Nordhausen (Kunstführer, 1929)
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Einleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahre 1927 hat die Stadt Nordhausen die Feier ihres 1000jährigen Bestehens begangen. Mit Recht ist man dabei der Auffassung gefolgt, daß erst seit dem Jahre der Gründung des Domstiftes von einer Geschichte der Stadt gesprochen werden kann. Zwar hat die Burg Heinrichs I. schon einige Jahre zuvor bestanden, und es mag erlaubt sein, die Existenz einer unter ihrem Schutze entstandenen kleinen Ansiedlung anzunehmen — zwar gab es an dem Platze der Merwigslinde einen Kultort von unbestimmt wieviel höherem Alter. Was dem Heidentum und was der Königsmacht nicht gelungen war, das gelang der Kirche. In diesem Sinne genommen ist das Jahr 927 der Anfangspunkt der Geschichte Nordhausens. Ohne das Domstift wäre diese Stadt niemals das geworden, was sie Jahrhunderte hindurch gewesen ist. Seit Anbeginn steht Nordhausen als eine der wichtigsten Kulturstätten Deutschlands da. Schon lange aber vor der Gründung des Stiftes haben Menschen in dieser Gegend gewohnt, denen ein schlichter, klarer Kunstsinn eigen war. Die Funde vorgeschichtlicher Gegenstände beweisen das. So reicht die Geschichte der Nordhäuser Heimat zurück bis in frühes Mittelalter, ja bis in Zeiten, aus denen schriftliche Kunde nicht erhalten ist. In der Kunst des Mittelalters vereinigt sich Schönheitsfreude mit rastlosem Suchen nach dem tiefsten, letzten Sinne. Daher die stille, sichere, freudige Unbefangenheit der alten Kunst. Daher die unwiderstehliche Gemütswirkung, welche die Kunstwerke jener alten Zeiten, die größten wie die schlichtesten, bis zum heutigen Tag ausüben. Sie bietet sich dem, welcher die alte Kunst Nordhausens mit bereitem und offenem Sinne zu sich sprechen läßt. Viel zu wenig bekannt ist sie. Darum übergeben wir dieses Buch der Öffentlichkeit. Zwar nicht ohne Trauer. Immer wieder meldet die Geschichte der Stadt von Bränden. Seit dem 13. bis in das 18. Jahrhundert hat Feuer dort Kostbares vernichtet. Auch hat Roheit zerstört, Verständnislosigkeit hat Verfall und Verlust fördern geholfen. Und dennoch, allen Schäden zum Trotz, welch ein Reichtum! Denn durch seine geographische Lage hat Nordhausen an der Kultur des Nordens, wie des Südens und Südwestens Anteil gehabt, wenngleich es den letzteren Richtungen dank der Natur und Geschichte stärker zugewandt bleiben mußte. Vor allem die Kunst der Kirche. Die Zerstörungen gingen an den kirchlichen Gebäuden und ihrem kostbaren Inhalt in Nordhausen leichter vorüber. Selbst der Dom, der am schwersten zu leiden hatte, bietet noch wunderbar viel. Er ist aber auch gleichzeitig unter allen Kunstdenkmälern Nordhausens gerade infolge seiner bewegten Geschichte dasjenige, das der Forschung die schwierigsten, fesselndsten Fragen vorlegt. — Die Kunst der Spätzeit ist in Nordhausen nicht eben ergiebig. Die kirchliche kommt seit der Reformation fast zum Stillstände, die weltliche zeigt sich wenig schöpferisch. Aber die bürgerlichen Bauten sind doch beachtenswert genug. Noch heute schwebt über dem Ganzen, selbst an stark veränderten Stellen, schon dank der ungezwungenen Zeichnung der Straßenlinien, wie der mit bewunderungswürdigem künstlerischem Takte durchgeführten Behandlung der teilweise großen Schwierigkeiten des Geländes, der Hauch und Geist ferner großer Kunstepochen. Was uns in Nordhausens alten Straßen entgegentritt, ist urgesunde Kunst eines tüchtigen Volksund Bürgertums -— eines Gemeinwesens, dem der Stolz auf vielhundertjährige Reichsfreiheit kraftvoll und leistungsförderlich im Blute lag. Wir hoffen, daß auch die Kapitel über die romanischen Bauten von Münchenlohra und Lohra, zumal auch über Walkenried willkommen sein werden. Die Bezeichnungen rechts und links gelten durchweg im heraldischen Sinne (vom Werke, nicht vom Beschauer aus). Noch ist allen jenen Dank zu sagen, die durch ihr freundliches Entgegenkommen das Entstehen dieses Buches gefördert haben. Es sind die hochwürdigen Vorstände des katholischen Domes und sämtlicher protestantischen Kirchen. Es ist der Magistrat der Stadt Nordhausen, insbesondere Herr Stadtschulrat Dr. Koch. Es sind ferner die Herren Lehrer a. D. Karl Meyer und Stadtarchivar Dr. Heineck. Besonderen Dank spreche ich schließlich auch an dieser Stelle dem Herrn Museumsdirektor Dr. August Stolberg aus. Dachau b. München, 1929
Geschichtlicher Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Siedlung am Frauenberge um 780—790. Um 910 Erbauung einer Burg durch Heinrich I.; daselbst 920 Geburt Heinrichs, des Sohnes Heinrichs I. und Mathildes. Der jener Burg beigelegte Name Nordhausen urkundlich zuerst 13. Mai 927. Mathilde gründet das Domstift (später benannt „zum hl. Kreuz“) 961. Über die Geschichte des Stiftes vgl. das Kapitel „Der Dom“. Nordhausen wird durch Barbarossa dem Domstift überlassen 16. März 1158. Eroberung Nordhausens durch Heinrich den Löwen Mai 1180. Bis gegen 1200 vollzieht sich die Ausbildung der Neustadt und des Altendorfes. Das Nonnenkloster auf dem Frauenberge wird gegründet. Belagerungen Nordhausens durch Hermann von Thüringen und Otto IV. Des letzteren Hochzeit in Nordhausen 22. Juli 1212. Friedrich II. wandelt das Nonnenkloster in ein Domherrenstift um 27. Juli 1220. Nordhausen wird reichsfrei! Allmähliche Entwicklung des bürgerlichen Lebens in Nordhausen. Erstes Stadtsiegel um 1225. Um 1230 Niederlassung der Franziskaner in Nordhausen. Stadtbrand 1234. Die St. Blasiikirche gegründet. Erste Urkunde des Stadtrates 2. Februar 1266. Umbau des Domes seit Ende des 12. Jahrhunderts bis 1267 (Vollendung des Chores). Die Burg zerstört um 1277. Weihe der Spendekirche 1278. Erstes Rathaus um 1280. Kapelle zu St. Cyriakus eingerichtet bei dem bereits bestehenden Hospital 1281. Einzug der Dominikaner in Nordhausen 1286, wo ihnen 1287 Niederlassung gewährt wird. Die Georgskapelle am (späteren) Kornmarkt 1289. Der Bau der Petrikirche beginnt um 1290. Die Cisterzienserinnen, die seit 1238 ein Kloster in Bischoferode gehabt hatten, ziehen in das Altendorf 1294.' 1295 Gründung des Klosters Himmelgarten. Die Stadt erhält starke Befestigungen um den Anfang des 14. Jahrhunderts. Der Deutschritterorden in Nordhausen 1307. Die Jakobikirche erbaut um 1310. Nachdem bisher nur die Schule des Domstiftes existiert hatte, wird die Errichtung einer Stadtschule durch Papst Johann XXII. bewilligt 1319. Der Aufstand der Bürger gegen die Geistlichkeit 1324—1326 endet zugunsten der letzteren. Kämpfe zwischen den Ständen der Stadt seit 1338. Judenverbrennung angeblich 5. Mai 1349. Großer Umbau des Rathauses 1360. Die Nikolaikirche erbaut in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Erneuerung und Erweiterung der Stadtbefestigungen 1365 bis 1406. Das Riesenhaus zuerst erwähnt 1375. Aufstand der Kleinbürger gegen die Geschlechter endet mit dem Siege der ersteren 14. Februar 1375. Das Martinhospital durch die Brüder Segemund gestiftet 1389. Der Roland zuerst erwähnt 1441. Nordhausen Mitglied der Hansa 1430—1432. Das Elisabethhospital gestiftet 1436. Im gleichen Jahre kaiserliche Genehmigung zur Anlage von Außenbefestigungen; ihr Bau zieht sich bis 1487 hin. Die jetzige Blasiikirche erbaut in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Seit etwa 1500 beginnt in Nordhausen das Branntweinbrennern Bei der Kreiseinteilung des Reiches auf dem Reichstage zu Köln 1512 wird Nordhausen dem niedersächsischen Kreise zugeteilt. Die Reformation in Nordhausen: erste protestantische Predigt in der Petrikirche 1522. Michael Meyenburg wird Syndikus von Nordhausen 1523 (Bürgermeister seit 1547, f 1555). Rasche Durchführung der Reformation. Heftiges Einschreiten gegen Katholiken und Juden. Stadtbrand 1540. Die Freiheit des Domstiftes, das katholisch bleibt, gewährleistet. Rathausneubau 1608—1610. Stadtbrand 1612. Pest 1626. Die Schweden in Nordhausen 2. März und 19. Juli 1632. Schwedisches Attentat auf den Roland 1647. Pest 1681—1682. Brand der Unterstadt 4. Mai 1686. Erneuerung der Altendorfer Kirche 1697. Verheerender Brand in der Oberstadt (westlicher Teil) 23.—24. August 1710. Abermaliger großer Brand in der Oberstadt (nördlicher und östlicher Teil) 21. August 1712. Erneuerung des Rolandes 1717. Neubau der Jakobikirche 1744—1749. Preußen erhält die Reichsstadt Nordhausen 23. Mai 1802, Bestätigung der Einverleibung in Preußen 6. Juni 1802. Besitzergreifung der Stadt; Verlust der Reichsfreiheit 2. August 1802. I. Die Heinrichsburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lage nach den 1740 von Lesser angefangenen, neuerdings durch Karl Meyer und Otto Riemenschneider fortgesetzten Untersuchungen in der Nähe des Domes an der Nordseite der Bäckerstraße unweit der „Finkenburg“, deren uralter Name auf Heinrich den Finkler zurückweist. Das schroff abschüssige Gelände, auf welchem Heinrichs Gemahlin Mathilde ihre Kirche erbaute, war vorweg für Anlage einer Burg besonders geeignet. Reste von Kellern im Logengarten, unter der Finkenburg und im katholischen Gemeindehause, zugehörig der Keller der 1899 abgebrochenen Probstei; vielleicht auch Teile der Unterbauten der Domtürme. Nach Riemenschneider auch die Domkrypta ein Befestigungsteil der Burg, so auch der östliche und westliche Teil des Kreuzganges. Zugehörig ferner der noch heute so genannte „Königshof“ mit den unter seinem Gebäude befindlichen alten Kellern. Hoftag Philipps von Schwaben 15. August 1207 zum Zwecke der Verhandlungen mit Otto IV., sowie mit den Abgesandten des Patriarchen von Jerusalem und den Großmeistern der Tempelherrn und der Johanniterritter, die im Abendlande Hilfe zum Schutze des hl. Grabes suchten. Großes Turnier 1263. Der letzte Kaiser, der die Nordhäuser Pfalz besuchte, war Adolf von Nassau 1297 — also zu einer Zeit, als der Dom, der, wie von Anfang her, noch immer von dem Burgbezirke umschlossen wurde, bereits den frühgotischen Umbau hinter sich hatte. Heinrich der Löwe zerstörte die Nordhäuser Burg teilweise. Zweite Verwüstung durch die Bürger der Stadt 1277 in dem Streite mit Rudolf I. Nordhausen in Reichsacht bis 1280. Die Überreste der Burg und der zu ihr gehörenden Gebäude im Laufe der Zeiten teils beseitigt, teils mit andern Häusern überbaut. Von der ehemaligen Befestigung des Dom-(und Burg-)Bezirkes noch ein romanisches Tor zwischen dem Dom und der Wassertreppe erhalten. II. Sakralbauten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Frauenbergkirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschichte. Erste Erwähnung 1200. Der Name der Kirche „St. Mariae novi operis11 „Neuwerk11, deutet nicht unbedingt an, daß dieser Bau an die Stelle eines älteren getreten sei. Erste Äbtissin Jutta, Cister-zienserin aus Wöltingerode bei Goslar. Schutzbrief Friedrichs II. 1237. Bestätigung der Klostergüter durch Papst Innocenz IV. 1246. Aufhebung des Klosters 1558. Baugeschichte der Kirche. Ältestes kirchliches Denkmal Nordhausens. Erbaut außerhalb der Stadt seit Mitte bis Ende 12. Jahrhunderts vom Chor gegen Westen fortschreitend. Ende 15. Jahrhunderts Erweiterung der Ostpartien der Seitenschiffe, Vergrößerung der Chor-, Querhaus- und nördlichen Langhausfenster, etwas später Neubau von Gebäuden des Klosters. Herstellungsarbeiten an der Kirche (Sicherung des Gewölbes, Erweiterung der Südfenster) 1713, 1820, 1846, durch Adolf Zeller aus Charlottenburg 1909—1912. Vgl. unten. Beschreibung. Dreischiffige, romanische, kreuzförmige Pfeilerbasilika, Länge 38 m, Breite des Mittelschiffes 5,3 m, die der Seitenschiffe 2,73 m, also Verhältnis 1:2:1. Mittelschiff mit drei, entsprechend die Seitenschiffe mit sechs Gewölbejochen. Die Joche haben rechteckige Form. Ursprünglich alles mit flachen Holzdecken. Pfeiler quadratisch mit schlichten, aus Platte und Schmiege zusammengesetzten Kämpfern. Chor ehemals mit drei halbkreisförmigen Apsiden, von denen die beiden seitlichen durch späteren Ausbau der Kreuzarme beseitigt worden sind. Mittelapsis mit drei ursprünglich kleinen, später verlängerten Fenstern. Einfache Kreuzgewölbe zwischen im Mittelschiffe schwach spitzbogigen Gurtbögen. Achteckiges Glockentürmchen über der Vierung. Chor und Querhaus als älteste Bestandteile technisch sehr gewissenhaft und fein ausgeführt. Mittelschiff jünger, sichtlich weniger sorgfältig, etwas höher als das Querhaus. Die Pfeiler durch die Gewölbelast leicht nach innen ausgebogen. Chorapsis und Querhaus mit Rundbogenfriesen; die an den Kreuzarmen deuten mit ihrer Kleeblattform auf Verwandtschaft dieser Partie mit Teilen der Cisterzienserkirche von Münchenlohra. An der Nordseite des Chores, nach der Änderung des dortigen Anbaues durch Zeller, ein großes Radfenster wiederhergestellt. Westportal rund-bogig, ruhig monumental. Gewände vierstufig nach innen verengt, mit Wechsel von kantigen Pfeilern und freistehenden Säulen; letztere mit schönen Knospenkapitellen. Tympanon ohne Schmuck (ehemals bemalt gewesen?); im Scheitel des Kreisbogens ein Kopf; ebenso einer im Scheitel der Archivolte, deren Ausbildung jener des Türgewändes entspricht. Beide getrennt durch attisches Kämpfergesims. Rechts und links oben eine Rose im quadratischen Felde. Basen der Säulen attisch, mit Eckblättern. — Eine Krypta fehlt. Der Kreuzgang des Klosters befand sich an der Südseite der Kirche. Schmuck und Einrichtung. Mosaiken an Außenseiten neu. Kanzel. Von Joh. Chr. Otto, 1769, hübsche Barockarbeit. Orgel, klassizistisch. Taufgestell neu nach Entwurf von Zeller an Stelle eines von Joh. Chr. Otto geschnitzten Rokokowerkes. Altar, geschnitzt 1459: Mittelbild Kreuzigung, naturalistische Schilderung. Seitenteile mit je vier Passionsszenen: rechts Christi Höllenfahrt, Kreuzabnahme, Ecce homo, Christus erscheint der Maria Magdalena als Gärtner; — Gebet am Ölberg, Judaskuß, Geißelung, Verspottung. Rückseiten der Flügel mit Barockmalereien: Aufrichtung der ehernen Schlange, Kreuzigung. Die ornamentalen Teile des Altaraufsatzes 1831 zerstört, ebenso die Inschrift. Grabsteine. Vikar Bertold († 1360), Ritzzeichnung. Probst des Frauenbergklosters Theodor von Kulstedt in priesterlichem Gewände, den Kelch segnend, und seine Schwester Margarete. Ritzzeichnung. Figuren unter Baldachin stehend, dessen tragende Säule die Fläche in zwei Teile scheidet. Die Inschrift gibt das Sterbejahr des Probstes mit der Zahl MCCCLXX nur vorbereitend an (in Wirklichkeit lebte er noch 1379). Kriegerdenkmal, schmiedeisernes Werk nach Entwurf von Zeller. Klostergebäude. (Vgl. auch unten „Fachwerkgebäude“.) Fachwerkbau mit von unten auf durch die Geschosse aufsteigenden Stielen, also früher mittelalterlicher Herkunft (13. Jahrhundert?). Am gleichen Klosterhofe ein zweites Haus, gleichfalls Fachwerk. Die kleinen Zimmer mit Holzvertäfelungen. Besonders gut erhalten und malerisch das sogenannte „Kommunzimmer“. Ältere Glocken. 1. Gestreckte, altertümliche Form. Ohne Inschrift. 2. Eine Glocke, 1440, vom Gießer Tollius, Minuskelumschrift, Bild der hl. Barbara. Im Kriege abgeliefert. Antependium. Um 1400. Jetzt im Städtischen Museum. Besteht aus zwei Reihen von je fünf, abwechselnd roten oder grünen, mit Stickereien bedeckten Tuchvierecken. Seitenlange der Vierecke durchschnittlich 0,30—0,32 m. Länge des ganzen Stückes mit den zugehörigen Bordüren (Breite 0,14 m), 1,75 m, Höhe 0,64 m. Da nach deutlichen Spuren noch eine dritte Reihe vorhanden gewesen ist, so ergibt sich daraus eine einstige Höhe, die für ein Altarantependium die richtige ist. Stickereien: zumeist biblische Szenen des alten und neuen Testamentes. Umrisse aus ganz feinen, ehemals vergoldeten Lederstreifen, farbige Stickerei, Zwirn und Seide mit Stilstich. Stellenweise aufgelegte Lederscheibchen. Die Bilder eingerahmt von Achtpässen, in denen sich Reste von Inschriften befinden; die Zwickel mit Blattwerk ausgefüllt. Farben rot, gelb, blau, grün, weiß, schwarz, violett, bräunlich, auch Gold. Zeichnung naiv, unbeholfen, altertümlich stilisierend. Darstellungen der oberen Reihe: Gespräch der Königin Ise-bel mit ihrem Gemahl Ahab, der sich im Zorn, daß er Naboths Weinberg nicht haben soll, zu Bett gelegt hat (1. Könige 21.); — Moses auf dem Berge Horeb mit Gott sprechend (2. Mos. 4); —- Elias verkündigt dem Ahah die Strafe für die Ermordung Naboths (1. Könige 21); — Ermordung des Urias (2. Sam. 11); interessant stilisierte Schilderung der Belagerung der heidnischen Stadt Rabba; die Krieger in Kettenpanzern und Topfhelmen; — Verkündigung des Engels bei Maria. Darstellungen der unteren Reihe: die heilige Familie; — innerhalb einer spätgotischen Hallenarchitektur ein Brunnen, oben ein Löwe, rechts und links je zwei Wappen; — Salomo auf seinem, auf sechs Stufen stehenden, von zwölf Löwen bewachten Throne sitzend, unten die Königin von Saba, auf Knien Geschenke darreichend (1. Könige 10); — Christus als guter Hirt; Krönung Marias, von Kielbogen überwölbt; Wappen. Der Dom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschichte. Wegen Vernichtung des Stiftsarchives im Dreißigjährigen Kriege und zu Anfang des 19. Jahrhunderts Nachrichten nur spärlich. Gründung als Frauenkloster zu Ehren der hl. Jungfrau, Johannis des Täufers und des hl. Eustachius 961 durch Mathilde, die Witwe des Königs Heinrich I. Otto II. erteilt in Vertretung seines Vaters 962 dem Kloster Markt-, Zoll- und Münzrecht. Otto I. verheißt seiner Mutter im Juni 965 zu Köln seinen und seiner Nachkommen Schutz der neuen Stiftung und bestätigt die Zusage später nochmals in Nordhausen. Der Bau 967 noch nicht vollendet. Otto III. schenkt der Kirche eine Partikel des hl. Kreuzes. Daher der Name „Kreuzstift“, ecclesia sanctae crucis. Hohe Verehrung dieser Reliquie, Prozessionen, Wallfahrten. Vernichtender Brand des Klosters bei der Zerstörung der Stadt durch Heinrich den Löwen 1180. Verwandlung des Frauenklosters in ein Chorherrnstift durch Friedrich II. 1220. Gerichtsbarkeit, Zoll- und Münzrecht des Stiftes gehen an das Reich über. Das Stift wird durch Zuweisung der Nikolai-, Peters-, Marienkirche außerhalb der Mauern (Frauenberger Kirche, damals novum opus, Neuwerk, genannt), sowie durch andere Schenkungen entschädigt. Neue kaiserliche Spenden (im März) 1223 bei Bestätigung der vorigen Bestimmungen durch Friedrich II. und (im September) durch seinen Sohn Heinrich ; letzterer fügt noch das Patronat über die St. Blasiikirche hinzu. Am Ende des 13. Jahrhunderts kommen dazu noch die Jakobs- und die Kirche Maria im Tale (Altendorferkirche). —- 1234 Stadtbrand, bei dem auch der Dom mit den zugehörigen Gebäuden schwer leidet. — 1319 Streit des Stiftes mit der Stadt in Schulangelegenheiten. Bürgeraufstand gegen das Stift 1324. Die Kirche wird städtischer Pferdestall. Nordhausen im Interdikt; als dieses nicht hilft, zweijährige Belagerung der Stadt durch den Erzbischof von Mainz. Vergleich 1326. Der Einführung der Reformation entgeht das Stift unter dem Schutze des Kaisers trotz der heftigen Bemühungen des Stadtrates. Endgültige Sicherung des Stiftes für den Katholizismus durch Schutzbrief Karls V. vom 14. März 1531. Dauer des unerfreulichen Verhältnisses zwischen Stadt und Stiftskapitel. Neuer Schutzhrief Rudolfs II. 1582. Im März 1632 Plünderungen des Domes durch die Schweden; durch die Kaiserlichen 1637; der größte Teil des Domar-chives vernichtet. Letzter kaiserlicher Schutzbrief durch Ferdinandlll. 