, und durch geringste Verwendung hochwertiger Fachkräfte werden wir der Wohn- und Gewerberaumnot schneller Herr werden.

Raum 9:
Mahnung

Eine Mahnung soll unsere Ausstellung sein, eine Mahnung vielfacher Art. Wir haben aufgezeigt, daß wir nicht resignierend vor der Größe des Unglücks die Hände in den Schoß gelegt haben. Wir haben nicht gerufen: Helft uns! Wir haben zunächst selbst angepackt. Aber die Kraft des Stadtkreises allein reicht nicht aus, um die Not zu lindern. Da uns die Unabhängigkeit lieber ist als der Onkel aus Amerika, vertrauen wir auf die Solidarität der Städte und Gemeinden des Landes Thüringen. Anregungen für Hilfsmöglichkeiten auf jedem Gebiet werden gegeben, und ein dickes Buch liegt bereit, die Zusagen auf Unterstützung aufzunehmen.

Aber auch unsere Nordhäuser Einwohner wollen wir mahnen: Ihr habt die Möglichkeit, durch Euren freiwilligen Einsatz bei der Enttrümmerung die Voraussetzungen für einen schnelleren Wiederaufbau zu schaffen. Helft mit an der Erfüllung des Zweijahresplanes! Seine Erfüllung und Uebererfüllung garantiert uns eine bessere Versorgung mit Textilien und Hausrat, gibt uns die Möglichkeit, Wohnungen für unsere Ausgebombten zu schaffen.

Der Zweijahresplan
ist der Ausweg
aus unserer Not!

Das tausendjährige Nordhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon im 8. Jahrhundert hatten die Franken unterhalb des Nordhäuser Frauenberges ein festes Heerlager errichtet. Später, im 10. Jahrhundert, erbaute der Sachsenkönig Heinrich I. auf dem Gelände, auf dem sich jetzt die Ausstellungsräume befinden, eine Burganlage. Im Schutze dieser Burg bildete sich die im Jahre 927 erstmals urkundlich erwähnte Stadt Nordhausen und wuchs im Mittelalter zu erheblicher Bedeutung an. Noch heute erkennt man an dem teilweise erhaltenen Mauerring den Umfang dieser mittelalterlichen Stadt.

900 Jahre hindurch, bis zum Jahre 1802, war Nordhausen eine Freie Reichsstadt. Wechselvoll war seine Geschichte. Zeiten hoher Blüte folgten innerpolitische kämpfe. Ewige Fehden mit den Herren der Landschaft und furchtbare Pestperioden hemmten den wirtschaftlichen Aufschwung zeitweise, aber immer wieder setzte sich der Lebenswille der Bevölkerung durch. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts brachte das Brennereigewerbe der Stadt eine neue Blütezeit und entwickelte sie zu einer der wohlhabendsten Städte der Provinz Sachsen. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Branntweinkonsum zurückging, wurde ein anderer Industriezweig für Nordhausen von immer größerer Bedeutung, die Kautabakindustrie. Zwei Drittel des gesamten in Deutschland hergestellten Kautabaks stammte aus Nordhausen.

Die Einwohnerzahl war während des 19. Jahrhunderts dauernd gewachsen, so daß Nordhausen 1082 aus dem Kreisverbande entlassen wurde und fortan einen eigenen Stadtkreis bildete. Bedeutendes wurde geschaffen, Straßenbau und Kanalisation wurden gefördert, eine große Talsperre im Harz für die Trinkwasserversorgung der Stadt gebaut, das Stadthaus, ein Altersheim, Turnhallen und ein Stadtbad wurden geschaffen. 1917 wurde das architektonisch ansprechende Stadttheater vollendet. Auch nach dem 1. Weltkrieg setzte sich der unvergängliche Lebens- und Gestaltungswille der Bevölkerung durch. Rege Bautätigkeit sprengte das alte Weichbild der Stadt, neue Wohnviertel wurden geschaffen, in den schlimmsten Inflationsjahren entstand das Stadion mit seinen mustergültigen Sportanlagen und dem Schwimmbad.

Der Zusammenbruch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele der jahrhundertealten Baudenkmäler wurden durch die Bombenangriffe vernichtet. 4 von den 7 Kirchen der Stadt sind völlig zerstört, vom mittelalterlichen Rathaus und vom Stadthaus stehen nur noch Ruinen. Nur wenige geschichtliche Bauten blieben erhalten und erinnern, an die Vergangenheit. So der Walkenrieder Hof an der Ecke Ritterstraße-Waisenstraße, das Torhäuschen am Spendekirchhof und einige der alten schönen Fachwerkbauten mit prachtvollen Holzschnitzereien in der Barfüßerstraße. Von den Kirchen überstanden der Dom, die Altendorfer Kirche und die Blasiikirche mit ihrem schiefen Turmpaar die Angriffe.

Wiederaufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wo sich einst die lebendurchfluteten Geschäftsstraßen der Stadt befanden, fahren heute die Kipploren der Trümmerbahn und bringen Ordnung in das Chaos. Weite Flächen sind bereits enttrümmert, und in freiwilliger Arbeit wird die Nordhäuser Bevölkerung mithelfen an der weiteren Enttrümmerung. Als erstes Gebäude wurde das Neue Rathaus wiederhergestellt und von den Verwaltungsstellen der Stadt bezogen Auch am Behördenhaus am Taschenberg in dem sich die Justiz- und Landesbehörden befinden, sind die Kriegsschäden beseitigt. Auch auf kulturellem Gebiet wurde der Wiederaufbau vorangetrieben. Die Schulreform wurde durchgeführt, wobei die Pädagogische Fachschule in Nordhausen durch Heranbildung von Neulehrern einen wesentlichen Anteil hatte. Die Säuberung der Verwaltung hat dazu beigetragen, daß die demokratische Entwicklung gewährleistet ist. Das Theater spielt wieder, kämpft allerdings durch die behelfsmäßige Unterbringung mit großen Schwierigkeiten, und es ist der große Wunsch der Nordhäuser Bevölkerung, daß das Stadttheater bald wiederhergestellt und seiner Bestimmung übergeben werden kann. Die im Sommer 1947 eröffnete Freilichtbühne im Lindenhofpark am Gehege, eine der schönsten Thüringens, sah neben dem Schauspiel Oper und Operette. Das Städtische Orchester bringt regelmäßig Symphoniekonzerte und Serenadenabende. Wertvolle kulturelle Veranstaltungen führt der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands durch, während die Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion besonders bestrebt ist, aufklärend über die Kultur dieses großen Volkes zu wirken.

Im Sommer bilden die mehrmals wöchentlich stattfindenden Gehegekonzerte den Hauptanziehungspunkt neben der Freilichtbühne. Hier,, auf dem von alten Buchen umstandenen Gehegeplatz findet der Nordhäuser für einige Stunden Erholung und Entspannung von seiner Arbeit. Unberührt von den Kriegsereignissen blieben auch die anderen Grünanlagen der Stadt, der Stadtpark, der Staudenpark am Meyenburgmuseum und der Rosengarten am Präsidentenweg. Wer den Blick vom Aussichtsturm des Meyenburgmuseums oder vom Präsidentenweg über die schöne Landschaft um Nordhausen gleiten läßt, über die Harzberge im Norden, die bewaldeten Höhen des Eichsfeldes im Westen, die Berge der Hainleite im Süden und über die Goldene Aue im Osten bis zum Kyffhäuser, der versteht, daß der Nordhäuser fest an seiner Heimat hängt, daß er sie nicht verlassen will, trotz aller Schwierigkeiten, die das Leben in einer zerbombten Stadt mit sich bringt. Bereitwillig wird er alle seine Kräfte einsetzen, um seine Stadt wiederaufbauen zu helfen. Die Ansichtsskizzen der geplanten Bebauung der wichtigsten Straßen, die in der Ausstellung gezeigt werden, geben die Gewißheit, daß Nordhausen schöner wieder aufgebaut wird.

Planung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Wirtschafts- und Kulturzentrum des Südharzes und der Goldenen Aue und als Knotenpunkt wichtiger Verkehrslinien wird Nordhausen auch in Zukunft seine Bedeutung behalten. Darüber hinaus wird die industrielle Entwicklung im Rahmen des Zweijahresplanes einen wesentlichen Aufschwung nehmen und kann durqh die Bereitstellung des ehemaligen Kasernen- und Flugplatzgeländes mit seinen ausgebauten Straßen und Bahnanschlüssen für Großbetriebe noch gefördert werden. Ist der Ausbau von Industrieanlagen die Grundlage unseres Wiederaufbaus, so geht hiermit parallel der Wohnungsbau.

Für den Wiederaufbau unserer Stadt ist eine klare Trennung der Industrie-, Gewerbe-, Geschäfts-, Verwaltungs- und Wohngebiete geplant. Dabei ist die Oberstadt für Wohngebiete und die Geschäfts- und Verwaltungsteile vorgesehen, während die Unterstadt vor allem das Gewerbe erhält und in Bahnnähe die Industrie untergebracht wird. Vorhandene Wohnblöcke in diesem Stadtteil werden durch Gartenanlagen von den Industriegrundstücken abgeschirmt. Der Stadtkern ist zur Aufnahme aller Verwaltungszweige vorgesehen, um die Zusammenarbeit zu fördern und der Bevölkerung den Verkehr mit der Behörde zu erleichtern. Der Bau einer Stadthalle, einer Handels- und Markthalle, des Theaters, von Gast- und Uebernachtungsstätten trägt dem Gedanken als Kultur- und Wirtschaftszentrum Rechnung.

