Reinhold Hirt

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Reinhold Hirt
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geb. 1. Juli 1892 in Nordhausen
gest. nach 1965
Bürgermeister bzw. Gemeindevorsteher von Salza
Bilder und Medien bei Commons
Datenbank.Nordhausen
DbNDH: Q11175

Reinhold Franz Alwin Hirt (geb. 1. Juli 1892 in Nordhausen; gest. nach 1965[1]) war bis 1945 Bürgermeister bzw. Gemeindevorsteher von Salza.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reinhold Hirt war Führer der SA-Standarte 252 des NSDAP-Kreises Südharz und 1934 Obersturmbannführer.[2]

Ende März/Anfang April 1933 war er neben u. a. Otto Witzel Mitglied des örtlichen Aktionskomitees bzw. Ausschusses zur Durchführung und Kontrolle des Boykotts jüdischer Geschäfte.[3]

1933 wurde er stellvertretender Vorsitzender der Salzaer Turnvereinigung, bei der auch Sozialdemokraten wirkten. Diese geriet immer wieder in Konflikt mit der bürgerlichen Konkurrenz „Verein für Leibesübungen“ (VfL) und der NSDAP-Ortsgruppe. Bei diesen Auseinandersetzungen trat Hirt energisch für seinen Klub ein. Nach der Reichstagswahl vom 29. März 1936 erklärte er jedoch seinen Austritt. Grund war, dass in Salza 116 Wähler gegen die NSDAP-Liste stimmten und Hirt seinen Verein dafür verantwortlich machte. Schließlich blieb er seinem Verein trotzdem treu und handelte weiterhin loyal.

Im Einwohnerbuch 1935 für den Kreis Grafschaft Hohenstein ist er in Salza als Amtsvorsteher Am Kohnstein 1 verzeichnet.[4]

1944 hatte Hirt erhebliche Auseinandersetzungen mit der Mittelwerk GmbH und der SS, weil die Salza und das Salza-Freibad durch Abwässer aus dem Lager Dora verunreinigt wurden.[5] Nicht zuletzt auf seinen Druck wurde der Bau einer Kläranlage beschleunigt, die Mitte Mai 1944 in Betrieb ging. Zu einem weiteren Konflikt kam es im Dezember 1944, als Hirt sich bei der Landesplanungsgemeinschaft Thüringen über den Bau des neuen „Personen- und Güterbahnhofes Salza“ beschwerte, der am nördlichen Ortsrand an der Reichsbahnstrecke nach Niedersachswerfen errichtet werden sollte.[6]

Nach den Luftangriffen auf Nordhausen suchten über 10.000 Einwohner in den Stollen des Kohnsteins Schutz. Möglich wurde dies auch auf Initative Hirts, der die SS aufforderte, zwei Kammern im Nordteil der Stollenanlage zur Unterbringung der obdachlos gewordenen Bevölkerung freizubekommen. Auch soll Hirt im Stollen die Versorgung der Bevölkerung organisiert haben und dabei sogar offen gegen SS-Angehörige vorgegangen sein.[7]

Beim Eindrücken der US-Amerikaner am 11. April 1945 verhinderte Hirt die Verteidigung von Salza. Dadurch genießt er heute noch hohes Ansehen im Ort.[8]

Sein Sohn Ingo Hirt lehnte sich im Januar 1950 mit seinen Humboldt-Mitschülern Manfred Schröter, Dieter Rudloff und weiteren fünf Schülern und Mitschülerinnen gegen eine Resolution des Humboldt-Oberschul-Leiters Rudolf Hub auf. Die Resolution sollte eine Rede des westdeutschen Bundes-Kanzlers Adenauer verurteilen, die die Humboldtschüler nur in Bruchstücken zu lesen bekamen. Während zwei Mitschüler wegen "Rädelsführerschaft" von allen Oberschulen der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) verwiesen wurden, zogen Ingo und die anderen Mitstreiter ihren Einspruch zurück und unterschrieben die Resolution. Rudolf Hub drohte andernfalls mit Gefängnisurteilen, wie sie damals mehreren Oberschülern in der SBZ widerfuhren. Später ging Reinhold Hirt mit seiner Familie nach Westdeutschland, wo er bei den Nordhäuser Heimatfreunden maßgeblich beteiligt war.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Walter, Tobias Dürr, Klaus Schmidtke: Die SPD in Sachsen und Thüringen zwischen Hochburg und Diaspora : Untersuchungen auf lokaler Ebene vom Kaiserreich bis zur Gegenwart. Bonn, 1993. S. 261.
  • Jens-Christian Wagner: Produktion des Todes. Göttingen: Wallstein Verlag, 2015. S. 122.

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Karteikarte über seine Internierung befindet sich im Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, unter der Signatur EL 904/2 Nr. 27428.[9]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Reinhold Hirt: Vom Schicksal der weißen Kohnsteinberge, in: Das 1000-jährige Nordhausen und der schöne Südharz, Nordhäuser Heimatbuch, Hannover 1965, S. 95.
  2. Einwohnerbuch 1934 von Nordhausen a. H.. Nordhausen: Theodor Müller, 1934. S. 468. (Digitalisat)
  3. Heinz Sting: Historische Nachrichten von der ehemals Kayserl. und des Heil. Röm. Reiches Freyen Stadt Nordhausen, neue Folge 1967. Hannover: Verlag der Nordhäuser Nachrichten, 1967. S. 160. (Digitalisat)
  4. Einwohnerbuch 1935 für den Kreis Grafschaft Hohenstein. - Nordhausen : Müller, S. 201, abgerufen am 13. Januar 2023.
  5. Am 15. Februar 1944 in einem Schreiben an das Kreisbauamt führte er u. a. aus: „Wenn ich eine Klärung wünsche, so nicht nur der unhygienischen Zustände wegen, die auch hier unten im Ort zu irgendwelchen Folgen führen könnten, sondern auch zur Weiterführung des Salza-Freibades. Es könnte mir doch nicht zugemutet werden, das Salza-Freibad mit übelriechendem und schmutzigen Wasser zu füllen und Tausende von Menschen dort baden zu lassen. Ich müßte also gegebenenfalls wegen einer Entschädigung für den Ausfall des Badebetriebs an die Werksleitung [des Mittelwerkes] herangehen.“ Schreiben Hirt an Kreisbauamt Nordhausen, 15.2.1944, ebd. StadtA Nordhausen, N 186, zitiert in: Jens-Christian Wagner: Produktion des Todes. Göttingen: Wallstein Verlag, 2015. S. 450.
  6. „Ich stehe auf dem Standpunkt, daß nicht irgendwo und irgendwie ins Gelände etwas hineingesetzt werden kann, ohne die an der Planung beteiligten Stellen zu hören und zu unterrichten.“, HStA Weimar, Landesplanungsgemeinschaft 175, unpag., zitiert in: Jens-Christian Wagner: Produktion des Todes. Göttingen: Wallstein Verlag, 2015. S. 501.
  7. Jens-Christian Wagner: Produktion des Todes. Göttingen: Wallstein Verlag, 2015. S. 263.
  8. Franz Walter, Tobias Dürr, Klaus Schmidtke: Die SPD in Sachsen und Thüringen zwischen Hochburg und Diaspora : Untersuchungen auf lokaler Ebene vom Kaiserreich bis zur Gegenwart. Bonn, 1993. S. 261.
  9. Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg - Findbuch EL 904/2: Amerikanische Interniertenkartei. Abgerufen am 3. Januar 2024.