1651. 1702 geht das Schutzrecht an Preußen über. Prozeß des Domkapitels gegen den Rat 1718, zum Schutze seiner durch das Restitutionsedikt gesicherten Privilegien, endet mit einem Vergleiche, doch bekämpft der Rat auch weiterhin das dem Stifte zugesprochene Recht der Gerichtsbarkeit. Äußerliche Beendigung des Streites im Sinne des Stiftes durch den Reichshofrat 1747. 1802, 2. August, hebt die preußische Regierung die Gerichtsbarkeit des Stiftes auf, nimmt das Archiv weg, beseitigt die Insignien der Reichsfreiheit. Aufhebung des Domstiftes 1. Dezember 1810. Am 22. letzter Gottesdienst im Dome. Die Stiftsgüter werden verschleudert. Demonstrative Ansiedlung der Freimaurerloge auf dem Domgebiete. Nach Beseitigung der französischen Regierung bleibt der Dom katholische Pfarrkirche unter königlich preußischem Patronate. Baugeschichte. Von der durch die Königin Mathilde erbauten Kirche keine bisher nachweisbaren Spuren erhalten. Immerhin möchten Nachforschungen nicht ohne Erfolg sein. Noch wahrscheinlicher ist dies betreffs der romanischen Kirche, die auf der gleichen Stelle erbaut worden ist. Von dieser sind noch vorhanden die unteren Teile der Türme mit ihren Apsiden und die Krypta, sowie Reste des Kreuzganges. Erbauungszeit um 1130. Der Chor erhob sich auf den Mauern der Krypta. Das Langhaus der alten Kirche erstreckte sich weniger weit nach Osten als das der jetzigen. Aus den durch die Krypta festgelegten Maßen des alten Chores ließen sich die des Langhauses beweisen, wenn wir auch sonst keinen Anhalt dafür hätten. Zweifellos war die Kirche dreischiffig; mit welcherlei Stützen, läßt sich nicht sagen. Wenn jene Anzeichen nicht trügen, welche die alte Nordhäuser Domkirche mit der Klosterkirche von Paulinzelle und durch Vermittlung dieser mit den Bauten von Hirsau in Verbindung setzen, wahrscheinlich eine Säulenbasilika. Hirsauisch die durch die östlichen Seitenapsiden bestätigte Verlängerung der Seitenschiffe über die Vierung hinaus längs des Hauptchores. — Aus der Breite der Krypta, auf deren Seitenmauern die westlichen Teile der jetzigen Chormauern stehen, ergibt sich die Breite des alten Mittelschiffes; dagegen nicht die der beiden Seitenschiffe aus der Breite der beiden Turmhallen, weil diese nur 2,25 m im Quadrat haben, während die Krypta etwas über 7 m hat. Die Strenge der Zeichnung dieser letzteren rechtfertigt bei der alten Kirche die Annahme des „gebundenen Systems“. Dem Mittelschiffe mit 7 m Breite müssen also die Seitenschiffe mit annähernd 3,50 m Breite entsprochen haben. Dieses Maß aber läßt die Seitenschiffe nach Norden und Süden über die Außenflächen der Türme hinauswachsen. Daraus erklärt sich die an jener Langhausmauer, die an die Türme rechtwinklig anstößt, zu beobachtende Erscheinung, daß diese älterer Herkunft sind als der übrige Langhausbau, also mit großer Wahrscheinlichkeit wenigstens teilweise noch dem romanischen Bau angehören. Sie sind auch etwas stärker als die Mauern des jetzigen Chores und Langhauses. Wieviele Gewölbejoche die alte romanische Kirche besessen hat, läßt sich in Ermangelung genauerer Untersuchungen, die etwa durch Grabungen anzustellen wären, nur vermuten, doch dürfte die Zahl keinesfalls über vier hinausgegangen sein, weil ein fünftes Joch nicht nur eine ästhetische Mißwirkung verursacht, sondern auch die Westpartie des Baues zu nahe an den steilen Bergabhang herangeführt hätte. Die innere Längenerstreckung der alten Kirche mit ihren drei Paar Haupt- und drei Paar Zwischenstützen (Säulen?) betrug also 28m, ihre lichte Breite 14, ein klares Ebenmaß. So war jene Kirche nicht zu lang, als daß sie nicht von Westen her einen bequem zugänglichen Haupteingang hätte haben können, welcher der späteren gotischen ihrer Länge halber versagt bleiben mußte. Da nun der Kreuzgang (an der Nord-, nicht an der Südseite der Kirche) bei dieser Ausmessung der alten Kirche um seine ganze Breite über ihre Westfront gegen Westen hinaustritt, so hatte er einen längeren Westflügel, als der jetzt erhalten gebliebene. Daraus dürfte zu schließen sein, daß er nicht in die Kirche selbst mündete (wie dies der östliche getan haben muß), sondern in eine westliche Vorhalle, die gemäß der Breite des Kreuzganges, wegen der örtlichen Situation, nicht wohl tiefer gewesen sein kann als 3,50 m, wodurch dann ein vollkommener Einklang mit der Breite der Seitenschiffe hergestellt war. Zugleich ergibt sich, daß das Langhaus der alten romanischen Kirche mit der Vorhalle die gleiche Länge besaß wie die jetzige Kirche. Möglich, daß die Notwendigkeit, bei dem gotischen Neubau das südlichste Ende zweier Flügel abzuschneiden, zu dem Entschlüsse geführt hat, den Kreuzgang überhaupt umzugestalten, eine Arbeit, mit der man nicht zu Ende kam. So zeigt der erhalten gebliebene Westflügel des Kreuzganges jetzt immer noch die Überreste des romanischen Baues, davor die Anfänge der gotischen Umgestaltung; die neue Wölbung ist nicht zustande gekommen. Die alte romanische Kirche war also eine dreischiffige, vielleicht auch kreuzförmige Basilika mit zwei Türmen und drei östlichen Apsiden. Das Langhaus im Mittelschiffe mit vier Quadraten von 7 X 7 m, die Mittelschiffmauern auf jederseits drei Stützen (Säulen?) ruhend, denen je vier Stützen der Scheidbögen entsprachen. Ob die ganze Kirche gewölbt war, oder in allen drei Schiffen oder etwa nur im mittleren eine flache Balkendecke hatte, läßt sich nicht sagen; die Wahrscheinlichkeit spricht für das letzte. Westliche Vorhalle, in die der Kreuzgang mündete. Der Bau der Türme ist in drei kurz aufeinander folgenden Perioden erfolgt. Beweis: die Verschiedenheit des Steinmaterials. Näheres unten. — 1227 Papst Honorius III. erteilt Ablaß für Herstellung des Domes. 1267 Weihe des neuen frühgotischen Chores. Mitte 14. Jahrhunderts Neubau des Langhauses begonnen; da Verlängerung nicht möglich, wird der neue Bau breiter als der alte. Die Kirche erhält (gleich der alten ?) eine horizontale Holzdecke. Seit 1444 weitere Bautätigkeit am Langhause. Vergrößerung der Fenster. Umbau des Kreuzganges beginnt. Anfang des 16. Jahrhunderts Beginn der Ein Wölbung des Langhauses. Steinmetz Valtin, Maurermeister Hans Ziegler von Worbis. Das nördliche Seitenschiff und je drei östliche Joche des Mittel- und südlichen Seitenschiffes bleiben ungewölbt (so bis ins 19. Jahrhundert). 1525 Zerstörung der Margaretenkapelle am Kreuzgange. 1762 werden die Trümmer dieses Baues beseitigt, gleichzeitig der Nord- und Ostflügel des Kreuzganges abgebrochen. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts unbedeutende Sicherungsarbeiten. 1842 Einwölbung des nördlichen Seitenschiffes, Vollendung der östlichen Seitenmauer in Quaderbau. Leitung: Bauinspektor Voß. 1852 die Orgelbühne errichtet (Bildhauer Fichter und Wagner). Herstellung der südlichen Vorhalle. Weitere Herstellungsarbeiten seit den 90er Jahren. Baubeschreibung. Der Dom bietet ein Gemisch stilistisch verschiedener, nicht zu ausgeglichener Erscheinung vereinigter Teile. Der Chor frühgotisch mit geradlinigem Abschlüsse gegen Osten, breiteres gotisches Langhaus, nördlich und südlich über den Chor hinaustretend; in den Ecken am Westende des Chores die beiden schlanken, spätromanischen Türme, aus deren Ostwänden je eine halbrunde Apsis herauswächst. Das Dach des Langhauses steigt, gezwungen durch die Gewölbe der Hallenkirche, zu bedeutender Höhe auf — mehr als 4 m über die Oberkante der Türme, die dadurch in ihrem Eindruck empfindlich beeinträchtigt werden. Raumwirkung des Innern mit den schlanken Pfeilern, den malerischen Gewölben und den, weiches Licht spendenden Fenstern, groß und bedeutend. Freilich erscheint der Chor zu schmal. Langhaus: Breite des Mittelschiffes 10,4 m, der Seitenschiffe je 7,1 m. Das Verhältnis ist also annähernd 2:3:2. Eine gleich günstige Abgewogenheit zwischen Länge und Breite des fast quadratischen Langhauses. Selbst unter Zuhilfenahme der einstigen, westlichen Vorhalle Länge nur 32 m, Breite im Lichten 26,4 m; Länge des Chores 18,2 m, Breite 7,44 m. Der Fußboden des Chores liegt wegen der darunter befindlichen Krypta 1,43 m über dem des Langhauses. — Krypta dreischiffig; Kreuzgewölbe auf 6 kurzen derben Säulen und 12 Wandpfeilern, bzw. Halbsäulen zwischen breiten Gurten eingespannt, also 12 Gewölbejoche. Halbkreisförmiger Abschluß der Altarnische. Drei Lichtöffnungen gegen Osten. Attische Basen der Säulen mit spitz über den unteren Wulst heraufgezogenen Ecken der tragenden Steinplatte. Schlichte Würfelkapitelle mit schwacher halbkreisförmiger Belebung. Je eine Treppe von 8 Stufen in die Turmhallen. Letztere je ein Quadrat von 2,4 m, daran nach Osten, durch breite Gurtbögen geschieden, eine mit einem Halbkreisbogen geschlossene Altarnische. Das Mauerwerk der Türme deutet auf drei Bauzeiten: untere Partie glatter Quaderbau in Muschelkalk mit Querteilung durch zwei Flachbänder und Ecklisenen; Mittelteil rauh in Bundsandstein; oberer Teil Muschelkalk. Schallöffnungen in drei Stockwerken; die untersten mit Kleeblattbogenform.— Chor mit einfachen Kreuzgewölben in drei Jochen: ein etwas älteres großes östliches; von ihm durch einen Gurtbogen getrennt, zwei schmälere, der Gotik bereits näher stehende hintereinander gegen Westen. Chor östlich mit drei schmalen, schlanken, dicht nebeneinander aufsteigenden Fenstern (das mittlere höher als die seitlichen) mit gedrückten Spitzbögen und reichen Leibungen; südlich drei frei verteilte Spitzbogenfenster. Die Säulen an den Giebelfenstern mit Ringen und großzügig gezeichneten Blatt- und Knospenkapitellen. Die beiden äußeren Ecken des Chores sind gesichert durch lisenenartige flache Pfeiler, die schon unterhalb der Unterkanten der Fenster endigen. Unter dem Dachgesimse ein Rundbogenfries mit Diamantband, auch an der Linie des Ostgiebels auf- und absteigend hingeführt. An der Nordseite des Chores angebaut die frühgotische Sakristei; Innenraum mit zwei quadratischen Kreuzgewölben; drei kleine Spitzbogenfenster, ähnlich denen des Chores, in der östlichen Giebelwand. Die Zeichnung der ganzen östlichen, frühgotischen Partie des Domes deutet auf einen Plan voll Ernst, erhabener Schlichtheit und höherem künstlerischem Wert, als dem des späteren hochgotischen Erweiterungsbaues des Langhauses. Das Breitenmaß des frühgotischen Chores ist gleich dem des alten romanischen. Auf die Maße des gleichzeitig beabsichtigten neuen Langhauses läßt dies keinen sicheren Schluß zu. Fürs erste galt dem Stifte vorzugsweise die Rücksicht auf die seit Aufhebung des Nonnenklosters gesteigerten Bedürfnisse des Chordienstes. Hiervon abgesehen ist es typisch, daß mittelalterliche Um- oder Neubauten von Kirchen mit dem Chore beginnen. Es scheint, daß auch der Plan des nicht durchgeführten frühgotischen Baues, und daß ebenso der alte romanische Dom kein Querhaus gehabt hatten. Stark unterstützt wird diese Vermutung für den geplanten frühgotischen Dom durch das Modell, das sich in den Händen einer der gegen 1270 entstandenen Fürstenfiguren im Innern des Chores befindet. Wir sehen das getreue Abbild des heutigen Chores. Links (südlich) an ihn schließt sich der Turm; hinter diesem setzt sogleich das Seitenschiff des basilikal beabsichtigten Langhauses an. — Hier sei noch ein Wort über die Türme hinzugefügt. Sowohl der soeben erwähnte südliche, als auch der nördliche, den das Kirchenmodell in den Händen der einen der Fürstinnen deutlich zeigt, erscheint als im Bau noch unvollendet. Die Stümpfe beider ragen nur wenig über das Dachgesims des Chores empor. Da sich diese Erscheinung bei beiden Modellen wiederholt, so ist sie kein Zufall. Wir haben darin vielmehr den Beweis, daß die Türme zur Zeit, als jene Statuen entstanden, noch nicht fertig waren. Die endgültige Ausführung erfolgte nach den älteren Plänen. — Den Abschluß des Chores gegen das Langhaus bildet der Triumphbogen, der mit seiner gedrückten Form Verwandtschaft mit den Ostfenstern zeigt, doch ohne ornamentiert zu sein. — Der dem Namen nach nicht bekannte Meister des Chores hat sein Zeichen an den Konsolen des Chorgewölbes hinterlassen, je zwei eingeritzte Halbmonde. Es ist das gleiche Meisterzeichen, das sich auch in Walkenried und im frühgotischen Teile des Magdeburger Domes findet und auf Maulbronn deutet. Das Langhaus, gleich dem alten dreischiffig, hat Hallenkirchenform. Zwei Bogenstellungen von beiderseits fünf Bögen trennen die Schiffe voneinander. In den Seitenschiffen Netz-, im Mittelschiffe Sterngewölbe. Die Arkadenbögen ruhen auf reich mit Diensten gegliederten, von Kapitellen mit streng gezeichnetem gotischem Laubwerke bekrönten achteckigen Pfeilern, die ursprünglich nur zum Tragen flacher Holzdecken bestimmt waren, daher mit den Gewölbebögen nicht organisch Zusammengehen. Den Bündelpfeilern entsprechen an der Westwand Halbpfeiler, an der Ostwand Konsolen. Abstand der Pfeiler untereinander rund 6,40 m. Starke Strebepfeiler an der Nord-, West-und Südwand. Schön gezeichnete Schlußsteine. Originelle sinnbildliche Spottfiguren. Belichtung des Langhauses jederseits durch drei große einteilige Fenster mit reich gezeichnetem spätgotischem Maßwerke. Dem südwestlichen Fenster entspricht nordwestlich die Tür zum Kreuzgange. Außer dieser Tür an der Nordwand des Langhauses noch ein Portal. Am Ostende der Südwand das Hauptportal, flankiert durch zwei Strebepfeiler, so daß hier eine Vorhalle entsteht, unterhalb des an dieser Stelle befindlichen Halbfensters durch ein Satteldach bedeckt. Reizende Verzierung mit Vierpaß-Maßwerk, dessen Spitzen in Lilien ausgehen. Gewände der Vorhalle in vier Absätzen nach innen verengert. Inneres mit Netzgewölbe. An den beiden nordöstlichen Strebepfeilern Ansatzspuren des Kreuzganges. Da die inneren Kanten der Pfeiler 5 m voneinander entfernt sind, so ergibt sich hieraus die lichte Weite des hier angrenzenden Baues, die erheblich jjrößer war, als die des gegenüberliegenden westlichen Kreuzgangflügels; hier möglicherweise einst das Refektorium oder eine der Kapellen, von denen nichts Näheres bekannt ist. Erwägt man hierzu die Unwahrscheinlichkeit, daß man die Strebepfeiler des Domes bei der in der Mitte des 15. Jahrhunderts vorgenommenen Erneuerung der Nordwand mit dem Gemäuer einer bereits vorhandenen älteren Architektur in Verband gebracht haben wird, so ist zu vermuten, daß damals jener Kreuzgangteil, der an die Nordostecke des Langhauses anstieß, mit der neu ausgebesserten Nordwand gleichzeitig entstanden ist, natürlich im Sinne später Gotik; Rückschlüsse auf den Nordflügel wären dadurch nahegelegt. Die Pforte, die einst in jene östliche Kapelle oder jenen Saal führte, ist noch vorhanden; sie entspricht dem nordwestlichen Eingänge. Oberhalb dieser Tür noch eine zweite, vermauerte ; sie bildete den Zugang zu den über dem Ostflügel des Kreuzganges befindlichen Räumen. Eine nähere Zweckbestimmung des südöstlichen Kreuzgangteiles ist nicht sicher zu gewinnen. Zerstörung der Maßwerke des Westflügels vielleicht schon durch die Bauern 1525. Diese haben auch die Margaretenkapelle arg verwüstet. Die Schweden mögen das Zerstörungswerk fortgesetzt haben. Jene Maßwerke zeigen alle die gleiche elegante Zeichnung. Sie bestand wohl aus einem mittleren Vierpaß, an den sich zu beiden Seiten kleeblattartige Bögen anschlossen; an eine Dreiteilung der Fenster durch zwei Pfosten ist nicht zu denken, da keine Spuren vorhanden sind. Die Kämpfer des Kreuzganges weisen interessanten symbolischen Figurenschmuck auf (mit den Schweifen verschlungene Vögel, Greifen u. dgl.). Formen nach orientalischen Motiven. Die von dem romanischen Kreuzgange noch erhaltenen Überreste bestehen, abgesehen von den Bögen, aus Säulenbündeln, Ansätzen von Gewölberippen und Gurtbögen, sowie reich gezeichneten Kapitellen mit stilisiertem Laubwerke. — Die Westwand des Domes ist durch vier alte Strebepfeiler und einen neueren gesichert; einen Eingang hat sie nie besessen. — Über und hinter dem westlichen Kreuzgangflügel das einstige Kapitelhaus. Es besitzt gegen Osten außer einigen kleinen viereckigen Fenstern ein etwas größeres zweiteiliges; das Maßwerk zeigt unterhalb eines Vierpasses zwei spitze Kleeblattbögen, dazwischen den steinernen Fensterpfosten. — Einem Spitzbogenportale des Domes hat ein Tympanon zum Schmucke gedient, das in Relief die Verehrung eines Kreuzes durch Engel darstellt. Ein schwebender hält es und wird von zwei knienden unterstützt, zwei zu den Seiten auf Postamenten stehende schwingen