Der Nordhäuser Bürgermeister Michael Meyenburg als Mansfelder Kupferhändler

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Autor: Hans Silberborth
Titel: Der Nordhäuser Bürgermeister Michael Meyenburg als Mansfelder Kupferhändler
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aus: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde. Bd. 65 (1932), S. 111-129
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Erscheinungsdatum: 1932
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Erscheinungsort: Wernigerode
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Kurzbeschreibung: Das Leben und die geschäftlichen Aktivitäten von Michael Meyenburg, der durch seine Heirat in die einflussreiche Familie Reinicke geriet und ein erfolgreicher Kupferhändler wurde. Trotz politischer und wirtschaftlicher Turbulenzen gelang es ihm, die Saigerhütte Steinach zu dominieren und den Mansfelder Kupferhandel zu florieren, was nach seinem Tod jedoch schnell in Verfall geriet.
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Der Nordhäuser Bürgermeister
Michael Meyenburg als Mansfelder
Kupferhändler.
Von Dr. Silberborth, Nordhausen.

Michael Meyenburg hatte in zweiter Ehe eine Tochter des Mansfelder Hüttenmeisters Hans Reinicke geheiratet. Aus einer Eisleber Urkunde vom 1. August 1558 geht hervor, dass ihr Mädchenname Anna Reinicke gewesen ist[1]. Diese Familie Reinicke war schon seit Generationen im Mansfeldischen ansässig. Schon der Vater des Hans Reinicke, Peter Reinicke, war Bergvogt gewesen, Hans Reinicke selbst wurde Hüttenmeister, d.h. er übernahm die Verhüttung von im Mansfelder Bergbau gewonnenem Kupfer.

Eine solche Verhüttung war meist recht einträglich; die Hüttenmeister konnten oft zu Wohlstand, ja zu Reichtum gelangen. Martin Luthers Vater Hans Luther war ebensolch Hüttenmeister zu Mansfeld, wenn er auch nicht so begütert war wie die Reinickes, da er erst aus Möhra zugewandert war und klein angefangen hatte. Hans Reinicke und Martin Luther waren von Jugend auf in inniger Freundschaft einander zugetan. So kam es, dass Luther auch an Michael Meyenburg Interesse gewann, als dieser die Tochter seines vertrauten Freundes Reinicke ehelichte. Wann Meyenburg diese zweite Ehe eingegangen ist, steht nicht fest, wahrscheinlich nicht vor 1530 und nicht nach 1535.

Die Verbindung mit der Reinickeschen Familie sollte Meyenburg bald zu einem wohlhabenden, am Kupferhandel stark interessierten Manne machen. Denn sein Schwiegervater Hans Reinicke starb schon im Jahre 1538. Die letzten Jahre seines Lebens von 1536 bis 1538 hatte Reinicke, nachdem er seine Gattin verloren hatte, im Hause seines Schwiegersohnes Meyenburg in Nordhausen verlebt. Hier starb er auch am 15. Juli 1538 und ward in St. Blasii begraben, wo ihm der Schwiegersohn eine Gedächtnistafel errichten ließ[2].

Das Erbe dieses Hüttenmeisters Hans Reinicke war auf seine beiden Söhne Hieronymus und Christoph und durch seine Tochter Anna auch auf Meyenburg übergegangen. Hans Reinicke hatte den größten Teil seines Vermögens in zwei sogenannten Saigerhütten im Frankenwalde angelegt, in der Hütte Steinach und der Hütte Luderstadt oder Ludwigstadt. In den Schmelzöfen zu Mansfeld und Eisleben selbst wurde nämlich von den Hüttenmeistern nur das Rohkupfer gewonnen. Dieses Rohkupfer aber musste zur Reinigung und zur Ausscheidung des im Kupfer enthaltenen Silbers noch einem ziemlich verwickelten Verfahren unterworfen werden, und das geschah in den sogenannten Saigerhütten. Da nun aber sehr früh Nürnberg mit den Kupfern der Mansfelder Grafen Handel trieb, hatten sich viele der Saigerhütten dort angesiedelt, wo ein Gebirge genügend Wasser und billiges Holz versprach und wo die Handelsstraße von Nürnberg über Bamberg nach Erfurt oder Leipzig ging. So waren die Saigerhüttenwerke von Steinach, Eisfeld und Ludwigstadt im Frankenwalde entstanden[3].

