Martin Günther Förstemann

Aus NordhausenWiki
Martin Günther Förstemann
[[Bild:|220px|Martin Günther Förstemann]]
'
geb. 15. April 1908 in Nordhausen
gest. 27. Februar 1973 in Hamburg
Organist, Hochschullehrer
Bilder und Medien bei Commons
GND-Nummer 130132802
DNB: Datensatz

Martin Günther Förstemann (geb. 15. April 1908 in Nordhausen; gest. 27. Februar 1973 in Hamburg) war Organist, Hochschullehrer und Fachmann für Orgelbau.

Kindheit und Jugend in Nordhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Förstemann wurde in eine Familie mit langer akademischer Tradition hineingeboren. Sein Vater Paul Alexander Förstemann (1869-1944) war hier als praktischer Arzt und Sanitätsrat tätig. Unter Martins Vorfahren finden sich bekannte Theologen und Wissenschaftler wie sein Urgroßvater Karl Eduard Förstemann (1804-1847), Professor für Theologie in Halle, Herausgeber von Luthers Tischreden und erster Händel-Biograph.

Schon früh zeigte sich Förstemanns außergewöhnliche musikalische Begabung. Obwohl er von Geburt an blind war, erlernte er bereits als Kind das Klavier- und Orgelspiel, so dass er mit 12 Jahren die Organisten seiner Heimatstadt vertreten konnte. Nach dem Abitur am örtlichen humanistischen Gymnasium studierte er ab 1926 am Landeskonservatorium der Musik zu Leipzig bei renommierten Lehrern: Orgel bei Günther Ramin und Karl Straube, Klavier bei Robert Teichmüller.

Wirken als Organist in Magdeburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach bestandenem Examen erhielt Förstemann 1934 eine Anstellung als Organist an der Magdeburger Johanniskirche. Hier wirkte er bis zur Zerstörung der Kirche bei einem Bombenangriff am 16. Januar 1945. Während dieser Zeit begann auch seine enge Zusammenarbeit mit der Orgelbaufirma W. Sauer in Frankfurt/Oder. Auf Instrumenten dieser Firma konzertierte Förstemann in den folgenden Jahren häufig im In- und Ausland. Gemeinsam mit Firmenchef Oskar Walcker arbeitete er kontinuierlich an klanglichen und technischen Weiterentwicklungen im Orgelbau. Viele Orgeln entstanden oder wurden nach Förstemanns Vorstellungen umgebaut.

Rückkehr nach Nordhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm-Nebelung-Straße 39

1943 ließ sich Förstemann in seinem Elternhaus in der Nordhäuser Wilhelm-Nebelung-Straße 39 von der Firma Sauer eine eigene Hausorgel errichten. Dieses Instrument vereinte die Erfahrungen und Errungenschaften seiner jahrelangen Zusammenarbeit mit Walcker. Es sollte das letzte Werk sein, das die renommierte Orgelbauanstalt vor ihrer Zerstörung 1945 vollenden konnte. Auf dieser Orgel - einer Schleifladenorgel mit 18 Registern auf zwei Manualen und Pedal - gab der Virtuose nach seiner Rückkehr aus dem zerstörten Magdeburg mehrere vielbeachtete Konzerte.

In einer Artikelserie in der lokalen Presse legte Förstemann seine Ansichten zum zeitgemäßen Orgelbau und -spiel dar. Er setzte sich für eine Abkehr von der "neutralen, romantischen Orchesterorgel" und eine Rückkehr zu einem orgeleigenen, durchsichtigen und hellen Klang ein, wie ihn die wiederentdeckten Orgeln der alten Meister aus dem 16. und 17. Jahrhundert verkörperten. Auch eine Synthese norddeutscher und süddeutscher Orgelbautraditionen war ihm ein Anliegen, das er bei der Disposition seiner eigenen Hausorgel umsetzte.

Das Kernstück von Förstemanns musikalischer Arbeit bildeten die Werke Johann Sebastian Bachs, den er als "Anfang und Ende aller Musik" verehrte. Seine Konzertprogramme stellte er meist um die Kompositionen des Thomaskantors herum zusammen. Daneben spielte er aber auch Werke alter Meister wie Buxtehude, Sweelinck oder Pachelbel sowie von Zeitgenossen wie Günther Raphael, Kurt Thomas und Max Reger. Gerade Regers komplexe Orgelmusik erfuhr durch Förstemann wegweisende Interpretationen. Er orientierte sich dabei an der von Regers Freund Karl Straube entwickelten plastischen, das Lineare betonenden Darstellung im Gegensatz zu einem verschwommenen, die Klangmassen betonenden romantischen Aufführungsstil.

Professur in Hamburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1951 wurde Förstemann als Professor und Leiter einer Meisterklasse für künstlerisches Orgelspiel und Improvisation an die Staatliche Hochschule für Musik in Hamburg berufen. In seiner dortigen Lehrtätigkeit bis zu seinem Tod 1973 gab er seine hohe Kunst an zahlreiche Schülerinnen und Schüler weiter und prägte so eine ganze Organisten-Generation. Neben seiner Hochschultätigkeit führten ausgedehnte Konzertreisen Förstemann durch ganz Europa, nach Nord- und Südamerika sowie in den Nahen Osten. Er spielte Schallplatten ein, trat im Rundfunk und Fernsehen auf. Als gefragter Experte wurde er auch häufig bei Orgelneubauten und -umbauten zu Rate gezogen.

Späte Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1962 verlegte Förstemann seinen Hauptwohnsitz endgültig nach Hamburg, wo das Ehepaar sich 1964 ein Haus baute. Das Anwesen in Nordhausen überließ er dem Kulturbund (heute bekannt als Thomas-Mann-Vereinshaus).

Tiefen Eindruck hinterließ bei Förstemann die Begegnung mit Albert Schweitzer, der ebenfalls ein begabter Organist war. Schweitzers Vorbild folgend wurde er Vegetarier und beschäftigte sich mit dessen Methoden zum Erhalt geistiger Vitalität. Privatleben

Förstemanns Privatleben war von einer engen Partnerschaft mit seiner Ehefrau Brigitte, geb. Roloff (1908-1990) geprägt. Die ebenfalls aus Nordhausen stammende Musikerin hatte gleichfalls Musik studiert. Seit 1937 verheiratet, unterstützte sie ihren Mann unermüdlich beim Erarbeiten seiner anspruchsvollen Programme und begleitete ihn auf all seinen Konzertreisen rund um den Globus. Kinder hatte das Paar nicht.

Lebensende und Vermächtnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Martin Günther Förstemann starb im Alter von 64 Jahren in Hamburg. Der akribische Workaholic hatte bis zuletzt gearbeitet und noch wenige Stunden vor seinem Tod einen Meisterschüler examiniert. Die Vorbereitungen für seine Beerdigung hatte er selbst getroffen, sich probehalber in den Sarg gelegt, Musik für die Trauerfeier eingespielt und eine Abschiedsrede an die Trauergemeinde gesprochen, die postum auch im Rundfunk gesendet wurde. Seine historische Hausorgel aus Nordhausen befindet sich seit 1980 in der Hallgrímskirkja in Reykjavík.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]