Rauchfässer. Alle Engel sind in lange priesterliche Gewänder gekleidet. Die Kreuzarme enden in Vierecken (Tatzenkreuz). Am Ende des absteigenden Balkens eine längliche Spitze, im Kreuzungspunkte der Arme eine ovale Kapsel. Im Scheitel des Spitzbogens der Pelikan, das Symbol der göttlichen Liebe. Das Kreuz ist das Abbild jener größten Kostbarkeit des Nordhäuser Domes, des durch das ganze Mittelalter hochverehrten Kreuzes mit der von Otto III. geschenkten Partikel des Kreuzes Christi, die in der Mitte des Kreuzes, in einer Kristallkapsel, angebracht war. Von dem übrigen reichen Schmucke des Kreuzes läßt das Relief nichts erkennen, wahrscheinlich hat ehemals Farbe nachhelfen müssen. Das Kreuz selbst gehört seit dem 17. Jahrhundert der Cyriakuskirche zu Duderstadt. Vgl. Abbildung. Plastischer Schmuck des Domes. Wichtigste Einzelwerke. Die sechs Fürstenstatuen. Drei männliche an der südlichen, drei weibliche an der nördlichen Innenwand des Chores. Die etwas überlebensgroßen, poly-chromierten Figuren stehen auf figürlich geschmückten Konsolen unter streng architektonisch gezeichneten Baldachinen. Werkstoff Sandstein; Entstehungszeit Ende des 13. Jahrhunderts, Aufstellung nach der Vollendung des Chores ohne Zusammenhang mit dessen Architektur, die um ihretwillen stellenweise sogar beschädigt ist. Das in den Händen mehrerer befindliche Modell des Chores, bzw. stark vereinfachter Darstellung des ganzen Domes kennzeichnet die sechs Persönlichkeiten als Wohltäter des Domstiftes. Jeder Figur einen bestimmten Namen zu geben, ist nicht möglich; sicher jedoch, daß sich die hl. Mathilde, sowie Kaiser Friedrich II. unter ihnen befinden. Versuche, die Personen zu idealisieren, gelangen nur sehr unvollkommen. Die Gesichter zeigen alle den gleich rundlichen Typ, den gleichen starren Blick. Die Männer sind sämtlich bartlos. Verschiedenheit des Lebensalters angedeutet. Die eine der drei Frauen erkennbar als Matrone, der eine der Männer (mit Szepter und großem Schwert) als jüngerer Mann. Die Matrone ist die verhältnismäßig beste Leistung in porträtistischem Sinne, vielleicht dem Leben selbst nachgebildet. Das Lächeln, das allen übrigen Figuren so unnatürlich ansteht, hat in ihrem derbknochigen Gesicht etwas Ungezwungenes. Die Haltung des Sechs ist von traditioneller hoheitsvoller Ruhe, die Füße stehen nebeneinander. Die Arme trennen sich von den Körpern nicht, sind aber, samt den Händen, zwanglos bewegt. Darstellung der Hände unbeholfen. Durchweg fehlt bei den Männern das sonst in jener Zeit übliche, der ritterlichen Sitte entsprechende Motiv, daß die rechte Hand in das Band greift, das den Mantel auf den Schultern festhält. (Sie erscheint auf dem Grabsteine des Bürgermeisters Junge im Nordhäuser Dome, s. unten.) Andeutung ähnlicher Bewegung zeigen die drei Frauen mit ihren tief über die Brust hängenden Perlenketten. Die Haare sind bei den Männern anscheinend doppelt gescheitelt, in dichter Masse, im Genick zur vollen Locke gerundet. Bei den Frauen ist das Haar von einem bis auf die Schultern reichenden Kopftuche bedeckt. Alle Personen tragen schmale Kronreifen. Die bis in Kleinigkeiten (Knöpfe u. dgl.) sorgfäl-tigst geschilderten Gewänder sind Nachbildungen der frühmittelalterlichen Hoftracht. Schön die Führung des Faltenwurfes, verständnisvoll behandelt die durch die Gewandmassen hindurch fühlbare Andeutung der Körperformen. Mit ersichtlichem Interesse dargestellt sind die prächtigen Gewandschließen, die Szepter mit den reichen Kreuzblumen, die Verzierungen der Kronreifen, die großen Ketten der Fürstinnen. Dem Meister war offenbar die Goldschmiedekunst nicht fremd. Der eine der Männer trägt eine breite Mantelschließe in Gestalt eines Wappens; es zeigt einen Adler, als Schmuck dient ein Topfhelm mit Büffelhörnern, die mit Kleeblättern besetzt sind. Deutung des Wappens unsicher. -- Im ganzen haben wir mit den Werken eines Mannes zu tun, der in bester älterer Schule gebildet war, aber noch nicht die Kraft besaß, die traditionelle Stilisierung mit wirklichem Leben zu durchdringen. Sieht man in der deutschen Plastik damaliger Zeit nach Vergleichsbeispielen, so dürfte der Nordhäuser Meister mit den Verfertigern des Grabmales des Grafen von Gleichen im Dome zu Erfurt und dem des Erzbischofs Siegfried im Mainzer Dome in Verbindung zu bringen sein. Doch ist er insbesondere als Gewandschilderer bedeutender als jene. — Jede der Figuren trägt in der rechten oder linken Hand einen kurzen eisernen Stachel. Zweck unklar. Gegen die Verwendung als Lichtträger spricht, daß die meisten dieser Stachel etwas schräg stehen. — Die Konsolen, auf denen die Figuren stehen, sind zu oberst mit einem Kränzlein von Rosen, Kleeblättern oder anderem Laub in der Stilisierung der frühen Gotik umgeben. Weiter nach unten figürlicher Schmuck: Simson, der den Löwen bezwingt; die verstümmelte Figur eines Mannes (in Arbeitstracht?); ein Mann, der eine Trommel schlägt; — ein Mann, der auf einem Löwen reitet; zwei Teufel; eine verstümmelte Figur. Tiefere sinnbildliche Bedeutung nur bei einigen dieser Skulpturen zu vermuten, Sinnzusammenhang mit der auf der Konsole stehenden Person nicht zu erkennen. Statuen und Konsolen nicht von dem gleichen Künstler. Der letztere war in viel höherem Grade Naturalist, mit ungleich größerer geistiger Freiheit und technischer Gewandtheit. Stil und Auffassung der Konsolfiguren verweisen diese in die Nähe des Meisters des sogenannten Physiologusfrieses zu Straßburg. — Sonstige Bildhauerarbeiten. Vier barocke Heiligenfiguren, die aus der profanierten Klosterkirche Reifenstein (Kreis Worbis) hierher überführt sind; ferner noch einige geringwertige Standbilder der gleichen Zeit. Das Chorgestühl. Werkstoff Eichenholz. Entstehungszeit um 1400. An jeder Chorwand je eine Reihe von Sitzen. Die zugehörigen Pulttische von je zwei Durchlässen unterbrochen. Jede der Sitzreihen endet nach rechts und links mit einer hohen geschnitzten Wange. Die dem Langhause zugekehrten sind massiv, die gegen den Hochaltar oben durchbrochen gearbeitet. Jede Abteilung der Pulttische ist desgleichen mit einer etwas niedrigeren, aus einer dicken, rechteckigen Bohle geschnitzten Wange (unten massiv, oben durchbrochen) besetzt. Die Rückwände zeigen oberhalb der Sitze Blendarkaden mit aufsteigenden Lisenen. Sie tragen reich und vielfältig gearbeitetes Blendmaßwerk mit spätgotischen Fischblasenmotiven. In den Zwickeln nördlich die Halbfiguren von 10 Engeln mit ausgebreiteten Flügeln, auf Instrumenten spielend, die musikgeschichliches Interesse bieten; an elfter Stelle ein entfliehender böser Geist. Südlich 12 Propheten, die über Stadtmauern hinwegschauen und Spruchbänder in den Händen halten. Die niederen Wände zwischen den Sitzen sind mit zierlich gearbeiteten, dem Leben nachgebildeten Köpfen von (nördlich) 13 männlichen und (südlich) 13 weiblichen Volksfiguren besetzt; Kopfbedeckungen kostümgeschichtlich interessant. Wie an den Rückwänden, so meldet sich auch an den westlichen Gestühlwangen die Formgebung der späten Gotik, hier durch erste Versuche des Kielbogens. — Die beiden westlichen (dem im Langhause versammelten Volke zugekehrten) Sitzwangen zeigen zwei Relieffiguren. Südlich die der Gründerin des Domstiftes, der hl. Mathilde. Herrlich gezeichnete, reich fließende Gewänder, durch welche die Körperformen sich kenntlich machen, eine prächtige Krone auf dem Haupte, leicht geschwungene Haltung; das Modell des Domes in den Händen. Bei diesem tritt das Langhaus noch nicht über die Türme hinaus; letztere zeigen, abweichend von der Wirklichkeit, Schallöffnungen nur in zwei Stockwerken, die Spitzen haben je vier Ecktürmchen. Die männliche Figur an der nördlichen Wange wird geläufig als Mathildes Gemahl, König Heinrich I., bezeichnet. Ein ausreichender Grund liegt dafür nicht vor. Mit mehr Fug ist an den Kaiser Friedrich II. zu denken, der das Frauen- in ein Chorherrnstift umwandelte und so der zweite Gründer wurde. Kunstreich gearbeitete hohe Krone. In den Händen Szepter und Reichsapfel. Die Tracht (Schellen, Hüftgürtel, weite Ärmel, Schnabelschuhe) ist die der Entstehungszeit des Gestühles. Beide Figuren voll ruhiger Monumentalität, die Haltung dabei ungezwungen, die Gesichter idealisiert, ohne Individualität. — Innenflächen der westlichen Gestühlwangen mit großzügigem aufsteigendem Rankenwerk. — Auffallend, daß die Ausschmückung des Chorgestühles zwar die beiden Gründer des Stiftes verherrlicht, aber in keiner Weise seiner wichtigsten Schutzheiligen gedenkt: der hl. Jungfrau und des hl. Johannes des Täufers. Um so ausführlicher beschäftigen sich die Darstellungen der Gestühlwangen mit der Legende des Nebenpatrons, des hl. Eustachius. Diese Bilder befinden sich auf den Außenseiten jener Wangen der Sitze, die dem Hochaltäre zugewandt sind. Wie bei dem gesamten Darstellungskreise des Gestühles, entsprechen die Bilder der Nord- und Südseite einander. Nördlich: der hl. Eustachius in der Jägerkleidung der Zeit (kurzer Rock und Mantel, Gürtel mit Tasche). Zu seinen Füßen zwei Jagdhunde. In der rechten Hand hält der Heilige den Kopf des Hirsches, der ihm auf der Jagd erschien. Zwischen den Geweihstangen ein Kreuz, unverkennbar Wiedergabe des dem Dom gehörenden Reliquienkreuzes (vgl. oben). (Tatzenkreuz, runder Mittelteil, Stachel zum Befestigen auf einer Prozessionsstange.) Mit dem Zeigefinger der Linken weist Eustachius auf das Kreuz hin, um seine Bekehrung zum Christentum anzudeuten. An der nordöstlichen Gestühlwange des Feldherrn Gemahlin Theopista, mit einem Kästchen, auf dem ein kleiner Hund liegt (Sinnbild der Treue, die sie, nach der Legende, ihrem Gatten hielt, als sie ihm genommen werden sollte). Anmutige, still sichere Haltung. Gewandung kostümgeschichtlich interessant. Die Oberteile der beiden östlichen Gestühlwangen zeigen zwischen großartig gezeichnetem Rankenwerke Tiersymbole (südlich: ein Adler, der eine Gans schlägt — ein Löwe, der ein Kalb raubt; ganz oben eine Sirene; — nördlich: ein emporklimmender Drache; oben ein drachenartiges Ungeheuer mit einem Menschenkopfe) zur Andeutung der über den Heiligen verhängten Unglücksfälle. In den Schnitzereien der östlichen Pultwangen scheint sich die Legende andeutungsweise fortzusetzen. Doch ist es nicht klar, ob die jederseits dargestellten aufsteigenden Löwen auf den durch ihresgleichen verübten Raub der Söhne des Eustachius hindeuten. Noch mehr Bedenken hat es, in den am unteren Teile dieser Wange abgebildeten Eremiten jene erkennen zu wollen, die sich der Söhne an-nahmen, sie erzogen und unterrichteten; die Söhne fehlen in diesen Reliefs gänzlich. Die westlichen Pultwangen zeigen die Auferstehung Christi nebst drei typologischen Vorgängen aus dem Alten Testamente. Rechts: unten Abraham, der seinen Sohn Isaak zur Opferung führt. Der Knabe trägt das Holzbündel. Kleidung der Kinder des 14. Jahrhunderts. Abraham trägt ein gewaltiges Schwert; seine Gesichtszüge drücken Liebe, aber auch Entschlossenheit aus: Vordeutung Gottes, der seinen Sohn für die Menschheit hingab. Oben Simson, der den Löwen bezwingt. Ritterliche Kleidung der Zeit. Gewaltiger Haar-und Bartwuchs. Die Haltung der allzu schlanken Beine geziert und unnatürlich. Im Mittelalter sehr beliebte Szene. Vordeutung Christi, der den Teufel besiegt. Links: unten Jonas, der dem Rachen des Walfisches, in dem er drei Tage geweilt hatte, entsteigt und Gott für seine Befreiung dankt. Naive Schilderung des Beters. Vordeutung der Auferstehung Christi nach drei Tagen. Oben der Heiland, dem Grab entsteigend. Die rechte Hand ist triumphierend erhoben, die Linke hält die Siegesfahne. Vor dem Sarkophage, in bedeutend kleinerem Maßstabe zwei schlafende Wächter (bei dem rechts ein Versuch zur Verkürzung), zur Linken Christi ein kleiner anbetender Engel. Einrahmung des Bildes aus mächtigen, reich mit Trauben behangenen Weinranken, die den aufgesperrten Rachen zweier geflügelter Drachen entquellen, vielleicht auch von ihnen mit Verschlingen bedroht werden: die von Jesus unter seine Füße getretene Sünde und die Erlösung durch das heilige Blut. — Die Pultwangen zu den Seiten zweier der Durchlässe dienen der Verherrlichung der vier großen Kirchenväter. Man sieht rechts (nördlich) den hl. Hieronymus († 420), einen Dorn aus der Pranke eines Löwen ziehend. Er bleibt dabei auf seinem Studierstuhle sitzen, unterbricht aber, der Guttat zuliebe, das Lesen in einem Buche, das auf einem, als drehbar gedachten schrägen Pulte ruht. An der nebenbei befindlichen Wange der hl. Papst Gregor der Große († 604). Er trägt die päpstliche Tiara, die unbefangenerweise dreiteilig dargestellt ist (diese Form erst seit der Zeit Benedikts XII. [† 1342] in Brauch). Gregor liest kniend an einem Drehpulte, während ihm eine Taube die Offenbarungen des hl. Geistes bringt. Die das Pult festhaltende Hand ist übertrieben groß. Links (südlich) sitzt der hl. Ambrosius, Erzbischof von Mailand († 397) mit leichter Neigung des Oberkörpers gegen links, dem Beschauer voll zugekehrt, auf einem Sessel, dessen Lehne mit Tierköpfen besetzt sind; mit beiden Händen hält er ein Buch, im Begriff es aufzuschlagen. Die nebenstehende Wange zeigt den hl. Augustinus, Bischof von Hippo († 430). Er sitzt in einem Stuhle mit hoher runder Lehne, vor ihm steht sein kastenartig gebautes Pult, an dem er in seine Schreibarbeit ganz versunken ist. Die Köpfe der vier Männer, deren Figuren sich infolge der durchbrochenen Ausführung der Schnitzerei klar herausheben, sind scharf und geistreich charakterisiert, die Haltung naturwahr beobachtet. Die Gewänder sind liturgisch echt; interessant ist bei Augustinus die Mönchskutte, die er trägt, weil das Mittelalter ihm die Stiftung der Augustiner Eremiten zuschrieb. Dieses Relief ist offenbar bestimmt, ihn zu schildern, wie er an der Ordensregel arbeitet. — Die Einrahmungen der Figuren zeigen in großartigem Zuge stilisiertes Blatt- und Rankenwerk, das bei Hieronymus oben in zwei mächtige Blumen (Lilien ?) ausgeht, bei Augustinus Trauben trägt. Bei Gregor und Ambrosius wiederholt sich das Motiv, daß die Ranken aus den Mäulern von Ungeheuern emporwachsen. Technisch interessant ist, wie der Künstler bei allen diesen durchbrochen gearbeiteten Werken den Reliefstil vollkommen festzuhalten verstanden hat, während er doch Freiplastiken schuf. Es entstand so eine geniale Mischung von beiden, die durchaus überzeugend wirkt. Wie der Meister die Darstellung der menschlichen Gestalt beherrschte, zeigt sich aus der Kühnheit der Körperdrehungen (Hieronymus! Ambrosius!). — Die Wangen der beiden andern Durchlässe zeigen innerhalb von Kränzen die Gestalten von Geistlichen verschiedenen Alters, die miteinander im Gespräch begriffen sind. Die eine dieser Darstellungen hat als Sockel eine Krone, welche auf dem Rücken eines lagernden Löwen ruht. Zu Seiten der Krone hocken ein Bär und eine Affe, der einen Spiegel hält. Den beschriebenen Werken reiht sich in den Zwickeln über den schrägen Pulttischen noch eine Anzahl von kleineren Reliefs an; sie stellen männliche und weibliche Fischungeheuer und andere Geschöpfe dar. — Die unteren Partien der inneren Pultwandungen zeigen Blendmaßwerk. Malerei. Ein kleines Gemälde der brabantischen Schule um 1400: Halbfigur Marias, die das Jesuskind auf dem linken Arm trägt, während sie ihm (als zweite Eva dem zweiten Adam) mit der Rechten einen Apfel hinreicht. Ihr volles Haar ist schlicht gescheitelt, lange blonde Locken wallen über die Schultern der Jungfrau. Das blondgelockte Kind hält in der Linken einen Stengel mit drei Blüten der braunen Akelei. Goldgrund. In ihm eingeritzt die Krone Marias, sowie deren kreisförmiger Nimbus; in diesem eine Inschrift. Ähnlich der Nimbus des Kindes (ohne Kreuz darin). Einrahmung des Goldfeldes durch eingeritzte Laubranken. Die Darstellung ist voll Zartheit und Innigkeit. Der Zeichnung mangelt es nicht an den der Schule eigenen Fehlern. Die Stirn Marias ist, um dem Gesicht längliche Form zu geben, unverhältnismäßig hoch, die Augen beider Personen zu eng aneinander gestellt. Die Aktzeichnung zeugt bei dem Kinde noch nicht von hinlänglichem Verständnisse. Still, in heiliger Scheu sind die Augen Marias gesenkt. Über dem Ganzen liegt ein unendlich feiner Hauch echter, innerlicher, kindlicher Frömmigkeit; in den voll-tönigen Farben (Obergewand rot mit grünem Futter, Untergewand grau) waltet hohe künstlerische Kultur. Unterhalb der bildlichen Darstellung eine in ihrer Art seltene Verherrlichung des Namens Jesus. Jede der fünf Majuskeln ist reich verziert. Über und unter einer jeden wird ihr in zwei Worten eine mystische Deutung gegeben. Ganz unten kniet der offenbar porträtähnlich dargestellte Stifter des Bildes, die Fürbitte der Gottesmutter erflehend. Vor ihm sein Wappen. Neben ihm eine aufgewickelte Schriftrolle mit dem die Verehrung des Namens Jesu fordernden Worten des hl. Paulus. Eine spätere Hand hat die Bibelstelle (Phil. II, 10. 