Der Mansfelder Hüttenmeister Hans Reinicke aber, der durch sein Gewerbe ein wohlhabender Mann geworden war, wusste sein Geld nicht nutzbringender anzulegen, als dass er "hendler", d.h. Kupferhändler und Teilhaber der Saigerhütten Steinach und Luderstadt wurde. Wie bedeutend diese Kapitalien waren, geht daraus hervor, dass seine Erben, also seine beiden Söhne und Meyenburg, 1539 an der Steinacher Hütte 32 000 Gulden Kapitalien und Grundbesitz besaßen. Der Anteil an der Hütte Luderstadt war bedeutend geringer, betrug wahrscheinlich aber mindestens 10 000 Gulden. 1540 zogen die Reinickeschen Erben ihre Kapitalien aus dem Luderstädtischen Saigerwerk zurück und beschränkten sich auf die Hütte Steinach. Diese wurde nun aber umso mehr ausgebaut, sodass sie bald auf Jahrzehnte hinaus alle anderen Saigerwerke überflügelte. Die treibende Kraft war neben einem anderen Gesellschafter mit geringem Kapital, dem Stadtvogt Christoph Moshauer zu Eisleben, der Syndikus und spätere Bürgermeister von Nordhausen Michael Meyenburg.

Besonders verstand er es durch seine Gewandtheit auch hier, schnell nicht bloß persönlich in Fühlung mit den ausschlaggebenden Leuten, also in diesem Falle den Mansfelder Grafen, zu kommen, sondern auch durch seine geistige Überlegenheit, durch seine juristischen und kaufmännischen Kenntnisse alsbald maßgebenden Einfluss zu gewinnen. Wenn z.B. schon am 5. Februar 1541 die Mansfelder Grafen vom Grafen Ernst von Hohnstein eine Mühle zu Salza hart bei Nordhausen kaufen, um sie zu einer Schmelzhütte umzubauen, so ist das auf die Initiative Meyenburgs zurückzuführen, der sicherlich dabei auch den eigenen Vorteil im Auge hatte. Oder wenn eine von den Mansfelder Grafen vorgeschlagene Preissteigerung des Kupfers an dem Einspruch der Steinacher im März 1546 scheiterte, so ist auch das dem Einfluss Meyenburgs zuzuschreiben[4].

Er übersah als Politiker und Wirtschaftler einen viel weiteren Kreis als die Grafen und die anderen Gesellschafter. Er wusste, dass nicht sie, sondern die Kaufleute in Nürnberg und die Börse in Frankfurt die Preise bestimmten. Er übersah, wie weit man in Konkurrenz mit dem Schwazer und ungarischen Kupferhandel, insbesondere der Fugger, treten konnte.

Neben den Reinickeschen Erben waren Hauptgesellschafter an der Hütte Steinach die drei Söhne des berühmten Stolbergschen Kanzlers Wilhelm Reiffenstein. Unter den Teilhabern mit kleineren Kapitalien braucht hier nur der eben erwähnte Christoph Moshauer aus Eisleben genannt zu werden, der mit 1000 Gulden interessiert war. Schon 1540 erhöhten Hieronymus Reinicke und Meyenburg ihren Anteil um weitere 10 000 Gulden. Damit erreichte die Gesamtsumme aller Gesellschafter 94 300 Gulden, von denen weit über 40 000 Gulden von den Reinickeschen Erben allein kamen. Die Entwicklung der Hütte Steinach seitdem aber kann man daran erkennen, dass noch nicht zwei Jahrzehnte später, im April des Jahres 1559, das Kapital des Steinacher Saigerwerkes auf 300 000 Gulden angegeben wird[5].

Dieses Aufblühen des Steinacher Kupferhandels ist umso bemerkenswerter und erstaunlicher, als die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse der 40er und 50er Jahre des 16. Jahrhunderts dem Mansfelder Hüttenwesen keineswegs ohne weiteres günstig waren. Ganz außerordentliche Unruhe in das Mansfelder Gebiet brachte der Schmalkaldische Krieg in den Jahren 1546 und 1547. Wie bei den Auseinandersetzungen des Kaisers mit den Schmalkaldern die Wettiner in Sachsen verschiedenen Parteien angehörten, Johann Friedrich von der Ernestinischen Linie für den Schmalkaldischen Bund und den Protestantismus eintrat, Moritz von der Albertinischen Linie für den Kaiser und damit für die Katholiken kämpfte, so war es auch unter den drei im Jahre 1501 entstandenen Mansfelder Linien[6].

