Ein Pfingstgast in Nordhausen vor 480 Jahren

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Textdaten
Autor: Karl Meyer
Titel: Ein Pfingstgast in Nordhausen vor 480 Jahren
Untertitel:
aus: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde, 41. Jahrgang
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Erscheinungsdatum: 1908
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Quelle: Scan
Kurzbeschreibung: Gefangennahme und anschließende Verhandlung von Wolf von Morungen vor den Räten der Stadt Nordhausen im Jahr 1428, bei der er um Gnade und Lösung gegen Lösegeld bittet.
Digitalisat: zs.thulb.uni-jena.de
Eintrag in der GND: [1]
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4. Ein Pfingstgast in Nordhausen vor 480 Jahren.


Anno 1428 am Pfingsttag-Abend ist Wolf von Morungen gefangen vor die Räte der Reichsstadt Nordhausen auf das Rathaus gebracht worden. Da hat der Ratsmeister (Bürgermeister) Heise Guthmann von der Räte wegen zu reden angefangen also: „Wolf, ihr seid der Stadt Nordhausen ein lieber Gast!" Da faltete Wolf von Morungen seine Hände und bat demütiglich, dass man ihm Gnade täte und ihm sein Leben friste. Darnach hub Dietrich von Bodungen, ein Ratsmeister im dritten Rate, an und sprach: „Wolf, ihr habt mich in Schriften und mit Worten gescholten zu den Ehren, mir und meinen Kindern zu großer Schmach und Verleumdung", und bat die Räte, Wolf zu vermögen, ihm darum Wandel zu pflegen (= Genugtuung zu leisten). Darauf antwortete Wolf, es wäre ihm leid und er wäre dazu gereizt. Da sprach Dietrich von Bodungen, er habe daran (an dieser Erklärung) nicht genug. Da stand Wolf von Morungen auf und sprach zu Dietrich von Bodungen: „Ihr, Biedermann, was ich auf euch geschrieben und gesprochen, das ist nicht wahr, und ich habe das gelogen als ein Bösewicht, und ich bitte euch um Gottes willen und unserer lieben Frauen (Maria) Ehre, mir das zu vergeben und mein ärgstes (Tod) nicht zu erwerben." Darnach am Freitage nach Kreuzes Erhöhung, als Wolf von Morungen gedinget (wegen seiner Lösung aus der Gefangenschaft verhandelt und eingewilligt) hatte um 700 Gulden (Lösegeld), da stand er wieder vor unseren Herren, den Räten, und sprach abermals mit wohlbedachtem Mute Dietrich von Bodungen los von seinen Beschuldigungen, als habe dieser ihm ein Gefängnis gelobt, dasselbe im Altendorfe allhier zu halten, und habe dieses sein Gelöbnis ihm nicht gehalten, quitt und los und gab ihm darüber einen versiegelten Brief.

(Nach einer alten Aufzeichnung im Nordhäuser Stadtarchiv.)

Karl Meyer.