11) daneben geschrieben. Wichtigste Grabsteine. In der Krypta vor dem Altäre: Dechant Friedrich von Bila. Gestorben 1327, 26. Juni. Grund des Steines stark vertieft, um für die Hochrelieffigur des Verstorbenen Platz zu schaffen. Priesterliche Kleidung, in den Händen der Kelch. Der langbehaarte Kopf auf einem Kissen ruhend. Wappen der Familie von Bila. Umschrift auf dem Rande des Steines. Im Langhause: Bürgermeister Heyno Junge (Juvenis). Gestorben 1330, 12. Dezember. Figur stehend und liegend zugleich, Kopf auf Kissen, unbedeckt, horizontal abgeschnittene Locken bis zum Halsansatze. Gesicht der Zeitmode entsprechend bartlos. Langer Rock, unterhalb und besonders oberhalb des Gürtels in zahlreiche Vertikalfalten gelegt. Die rechte Hand greift in das Band, welches eine über dem Obergewande liegende kurze Jacke vor der Brust festhält. Die linke Hand ruht auf dem Wappen. Am Gürtel, rechts (!) hängend, ein Dolchmesser. Die innere Fläche des Steines ist von einer zart gearbeiteten Bordüre von flachen Bögen und Rosen eingefaßt. Umschrift auf dem Rande des Steines. Kantor Johannes Zinckel. Gestorben 2. Oktober 1510. Stehend mit Kelch. Blendarchitektur spätgotisch. In den Bogenzwickeln zwei lesende Heilige in Bischofstracht. — Gleichfalls Priestergrabsteine mit spätgotischer Ornamentierung: Heinrich Dunde († 1501), Heinrich Zeitz von Nordheim († 1515), Dechant Hermann „phiffer“ (Pfeifer) von Jechaburg, Kantor beim Nordhäuser Dome († 1530), Wappen; sowie einige weniger bedeutende. Heinrich Graf von Schwarzburg-Sondershausen und Arnstadt, letzter katholischer Graf von Schwarzburg (gestorben zu Nordhausen 1526); außer dem schwarzburgischen Wappen noch vier kleinere (Cleve, Braunschweig, Querfurt, Gleichen); Figur in Rüstung, in den Händen der Rosenkranz. Priestergrabsteine des späteren 16. bis 18. Jahrhunderts. Sakramentshäuschen an der Nordseite der Chorwand. Spätgotisch, reich und elegant, Marmor, gestiftet vom Kanonikus Johann Molitor (Müller), 1455. Altäre. [Zu Grunde gegangen: Maria-Peter-Paul, vor dem Chor; — Allerheiligen, daselbst, beide nachweisbar am Ende des 13. Jahrhunderts. Außerdem eine größere Anzahl von Altären in den Seitenschiffen, dabei ein St. Michaelsaltar, Stiftung des zuvor erwähnten Dechanten Friedrich von Bila, der zu den großen Wohltätern des Domstiftes gehört hat.] — Jetziger Hochaltar Stiftung des Kanonikus Christoph Joseph Opfermann 1726; mit in Holz geschnitzten Figuren der hl. Mathilde, der hl. Helena, Auffinderin des hl. Kreuzes (man erinnere sich der ehemals dem Dome gehörenden hochverehrten Kreuzpartikel!); des hl. Joseph; des hl. Johannes von Nepomuk; früher auch noch des hl. Eustachius. Oben Figur der Immakulata. — Nebenaltäre barock bzw. klassizistisch. Kanzel. 1847. [Die ältere Kanzel (von 1541) wurde in die katholische Kirche zu Hundeshagen (Kreis Worbis) überführt.] Glasmalerei. Im Chorfenster links ein mittelalterlicher Rest: Maria mit dem Kinde, daneben ein kniender Bischof. Meßgewand. Bezeichnet G. A. 1740. Reichfarbige Stickerei mit Krönung Mariä. Glocken. Von den vor dem Kriege vorhanden gewesenen existieren noch zwei: 1. Die große (Durchmesser 1,45m). „claves misner hat mich gegossen.“ Bildlicher Schmuck auf dem Mantel: ein hl. Bischof zu Roß, Flachrelief, beiderseits der Buchstabe h; — St. Eustachius, den Kopf des Hirsches, mit dem Kreuz, in der Hand haltend; — Maria Immaculata mit dem Jesuskinde, auf Mondsichel in Strahlenglorie; — Darstellung des oben wiederholt erwähnten, dem Dome gehörenden Reliquienkreuzes, das zwei Engel halten. Anfang des 15. Jahrhunderts. — 2. Eine kleine Betglocke (Dm. 0,45 m) von 1531. Die Kirche St. Blasii[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit ihren beiden ungleich hohen Türmen, von denen der höhere gegen Norden aus dem Lot geraten ist, eine der charakteristischen Erscheinungen im Stadtbilde Nordhausens. Geschichte. Pfarrkirche zu Ehren des hl. Nothelfers Blasius anfangs der 20er Jahre des 13. Jahrhunderts durch König Heinrich VII. erbaut und unter das Patronat des Domstiftes gestellt. Erster urkundlich erwähnte Pfarrer Dietrich, Probst des Frauenbergklosters (1284), Domdechant Friedrich von Bila († 1327, bestattet in der Domkrypta; vgl. „Dom“). An Stelle des romanischen Baues tritt ein von 1487 bis 1490 errichteter Neubau. Letzter Pfarrer vor der Reformation Georg Neckerkolb. Erster protestantischer Pfarrer (seit 1524) Magister Johann Spangenberg aus Hardegsen (| 1550), Schüler Luthers. Das Patronat der Kirche wird dem Domstift entzogen, vom Stadtrat übernommen. Herstellung der Kirche 1591. Infolge Blitzschlag am 24. April 1634 Brand des nördlichen Turmes, der seitdem eine niedrigere Spitze behalten hat. Herstellung des Innern 1735 bis 1740, sowie seit 1909 durch Zeller. Beschreibung. Ehemals dreischiffige, kreuzförmige Basilika, seit dem Umbau Hallenkirche. Der Grundriß verrät, daß der Bauplan unter der Ausführung geändert worden ist. Die frühgotischen Unterteile der Türme waren schon vorhanden gewesen. Dann hatte man nach gewöhnlicher Art zuerst den Chor erbaut, danach die Nordpartie des Quer- und Langhauses. Soweit gekommen, ist man offenbar inne geworden, daß der Neubau in diesen Ausmaßen für die Bedürfnisse der Gemeinde nicht genügen würde. Da an der Länge des Langhauses nichts mehr zu ändern war, so verbreiterte man wenigstens die Südpartie. Daher ist das südliche Seitenschiff doppelt so breit als das nördliche; es erhielt die Breite des Mittelschiffes; auch der südliche Kreuzarm wurde quadratisch und so etwas größer als der nördliche, der ein Rechteck bildet. Langhaus zwei Gewölbejoche mit wuchtigen, viereckigen, an den Kanten abgefasten Pfeilern. Länge des Langhauses 27,2 m, Breite des Querschiffes 26,2 m, also scheinbar ein Gleichmaß beabsichtigt. Die Ungleichheiten der Ausmaße, sowie die im Verhältnis zur Kürze des mittleren Schiffes allzu große Breite des südlichen, die Dicke der Pfeiler, die gedrückten Höhenverhältnisse, die trotz der Höhe der gotischen Fenster unzulängliche Belichtung des Langhauses geben dem Innern einen schwerfälligen düsteren Eindruck. Der Chor liegt ein wenig höher als das Langhaus. Gleiche Gewölbehöhe wie dieses, die Breite des Mittelschiffes 9,22 m, Länge 14,37 m. Abschluß in fünf Seiten des Achtecks gegen Osten; drei Fenster. Chorraum mit zwei Kreuzgewölben, Gewölbe der Apsis fünfteilig; keine Gurtbögen. Schlußstein mit den Bildern des hl. Andreas, Martin und des hl. Blasius, bei letzterem die Zahl 1489. Strebepfeiler an den Ecken der Chorapsis, sowie an den Langwänden des Chores, hier südlich dem Gewölbedruck entsprechend, nördlich ohne solchen Zusammenhang. Die Nordseite der Kirche überhaupt ohne ursprüngliche Strebepfeiler; der an der Nordwestecke des Querhauses ist spätere Zutat. Im nördlichen Seitenschiff ist ein Strebepfeiler nach innen gezogen. Die Südseite zeigt außen unregelmäßige Verteilung der Strebepfeiler. Von zwei Pfeilern, die den Turmbau im Nordwesten und an der Westseite unterstützen, ist der nördliche 1712 errichtet worden, der westliche, sehr plumpe, schon 1687, ersterer aus 200 Quadern, die auf Veranlassung des Herzogs von Braunschweig von der Klosterruine Walkenried hierher gebracht wurden. — Turmhalle mit zwei durch einen Gurtbogen getrennten Kreuzgewölben, mit dem Mittelschiffe durch zwei breite Bögen verbunden, zwischen denen ein massiger quadratischer Pfeiler; Die Achsen der Turmhalle, des Langhauses mit Vierung, sowie des Chores bilden keine zusammenhängende Linie. — Die Leibungen der Fenster um die Portale herumgezogen. Kein Westportal, das sächsischen Kirchen (in Nordhausen auch der Nikolaikirche) überhaupt häufig fehlt. — Zwischen den Türmen oben eine Brücke. Die Oberbauten achteckig, die drei Stockwerke durch Spitzbogenfriese getrennt. Maßwerke herausgeschlagen. — An der Südseite des Chores eine jetzt als Sakristei dienende Kapelle, in der seit 1552 die Bibliothek (s. unten) untergebracht ist. Kreuzgewölbe. Altäre. [Im Mittelalter außer dem Hochaltar acht (mit 13 Vikarien). Darunter die Altäre der Böttcher, Wagner und Töpfer (letzterer der St. Annenaltar). Er bestand noch bis 1720. Das einst zu ihm gehörende geschnitzte Relief — eine eindrucksvolle Beweinung des Leichnams Christi — ist im Stadtmuseum noch erhalten. Spätgotisch, um 1500. Auch von dem Aufsatze des ehemaligen Hochaltares, einem gotischen Schnitzwerke, befinden sich Überreste im Stadtmuseum.] Der jetzige Altar barock, vom Bildhauer Johann Kaspar Unger und dem Maler Johann Christian Mäter (Le Maistre) aus Nordhausen. Plastische Figuren St. Petrus und Paulus, Allegorien von Glaube und Liebe. Oben der triumphierende Erlöser. Gemälde: Auferstehung und letztesAbend-mahl. Kirchenstühle. Reich geschnitzt; prächtiges, ornamentales Laubwerk. Chorstühle mit figürlichem Schmuck und Wappen. 1735. Kanzel. 1592. Stiftung des späteren Bürgermeisters Cyriax Ernst. Reiches Werk der Spätrenaissance. An der Kanzelbrüstung sechs Reliefs, getrennt durch Pilaster, an denen die Freifiguren der vier Evangelisten, des Moses, Jesaias und Jeremias. Reliefs: unter Flachbögen Geburt Christi mit der Anbetung der Hirten; Himmelfahrt Christi; Sündenfall; Taufe Christi; der Gekreuzigte zwischen Maria und Johannes, am Fuße des Kreuzes Magdalena; Auferstehung Christi. Die Reihenfolge ist also zeitlich ohne Ordnung. Unterhalb der Reliefs ein Fries, von Kartuschen unterbrochen durch die Sockel der Pilaster. Träger der Kanzel ein in antike Kriegertracht gekleideter bärtiger Mann, der mit der linken Hand einen Schild hält, die rechte emporhebt. Zugänglich ist die Kanzel über einen geschnitzten Aufgang in der Sakristei. Entstehungszeit die gleiche. Ebenso die des Taufgestelles. Orgel. Schön geschnitzter Prospekt im Stile des Klassizismus. Glasmalereien. Im mittleren Chorfenster. Eine zeigt die Gruppe des gekreuzigten Heilandes zwischen Maria und Johannes, die andere das Wappen der Ottilia, Gemahlin des zuvor erwähnten Cyriax Ernst. Gemälde. Ecce homo vom älteren Cranach. Mit Wappen der am 12. September 1529 verstorbenen ersten Gemahlin des Rürgermeisters Michael Meyenburg. — Gedächtnisbild für den Bürgermeister Meyenburg († 13. November 1555, 64 Jahre alt). Von Lucas Cranach dem Jüngeren. 1558. 2 m breit, 21/a m hoch. Sinn des Bildes: Die Zuversicht auf die Auferstehung des Fleisches und das persönliche Anschauen Christi in der Ewigkeit — im Evangelium vorangedeutet durch die Auferweckung des Lazarus. Diesem Hauptgegenstande reiht sich ohne festen Zusammenhang zur Rechten eine Gruppe von Reformatoren an, in der Mitte Luther. Unten, über den ganzen Vordergrund verteilt knieend die Meyenburg’sche Familie, als Hauptperson rechts, fast in die Mittelachse des Bildes gerückt, der Bürgermeister selbst. Christus, dem Grabe schnell nähertretend, macht mit der Rechten die Gebärde eines Befehles. Der auferweckte Tote verläßt, von einem Manne unter den Achseln gehalten, das Grab, die Leichentücher sinken an dem Körper hernieder, das Bewußtsein ist wieder erwacht, in tiefster Andacht und Dankbarkeit legt Lazarus betend die Hände zusammen. Neben und hinter Lazarus kniend Maria Magdalena, Martha und drei andere Frauen, anscheinend porträtähnlich nach lebenden Personen. Auch bei Lazarus scheint eine dem Maler bekannte Person als Modell gedient zu haben. Hinter Jesus die Apostel, von denen Petrus und Johannes den traditionellen Typ zeigen. Andere Männer haben sich hinzugesellt ; auch unter ihnen offenbar mehrere Porträts, so der zwischen den beiden langbärtigen Greisen hindurchschauende Mann, sowie sein Nachbar zur Rechten. Im Hintergründe drängen sich durch ein Renaissancetor ältere und jüngere Männer herbei, die auf mancherlei Art ihr Erstaunen über das Wunder ausdrücken. Einer macht die Gebärde, daß er sich des Leichengeruches wegen die Nase verhält — bei derlei Lazarusbildern traditionell, hier durch die Situation nicht mehr gerechtfertigt. Die Gruppe der Reformatoren rechts ist in sich geschlossen; keiner von ihnen blickt nach der H auptszene, auch Luther nicht, der zu predigen scheint. Porträtähnlich dargestellt außer Luther u. a. Erasmus von Rotterdam, Melanchthon, Justus Jonas, JohannBugenhagen († 1558), Spangenberg. Beziehungen zu Nordhausen und den sächsischen Gegenden überhaupt (LutherwarwiederholtinN., Justus Jonas 1493 dort geboren). — Die Einfriedigung des Begräbnisplatzes bildet rechts und links von dem Tore ein Baumspalier, dahinter felsige Landschaft. Ganz links im Hintergründe auf einem Berge eine Burg mit Ringmauer, hohen Häusern und Türmen. Deutlich erkennbar der rechts emporführende Pfad. Das Ganze ist dem Sinne nach zunächst als eine naive Darstellung Bethaniens aufzufassen, gleichzeitig aber auch als Symbol der Kirche Christi (vgl. Matth. 5, 14: „Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.“) So wäre auch ein höherer Gedanke in dem Werke. Die Burgdarstellung ist kein Phantasiegebilde, sondern die Wiedergabe einer damals in dem geschilderten Zustande befindlichen Anlage. Nach meiner Überzeugung, die ich hier zum ersten Mal ausspreche, herrscht völlige Sicherheit für die Veste Coburg, zu der ja die Cranachs in engen Beziehungen gestanden sind. Jeder Zug stimmt. Man sieht deutlich den „blauen“ und den „roten“ Turm, den „Herzoginbau“ („Kornhaus“), das „Hohe Haus“, die „Steinerne Kemenate, den heute sogenannten „Kongreßbau“, den „Fürstenbau“ mit der Burgkapelle (kenntlich an dem spitzen Türmchen), die „Hohe Bastei“. Wir besitzen somit hier eine authentische Abbildung der Veste Coburg in ihrem Zustande in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Meyenburgfamilie ist in der bei Votivbildern typischen Art im Vordergründe angeordnet, die Figuren jedoch im Maßstabe nur unbedeutend kleiner als die der Bildszenen, etwas ungewöhnlich, vielleicht wegen gebotener Rücksicht auf ein hochgespanntes Familien- und Selbstbewußtsein der Bildbesteller. Die Personen sind in zwei Gruppen verteilt: rechts die Männer, links die Frauen. An der Spitze der Männer Michael Meyenburg; hinter ihm seine vier Söhne Johann, Kaspar, Christoph und Michael, sowie drei im frühesten Alter verstorbene (daher mit Kreuzchen auf der Brust bezeichnete) Kinder, endlich ein jugendlicher Verwandter des Hauses. Links die erste und zweite Gemahlin Meyenburgs, vor ihnen seine Tochter aus erster Ehe, Ursula. Die Wichtigkeit des Bürgermeisters, des Verwandten, sowie der beiden Frauen ist durch Beigabe ihrer (prachtvoll gezeichneten und gemalten) Wappen besonders betont. — Farben reich und kräftig. Die Komposition zeigt schwere Mängel. Christus, die Hauptperson, ist zur Seite geschoben, damit der Mensch Lazarus in die Mitte des Bildes kommen konnte. Zu der unaufgeschlossenen Masse der Reformatoren, die durch das Schwarz der Gewänder noch besonders schwerfällig wirkt, liefert die linke Seite der Komposition kein Gegengewicht. Die übergroße Zahl der Köpfe schafft Unruhe. Die Blicke der Menschenmenge im Hintergründe laufen kreuz und quer überall hin, nur nicht nach dem Punkte, auf den es ankommt. Vortrefflich ist dafür die Zeichnung der Körper, bemerkenswerterweise auch der Akt des Lazarus. Auf künstlerischer Höhe stehen die Porträts, wenn sie auch an innerlicherVertiefung zu wünschen übrig lassen. Das Antlitz Christi zeigt ausdruckslosen weichlichen Idealismus. Auch seine Gewandung ist idealisiert, während fast alle übrigen in die Tracht der Zeit gekleidet sind. Unterhalb des Bildes längere Inschrift in lateinischen Versen vom Theologie-Professor Georg Major (Maier, f 1574) aus Wittenberg. Die Bibliothek. Aus dem Kloster Himmelgarten während des Bauernkrieges 1525 durch den Prior des Klosters Johannes Hüter (Pilearius) nach Nordhausen geflüchtet, seit 1552 in die Blasiikirche überführt. Aufbewahrungsort die Sakristei. Ungefähr 200 Bände, darunter zahlreiche Inkunabeln und andere Seltenheiten. Katalog von Dr. R. Rackwitz 1883. Grabmäler. Grabplatte des Tile Weiner († 22. Juli 1376). An der Außenseite des nördlichen Querarmes. Verwittert. Schwer lesbare deutsche Inschrift — Reste einer Grabplatte ähnlichen Alters an der Außenseite des Chores. — Epitaph des Cyriax Ernst († 17. Juli 1585; s. oben). 1591. Zwei lange Inschriften zum Teil in lateinischen Versen. Meisterzeichen (oder Monogramm des Inschriftenverfassers ?) gebildet aus den Buchstaben ANMK. Daneben P. (Poeta ?). Schnitzerei: Innerhalb einer Renaissance-Architektur Reliefs': rechts Verkündigung; daneben links Anbetung der Hirten; in der Bekrönung die Auferstehung, darüber die Himmelfahrt Christi. Im großen Mittelfelde figurenreiche Kreuzigungsszene. Die Gestalt des Heilandes stand ehemals frei vor diesem Relief; sie ist abhanden gekommen. Unterhalb des Mittelbildes Ernst und seine Familie kniend. In der Architektur verteilt die vier Kardinaltugenden. — Grabmal des Wilhelm Ludwig von Eberstein auf Gehoven (achtzehnjährig gestorben 1700), Sarkophag, darüber vor einer breiten Draperie ein Obelisk, bekrönt mit einem Kreuze, in dem das Medaillonbild Christi. An dem Obelisken das Bildnis des Verstorbenen in ovalem Rahmen. Am Fuße des Obelisken eine weibliche allegorische Figur, welche die rechte Hand auf eine Inschrifttafel legt. Reicher Schmuck von Lorbeerzweigen, vielen Wappen und dergleichen. Alabaster. 1700. Glocken. 