Der rührigste von ihnen, Albrecht VII. von Hinterort, war ein eifriger Protestant und Anhänger Johann Friedrichs, die Mansfelder der Vorderortschen Linie, vertreten insbesondere durch Hans Georg, neigten noch immer zum Katholizismus und schlossen sich Moritz von Sachsen an. Und wie während des Feldzuges 1546/47 zunächst Johann Friedrich über seinen Vetter Moritz und dann mit Hilfe des Kaisers Moritz von den Ernestinern den Sieg behauptete, so war es auch im Mansfeldischen.

In diesen Kampf wurden nun auch die Kupferhändler mit hineingezogen. Manche, die nicht so wendig waren wie Meyenburg, kamen eine Zeitlang schwer zu Schaden, wie z.B. der Eisleber Stadtvogt Wolf Büchner, Hauptgesellschafter von Gräfenthal, der von Albrecht von Hinterort aufs schmählichste behandelt wurde, als dieser im Kampfe gegen seine Verwandten von Vorderort Eisleben eingenommen hatte. Büchner und den Gesellschaftern der Saigerhütten Luderstadt, Gräfenthal und Schwarza wurden die ihnen zustehenden auf der Waage von Eisleben lagernden Kupfer abgenommen, Büchner selbst wurde vertrieben[7].

Bei diesen Händeln war auch die Lage der Steinacher Gesellschafter nicht ungefährlich. Sie bezogen ihre Kupfer ausschließlich von den Vorderort gehörigen Feuern, waren also wirtschaftlich abhängig von den Mansfelder Grafen, welche die Sache Moritz' von Sachsen unterstützten. Mit dem Herzen aber standen sie, insbesondere Meyenburg, ganz auf Seiten Albrechts von Hinterort, der an der Seite Johann Friedrichs für die evangelische Sache focht.

Nachdem Johann Friedrich erfolgreich Moritz von Sachsen bis nach Böhmen hinein getrieben hatte, konnte auch sein Anhänger Albrecht von Mansfeld um die Jahreswende 1546 auf 1547 die ganze Grafschaft in Besitz nehmen und als Sieger in Eisleben einziehen. Die Steinacher versahen sich nichts Gutes von ihm und fürchteten, das Schicksal der Gräfenthaler zu erleiden, da sie, die fast ausschließlich mit den Kupfern von Vorderort Handel trieben, Konkurrenten Albrechts waren. Doch sogleich wusste Meyenburg einzugreifen. Auf welche Weise es ihm gelang, den siegreichen Albrecht günstig zu stimmen, steht dahin. Wahrscheinlich fand er mit dem Hinweis auf die treu protestantische Einstellung der Steinacher williges Gehör. Und in der Tat bekannte sich damals, im Frühjahr 1547, Meyenburg trotz der Erfolge des Kaisers eifrig zur Sache der Schmalkaldener und jubelte nach dem siegreichen Gefechte bei Rochlitz am 2. März 1547, das Johann Friedrich gegen Albrecht Alcibiades gewann, dem Ernestiner freudig zu. Diese protestantische Gesinnung wird auf Anraten Meyenburgs der Geschäftsführer der Steinacher Gesellschafter in Eisleben, Christoph Moshauer, dem siegreichen Mansfelder gegenüber untertänigst betont haben[8]. Und Meyenburg und Moshauer hatten Erfolg. Die Steinacher waren die einzigen der Kupferbezieher der Vorderortschen Linie, die ungeschoren blieben.

In einem Brief vom 30. Januar 1547 aus Meyenburgs Feder konnten sie Albrecht ihren Dank dafür abstatten, dass er „in diesen großen Veränderungen gegen uns in allen Sachen gnädig und aller Bittlichkeit gezeigt hat." Doch Albrecht wollte für sein Entgegenkommen auch wirtschaftliche Vorteile haben. So verlangte er, dass die Steinacher ihr Silber statt auf den Nürnberger Markt in die Münze nach Eisleben lieferten. Aus jedem Worte des in dieser Angelegenheit am 16. Februar 1547 an den Grafen abgesandten Antwortschreibens leuchtet die Devotion und die Furcht, Albrecht könnte doch noch anderen Sinnes werden und die Steinacher ähnlich wie die anderen Kupferhändler behandeln. Dienstbeflissen gingen die Steinacher, offenbar wieder auf Meyenburgs Anraten, auf des Grafen Wunsch ein: „... zu untertänigen Gefallen wollen wir uns desselben halten, wie wir dann bis anher, soviel uns möglich gewesen ist, auch gehalten haben." Auf ihres „Dieners" Christoph Moshauer „untertäniges Ansuchen" nahm Albrecht die Zustimmung der Steinacher gnädig zur Kenntnis.