Grünflächen und Kleingärten trennen die einzelnen Stadtteile und umschließen neben Baumschulen und Großgärtnereien das gesamte Stadtgebiet. Auch der Stadtkern mit seiner noch erhaltenen Stadtmauer wird von einem Grüngürtel umgeben. Durch Auflockerung der Wohngebiete wird es möglich sein, für den größeren Teil der Neubauwohnungen kleine Hausgärten vorzusehen. Die Geschäfts- und Verkehrsstraßen bilden in übersichtlicher Führung das Hauptgerippe des Straßennetzes, was im wesentlichen die erhaltenen Straßen berücksichtigt. Bei aller Sparsamkeit dürfen jedoch zukünftige Verkehrsforderungen nicht verbaut werden.

Die aufgelockerte Bebauung bietet Nordhausen, das jetzt 33 000 Einwohner zählt, ausreichenden Wohnraum für 48 00Ü Einwohner, die durch die zu erwartende Industrieentwicklung die erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten haben. Schon jetzt ist ein langsames Ansteigen der Bevölkerung zu beobachten. Die Randgemeinden Salza und Krimderode, die mit der Stadt in engster wirtschaftlicher und baulicher Verbindung stehen, sind schon jetzt als Stadtteile Nordhausens zu betrachten. Ihre Eingemeindung ist in Zukunft in Erwägung zu ziehen.

Im Rahmen des Zwei jahresplanes wollen wir jährlich 300 Wohnungen in Nordhausen erstellen, was für unsere Bauwirtschaft eine erhebliche Anstrengung bedeutet. Selbst bei dieser Jahresleistung müssen wir damit rechnen, daß ein Teil der Flächen auch nach der durchgeführten Enttrümmerung zunächst ungenutzt bleibt. Der Vorschlag diese Flächen durch Anpflanzung zu beleben, dient der Beseitigung der Staubentwicklung und hilft, den Anblick Nordhausens wieder erträglicher zu gestalten. Geeignete Nutzpflanzen und Sträucher könnten diesen Anlagen die wirtschaftliche Grunglage geben.

Nordhausens Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Begünstigt durch seine Lage am Schnittpunkt alter Handelsstraßen und später wichtiger Eisenbahnlinien und als Mittelpunkt des nordthüringischen Harzvorlandes, gefördert durch Gewerbefleiß und Umsicht seiner Bewohner, entwickelte sich Nordhausen zu einer der reichsten Städte des Landes. Viel zu dieser Entwicklung trug die engere Heimat bei: Das Getreide der fruchtbaren Goldenen Aue rollte schon in früher Geschichte durch die dunklen Tore der Stadt und verließ es wieder in schweren Fässern, früher als vielgeschätztes Bier, später als der in ganz Deutschland bekannte und berühmte „Nordhäuser Korn“. Holz lieferte der Harz und ließ neben Handwerksbetrieben holzverarbeitende Industriebetriebe entstehen. Die Bo denschätze des Harzvorlandes veranlaßten die Entstehung einer Schachtbau- und Bergbaumaschinenindustrie. Neben diesem bodengebundenen Gewerbe entstanden andere Industriezweige, deren bedeutendster die Kautabakindustrie wurde. Bemerkenswert ist auch die Bekleidungsindustrie, und weiter finden wir noch Betriebe für Papier- und Pappenverarbeitung, Druckereierzeugnisse und Seifenfabrikation.

Der 3. und 4. April 1045, die schwarzen Tage Nordhausens, rissen klaffende Lücken in seine Industrie. Von 108 Betrieben wurden 46, also 413%, totalvernichtet, weitere 29 erlitten schwere Schäden. Noch mehr litten Handwerk und Handel, 60% bzw. 70% wurden hier zerstört. Jedoch wie selten vorher in der Geschichte zeigten hier die Nordhäuser ihre Arbeitskraft und Zähigkeit. Besonders die Ueberführung der wichtigsten Betriebe in die Hände des Volkes trieb die Entwicklung voran. Ein großer Teil der Betriebe wurde wieder aufgebaut, andere arbeiten noch in provisorisch hergerichteten Räumen, aber auch hier läuft die Produktion auf vollen Touren.

Aber nicht nur das Alte wurde wieder aufgebaut, auch neue Betriebe und Industriezweige wurden in Nordhausen heimisch. Größte Bedeutung haben zwei nach Nordhausen verlagerte Werke, das Fernmeldewerk, welches Telefonapparate baut, und das im Aufbau befindliche Ifa-Schlepperwerk, das das größte Traktorenwerk der Zone werden wird.

Der Zweijahresplan stellt die Nordhäuser Industrie vor große Aufgaben. Die entscheidende Rolle spielen dabei die volkseigenen Betriebe.