1. Gegossen 1488. Bildwerke durch Einritzen in den Mantel hergestellt: Kreuzigungsgruppe, St. Andreas, St. Blasius einen Krüppel beschenkend, St. Martin der Bischof. Um den Hals Minuskelinschrift, die Worte durch je einen Brakteaten voneinander getrennt: maria sanctvs blasivs andreas martinvs pet vor unc anno dni m cccc lxxx VIII. Durchmesser 1,58 m. -— Mit ununterbrochener Majuskelinschrift: SABBATA PANGO FUNERA PLANGO NOXIAFRANGO EXCITA LENTOS PACO CRVENTOS DISSIPO VENTOS (Ich schlage die Sabbattage an, ich beklage die Bestattungen, ich breche das Schädliche [d. h. die Blitze], ich treibe die Langsamen an, ich beschwichtige die Grausamen, ich zerstreue die Winde). Durchmesser 1,28 m. — 3. Mit kleinem Bilde der Erscheinung Christi in Medaillonform. Unterschrift in Minuskeln: anno . dni. m. CCC. XX. VI. hilf got maria berat, sanctvs blasivs. Durchmeser 0,70 m. Dem ehemaligen Schatze der Kirche entstammt ein Straußenei. Fassung Kupfer vergoldet. An dem gotischen Fuße sechs teils blaue, teils rote Emaillen mit den Köpfen Christi, Marias und vier nicht zu bestimmender Heiligen. Ehemals Edelsteinbesatz. Höhe 0,33 m. Vielleicht einst dem Kloster Himmelgarten gehörend, in die Blasiikirhe gekommen. Jetzt im Städtischen Museum. Die St. Petrikirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Infolge ihrer hohen Lage in der Stadtsilhouette, obgleich nur ein-türmig, besonders hervortretend. Erste urkundliche Erwähnung 1220. Damals durch Friedrich II. dem Patronate des Domstiftes unterstellt. Dreischiffige Hallenkirche. Langhaus Ende 14. Jahrhunderts. Länge 26,7 m, Breite des Mittelschiffes 9,22 m, des nördlichen Seitenschiffes 3,25 m, des südlichen 3,85 m. Frühgotischer Chor, gleich dem des Domes geradlinig geschlossen, mit Fachwerkgiebel; Länge 9,6 m, Breite im Lichten 7,2 m. Die Maße zeigen also untereinander kein sorgfältig abgewogenes Verhältnis. Das rundbogige Kreuzgewölbe des Chores stützt sich in den Ecken auf niedere romanisierende Dienste. Es ist mittelst Stuckverzierungen barockisiert worden. Nördlich an ihn angebaut die Sakristei (1447) mit zweijochigen, spitzbogigen Kreuzgewölben. Triumphbogen spitzbogig. Das Mittelschiff mit spitzbogigem Tonnengewölbe; ähnlich früher auch die Seitenschiffe, die jetzt flache Holzdecken besitzen. Zwischen Nord- und Mittelschiff zwei wuchtige Arkaden. Die nach dem Südschiffe sind schon längst entfernt. Hauptportal im Westen, spitzbogig mit von Hohlkehlen geschnittenen Birn-stäben. Durch das Portal gelangt man in eine Vorhalle, die eigentlich zum Mittelschiffe gehört. Durchweg einfachste Architekturformen. Das ursprüngliche Bild der Kirche ist durch zahlreiche Umbauten stark beeinträchtigt und unklar gemacht. Turm an der Nordwestecke der Kirche. Quadratisch (Seite 9 m) mit hoher schlanker Spitze, die ehemals von vier kleineren Spitzen umgeben war. Turmhöhe 60 m. Laut Inschrift begann der Bau des Turmes am 25. April 1362; „Vormünder“ (Bauherren) waren Helwig Tockenfotz und Siegfried Kremmer. Oberstes Geschoß Anfang 15. Jahrhunderts; die Maßwerke der vier Schallöffnungen zerstört. — Herstellung der Südseite der Kirche 1665. Treppenanbau an der Südseite der Kirche seit 1900. Altar. An Stelle eines 1751 entfernten gotischen Schnitzaltares, dessen wichtigste Teile im Stadtmuseum erhalten sind. Mittelschrein: Muttergottes mit auf ihrem Schoße stehendem Kinde zwischen beiderseits zwei Heiligen. Linker Flügel: oben Anbetung des neugeborenen Heilandes, unten Verkündigung; rechter Flügel: oben Anbetung der Weisen, unten Darstellung im Tempel. Die Baldachine von besonderer Schönheit. Fein durchgeistigtes, künstlerisch hochstehendes Werk der thüringischen Schule, 1513. — Hier gleich mit erwähnt sei ein aus der Petrikirche in das Museum gekommener spätgotischer Kruzifixus. — Der jetzige Altar ein typisches Rokokowerk mit den Figuren des Petrus und Paulus. Kanzel. Prächtiges jüngeres Seitenstück zu den älteren Kanzeln von St. Blasii und St. Nikolai. 1612. Arbeit der Friedemann’schen Werkstatt in Erfurt. An der Brüstung sieben Alabasterreliefs mit trefflich naturwahr gearbeiteten, edel aufgefaßten Szenen. Von rechts nach links: Taufe Christi; Verkündigung des Engels bei Maria; Anbetung der Hirten; Christus als Kinderfreund; der gute Hirte; Verklärung Christi auf Tabor, Opferung Isaaks. Unter jedem Bilde ein sinnverwandter Spruch innerhalb einer Kartusche. Die Reliefs werden getrennt durch die Figuren von 8 Aposteln, die auf Sockeln stehen. Taufkessel. Bronze. Höhe 0,84 m, obere Weite 0,68 m. Handwerksmäßige, aber in den Einzelheiten der Darstellungen interessante Arbeit eines thüringischen Gießers, gestiftet 1429 durch einen Meister Tile, dessen Namen eine deutsche Minuskelinschrift am unteren Rande des Taufkessels nennt. Auf Tiles Wünsche, vielleicht auch Entwürfe und Zeichnungen mag der zum Teil recht eigenartige Schmuck des Kessels zurückgehen. Getragen wird dieser durch vier in der Haltung recht steife Männergestalten mit kurzen Bärten und in der weltlichen Tracht der Zeit. Jeder stemmt die Hände in den Gürtel, so daß die Arme geknickt vom Körper abstehen. Nur die Vorderseiten sind ausgearbeitet. Die Außenfläche des Kessels ist durch geradlinig gezeichnetes, mit Fialen, Krabben und Kreuzblumen verziertes Blendmaßwerk in sechzehn Felder geteilt; in ihnen je eine Relieffigur eines stehenden Heiligen in antikisierender Idealgewandung. Sie sind größtenteils kenntlich an ihren Attributen: Paulus, Johannes der Täufer, Pankratius, Petrus, zwei nicht zu bestimmende, Laurentius, Eustachius, ein Heiliger mit einem Kreuze, Judas Thaddäus, Bartholomäus, Gervasius, Thomas, Matthias, Jakobus der Ältere, Jakobus der Jüngere, Die zuvor erwähnte Inschrift lautet anno . dni. m°. CG0 GC. X°XVX. in. die. iakobi. mester. tile. hat. su. ge. mach, reqesct. in. pace. Zwischen den einzelnen Wörtern kleine zierliche Figuren in Relief; teils religiös, teils weltlich, letztere alle sinnbildlich aufzufassen, einzelne nicht ohne kulturgeschichtliches Interesse. Kronleuchter. Mehrere Exemplare. Messing. Die Lichtarme in drei nach oben verjüngten Reihen um eine Kugel herum. 17.—18. Jahrhundert. Orgel. 1914. Grabmäler. Ueberreste des Grabsteines eines Geistlichen. Ritzzeichnung: Figur unter einem gotischen Baldachin. 14. Jahrhundert. — Stadtschreiber Johann Pfeifer, gestorben 1612 im 59. Lebensjahre. Tüchtig gearbeitetes Porträtrelief. Ganze Figur, stehend, Kopf und Hände aus weißem, das übrige aus grauem Alabaster. Sorgfältigste Durchführung des Sammetgewandes mit feinen großgeblümten, gepreßten Mustern. Lateinische Umschrift. — Bürgermeister Christoph Ernst († 1617, 61 Jahre alt) und Gattin († 1626). Innerhalb einer prächtigen, von Säulen flankierten Architektur zwei Gemälde: oben Auferstehung Christi, unten Kreuzigung mit den Figuren der beiden vor dem Kreuze knienden Ehegatten. — Witwe Sabina Ludwig († 1662). Malerei auf Kupfer. — Ratsherr Georg Christoph Huxhagen (t 1723). Bildnis und Wappen. -— Denkmal für die im Weltkriege gefallenen Angehörigen der Gemeinde. Schlichte Tafeln mit 144 Namen. Inschriften. Eine zum Andenken an die 1477 erfolgte Erbauung der Sakristei. •— Eine zum Gedächtnis der Herstellung der Südpartie der Kirche 1665 unter den Kirchenvorstehern Christoph Schloppergroll und Konrad Toberkov. — Eine neben dem Hauptportal angebrachte, bezüglich auf den Bau des Hauptportales und des Oberteiles des Turmes 1377 durch den Baumeister Tile Risse, seine Frau Else und einen Werner Lange. Die Altentorferkirche (St. Marien im Tal)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stiftung des Zisterzienserinnenklosters in Bischoferode Mitte 13. Jahrhundert durch den Priester Hermann. — Brand 1264. Übersiedlung in das Altendorf bei Nordhausen bei der Kirche St. Marien im Tal, die zur Benutzung durch die Klosterfrauen frei gegeben wird (1294). Patronat des Domstiftes. Aufblühen des Klosters. Neubau der Kirche Mitte 14. Jahrhunderts. Aufhebung des Klosters vor 1526. Die in Verfall geratene Kirche mangelhaft hergestellt 1590. Einsturz eines Teiles der Gewölbe 1627, westlicher Teil der Kirche abgetragen 1639, später auch der Turm, sowie das nördliche Seitenschiff. Neue Einweihung der verbliebenen Reste 1697. Aus der ehemals dreischiffigen Hallenkirche mit Pfeilern (Werkstoff Dolomit) ist eine kürzere einschiffige geworden. Nur der halb achteckig geschlossene hochgotische Chor und das östliche Fenster des einstigen südlichen Seitenschiffes zeugen mit geometrisch gezeichneten Maßwerken noch von früherer architektonischer Bedeutung des Bauwerkes. Andere Maßwerkfenster in der südlichen Wand. Kein Querhaus. Breite des einstigen Langhauses östlich 11 m, westlich 11,77 m, der Seitenschiffe 3,60 m, des Mittelschiffes 6,75 m. Die Pfeiler waren viereckig, mit abgefasten Ecken. Schiff jetzt mit Holzgewölbe, Chor flach mit Holz gedeckt. Sakristei, quadratisch, Fortsetzung des südlichen Seitenschiffes gegen Osten, mit rundbogigem Kreuzgewölbe. Ein entsprechender Raum im Nordosten ist zerstört. Turm nicht mehr vorhanden, nur kleiner Dachreiter über der Westwand. Altar. Mitte 18. Jahrhunderts, Nachfolger eines nicht mehr existierenden gotischen Schnitzaufsatzes. Empore 1695, Betstübchen etwas jünger. Grabmäler. Steinplatte der Frau Barbara Fritsch, Gattin des Michael Pechstet. Mit Darstellung einer Bretzel zwischen Ornamenten. 1613. -— Grabsteine zweier Pfarrer 1722 und 1729. Alte Glocke. 1735, Gießer Johann Ephraim Brauhoff in Nordhausen. Verzierungen: einerseits Relief der Kreuzigungsgruppe, entgegengesetzt Maria in Glorie, mit Palmzweig. Durchmesser 1,22 m. Aeltere Geräte. Kelch, spätgotische Form, aufgelegt ein kleiner Kruzifixus, entgegengesetzt ein Wappen mit einer Rose in einem Pentagramm. Laut Minuskelinschrift Schenkung des Heinrich von Slathejm. Meistername hildebrandus. Höhe 0,14 m. — Oblatenschachtel, Spätrenaissance, oval, reiche getriebene Fruchtornamente, Deckel mit römischer Feldherrnfigur. — Bis zur Reformation gehörte dem Kloster eine Menge kostbarer Gegenstände. Darunter viele Kelche, ein großes silbernes Kreuz, sieben Antependien; eins davon soll gestickte Löwen und Vögel gezeigt haben (in Wirklichkeit wohl nicht Stickerei, sondern arabisch-sizilianisches Gewebe oder italienische Nachbildung eines solchen). Besonders geschmückt war dieses Ante-pendium, sicher um des hohen Wertes des Gewebes willen, mit 16 silbernen „Spangen“ (Nägel ? Klammern ?). Der gesamte Schatz wurde 1523 auf dem Rathause in Sicherheit gebracht. Einer der oben ge: nannten Kelche mag das letzte Überbleibsel sein. Kunstgegenstände, jetzt im Städtischen Museum. Beweinung Christi, Holzschnitzerei, um 1470. Ausgezeichnetes Werk der sächsisch-thüringischen Schule. Bedeutendes Beispiel aus der großen Gruppe der Darstellungen dieses Gegenstandes. Besonders schön und gemütreich in Haltung und Ausdruck die Muttergottes. Der trefflich gearbeitete Körper Christi zeugt von einem Meister bester Tradition, der Stilisierung und Naturechtheit zu vereinigen wußte. Alte Bemalung und Vergoldung fehlen. Höhe 1,28 m. — Taufengel mit Schüssel, bemalte Holzschnitzerei, 1698. — Jetzt in der Kirche vorhanden: Marmornes Altarkreuz vom Nordhäuser Bildhauer Riemer. Kriegsgedächtnismal mit Relief (trauernde Frau und Kinder) und den Namen von 111 Gefallenen. Die St. Jakobikirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Älteste Kirche. Urkundliche Erwähnung eines Pfarrers Ende 13. Jahrhunderts. Also muß damals auch eine Kirche vorhanden gewesen sein. Patronat des Domstiftes. Dreischiffiger romanischer oder frühgotischer Bau. Erbauung des Turmes 1310, die des hohen Chores 1502—1504. Wahrscheinlich wegen Baufälligkeit werden die Seitenschiffe im Laufe der Zeit abgebrochen. Langhaus ohne Strebepfeiler, die es erst im 16. und 17. Jahrhundert erhielt. Länge 62, des Chores 42 Fuß (bei 55 Fuß Breite des letzteren!). Abbruch der alten Kirche 1744. Jetzige Kirche. Die seitens des Pfarrers und Nordhäuser Historikers Friedrich Christian Lesser (t 1754, in der Jakobikirche bestattet) lebhaft betriebene Erbauung und Ausgestaltung des äußerst einfachen Gebäudes erfolgte bis 1749. Reichliches Steinmaterial (1000 Kubik-fuß) schenkte der Herzog von Braunschweig von der Klosterruine Walkenried. Baumeister Johann Andreas Voigt aus Blankenburg, Johann Christian Eichler aus Nordhausen, Stukkateur Johann Leonhard Schreiber, Altar von Johann Kaspar Unger. Der Turm blieb erhalten. Seitenlänge 8,85 m. Große gotische Schallöffnungen. 14. Jahrhundert. Achtseitige Pyramide, vier kleine Nebentürmchen der in Nordhausen beliebten Art. Beim Neubau der Kirche mußte der Turm das Westportal aufnehmen. Fenster rundbogig. Putzbau, Fenster und Türeneinfassungen Kalkstein. Die alte, künstlerisch wertvolle Ausstattung wurde beseitigt und ist zugrunde gegangen. Lesser hat Interesse und Verständnis genug für jene Dinge gehabt, um in seinem Buche „Nachricht von der alten Kirche St. Jakobi“, 1744, genaue Beschreibungen von ihnen zu hinterlassen. Es ist nicht ersichtlich, warum der bekannte und einflußreiche Mann den Verderb nicht gehindert hat. Wir lassen seinen Bericht unten folgen. Zu dem sehr Wenigen, das erhalten blieb, gehören drei Kelche: ein spätgotischer von einfacher typischer Form, Höhe 0,18 m; — einer aus dem Ende des 17. Jahrhunderts und ein im Jahre 1710 unter Benutzung älterer Teile neu hergestellter; Höhe 0,21 bzw. 0,26 m. Von der Innenausstattung sind zu erwähnen die hübsch gearbeiteten typischen Betstübchen; — der Altar mit der darüber befindlichen reich geschmückten Kanzel, die mit einer Gruppe des Gekreuzigten zwischen Maria und Magdalena bekrönt ist; die der gleichen Zeit des Rokoko angehörige Orgel; — ein Kronleuchter mit zwei Reihen von je zwölf messingenen Lichterarmen um Kugeln herum; oben ein Adler mit Krone. Grabmal der Christiane Karoline Eulhardt, geb. Böttcher. Eisenguß, 1819. Klassizistisch, mit Figur des Todes als Jüngling mit umgekehrter Fackel. Gedenktafeln für 134 im Weltkriege gefallene Gemeindemitglieder. Von den drei Glocken ist einzig bemerkenswert eine 1413 gegossene; lange lateinische Minuskelinschrift mit unbeholfenen Reimen; Durchmesser 1,75 m. Für den beabsichtigten Neubau der Jakobikirche stellte der Pfarrer Lesser um 1720 ein Modell her, das im Stadtmuseum aufbewahrt wird. Es zeigt auch einen neuen Turm statt des alten, der zuletzt, sicher der Kosten halber, hat erhalten bleiben müssen. Über die Altäre, die sich in der alten St. Jakobikirche befanden, teilt der Pfarrer Friedrich Christian Lesser in seiner Schrift „Historische Nachricht von der alten Kirchen S. Jakobi“ (Nordhausen 1744) folgendes mit (S. 10 ff.):
Weiter berichtet Lesser S. 29 f.:
Die Synagoge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erbaut 1842 bis 1845 am Pferdemarkt. Erneuerung 1888. Neuromanischer Saalbau von würdiger Wirkung, westlicher Teil mit Kuppel. Kriegerdenkmal für 12 Gefallene. Städtische Marktkirche St. Nikolai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hinter der Nordfront des Rathauses, von diesem durch eine schmale Gasse getrennt. Geschichte. Eine Pfarrkirche zu „St. Nikolai auf dem Markte“ schon 1220 nachweisbar. Durch Friedrich II. dem Patronate des Domstiftes unterstellt. Von jenem romanischen Gebäude der Unterteil der Westfront noch erhalten. Neubau des Langhauses, des Chores und der Sakristei (ehemals Nikolaikapelle) Ende des 15. Jahrhunderts. Einführung der Reformation 1522. Die zwei Türme, die den Eindruck der Kirche dem des Domes und der Blasiikirche ähnlich machten und das Stadtbild wesentlich bereicherten, brannten am 21. August 1612 ab, wurden alsbald hergestellt, durch einen zweiten Brand am 23. August 1710 schwer beschädigt, durch einen dritten am 21. August 1712 endgültig zerstört. Herstellung der von den Bränden nur wenig betroffenen Kirche 1726. Beschreibung. Westbau in drei Zeitabschnitten errichtet: unten Muschelkalk, darüber Sandstein, oben neugotisches Glockenhaus (1823—1829). Ursprünglich kein westlicher Eingang, die kleine Spitzbogenpforte ist späteren Ursprunges. Langhaus dreischiffig, ehemals wohl romanische Basilika, später gotische Hallenkirche (Länge 30,7 m, Breite 20,5 m). Drei Jahre Kreuzgewölbe. Schön skulpierte Schlußsteine mit Reichsadler, Blumen, religiösen Symbolen, Chor (12,6 m lang, 9,3 m breit) in drei Achteckseiten geschlossen, mit drei Jochen von Kreuzgewölben zwischen Gurtbögen. Pfeiler vierkantig. Turmhalle vom Schiff aus durch zwei Rundbögen zugänglich. Nördliche Sakristei mit drei Jochen Kreuzgewölbe und Dreiachtelschluß gegen Osten. Ein Schlußstein mit Nikolausfigur und Zahl 1490, ein anderer mit Namen des Erbauers Heinrich Wilde von Lüneburg, ein Dritter mit aus dem Walfische kommenden Jonas. (Vgl. auch im Kapitel „Dom“.) Südliche Sakristei mit schlichtem rippenlosem Kreuzgewölbe. — Die alten gotischen Fenstermaßwerke in der Kirche 1776 entfernt; statt ihrer reizlose neugotische. — Entwurf zum Neubau der Türme von Professor Bestelmeyer 1919. Altäre. Ehemals 13 Altäre mit 14 Vikarien. — Jetziger Altar ein zweistöckiger Renaissance-Aufbau um 1600 von dem Nordhäuser Bildhauer Christoph Kapup, von dem auch die Kanzel des Magdeburger Domes ist; die von K. hinterlassenen Teile der Nordhäuser Kanzel wurden 1646 durch Johann Duck zusammengesetzt. Werkstoff Alabaster. Anordnung: Predella mit Reliefbild des Gebetes am Ölberg. Beiderseits eine Inschrift. Mittelteil dreiteilig als Nachklang der gotischen Flügelaltäre. Mittelfeld mit Relief des letzten Abendmahles. Einfluß des Lionardoschen Abendmahles fühlbar. Die Seitenteile des Mittelbaues von je zwei mit korinthischen Kapitellen bekrönten Säulen flankiert. Dazwischen die Figuren des hl. Petrus und Paulus in Muschelnischen. Oberhalb eines kräftigen verkröpften Gebälkes vermitteln zwei, in je einer großen stilisierten Rose endende Voluten den Übergang zum schmäleren oberen Aufsatz. Hier ein figurenreiches Reliefbild der Kreuzigung Christi. Der rechte Schächer fehlt. Rechts und links von dem Relief die Vollfiguren des Glaubens und der Stärke. Auch bei ihnen, wie bei den zwei Aposteln, unverkennbarer Einfluß italienischer Vorbilder. Als bekrönende Figur ganz oben der triumphierende Erlöser. Kanzel. An der Nordseite des Choreinganges. Um 1590. Prachtvolle Arbeit. Wirkungsreicher Fries von sieben Reliefs, die durch Säulen, auf denen Engel stehen, getrennt sind. Unterhalb der Reliefs ornamentierte Füllungen; untere Kante des Kanzelkörpers mit Blumengehängen geschmückt. Träger: ein mit Blumen reich gezierter viereckiger Pfeiler; er ersetzt eine bis 1726 vorhanden gewesene Figur des Simson. Die Reliefs zeigen innerhalb flachbogiger Nischen von links nach rechts: St. Jakobus den Älteren; St.Andreas; Moses, auf einer Kugel sitzend, zeigt mit der erhobenen rechten Hand auf die eherne Schlange; vor ihm am Boden liegend ein kranker Jude, im Hintergrund eine geöffnete Pforte, darüber der brennende Busch; ein älterer Mann, auf einer Kugel stehend, händigt einem Boten einen Brief ein (David verschickt den Uriasbrief ?); Gott mit dem Buche der Ewigkeit (vielleicht auch die Verkörperung der Prophetie des Alten Bundes), umgeben von den Sinnbildern der vier Evangelisten; Verkündigung des Evangeliums an die in Gestalt eines vor dem Kreuze knienden Jünglings personifizierte Menschheit; der Prophet Jeremias. — Kein Schalldeckel. Taufgestell, reiche Holzschnitzerei im Stile der Kanzel. Gestiftet durch den Bürgermeister Andreas Michael 1588. Sechsseitiger