Dieses Verlangen des Grafen, ihr Silber nach Eisleben zu liefern, war den Steinachern auch wirtschaftlich nicht ganz unlieb. Denn schon seit Jahren versuchten sie die geschäftlichen Verbindungen mit Nürnberg zu lösen und mehr und mehr Leipziger und vor allem Frankfurter Kaufleute an ihrem Handel zu beteiligen. Deshalb heißt es auch in ihrem Briefe durchaus ehrlich: „Dann uns allzeit lieber, das Silber in die Münze (nach Eisleben), dann gegen Nürnberg zu verkaufen."

Doch schon 8 Tage später gelangte vom Grafen Hans Georg, der mit Moritz von Sachsen nach Süden hin hatte zurückweichen müssen und in Chemnitz weilte, ein Schreiben an die Steinacher mit der Warnung, keinesfalls die von Albrecht in Eisleben beschlagnahmten Kupfer auszukaufen, und am 10. März mahnte er aus Freiberg ernstlich, sie sollten dem Grafen Albrecht kein Silber liefern[9].

So befanden sich die Steinacher in einer schlimmen Lage. Als Protestanten waren sie dem Sieger Albrecht zugetan, als Händler durften sie es mit dem vertriebenen Hans Georg nicht verderben. Recht geschickt rechtfertigten sie sich deshalb in einem ersten Schreiben vom 4. März, in welchem sie auf alle ihre Verhandlungen mit Albrecht gar nicht eingingen, sondern nur versicherten, dass sie die beschlagnahmten Kupfer anderer Gesellschaften nie und nimmer aufkaufen würden[10].

Dann kam am 24. April 1547 bei Mühlberg der Umschwung. Karl V. besiegte Johann Friedrich vollständig und nahm ihn gefangen. Mit Moritz von Sachsen kehrten auch die Mansfelder Grafen von Vorderort in ihre Gebiete zurück. Und nun verlangte Hans Georg Rechenschaft von den Steinachern, die sich mit Albrecht eingelassen hatten. Niemals befand sich Meyenburg in größeren Nöten als in jenen Monaten nach der Mühlberger Schlacht. Das von ihm geleitete Nordhausen hatte den Zorn des Kaisers zu fürchten, es sollte Kontributionen entrichten, Moritz von Sachsen führte nichts Gutes im Schilde und spielte mit dem Gedanken, die Freie Reichsstadt zu seiner Landstadt zu machen. Von Wittenberg waren die Reformatoren vor dem Kaiser nach Nordhausen geflüchtet, hatten Aufnahme gefunden, erleichterten aber durch ihre Anwesenheit die Unterhandlungen mit dem Sieger keineswegs. Gerade gewisse Kreise der besitzenden Klasse in Nordhausen wurden irre an Meyenburgs Politik und fürchteten um die Reichsfreitheit. Und zu diesen politischen Schwierigkeiten kamen für den Nordhäuser Bürgermeister nun auch die persönlichen wirtschaftlichen Sorgen. Würden die im Saigerhandel investierten Kapitalien durch den Umschwung der Dinge nicht verlorengehen? Wie die Hauptlast der politischen Bedrängnisse, so hatte er auch die der wirtschaftlichen zu tragen. Er allein hatte das Geschick, die verfahrenen Verhältnisse zu meistern. Von seiner Hand geschrieben liegt im Eisleber Archiv das Konzept des Briefes, den die Steinacher am 27. Juni, um sich zu rechtfertigen, an die Vorderortschen Grafen Gebhard, Hans Georg und Hans Albrecht schickten. Meyenburg versuchte in diesem Briefe jeden Verkehr mit dem Grafen Albrecht abzuleugnen. So schreibt er: „Wir haben uns auch der Hendel, so derhalb an uns gelangt, geeußert, dieselben abgeslagen und mit Nichten damid wollen zu tun haben. . . Und mögen mid warheit anzeigen, das wir nit können wissen, wie wir uns in disen sweren sachen unvordechtiger und unverweglicher hetten halten können ader sollen . ."