Bau; an einer der Seiten eine für eine Inschrift bestimmte Kartusche, an den andern Seiten Hochrelieffiguren des hl. Paulus und der vier Evangelisten. Prächtig gearbeiteter Deckel. Betstübchen. Verglast. Die Fenster von Säulchen flankiert. Reich geschnitztes, durchbrochenes Ornament mit Blumengehängen, Wappen und Genien als Bekrönung. Vornehme Färbung in Weiß, Blau und Gold. Anfang 18. Jahrhunderts. Orgel. Anfang 18. Jahrhundert. Prächtig gearbeiteter Prospekt/ mit reicher Ornamentierung und zahlreichen Figuren (König David und andere). Bildwerke. Muttergottesfigur. Maria gekrönt, mit dem Kinde, auf Mondsichel stehend (Immakulata). Holzschnitzerei. Höhe 1,4 m. Feine Biegung des Körpers. Großzügige Faltenführung, Lichter und Schatten kräftig herausgearbeitet. Gesicht der Jungfrau mit wenig Ausdruck. Sächsisch-thüringische Schule des ausgehenden 15. Jahrhunderts. — Kruzifixus, an Nordwand des Chores. Strahlennimbus, das Kreuz darin durch Lilien angedeutet. Frühes 16. Jahrhundert. — Kriegerdenkmal zu Ehren der im Weltkriege gefallenen Mitglieder der Gemeinde. Mit monumentaler Relieffigur einer trauernden Frau. Grabmäler. An äußerer südlicher Chorwand kleine Bronzeplatte zum Gedächtnisse des 1577 daselbst ermordeten Lorenz Gassemann, der vor dem Kruzifixus kniend dargestellt ist. Im Hintergründe eine Stadt. Inschriften. — Epitaph der Elisabeth Schneidewin, Gattin des Juristen Johann Stromer, von ihm gestiftet 1596. Malerei auf Holz. Unten Darstellung der Familie. -— Epitaph des Historikers Dr. Konrad Frommann († 1706) und seiner Gattin Maria Magdalena von Müllen-heim, einer Elsässerin († 1683). Großes Marmorwerk. Hauptdarstellung im Mittelfelde: Relief der Grablegung Christi. Nebendarstellungen: Gekreuzigter und Himmelfahrt Christi, darüber die alttestamentliche typologische Szene der Himmelfahrt des Elias. Dazu die Figuren der Caritas und Doctrina (Liebe und Gelehrsamkeit); symbolische Andeutungen des Opfertodes und der Auferstehung Christi (Pelikan; Phönix), Reliefbüsten des Ehepaares. Große Widmungsinschrift auf einem Tuche. — Epitaph des Johann Georg Wilde (| 1664). Epitaph des August Sigismund Wilde (| 1676). Epitaph des Bürgermeisters Johann Ernst Lerche († 1774). Alle drei weniger bedeutende Arbeiten. Kunstgegenstände. (Jetzt im Städtischen Museum): Mit kräftigem Rankenornament bemalter Schrank 1664. — Etwa gleichalterig drei Alabasterstatuetten (Christus als Besieger des Teufels, Johannes der Täufer, Moses). — Figur Simsons, ehemals Träger der Kanzel. — Grabmal des Stadtschultheißen Johann Heinrich Stender und seiner Gattin. Liegende Gestalten unter einer mit den Figuren Christi und zweier weiblichen Genien geschmückten Barockarchitektur. Lateinische Inschrift. Holzschnitzerei von Conrad Warlich 1709. — Alabastergrabmal des Bürgermeisters Christian Ernst Offeney († 1724) und seiner Gattin. Die Porträts in Relief. Goldschmiedewerke. Von dem einst der Kirche gehörenden Schatze sind noch eine Hostienbüchse, zwei Weinkannen und acht Kelche vorhanden. Die ersteren drei Gegenstände Silber, Blumen, Blätter, figürlicher Schmuck in getriebener Arbeit. Ende 17. Jahrhunderts; die Büchse 1680. — Von den Kelchen einer im Stadtmuseum: Höhe 19,5 cm; prächtiger Juwelenschmuck; Inschrift mit Namenangabe der drei Stifter und ihrer Frauen. Spätgotisch. Noch in der Kirche befindlich: einer von 1443; Stifterinschrift; — einer um 1450, auf den Feldern des (wie auch bei den übrigen bisher genannten Kelchen) im Sechspaß gezeichneten Fußes Gravierungen; keine Inschrift; — ein Kelch mit rundem Fuß, sieben Medaillons, Majuskelinschrift mit Stifternamen; — einer von 1351, am sechsteiligen Fuße Edelsteine in unbeholfen geformten Kästchen um kreisrunde, figürlich geschmückte Medaillons herum; — einer von 1463, mit Stifterinschrift; — einer von 1478, gestiftet vom Nordhäuser Bürgermeister Pampelun; Ende 15. Jahrhunderts; ein Seitenstück zu dem vorigen; — ein Kelch um 1600. Ehemalige Kirchen und Kapellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Siechenhofkapelle des hl. Cijriakus. Errichtet 1284 als einschiffiger Bau mit Dachreiter und im halben Sechseck geschlossenem Chore. Gehörte zu dem Siechenhofe. Abbruch 1823. Neubau 1845—1846; Fach werk, verputzt. Kunstgegenstände. Jetzt alle im Städtischen Museum. Aus der 1859 abgebrochenen Martinikapelle in die Cyriakuskapelle überführt wurden seinerzeit neun messingne Grabplatten, sowie ein Teppich. Die Grabplatten, bis auf eine gegossene, die in Relief ausgeführt ist, sämtlich mit gravierten Darstellungen bedeckt. Die Gravierungen stellen dar: Johannes und Simon Segemund, die das Martinshospital gegründet haben; — Heinrich von Werther; — Hermann von Werther d. Ä.; — Hermann von Werther d. J.; — Katharina von Werther; — Heinrich von Urbach d. Ä.; — Heinrich von Urbach d. J.; — Kaplan Jakob von Immenhausen. Die Reliefplatte zeigt die Figur des Priesters Heinrich Salemer. Zeit der Ausführung der Segemundschen Platte nach 1412. Die auf den übrigen Platten dargestellten Personen sind in den Jahren 1393 bis 1397 gestorben. Doch läßt die Verwandtschaft der künstlerischen Gestaltung die Vermutung zu, daß auch ihre Grabplatten mit der Segemundschen annähernd gleichzeitig ausgeführt sind. Niedersächsische Schule. Die Personendarstellungen bieten Interesse als Denkmäler früher Porträtkunst, sowie als Kostümfiguren. Die bedeutendste der Platten ist die der Brüder Segemund: Bordüre mit Minuskelinschrift, die Ecken durch die Evangelistensymbole betont; die beiden Männer kniend unter spätgotischer Architektur, mit zwei Spruchbändern. Oben Engel, Rauchfässer schwingend, unten das Segemundsche Wappen. Zeichnung der Personen, Architekturen und die phantastisch verzierten Inschriften durchweg von geübter Hand. Von der Platte des jüngeren Heinrich von Werther fehlt unten ein größeres Stück. Die Reliefplatte besitzt geringeren künstlerischen Wert. Die ganze Sammlung gehört in ihrer Art zu den größten Seltenheiten in Deutschland. — Der Teppich ist als jüngeres Gegenstück zu jenem aus der Petrikirche (s. oben) interessant. Auch er ist aus wechselnd roten und blauen Tuchquadraten (je vier) zusammengesetzt. Darauf in Stielstich Wappen und Ornamente. Bordüre schwarz mit gestickten Ranken. Länge des Teppichs 2,3 m. — In das Stadtmuseum verbracht sind Fragmente zweier Brokatstoffe, im 13. Jahrhundert in Lucca angefertigte Nachahmungen arabisch-sizilianischer Webereien. Grund des Gewebes golddurchwirkt, darüber figürliche Muster in Braun und Blau: auf dem einen eine von Wasser umgebene Burg, angegriffen von Schlangen und Phönixen, die in Bäumen sich aufhalten, verteidigt von zwei Löwen; auf dem andern ein Kampf zwischen Jagdhund und fliegendem Phönix; groß stilisierter blühender Baum. Beide Stücke mit arabischen Inschriften, von denen immer eine das Spiegelbild der andern ist. Die Fragmente dürften von einem liturgischen Gewände stammen. Die Hospitalkirche St. Martini. Gründung des Martinhospitals durch die Brüder Segemund (s. Cyriakuskapelle) 1389. Die Martinskirche gehörte mit ihrem hohen Turme, dessen Pyramide (wie bei den Türmen von St. Petri und St. Jakob) von vier kleinen Ecktürmchen umgeben war, zu den die Stadtsilhouette charakterisierenden Gebäuden. Abbruch des Turmes 1808, der ganzen Kirche 1833. Übertragung mehrerer, der Kirche gehörigen Ausstattungsstücke in die Cyriakuskapelle (s. daselbst). Aus der Martinikirche in das Stadtmuseum übergegangen sind außer den schon bei der Cyriakuskapelle erwähnten Gegenständen: eine Kreuzigungsgruppe, sowie ein Ecce homo, beide spätgotisch. Das Hospital St. Elisabeth. Am Domberge. Gegründet 1436. Kapelle abgebrochen 1828. Das Hospital St. Georg. Ecke Kornmarkt und Töpferstraße. Kapelle gegründet 1289, ein Vikar daselbst noch 1532, Untergang beim Brande 21. August 1612. Die Aegidienkapelle befand sich im Altentore (Äußeres Barfüßertor). Zuerst erwähnt 1299. Als gottesdienstliches Gebäude außer Gebrauch seit 1437, seitdem allmählich zugrunde gegangen, während das Altentor noch lange verblieb. Ehemalige Klöster und Klösterhöfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Barfüßerkloster. Eine Franziskanerkirche verbrannte schon 1234. Die Kirche hieß dank einer alljährlich daselbst verteilten Armenspeisung auch die „Spendekirche“. Bis auf einen zierlichen, in Fachwerk ausgeführten, begiebelten Torbau (1667) sowie Reste eines viereckigen Baues mit Spitzbogentür an der nördlichen, Fenster und Türresten an der südlichen Wand ist von dem Bau nichts übrig. Grabstein mit Wappen eines Gotsc[halk] 1353. Abbruch der Kirche begonnen 1651, durchgeführt erst 1805. Von älteren Kunstwerken besaß die Spendekirche eine größere Anzahl, über welche Urkunden von 1429 und 1481 genauere Auskunft geben. Erhalten blieben vier Figuren (zwei männliche und zwei weibliche Heilige), Arbeiten vom Ende des 15. Jahrhunderts, die in das Stadtmuseum gekommen sind. Das Dominikanerkloster. In der Predigerstraße. Gestiftet wohl 1287. Abwanderung der Klosterinsassen 1525. Die Gebäude, seitdem zu Schulzwecken bestimmt, hielten sich infolge einiger Ausbesserungen bis in das 18. Jahrhundert. Reste verblieben noch bis in die Zeit, da auf dieser Stelle das Gymnasium erbaut wurde. Das Augustinerkloster, gestiftet um 1300, war einst im Besitze eines an Kostbarkeiten reichen Kirchenschatzes, den, gleich jenem des Dominikanerklosters, nach der Reformation der Rat der Stadt in Verwahrung nahm, bis alles 1532 zur Türkensteuer verkauft wurde. Die Kirche brannte 1612 nieder. Der Walkenrieder Hof. Nachweisbar um Mitte des 12. Jahrhunderts. Die äußeren Quadermauern und zwei Gewölbe noch erhalten. Kapelle seit der Reformation allmählich zugrunde gegangen. Der Walkenrieder Hof ist jetzt Hauptzollamt. Weiter zu erwähnen der Ilfelder Hof. Mauern sowie einige Innenräume noch erhalten. Der Hof des Deutschen Ordens, erwähnt 1307, aufgegeben um 1500, Lage nicht mehr nachweisbar. II. Weltliche Denkmäler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Stadtbefestigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die alte Stadtmauer hatte folgenden Verlauf (begonnen südlich vom Dome, der Stelle der Heinrichsburg): an der Westfront des Domes vorüber, außerhalb der Knabenmittelschule, hinter dem Spendekirchhof zum Bismarckdenkmal, an dem westlichen Rande der Promenade entlang zum Stadttheater und Friedrich Wilhelm-Platz (Töpfertor), der Linie der Sedanstraße westlich folgend, östlich hinter der Petrikirche zum „Rühmen“, dann an dem Nordostrande des Primariusgrabens über die Kutteltreppe hinweg zur Bäckerstraße und zum Dome. Das romanische Tor unweit des Domes (vgl. „Heinrichsburg“) ist von allen Nordhäuser Toren das einzige, das erhalten geblieben, aber dabei seiner Bestimmung entzogen ist. 1430 hatte Nordhausen acht Tore: das Altentor; die Wasserpforte; das Neuwegstor (zu dem von Norden und Süden der jetzige „Neue Weg“ gleich einer doppelläufigen Rampe emporzog); die Kuttelpforte; das Rautentor; das Sundhäusertor; das Bielentor; das Töpfertor. Das zuletzt genannte erhielt bis 1480 von allen die stärkste Befestigung. Geschmückt war das Töpfertor mit einer in Holz geschnitzten Gruppe der Kreuztragung Christi (jetzt im Stadtmuseum). Von dem Rondell der Befestigung des Töpfertores sind seit 1833 nur mehr die (unzugänglichen) Kasematten übrig. Außer den Toren waren vorhanden sieben große Türme, 24 halbe (nach der Stadtseite offene, sogenannte Wichhäuser) und zwei Bollwerke. Beseitigung der meisten Türme und Verschüttung der Gräben besonders im 18. und 19. Jahrhundert, um Promenaden und Gärten Platz zu machen. (Der „Primariusgraben“ ist ein alter Zwinger.) Der große Turm am Dome wurde ein Teil des Lügengebäudes. Hohe Futtermauer an der Barfüßerstraße, an welcher bis 1873 der ansehnliche Barfüßertorturm stand, sowie besonders an den Treppen, die von der unteren zur oberen Stadt führen. Nahe dem Dome der Überbleibsel eines fünfeckigen Turmes (mit dem für Anlagen von solcher Zeichnung im Mittelalter gebräuchlichen Namen „die Rose“). Besonders gut erhalten ist die Stadtmauer nebst einigen Türmen am Petersberge (auf dem „Rähmen“). Großes hufeisenförmiges Bollwerk, der mit einem Kegeldach eingedeckte „Judenturm“, so genannt, weil sich in seiner Nähe (bis 1588) ein Judenfriedhof befand, ferner wegen mehrerer jüdischer Begräbnistafeln, die in ihn eingemauert sind. Sie stammen aus den Jahren 1416, 1425 und aus der Pestzeit der Jahre 1438 und 1439. Die Inschriften sind schwer, zum Teil gar nicht mehr lesbar. Übersetzungen von Dr. Heinrich Stern (Geschichte der Juden in Nordhausen; 1927). Bei dem Judenturme soll 1349 die große Juden Verbrennung stattgefunden haben. Gute Erhaltung der Stadtbefestigung auf der Strecke Friedrich Wilhelmsplatz, Hagentor, Barfüßerstraße. Hauptstück der Gärtnerturm (1480) nahe beim Stadttheater; vorkragendes Obergeschoß, Kegeldach. Im ganzen noch vollständig oder teilweise erhalten sind 20 Türme, sowie etwa 1½ Kilometer der Stadtmauer. Von den einst die Stadt umringenden sechs Wachttürmen existiert noch ein runder, etwa ein Kilometer vom Spendekirchhof entfernt. Das Rathaus und der Roland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rathaus. Erste urkundliche Erwähnung auf einer am jetzigen Rathause angebrachten Inschriftplatte von 1360. Doch ist für die Errichtung eines Rathauses sicher ein wesentlich früherer Zeitpunkt anzunehmen, eine Vermutung, die durch die Gleichheit des Bauwerkstoffes einzelner Stellen mit jenen des ältesten romanischen Teiles der Nikolaikirche unterstützt wird. Zugleich wird dadurch bewiesen, daß das Rathaus von Anfang an auf der gleichen Stelle sich befunden hat wie noch jetzt. Wie üblich, gehörten in den alten Städten Rathaus und Stadtpfarrkirche eng zusammen; ersterem gebührt sein Platz auf dem Markte, der letzteren mindestens einer in der nächsten Nähe des Marktes, so daß beide zusammen den Mittelpunkt der weltlichen und geistlichen Verwaltung der bürgerlichen Ansiedlung bilden. So auch in Nordhausen. Nordöstlich vom Chore der Nikolaikirche stand ehemals die alte Wage oder „Brotlaube“, südwestlich vom Rathause befindet sich jetzt der Holzmarkt. Wahrscheinlich war in ältesten Zeiten der freie Bezirk oder Markt, auf dem das Rathaus stand, beträchtlich größer als heute; er ist erst im Laufe der Zeiten durch Anlage von Häuserblocks geteilt worden, eine in alten Städten häufig zu beobachtende Erscheinung. Inmitten dieses geräumigen Bezirkes, an dessen östlicher Grenze das Hospital St. Georg (Ecke der Töpferstraße und des ehemals als selbständiger Platz noch nicht existierenden Kornmarktes) sich befand, standen also Rathaus und Kirche. Daß ersteres gleichzeitig als Kaufhaus gedient habe, läßt sich als typischer Brauch annehmen, wird auch fast zur Gewißheit dadurch, daß das 1360 nachgewiesene Rathaus den gleichen Zweck mit erfüllt hat. Dieses Rathaus von 1360 ist ein Um- oder Erweiterungsbau des ältesten gewesen. Von seinem Aussehen gibt die erwähnte Inschrift Nachricht: es sei schön, mit Fenstern versehen, von angemessener Höhe, beherberge auch eine Kapelle. Erbaut sei es durch Hermann von Werther (vgl. oben „Martinikirche“), Siegfried Kremer (vgl. oben „Petrikirche“) und Ludwig Burner. Man kann aus der Betonung der baulichen Vorzüge dieses Rathauses von 1360 heraushören, daß man es mit Stolz als etwas Vollkommeneres ansah, denn was das alte Rathaus gewesen war. Der Umbau war offenbar erfolgt, weil dieser alte Bau unscheinbar, niedrig (vielleicht nur eine ebenerdige Halle), auch im Innern schlecht belichtet war und den gesteigerten Ansprüchen der Verwaltung und des Handelsverkehrs nicht mehr genügte. Auch die Anlage einer Kapelle für die Ratsmitglieder mutet in diesem Zusammenhänge wie eine Neuerung an. Das Rathaus erlebte also 1360 bereits mindestens den zweiten seiner Bauzustände. Fast genau zweihundert Jahre später, 1562, war es wieder so weit, daß Änderungen und namentlich durchgreifende Ausbesserungen des Gebäudes dringend notwendig wurden. Die Ratsmiglieder fühlten sich in dem baufälligen Hause nicht mehr ihres Lebens sicher und verlegten darum ihre Tagungen zunächst in den oben genannten Walkenrieder Hof, von da 1569 in die „Brotlaube“ (abgebrannt 1612). Einzelnes wurde auch in dieser Zeit getan, wovon die spätgotischen Formen mehrerer Türen noch jetzt Zeugnis ablegen. Endlich kam es 1608 zu einem größeren Umbau, dessen Vollendung sich bis 1610 hinzog. Zu den hohen Kosten erhielt man Privatbeiträge. So spendete ein wohlhabender Bürger nicht weniger als 1500 Meißener Gulden. Das Rathaus behielt auch in diesem dritten seiner Bauzustände den typischen Charakter der Vereinigung von Kauf und Verwaltungsgebäude bei, auch gingen Teile des alten Baues in den neuen über, während das Ganze als Renaissancebau doch fast einer Neuschöpfung gleichkam. Alt sind u. a. der untere Teil des Treppenturmes mit dem Portale sowie die Ecke, an welcher der Roland steht, ferner die Wand mit den gotischen Türen. Eine Längsmauer zieht sich durch die Mitte des ganzen Gebäudes; auf ihr ruhen die Säulenstellungen der beiden Obergeschosse. Die derart im Untergeschosse abgeteilte südliche Halle diente ehemals dem Kaufverkehr; sie öffnete sich mit fünf großen Bögen gegen den Markt und gab dem Bilde des Rathauses ein malerisches, charakteristisches Gepräge. Bei den Veränderungen im Jahre 1883, die einen vierten Bauzustand schufen, wurden diese Bögen geschlossen, die einstige große Kaufhalle durch Zwischenwände in Zimmer aufgeteilt, während man die alten Kreuzgewölbe bestehen ließ. An der westlichen Seite eine zu der alten Halle führende doppelte Freitreppe. Trotz der Veränderungen ist der Eindruck des Rathauses noch immer bedeutend. Er beruht wesentlich auf der Ruhe der in den Obergeschossen gleichmäßig angeordneten gekuppelten Fenster und dem Reize des polygonal aus der Mitte der Südfront heraustretenden