Gänzlich befriedigt waren die Grafen von diesem Entschuldigungsschreiben nicht. Der Verdacht, dass die Steinacher nicht nur während der Kriegswirren, sondern auch noch später mit ihrem ihnen feindlichen Vetter Albrecht in Verbindung stünden, blieb erhalten. Noch im Juli 1552 beschuldigten sie die Steinacher Gesellschafter, „dass sich etzliche dieser Gesellschafter mit Vorstreckung Geldes gegen Graf Albrecht eingelassen, doch dagegen ihren g. dasjenige, das ihre g. zu fordern wohl befugt, aufgehalten."

Diese letzte Bemerkung bezieht sich darauf, dass die Grafen von den Händlern, die ihre Kupfer aufkauften, nicht selten Geld beanspruchten, aber aus Meyenburgs Betreiben gerade von den Steinachern nicht immer wunschgemäß bedient wurden. Die Grafen waren nämlich keine guten Wirtschafter, sie waren in häufiger Geldnot und beanspruchten den Kredit, den sie bei den Saigerhändlern hatten, oft über Gebühr. Jetzt, da sie wussten, dass die Steinacher wegen ihres verdächtigen Verhaltens ein nicht ganz reines Gewissen hatten, suchten sie gerade diese Gesellschafter mit ihren Forderungen heim. Der unfreundlichste Befehl in dieser Hinsicht erging schon am 22. Juni 1547 an die Saigerhändler von Steinach und an die von Arnstadt und von Eisfeld, die in ähnlicher Verdammnis wie die Steinacher waren. In diesem Schreiben heißt es, durch die Begünstigung des Grafen Albrecht habe der Kupferhandel der anderen Händler außerordentlich gelitten. Um ihn wieder auf die Höhe zu bringen, sollten sie ohne Verzug 2000 Gulden bezahlen, und drohend fährt das Schreiben fort: „Dann do es nicht geschieht, würden wir dahin bewegt, auf andere Wege zu denken. Und wollen euch dasselbe also bei Verlust eures Handels und was ihr in der Herrschaft (Mansfeld) habt, ernstlich geboten haben."

Nun, diese Drohung machten die Grafen nicht wahr, konnten es wahrscheinlich auch gar nicht, weil in diesen unruhigen Zeiten kenntnisreiche Kupferhändler mit mindestens 100 000 Gulden Kapital einfach nicht auszutreiben waren. Desto mehr versuchten sie aber immer wieder die für sie glücklichen Umstände dazu zu benutzen, Geld herauszuschlagen. Am 9. Juli 1547 soll Meyenburg persönlich Geld herleihen, am 8. September 1547 wünscht Graf Hans Albrecht, da ihm „dringende Zufälle zugestoßen" seien, 4000—5000 Gulden kurzfristig bis Neujahr. Er erhält sie auch, kann sie aber im Januar nicht zurückzahlen, weshalb sich sein älterer Bruder Hans Georg für ihn ins Mittel legt und einen Aufschub der Rückzahlung bis Ostern 1548 verlangt.

Doch nicht allein auf diese Weise versuchten die Grafen die für sie günstigen Verhältnisse auszunutzen, sondern sie suchten auch andere Saigergesellschaften den Steinachern gegenüber dadurch zu bevorzugen, dass sie ihre Hüttenmeister anwiesen, diese besser als die Steinacher mit Kupfer zu beliefern, obwohl die Steinacher genau so viel und noch mehr Geld als die anderen den Hüttenmeistern für ihren Betrieb vorstreckten. Erst allmählich stellte sich das normale Verhältnis zwischen den Grafen und den Steinachern wieder her.

Doch auch eine Unmenge innerer Schwierigkeiten hatten die Steinacher Händler zu überwinden. Wenn sie aber nicht nur über ungünstige Situationen gewissermaßen elegant hinweg glitten, sondern wenn wir auch 1538 nach dem Tode Reinickes eine Unzahl von Saigerhütten am Mansfelder Kupferhandel beteiligt finden, 1556 jedoch, kurz nach dem Tode Meyenburgs, die Steinacher Hütte nach Aufsaugung aller anderen Hütten Alleinherrscherin im Rohkupferhandel ist, so muss das in erster Linie der Tatkraft und Geschicklichkeit Meyenburgs zugeschrieben werden.

In pekuniär nicht ungefährliche Lagen konnten die Saigerhändler durch die Bevorschussung der Mansfelder Hüttenmeister kommen. Damit hatte es folgende Bewandtnis:

Die Hüttenmeister selbst hatten an die Mansfelder Grafen für die Feuer, in denen sie das Rohkupfer erzeugten, hohe Abgaben zu leisten. Dazu kam, dass die Grafen sie auch sonst bedrückten, wie sie z.B. gern die Inhaber der sogenannten Erbfeuer zu Pächtern herabgedrückt hätten, wie es die Hüttenmeister der Herrenfeuer waren. Auf diese Weise wollte z.B. Graf Albrecht die Rechte von Martin Luthers Schwager Mackenrod, der Erbfeuerbesitzer war, beschneiden, so dass sich Luther ins Mittel legen musste. Ferner hatten sie hohe Ausgaben für ihre Knechte, für Fuhrlöhne, vor allem für Holz und Kohlen. Alle diese Betriebsunkosten konnten sie nicht ohne weiteres decken, sondern waren auf die Vorschussgelder der Saigerhändler angewiesen. Die jeweils vorgestreckte Summe nannte man den Verlag. Für diesen gewährten Kredit verpflichteten sich dann die Hüttenmeister, bestimmte Mengen Rohkupfer zu vertraglich festgelegtem Preis in einem bestimmten Zeitraum an die Saigerhütten der Händler zu liefern, wo das Kupfer dann weiter zu Garkupfer verschmolzen und das Silber ausgeschieden wurde.

Den Grafen als eigentlichen Besitzern der Mansfelder Hütten lag natürlich an einem flotten Geschäft; sie drängten deshalb immer wieder die Händler zur Kreditgewährung an die Hüttenmeister, auch wenn diese mit ihren Rohkupferlieferungen in argem Rückstand blieben. So traten z.B. die Grafen am 22. Februar 1541 an die Steinacher mit der Forderung heran, sie sollten ihren Hüttenmeistern 1000 Gulden für Kohlen vorschießen.

Zu Zeiten häuften sich dergleichen Forderungen geradezu, obgleich die Hüttenmeister besonders in den unruhigen Zeiten um 1550 herum ihren eigenen Verpflichtungen nicht im geringsten nachkamen, so dass im Jahr 1549 die Steinacher den Hüttenmeistern die ungeheure Summe von 188 978 Gulden Kredit gewährt hatten, ohne von diesen Rohkupfer erlangen zu können.

Wenn auch ein solches Eintreten der Grafen für ihre Hüttenmeister die Saigerhändler in recht missliche Lagen bringen konnte, so ist diese Fürsorge doch immerhin verständlich. Doch auch für ihre ganz persönlichen Zwecke suchten die Grafen die Händler vor ihren Wagen zu spannen. So suchten sie z.B. die guten Beziehungen und das Verhandlungsgeschick Meyenburgs zu einer Vermittlungsaktion bei einem gewissen Hieronymus Wiedemann aus Erfurt auszunutzen. Dieser hatte ihnen 5000 Gulden geliehen, deren Rückzahlung Ostern 1547 fällig war. Meyenburg vermittelte und erlangte tatsächlich eine Fristverlängerung um ein Jahr.

Doch bei solchen kleinen Liebesdiensten blieb es nicht. Oft genug verlangten die Grafen Darlehen von den Saigerhändlern selbst, und selten weigerten sich die Händler, obgleich es sich um z.T. recht hohe Summen handelte, ein Zeichen dafür, wie gewinnbringend der Kupferhandel war und wie hohe Opfer zu bringen man bereit war, um ihn zu behalten. Eigentlich am wenigsten entgegenkommend waren die Steinacher unter Meyenburgs Führung. Und dennoch gelang es ihnen, obgleich es zuweilen zu ernsthaften Auseinandersetzungen kam, im Allgemeinen ein freundschaftliches Verhältnis aufrechtzuerhalten. Allerdings, beträchtliche Opfer mussten auch sie bringen.