Treppenturmes mit seiner in zwei verjüngten Absätzen aufsteigenden, fein gezeichneten Laterne. Im westlichen Teile des ersten Obergeschosses befindet sich ein Raum, der früher die „Regimentsstube“ hieß. Die Stuckdecke neu (1927). Ein über zwei Meter langes, fast einen Meter breites Ölgemälde besitzt mit seiner Darstellung des Aussehens Nordhausens im Jahre 1674 beträchtlichen historischen Wert. Stifter: der Nordhäuser Bürger und Maler Anton Franz Gebhard Stolberg. Im gleichen Saale hängen die Bildnisse der Kaiser Karl IV., MaximilianL, Ferdinand III., Leopold I., Andenken an die Zeit der Reichsunmittelbarkeit; die Maler der Bilder sind nicht festzustellen. Im zweiten Obergeschoß ein schöner Rokokokamin (1733) mit Einfassungen aus Marmor und dem vergoldeten Wappen Nordhausens. Besonders volkstümlich und originell ist der am Ende der Südwestseite des Rathauses aufgestellte Roland. [Er ist der Nachfolger zweier älteren Figuren, die nacheinander bis zum Jahre 1717 unter dem gleichen, aus dem 16. Jahrhunderte stammenden Glockendächlein ge-* standen sind, das den Roland noch heute beschirmt. Ein Roland in Nordhausen ist zuerst beglaubigt aus den Jahren 1441 und 1458. Eine Beschreibung aus dem Jahre 1708 stellt die Erscheinung der Nordhäuser Figur als von anderen Rolanden durchaus verschieden dar. Er war „wohl auspoliert, geharnischt und hat ein Schwerdt und Helm angetan“. (Melissantes, Geographia novissima.) Er stand also in Ritterrüstung da. Eine solche Figur kann nicht der gotische Roland gewesen sein. Dieser ist also 1708 nicht mehr vorhanden, sondern durch einen von späterer Entstehung ersetzt gewesen, und zwar vermutlich ist dies spätestens geschehen, als das Rathaus am Anfänge des 17. Jahrhunderts seinen großen Umbau erlebte. Immerhin hatte man vor dem alten Wahrzeichen so viele Achtung bewahrt, daß man wenigstens den Platz, den es eingenommen hatte, die Südwestecke des Rathauses, mit, dem Abbruch verschonte. Dorthin stellte man nun den neuen Ritter, dem man das noph jetzt vorhandene alte Glockendach gab. Die Rüstung dieses Ritters muß also der Plattenharnisch der Spätrenaissance gewesen sein. Dieser zweite Roland wurde 1717 entfernt, aus welchem Grunde, ist nicht ersichtlich. Um ihn aber nicht zugrunde gehen zu lassen, übertrug man ihn an den Giebel des „Riesenhauses“, (las diesen Namen, sicher nebst einem entsprechenden Rüde, schon von alters her getragen hatte und in neuerer Zeit öfter zu Ratssitzungen benutzt worden war, also eine Art von offizieller Bedeutung erlangt hatte. Bei dem Brande 1710 ging das Riesenhaus mit zugrunde, wurde aber sehr bald wieder aufgebaut, wobei man ihm den gewaltigen Rolandsritter, auf den jene Beschreibung bestens paßt, zum Schmuck überließ. Die Lanze ist nicht ursprünglich, statt ihrer muß er ehemals das ausdrücklich erwähnte Schwert mit beiden Händen gehalten haben.] — Der jetzige Roland, 1717 (Jahreszahl am Gürtel). Naiv volksmäßige Arbeit. Bis zu den Knien reichender roter, längs der Brust mit gelben Besätzen versehener Rock, der vor den Schenkeln auseinander klappt, weißes Futter. Am Gürtel die Scheide des Schwertes, das der Roland in der rechten Hand schwingt. Das lockige Haupt ist gekrönt, das starr blickende, runde Gesicht mit Schnurrbart. Die Linke stützt sich auf den Schild mit dem gekrönten, einköpfigen Adler. Das alte Glockendach trägt auf seiner Spitze einen Pelikan, der seine Jungen mit seinem Blute belebt. Aus dem Rathause ist eine Anzahl ältere Kunstgegenstände in das Städtische Museum überführt worden. Zu ihnen gehört ein 1564 von einem Maler M. K. (Marcus Kräger ?) angefertigtes Muttergottesbild von feinstem Reize. Höhe 0,76 m, Breite 0,52 m. -—- Gleichfalls aus dem Rathause stammen zwei mit rheinischem Grubenschmelze bedeckte Kupfertafeln, die ehemals zum Schmucke .irgendwelcher kirchlicher Gegenstände gedient haben. Die größere Platte rechteckig (Höhe 24, Breite 11 cm, Plattendicke 2,5 mm). Der Gekreuzigte zwischen Maria und Johannes. Beide Füße nebeneinander auf dem breiten Suppe-daneum (Fußstütze) angenagelt, doch so, daß das linke Bein vor dem rechten ein wenig hervortritt und dieses zum Teil verdeckt; also Übergang zu der späteren Auffassung, die beide Füße übereinander stehen läßt. Der obere Kreuzesast bis an den Bildrand verlängert, Titulus in zwei Zeilen, oben die vom Kreuznimbus umgebene Hand Gottvaters, aus Wolken auf den Sohn herniederweisend. Rechts und links je ein großgeflügelter Engel in Dreiviertelfigur auf Wolke und Regenbogen stehend. Rechts und links vom Haupte Christi sprießen aus dem Kreuzesholze frische Triebe. Unten Auferstehung der Toten, angedeu-det durch einen Mann (Adam), der zwischen Bergen bemüht ist, sich aus seinem Sarge zu erheben und dabei flehend die Arme zum Heilande erhebt. Hintergrund von zwei Horizontalstreifen unterbrochen, zwischen denen Rosetten verteilt sind. Grund dunkelblau, Rosetten dunkelblau mit grün und gelb oder mit hellblau und weiß. Nimben der drei heiligen Personen blau und weiß, der Engel grün und gelb. Regenbogen blau, Wolken grün, weiß und blau. Die Horizontalstreifen blau, Kreuz grün (als „Baum des Lebens“, daher auch die jungen Triebe), Suppedaneum blau, Titulus rot. Die Köpfe der Engel, Maria und Johannis, sowie die ganze Figur des Heilandes sind in Kupfer gegossen und aufgenietet. Wir sehen einen späten Nachklang jener Stilauffassung, welche es liebte, wichtigste Teile der Darstellungen stark aus dem Grunde heraustreten zu lassen. Man erinnere sich der Hildesheimer Werke aus der Schule St. Bernwards. Gemildert erscheint jene Auffassung noch auf der Nordhäuser Emailtafel, die an das Ende des 11. Jahrhunderts zu setzen ist; als Gegend der Entstehung ist das Rheinland anzunehmen. Ein durchaus entsprechendes Stück im Museo civico zu Pavia; dort fälschlich für Limousiner Erzeugnis erklärt und zu spät datiert. — Das andere Stück ist eine kreisrunde Platte (Durchmesser 7,2 cm) mit Darstellung eines Mannes im Kampfe mit einem Löwen. Gemeint ist wohl Simson. Er ist in kurzes enges Gewand und straff anliegende Hosen gekleidet, gestiefelt, barhäuptig; bewaffnet mit langem Schwert und stark gewölbtem Schilde. In lebhafter Bewegung dringt er auf den Löwen ein, der ihm mit dem Rücken zugewandt ist, also fliehen will, aber den hundeartigen Kopf gegen den Mann zurückwendet. Als Löwe ist das Tier aber gekennzeichnet durch die um den Hals und auf dem Rücken angedeutete Mähne. Auch bei den Tatzen Versuch, die Natur nachzuahmen. Der Schweif geht in ein merkwürdiges rautenförmiges Ornament aus. Der Kopf des Mannes ist gegossen und aufgenietet. Grundfläche blau, belebt durch kleine und große Rosetten, sowie durch eine zwischen Mann und Tier eingefügte Raute. Die Rosetten zum Teil vergoldet, die größte rot, grün und weiß. Desgleichen die Raute sowie der Schild. Gestalt des Mannes vergoldet, ebenso ein großer Teil des Tierkörpers, der außerdem rote, grüne und gelbe Emaillierung zeigt; gleichermaßen ist der Schweif gefärbt. Das Ganze ist von einem schmalen, vergoldeten, mit Zickzackornament gezierten Metallstreifen eingerahmt. Die viereckige und die runde Platte gehören nach Technik, Zeit und Entstehungsart zusammen. — In das Stadtmuseum gekommen sind ferner mehrere Münzstempel, darunter solche von großer Seltenheit, mit denen Brakteaten geprägt wurden; außerdem alte Gewichte (das größte von 1362, also kurz nach Erneuerung des Rathauses). — Weiter eine Sammlung von Stadt- und Klöster-Siegelstempeln. — Endlich als historisches Denkmal ein aus Holz geschnitzter gekrönter Adler oder vielmehr der seltsam aussehende Torso eines solchen. Dieses volksmäßig „der Vogel“ genannte Wahrzeichen wurde 1365 vor dem Neustädtischen Rathause an der Grenze zwischen der Ober- und Unterstadt auf einer Säule aufgestellt; der Ring in dem Schnabel versinnbildlicht die Vereinigung beider. Der Straßenname „Vor dem Vogel“ hält die Erinnerung an Ereignis und Zeichen noch heute fest. Fachwerkhäuser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch Nordhausens Stadtbild ist ehemals wesentlich durch den Reichtum an Fachwerkbauten bestimmt gewesen. Zeugnis hierfür legen die verschiedenen gewaltigen Stadtbrände ab. Von Wohnhäusern ist aus älteren Zeiten nur mehr eine verhältnismäßig geringe Anzahl übrig. Bis zu welcher Höhe künstlerischer Vollendung sich der Fachwerkbau in Nordhausen einst erhoben hat, läßt sich nicht mehr sagen. Immerhin genügen die verbliebenen Reste, um zu beweisen, daß Nordhausen an allen Entwicklungszeiten des Fachwerkbaues Anteil gehabt hat. Daß es dabei einen eigenen Stil herausgebildet hat, ist übrigens kaum wahrscheinlich nach den erhalten gebliebenen Beispielen, die von dem mittel- und niederdeutschen, in der Spätzeit auch dem süddeutschen Typ nicht abweichen. Die früheste nachweisbare Fachwerktechnik in Deutschland zeigt bereits eine so große Vollendung, daß sie nicht die erste, ursprüngliche sein kann. Beispiele der Vorstufen sind nicht erhalten. Jener Zustand, den das älteste Fachwerkgebäude Nordhausens aufweist, tritt uns noch jetzt vereinzelt auch in anderen alten Städten Deutschlands vor Augen. Er hat die Eigentümlichkeit, daß die senkrecht stehenden Balken („Stiele“) vom Sockel durch mehrere Geschosse aufwärts steigen. Die Geschoßeinteilung ist dann je nach Bedarf in der Weise hergestellt, daß die Deckenbalken von innen in die Stiele eingezapft und die Zapfen äußerlich durch Holzpflöcke am Zurückweichen verhindert wurden. Ein Beispiel solcher Art ist der innere Flügel des Frauenberger Klosters. Da dieses in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegründet wurde, so erhalten wir dadurch einen zeitlichen Anhalt dafür, wann jene altertümliche Technik im Gebrauche war. Sorgfältigere Ausführung desselben Types zeigt die Rückseite des um etwa anderthalb Jahrhunderte jüngeren Hauses Altendorferstraße 3. (Interessant daselbst auch die Diele mit ihrem musivischen Fußbodenbelag.) Geschoßeinteilung zeigt bereits die „Finkenburg“ (um 1400), die in Verfall geraten war und neuestens in Herstellung wiedererstanden ist. Auf die sehr altertümlichen Konstruktionen im Innern sei besonders aufmerksam gemacht. Den Übergang zu den Fach werkbauten vollendeter Konstruktion bildet der Straßenflügel des Frauenberger Klosters (um 1450). Hoher Unterbau aus Quadern, zweistöckiger Fachwerkoberbau und steiles Dach mit Aufzuglucken. Die alten kleinen Zimmer sind noch unverändert mit ihren spitzbogigen Türen und dem Bohlenbelag ihrer Wände. Am interessantesten die sogenannte „Kommunstube“ (vgl. oben „Die Frauenberger Kirche“). Bei den Bauten der späteren Gotik und der Renaissance tritt die Inneneinteilung äußerlich durch die Vorkragung der Geschosse in Erscheinung. Sie hat den Vorteil, daß für die Straßenbreite größerer Spielraum geschaffen wird, während gleichzeitig die Obergeschosse an Bodenfläche gewinnen. Die alten Nordhäuser Wohngebäude stehen nicht mit dem Giebel, sondern mit der Dachtrauflinie gegen die Straße gewandt. Gleichwohl geht der Reiz der Begiebelung dank den in lange Fronten eingeschobenen spitzen Aufzuglucken nicht ganz verloren. Zur Belebung tragen die an den Saumschwellen, den Brüstungsflächen, den Dreiecksriegeln angebrachten Schnitzverzierungen (Schiffskehlen, Fächerrosetten u. dgl.) wesentlich bei. Treffliches Beispiel Domstraße 12. In den von einem älteren Bau übriggebliebenen massiven Unterbau führt ein großes, spitzbogiges Einfahrttor, neben ihm eine kleine spitzbogige Pforte. Das Fachwerkobergeschoß besitzt Dreifensterbreite. Unter den Fenstern Brüstung mit sieben Fächerrosetten. Andere Fachwerkhäuser aus der Mitte des 16. Jahrhunderts: Pferdemarkt 17; Barfüßerstraße 6; besonders wertvoll, auf süddeutsche Einflüsse deutend, Blasiistraße 21; ähnlich, aber kleiner Altendorf 22. Manche interessante Einzelheiten mögen noch hinter den Beschiefe-rungen verborgen sein, mit denen zahlreiche ältere Häuser überzogen sind. Bei den Fachwerkbauten der späteren Zeit wird die Vorkragung schwächer, verliert an Ausdruck, ebenso kärglich steht es mit dem Schmuck. Er findet in der Anwendung süddeutsch geschweifter Riegelhölzer statt der ehemaligen geraden sächsischen sowie in der immerhin kunstvollen Ausmauerung der Gefache nur einen mäßigen Ersatz. Bemerkenswerteste Beispiele der Spätzeit: das Torhäuschen zum Spendekirchhof (1667, s. oben); das Pfarrhaus von St. Jakobi (1687); das von St. Blasii; die Häuser Lofehmarkt 20 und 21; Waisenhausstraße 4 (1715—1717, Waisenhaus mit Kapelle); der Ratskeller (nach 1710, Pforte mit geschnitzten Blumen- und Fruchtornamenten); das Riesenhaus (s. oben); Lutherplatz 11 (mit wirkungsvollem Dacherker). In der Folge verschwindet der eigentliche Charakter des Fachwerkbaues mehr und mehr, derart, daß er in vielen Fällen zum Putzbau, oder nachgeahmten Werksteinbau wird, oder Beschieferung erhält, aus der das aufgelegte, oft recht zierliche Rahmenwerk der Türen und Fenster heraustritt. Besonders zahlreiche hübsche Beispiele der Spätzeit in der Neustadt, in der Krämerstraße 11, Engelsburg 10, Bäckerstraße 22, Hagenstraße 4 (klassizistisch). Künstlerisch beachtenswerte Türen u. a. Sandstraße 26, 28, Pfaffengasse 1, Neuer Weg 22. Wie behagliche, bei Wohlhäbigkeit bescheidene, künstlerisch feine Wirkungen auch die nachklassischen Zeiten des Fachwerkbaues im Stadtbilde lebendig zu machen wußten, zeigt eine aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts stammende Ansicht des Kornmarktes. In die schlichte Umgebung will der in keiner Weise heimatlich ansprechende Neptunbrunnen Rietschels (errichtet 1828) nicht hineinpassen. Steinbauten. Zu ihnen gehört das Vereinshaus mit schönem, von gekuppelten Säulen flankiertem, flachbogigem Portale; darüber ein Balkon mit zierlichem schmiedeisernem Gitter. Die Türleibung umgeben von reicher Rokokostukkatur. — Der klassizistische Logentempel, unter Benutzung eines halbrunden Turmes der Stadtmauer erbaut 1815. Bemerkenswert besonders die Treppenvorhalle mit der technisch vortrefflichen Treppe. — Das Stadttheater, Neubau 1913 bis 1917. Stil des Klassizismus. Innenbau zugleich neuzeitlich praktisch und künstlerisch vornehm. — Das Stadthaus, am Kornmarkte, 1910 entstandener Erweiterungsbau des alten Rathauses. Dreistöckig. Muschelkalk, Obergeschoß des gegen den Kornmarkt gerichteten Flügels Fachwerk. Brunnen und Denkmäler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die bis tief in das 19. Jahrhundert existierenden zahlreichen Brunnen sind leider sämtlich zerstört bis auf einen in der Barfüßerstraße beim Spendekirchhof. Die Brunnenfiguren jetzt im Museum in der Villa Becker. Der jetzt auf dem Kornmarkte stehende Brunnen ist Nachfolger eines solchen, der 1699 als Ersatz für einen noch älteren aufgestellt wurde; die Neptunsfigur 1828 von Ernst Rietschel. Neu Lutherbrunnen von Schüler; Baltzerbrunnen mit wassertrinkendem Wanderer von Jahn (1910). Denkmäler. Friedrich Wilhelm Wallroth, Botaniker; spätklassizistisches Werk mit kannelierter Sandsteinsäule, 1858; — Caritasdenkmal für Frau Zacharias, geb.Lesser, von Hirt-München, 1872; — Kriegerdenkmal (1880) für die Gefallenen aus den Kriegen 1864—1871; — Kaiser Friedrich, Reiterfigur von Börmel (1901); — Bismarck, von Schneider (1900); — Kriegerehrenmal, von Rödiger (1925), modern monumental. Das Stadtmuseum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine reichhaltige und überaus wertvolle Sammlung von Nordhäuser Altertümern kirchlicher und weltlicher Kunst, von Denkmälern der Ortsgeschichte sowie von naturwissenschaftlichen Objekten. Leitung: Dr. August Stolberg. Wir haben wichtige Gegenstände des Museums schon mehrfach erwähnt. Es lag darin kein systemloses Vorgreifen. Jedes dieser Werke war einst für die Stätte geschaffen, von der spätere Zeiten es entfernt haben. Wie man heute längst darüber einig ist, daß man solche Zusammenhänge nicht ohne triftige und zwingende Gründe auflösen soll, so hielten auch wir es ratsam, bei unserer Betrachtung jenen Zusammenhang wenigstens im Geiste wiederherzustellen. Freilich keineswegs durchweg, sondern nur für günstig gelagerte Ausnahmefälle. Die Sammlung des Nordhäuser Stadtmuseums ist erwachsen aus einer größeren Schenkung von Gegenständen künstlerischen und geschichtlichen Wertes, mit der sich ihr Eigentümer, der Antiquar Hermann Fischer 1876 um die Stadt verdient machte. Hatte zuerst ein Zimmer in der Höheren Töchterschule zum Unterbringen der Sammlung genügt, so mußte man schon 1892 in das Schulgebäude Predigerstraße 1 übersiedeln. Am 5. Oktober 1901 fand die 25jährige Jubelfeier, 1907 die Übersiedlung in das Gebäude Friedrich Wilhelmplatz 8 statt. Dort befindet sich der größte Teil der Sammlungen noch jetzt, während ein anderer Teil, vor allem die sogenannten Stilzimmer, in das von der Stadt erworbene Beckersche Grundstück in der Osterstraße übertragen sind, und dort ein ihrer Bedeutung würdiges Heim gefunden haben. Die kunst- und kulturgeschichtlichen Gruppen umfassen Erzeugnisse von den ältesten Epochen bis zu der Grenze der Gegenwart, von der jüngeren Steinzeit bis zum Klassizismus. Die kunstgewerbliche Sammlung, deren wesentlichste Teile in den Stilzimmern vereinigt sind, beginnt mit Gegenständen aus der Zeit der hohen Gotik, also vom 14. Jahrhundert bis in den Anfang des 16. und gibt weiter Einblick in die künstlerische Kultur der Renaissance, des Barock und der folgenden Epochen bis zum Ausgange des Biedermeierstiles. Auf Einzelheiten dieser sehr umfangreichen Abteilung einzugehen, ist hier nicht möglich. Aus der Gruppe der kirchlichen Kunst nennen wir als noch nicht erwähnt die überaus kostbaren Bestände eines Fundes, der 1911 in dem Schreiberschen Hause, Töpferstraße 7, gemacht wurde. Die Gegenstände haben ohne Zweifel einer Kirche oder einem Kloster gehört (wahrscheinlich Himmelgarten) und dürften vergraben sein, um sie vor der Raubsucht der Bauern zu retten. Außer einer Anzahl von kleineren Stücken sind es drei Kapseln, fünf Kelche nebst Patenen und ein silbernes Weihrauchfaß, alles wundervolle Arbeiten aus dem 14. bis 15. Jahrhundert. Von gotischen Figuren des Museums sei ein stehender Apostel wegen monumentaler Zeichnung erwähnt. — Der Waffensaal enthält außer einer Fahnensammlung zahlreiche Angriffs- und Abwehrwaffen vom Mittelalter besonders aber vom 16. Jahrhundert an, übrigens nicht nur nord-’ hausische, sondern auch Gegenstände aus fremden Ländern und primitiven Kulturkreisen. — Sehr reich und von großem kunstgeschichtlichem, daneben technischem Werte, ist die Sammlung von Nordhäuser Haus- und Handwerksaltertümern, über die Dr. Stolberg eine Sonderschrift herausgegeben hat (Verlag Theodor Müllerin Nordhausen 1925).Herausgegriffen seien hier die in Nordhausen heimischen Anfänge der Tapetenfabrikation, interessante Sammlungen von Lebkuchenformen Messing- und Bronzegeräten, Tafelgeschirr, Zinnsoldaten, Schreinerund Drechslerarbeiten, Spielsachen. Auf weiteres einzugehen ist hier nicht möglich. Anhang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Münchenlohra[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Reste einer romanischen Rundkapelle, über der später die Klosterkirche erbaut worden ist; 1879 entdeckt (innerer Durchmesser 3,6 m, Mauerdicke 1,60 m). Wann das Cisterzienserinnenkloster St. Gangolf gegründet wurde, ist nicht sicher festzustellen. Wahrscheinlich Mitte des 12. Jahrhunderts, von Mainz aus. Der Name Monkelar 1290. Plünderung durch die Bauern 1525. Nach dem Dreißigjährigen Kriege Herstellung der wüst gewordenen Kirche 1666. Seit 1712 preußische Domäne. Von den Klostergebäuden nur noch die Kirche erhalten. Die Türme waren 1733—1743 allmählich abgetragen. Das zwischen ihnen befindlich gewesene, besonders wertvolle Portal wurde verkauft. Abbruch der Seitenschiffe. Wiederherstellung der Kirche seit 1882 nach Plänen von Schäfer. Beschreibung der Kirche. Romanische kreuzförmige Pfeilerbasilika mit westlichem, von zwei Türmen flankiertem Vorbau. Entstehungszeit um 1170. Doch lassen sich während des Baues entstandene Abweichungen von dem ursprünglichen Plane feststellen. Zuerst nur die Seitenschiffe gewölbt, im Anfänge des 13. Jahrhunderts auch das Mittelschiff. Zur Sicherung gegen den Gewölbedruck wurden gegen Ende des Jahrhunderts Strebepfeiler und Strebebögen angelegt, die bei der Herstellung der Kirche ebenfalls neu erstanden sind. Drei Apsiden: eine alte am Chore, je eine erneuerte an der Ostseite jedes Kreuz-armes. Rundbogenfriese von drei verschiedenen einfachen Formen unterhalb der Dachgesimse hingeführt, jedoch die Giebelwände des Kreuzschiffes horizontal überquerend (also nicht der Dachlinie folgend); an den neu erbauten Seitenschiffen fortgelassen. Drei Türen (das alte westliche Hauptportal ist nicht wiederhergestellt). Über der in den südlichen Kreuzarm führenden Tür ein unbeholfen gearbeitetes romanisches Tympanon mit beblätterten Ranken, die aus dem Rachen eines Löwen und eines Fisches (Christussymbole) hervorgehen und sich in der Mitte zu einem Oval vereinigen, aus dem die obere Hälfte eines Tierkopfes hervorschaut. Mittelschiff (Breite 4,54 m) mit rundbogigem Kreuzgewölbe in zwei Jochen, Kreuzgewölbe auch im Querschiffe, der Vierung und dem Chore. Die Kämpfer der Pfeiler mit mannigfaltigem, ruhig und reich gezeichnetem, romanischem Ranken- und Blattwerke. Die südliche Seitenapsis etwas breiter als die nördliche. Chorapsis 3,4 m breit. Breite der Seitenschiffe, dem alten Zustande entsprechend, 2,54 m (also nur unbedeutend mehr als die Hälfte des Mittelschiffes), Scheitelhöhe 3,6 m. Tonnengewölbe mit Stichkappen. Vorhalle im Querbau zwischen den Türmen; darin oben die Nonnenempore zweischiffig, vierjochig, mit Kreuzgewölben zwischen rundbogigen Gurten eingedeckt, Halbsäulen mit skulpierten Kapitellen. — Taufstein, achtseitig; vier Seiten mit Vierpässen, vier mit Figuren: Kreuzigungsgruppe; Maria mit Jesuskind, dem sie als zweite Eva den symbolischen Apfel darreicht; der Schutzpatron des Klosters, der burgundische Ritter St. Gangolf (der 760 in Varennes von dem Geliebten seiner treulosen Gattin ermordet wurde); ein Priester, den Kelch segnend. Grabstein: Bodo von Gladebeck († 1620); zugleich zum Andenken an die Herstellung der Kirche 1666 (s. oben) durch dessen nachgeborenen Sohn Bodo, Kurfürstlich Brandenburgischen Geheimen Rat und Hofkammerpräsident. Gebetsumschrift: Unten die Worte MAN[ebi]T GLORIA DEI IN EXITUM MUNDI (Gottes Ehre wird bleiben bis an das Ende der Welt). Grauer Alabaster. — Stein mit in Öl gemaltem Bildnisse des Knaben Johann Christian Ehrichs († fünfjährig 1698) in gemeißeltem Kranze. Inschriftstein zum Andenken an die Erbauung einer Scheuer 1321 durch den Propst Theoderich von Wolkramshausen. Lohra[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Burganlage. Sicher aus älterer Zeit als dem von den Geschichtsquellen angegebenen Anfänge des 11. Jahrhunderts. Herstellung derä Burg und ihrer Befestigungswerke im 30jährigen Kriege 1625, abermals 1631 nach vorübergehender Zerstörung durch die kaiserlichen Truppen. Später bis zum Ende des Krieges war Lohra in schwedischen Händen. Seit 1702 preußische Domäne. Alteste Teile: Der quadratische Bergfried (geringe Reste); frühmittelalterliches Mauerwerk in Fischgrätenverband. -— Die romanische Doppelkapelle. Ein Rechteck mit Vorhalle und angehängtem, annähernd quadratischem Altarraume. Die Vorhalle mit dreijochigem Kreuzgewölbe. Ehemals öffnete sich die Vorhalle nach außen mit drei gleich hohen Rundbögen, von denen der mittlere durch einen Zwischenpfeiler geteilt war. Das Langhaus (Länge 7,5 m, Breite 6 m) dreischiffig. Drei Joche von grätigen Kreuzgewölben zwischen Gurtbögen. Das mittlere Quadrat offen, um die Verbindung mit der oberen Kapelle herzustellen. Von den vier tragenden Säulen zeigen die beiden vorderen (das andere Paar ist nicht ursprünglich) gedrehte, scharf-gratige Kannelüren. Würfelkapitelle mit großstilisierten Blattverzierungen, deren Stil sich auch in Münchenlohra (vgl. oben) findet. Kämpfer mit Schuppenmuster. Die Kämpfer des Triumphbogens mit Schachbrettmusterung. Belichtung durch drei Fenster auf der Südseite. Altarraum (Länge 3,36 m, Breite 2,98 m) mit Kreuzgewölbe. Kleines Fenster in der Mittelachse. — Obere Kapelle mit Holzdecke, Triumphbogen flachbogig, Altarraum spitzbogig gewölbt. — Ausstattungsgegenstände barock. — An die Kapelle anstoßend Überreste der alten Münze. — Die übrigen Burggebäude sind nachmittelalterlich. Ein tiefer Halsgraben trennt Burg und Vorburg, welche letztere wieder von einem doppelten Graben umzogen ist. Kloster Walkenried[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erste Erwähnung der Ortschaft 1085. Klostergründung 1127 und Besetzung mit Cisterziensermönchen aus Altenkampen unter dem Abte Heinrich 1129 durch die Gräfin Adelheid von Clettenberg. Weihe unter großer Feierlichkeit in Gegenwart des Erzbischofes von Mainz, sowie vieler Bischöfe, Äbte und anderer kirchlicher Würdenträger. —-Der Hochaltar war dem hl. Kreuze geweiht (also wahrscheinlich eine Kreuzpartikel dort niedergelegt), andere Altäre: St. Michael, Alexander, Benediktus, Mauritius, Godehard. Die Aufdeckung zweier Nebenapsiden (vgl. unten) beweist, daß schon der romanische Bau fünf-schiffigwar. Bestätigung des Klosters durch Papst Innozenz II. 1137. Rasches Aufblühen, weit ausgedehnte Besitzungen. Bau der neuen Kirche schon vor 1253 im Werden. Über den Bau sind genaue Nachrichten erhalten. Weihe der Kirche 1290, des nördlichen Kreuzgangarmes 1294 (?). Seit dem 15. Jahrhundert ist im Ostteile des Chores die Grabkapelle der Familie von Werthern eingerichtet. — Langsamer Rückgang seit dem Ende des 14. Jahrhunderts. Verwüstung des Klosters 1525 durch die Bauern unter Thomas Münzer, der zuvor selbst Walkenrieder Geistlicher gewesen war. Der Vierungsturm der Kirche zerstört. Der Verfall des Bauwerkes beginnt seitdem. Säkularisation 1648, Walkenried wird Reichslehen des hannoverschen Herzogs Christian Ludwig. Die Klosterschule aufgelöst 1668. Religiöser Fanatismus und Roheit haben dafür gesorgt, daß die Klosterkirche, die schönste in Deutschland, bis auf geringe Reste vernichtet wurde. (Vgl. oben S. 32 und S. 42.) Die Zerstörung zog sich durch das ganze 18. Jahrhundert hin, während dessen zu häufigen Malen der Ruine große Massen von Steinmaterial entnommen wurden, um zur Errichtung anderer Bauwerke zu dienen. Erst seit 1817 fand dieses Unwesen ein Ende. Staatliche Fürsorge für die Ruine seit 1870. Einsturz des nordöstlichen Chorfensters 1902. — Seit 1731 ist der Ort Walkenried blankenburgisch. Von Anfang her war das Kloster befestigt. Die spätere Ringmauer ist, wenn auch verfallen, doch zum großen Teile noch vorhanden, ebenso das obere Tor mit seinen starken romanischen Rundbögen. Zu diesem Tore gehören eine Kapelle des hl. Nikolaus. Das Untere (südliche) Tor ist im 19. Jahrhundert verschwunden. Die Kirche war die Nachfolgerin eines romanischen Baues. Von diesem (einer kreuzförmigen Basilika) sind im südlichen Kreuzarme der späteren Kirche noch Reste der mittleren Apsis und zweier südlicher Nebenapsiden nachgewiesen, worden. Die nördliche Nebenapsis ist verschwunden. Die spätere Klosterkirche. Frühgotische kreuzförmige Basilika. Langhaus dreischiffig, Querhaus zweischiffig, Chor fünfschiffig. Mittelschiff des Chores mit Dreiachtelschluß, die je zwei gleich langen Seitenschiffe geradlinig geschlossen. Von den zwei Schiffen des Querhauses ist das östliche bedeutend schmäler als das andere. Man hat den Eindruck, als habe ähnlich dem Langhause auch das Querhaus ursprünglich dreischiffig werden sollen. Die Idee mag aufgegeben worden sein, als man beim Fortschreiten des Baues gegen Westen zu größerer Einfachheit überging. Keine westlichen Türme. Alter-tümlich strenge Maßverhältnisse: Mittelschiff Breite 8,7 m, Höhe 21 m; Seitenschiffe Breite 4,3 m, Höhe 8,7 m. Dieselben Maße bei dem Hauptschiffe des Querhauses und dem des Chores. Doch übertrifft die Breite des Chores jene des Langhauses um 6,8 m. Langhaus mit fünf, Querhaus beiderseits von der Vierung mit je drei Gewölbejochen. In das Mittelschiff des Chores ist die Breite des Querhaus-Seitenschiffes hineinbezogen, so daß ein breites und zwei schmale Joche entstehen; Chorapsis mit sechsteiligem Gewölbe; die Chorseitenschiffe mit je vier Jochen. Werkstoff außen Dolomit. Sorgfältiger Steinverband. — Erhalten sind von der Kirche: ein Teil der Westfront mit zwei starken Strebepfeilern und großem spitzbogigem Fenster über dem Portale, die Südwand des Langhauses sowie drei Pfeiler des südlichen Seitenschiffes nebst dem südöstlichen Vierungspfeiler; die westliche, südliche und östliche Wand des Querhauses; die südliche und östliche Wand der südlichen Chorseitenschiffe; drei Seiten des Chorschlusses von Osten gegen Süden herum — alles in verschiedenen Höhen und durchweg in weit vorgeschrittenem ruinösem Zustande. Von den Gewölben nur mehr die Anfänge; von den Fenstermaßwerken nur noch geringe Spuren. Chor mit romanischen Rundbogenfriesen unter der Dachlinie und unterhalb der Fenster; frühgotische schlichte Fialen. Reiche romanische antikisierende Komposita-Kapitelle. Gewölbeschlußsteine von edler Zeichnung, teils noch romanische Blatt- und Knospenform, teils mit frühgotischem, trefflich gearbeitetem Laubwerke. — Westportal spitzbogig, reich gegliedert; innere Breite 2,01 m. Die Fenster ehemals mit Glasmalereien, bei deren Wiederherstellung der Künstler, Bruder Johann Spangenberg, durch Absturz vom Gerüst umkam (1519). Der Kreuzgang. Rechteck von 9 Gewölbejochen in nordsüdlicher und 8 in ostwestlicher Richtung. In der Mitte des südlichen Armes, in der Breite von zwei Jochen setzt die in fünf Achteckseiten geschlossene Tonsurkapelle an. Der nördliche Arm ist zweischiffig, erhält aber an seinem östlichen Ende für seine Breite noch ein drittes Quadrat. Mit diesem in gleicher Breite (die Mauerdicke mit eingerechnet) zieht sich zwischen dem Kreuzgang und der Südwand des Langhauses ein schmaler Gang hin, in den die Strebepfeiler der Kirche hineinragen. Ein praktischer Zweck für diesen Gang ist nicht abzusehen; vielleicht hat er Pönitenzzwecken gedient. Baulich erinnert diese Anlage an eine Erscheinung, die ich beim Kreuzgange des Domes von Halberstadt festgestellt habe (vgl. meine „Kirchen von Halberstadt“, Verlag Filser, 1927 S. 38), doch liegt in Walkenried der Fall insofern anders, als die Gewölbeachsen der Kirche und des Kreuzganges nicht auf einander passen, wodurch weitere Folgerungen erledigt werden. Die Gewölbe des Nordflügels werden von 9 Säulen getragen, zu denen sich bei der östlichen Erweiterung noch zwei gesellen. Schlußsteine, Konsolen und Kapitelle mit prächtig herausgearbeitetem Laubwerke, sowie vereinzelt mit symbolischen Tiermotiven. Die Gewölbe waren ehemals ausgemalt. In der Tonsurkapelle stand einst der typisch in eine solche gehörende Brunnen. Das Becken war nach zeitgenössischem Bericht in Bronze gegossen. Es hatte schlichte Schalenform mit innerem wasserspendendem Aufsatze; in Braunschweig eingeschmolzen 1813. Seit 1898 ist die Tonsurkapelle wiederhergestellt worden.— Sehr malerisch wirkt es, daß die Räume zwischen den Strebepfeilern der Kreuzgangflügel in ganzer Breite durch je ein großes spitzbogiges Fenster eingenommen werden. Maßwerk nach dem alten Zustande (drei Vierpässe auf zwei Pfosten) zumeist erneuert. Die Fenster der Tonsurkapelle hatten nur einen Pfosten. Die Kreuzgangfenster waren einst mit gemalten Gläsern geschlossen. Obergeschosse des Ost- und Nordflügels mit z. T. romanischen Fenstern, die wohl von einem andern Bau hierher übertragen worden sind. Entstehungszeit des Kreuzganges etwa 1290 bis 1340. — Von den Räumen der Klostergebäude besonders bemerkenswert der an den Ostflügel des Kreuzganges angebaute Kapitelsaal. Stil ähnlich dem des Kreuzganges, doch etwas jünger. Dreischif-figer Raum mit sechs Säulen. Als Kirche eingerichtet nach der Zerstörung der Klosterkirche. Heutiger Zustand wesentlich nach dem alten wiederhergestellt. Reste von Malerei 16. Jahrhundert. Ein schachtartiger Raum, der herkömmlich die törichte Bezeichnung „Lutherfalle“ führt, ist ein alter Abort oder eine Müllabladestelle. Der „Brüdersaal“ ist langgestreckt, zweischiffig, die südliche Seite abgeschrägt. Die Kreuzgewölbe werden von vier Säulen getragen. Sockel und Kelchkapitelle einfach. Der Saal dient zur Aufbewahrung von Bruchstücken alter Plastik. An die Nordostseite des Saales schloß sich ehemals eine nur noch in Fundamenten nachweisbare Kapelle, ähnlich der Tonsurkapelle, doch kleiner, erbaut unter Abt Eckhard um 1340, einst Kapelle der hl. Maria Magdalena (volkstümlich genannt „Kapelle zur weißen Frau“, vielleicht nach einem daselbst aufgestellten Heiligenbilde). Östlich vom Brüdersaale die einstige Krankenhaus- (Abt-)Kapelle: frühe Gotik des 13. Jahrhunderts; quadratischer Raum mit einem Kreuzgewölbe, halbrunde Apsis. Ecksäulen mit schönen Blatt- und Rankenkapitellen. Weitere, weniger bedeutende Räume südlich: ehemals das Herren- (Winter-) Refektorium. Das Laien- (Sommer-) Refektorium vielleicht am Westflügel. Das Gebäude ist 1739 abgebrochen. — Im Obergeschosse des Nordflügels der sogenannte „Zaubersaal“ (weil hier der Sage nach ein verzauberter Schatz entdeckt worden sein soll). Kunstgegenstände. Ehemals Schmuck des Hochaltares ein doppel-flügeliger Aufsatz, gemalt von Hans Raphon (1499) für das Pauliner-kloster in Göttingen, dann 1531 nach Walkenried, von da (für Kaiser Ferdinand II. ?) 1631 angeblich nach Prag verbracht. Mittelgemälde der Gekreuzigte zwischen den beiden Schächern; Innenseiten der innern Flügel je 6 Heiligenfiguren, Außenseiten mit je drei Passionsdarstellungen. Innenseiten der äußeren Flügel desgleichen, Außenseiten mit je vier Szenen aus dem Marienleben. — Im Kapitelsaale noch vorhanden ein zweiflügeliger Altaraufsatz: innen letztes Abendmahl (vielleicht nach Cranach gemalt von M. Luder in Nordhausen, 1557); Flügel innen rechts Muttergottes auf dem Halbmonde (nach Dürer), links Johannes der Täufer — außen rechts Petrus, links Paulus. — Kanzel barock, fünfseitig mit Statuetten, 1667. — Taufstein, aus dem alten Kloster, frühgotisch, viereckiges Steinbecken auf einem aus acht Halbsäulen gebildeten Bündel auf quadratischem Sockel. — Kelche 1641 und 1707. — Eine Figur der auf einer mit einem Kissen belegten Bank sitzenden Muttergottes, das auf ihrem Schoße sitzende Kind mit der Linken festhaltend. Schöne Gewandfigur. Kalkstein. Mitte 13. Jahrhunderts. Eine ähnliche, etwas jünger. — Erinnerungstafel für drei in der Schlacht bei Waterloo Gefallene (dabei der Herzog Friedrich Wilhelm). — Grabmäler. Im ganzen 42, vom 13. Jahrhundert bis Ende des 18. Einige der wichtigsten: Werner Lethgast, Figur in Rüstung nach rechts, flaches Relief. Zwei Verse in Majuskeln. Um 1270. — Graf Dietrich III. von Hohenstein ( ?). Porträtfigur in Umrißzeichnung. Unterer Teil verloren. 1317 (?). — Epitaph für drei Mitglieder der Familie von Werthern. Ritzzeichnungen an der inneren Wand des Kirchenchores, zwei unter einer Eselsrückenbogenarchitektur stehend, neben ihnen ihre Wappen. Um 1400. — Wanddenkmal des Grafen Ernst VII. von Hohenstein († 1593). Holztafel von 1602, hergestellt 1888. Zweigeschossige Architektur, unten von Säulen flankiert und mit den Figuren von Liebe und Glaube geschmückt; oben zwischen gekuppelten Pilastern, neben denen außen die Statuetten von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit stehen, Relief der Auferstehung Christi. Auf dem Gebälk oben die Wappen des Grafen und seiner beiden Gemahlinnen. Vor der Nische unten kniend der Graf in vollrunder Figur nach links; lange Inschriften. Als Verfertiger dürfte ein sächsischer Meister in Frage kommen.
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