Abgesehen von den Versuchen, im Anschluss an den Schmalkaldischen Krieg aus den Gesellschaftern Geld herauszuschlagen, traten die Grafen noch am 29. August und 1. September 1551 an die vier Saigerhütten von Gräfenthal, Steinach, Arnstadt und Eisfeld heran, sie sollten ihnen 5000 Gulden verschaffen. Am 3. März 1552 verlangten sie gar 20 000 Gulden und verfügten sogleich ihre Aushändigung an ihren Rentmeister Bartel Wiedemann. Die Steinacher allein sollten ferner am 1. Juli 1552 ihnen 16 000 Gulden vorstrecken oder von anderen für sie aufnehmen, damit sie von ihrem Feinde Jobst Hacke den von diesem gefangengenommenen Grafen Hugo von Mansfeld auslösen könnten. Um das Geld zu bekommen, wurden sie dabei sogar sentimental, wenn sie schreiben: „damit sunderlich das unschuldige Blut nicht umb Geldes willen vorlassen und auf die fleischbank geopfert." Und Anfang 1553 forderten sie von den Steinachern schon wieder 4000 Gulden[11].

Während die anderen Saigergesellschaften diesen Forderungen kaum Widerstand entgegensetzten, wagten die Steinacher doch zuweilen eine ablehnende Haltung anzunehmen. Am 29. März 1552 ließen sie sich erstmals vernehmen, sie hätten sich vergeblich bemüht, Geld aufzubringen; weder in Frankfurt noch in Nürnberg noch in Erfurt sei Geld zu haben. Auf die dann folgenden Vorhaltungen der Grafen vom 30. Mai 1552, andere Gesellschaften seien nicht so widerspenstig, und sie, die Steinacher, hätten doch gerade den größten Gewinn, erfolgte von Michael Meyenburg selbst am 15. Juni 1552 ein langes Rechtfertigungsschreiben[12]. Dieser Briefwechsel, der immer erregtere Formen annahm, zog sich das ganze Jahr 1552 hin. Am 28. Juli schrieb Meyenburg ein zweites Mal persönlich an die Grafen, er wolle „umb gelts willen, das man nicht had, keine ungnade uff sich nehmen."

Immer wieder begründete Meyenburg seine Ablehnung damit, dass der Handel ganz darniederliege. Wegen der unruhigen Zeiten könnten sie weder Kupfer noch Silber in Frankfurt absetzen. Auch die Hüttenmeister, denen sie mehr als 100 000 Gulden vorgeschossen, seien mit den Lieferungen im Rückstände. Die Kupferschiefer lägen auf den Halden in Mansfeld, Transporte gen Süden zu den Saigerhütten erfolgten nicht, so dass „viel hunderttausend Gulden in der aschen ligen und feiren."

Bei dergleichen Anforderungen an die Händler und bei einem so schleppenden, unregelmäßigen Geschäftsbetrieb nimmt es nicht Wunder, wenn zeitweilig die Steinacher Gesellschaft auch mit Zahlungen, auf die die Grafen Anspruch hatten, in Rückstand blieb. So verlangten die Grafen ganz ordnungsgemäß, sie sollten im Juli und Oktober 1552 7249 Gulden Rückstände bezahlen „one weitern behelf und aussluchte," zu welcher Mahnung Meyenburg seine Anmerkungen machte. Im August und Oktober 1552 erfolgten weitere Drohungen, vor allem sollten die Gesellschafter endlich den Bergbau und den Kohlenhandel weiter bevorschussen. Schließlich nahmen im November und Dezember 1552 und im März 1553 die Briefe der Grafen an die Steinacher schärfste Formen an[13].

Tatsächlich scheint es nicht allein böser Wille gewesen zu sein, dass die Steinacher 1552 nicht nur nicht die Schulden der Grafen bezahlten, sondern selbst wohlberechtigte Forderungen nicht erfüllten; sie waren offenbar nicht flott. Das wurden sie endlich dadurch, dass sie am 27. März 1553 den Frankfurter Patrizier Claus Bromm, der schon seit 1549 am Kupfermarkt interessiert war, mit einer Einlage von 30 000 Gulden in ihren Handel aufnahmen. Als das dann noch immer nicht hinreichte, belasteten sie sich Michaelis 1553 noch mit einem kurzfristigen, nur bis Februar 1554 laufenden Darlehen von 19 085 Gulden. Von da an kamen sie ihren Verpflichtungen nach, die Steinacher Hütte entfaltete sich glänzend und schlug nach und nach alle übrigen am Mansfelder Kupferhandel beteiligten Saigerhütten aus dem Felde. Das Unternehmen, das in den 40er und 50er Jahren zeitweilig reichlich viele kleine kurzfristige, hochverzinsbare Darlehen aufnehmen musste, setzte sich endlich durch.

Eine erste größere Ausdehnung ihres Betriebes gewannen die Steinacher im Mai 1549. Sie übernahmen nämlich damals am 20. Mai zu Leipzig von den Nürnberger und Leipziger Händlern die Luderstädter Hütte. Diese hatten aber noch dem gräflichen Rentmeister und den Hüttenmeistern 134 587 Gulden vorgestreckt, von denen ihnen nur ein Drittel, 44 862 Gulden, von den Mansfelder Grafen selbst zurückgezahlt werden konnte. Die übrigen 89 725 Gulden übernahmen zu gleichen Teilen die Arnstadter, Gräfenthaler und Steinacher Gesellschafter mit der Verpflichtung, die Schuldsumme in zwei Jahren abzuzahlen und sie währenddessen mit 5 ½ % zu verzinsen. Dafür traten sie aber in die bisherigen Rechte der Luderstädter Händler ein; die Steinacher übernahmen zu ihrem einen Fünftel der Mansfelder Hütten, von denen sie Rohkupfer bezogen hatten, noch ein Drittel eines Fünftels der Feuerstätten. Die wichtigen Verhandlungen führten für die Steinacher Meyenburg und Moshauer[14].

Ebenso übernahmen die Steinacher am 17. Oktober 1554 ein Drittel der Hütte Schwarza. Diese Hütte musste mit 55 338 Gulden abgelöst werden, was die Steinacher in Ratenzahlungen von zunächst 5538, dann halbjährlich von 4500 Gulden taten. Damit trat zu dem einen Fünftel und dem Drittel eines weiteren Fünftels noch ein weiteres Drittel eines Fünftels[15].

Schließlich gelang den Steinachern der große Vertrag vom 30. August 1555. Die Eisfelder, Arnstädter und Gräfenthaler Hütten hatten sich teils gänzlich aufgelöst, teils hatten sie den Mansfelder Grafen ihre Verträge gekündigt. Alles Rohkupfer, welches diese Hütten von den Mansfelder Hütten bezogen hatten, übernahmen nun die Steinacher. Sie kauften das letzte Drittel des zweiten Fünftels auf und übernahmen außerdem noch das gesamte dritte und letzte Fünftel der Mansfelder Grafen von Vorderort. Drei Fünftel alles mansfeldischen Kupfers, das überhaupt verhüttet wurde, das Kupfer von 57 Feuern zu Mansfeld und Eisleben, floss nunmehr allein den Steinacher Saigerhändlern zu[16]. Nicht unwichtig bei der Geneigtheit der Grafen, mit immer neuen Forderungen an die Händler heranzutreten, war auch die Bestimmung, in der die Grafen versprachen, über die Vereinbarungen hinaus keinerlei Geld oder Darlehen zu verlangen. Diese Urkunde vom 30. August 1555 war die letzte Urkunde, die Meyenburg als Kupferhändler eigenhändig unterschrieb und siegelte. Diese seine letzte Unterschrift war der siegreiche Schlussstrich unter sein so überaus erfolgreiches wirtschaftliches Wirken. Zu dem Aufstieg der Hütte Steinach in den 17 Jahren von 1538 bis 1555 hatte Meyenburg das meiste beigetragen.

Nicht zuletzt war es auch die Geschicklichkeit, mit der sich Meyenburg von unerwünschtem Nürnberger Kapital freizumachen wusste, die zu diesem Erfolg führte. Dabei benutzte er ebensosehr seine weitreichenden persönlichen Beziehungen wie die politischen Verhältnisse der Zeit. 1541 hatte er den Leipziger Ulrich Rauscher mit 9000 Gulden als Teilhaber in das Geschäft genommen. Dessen Schwiegersohn wiederum und zugleich Studiengenosse der Reiffensteins aus Stolberg war der Frankfurter Patrizier Nikolaus Bromm. Und dieser kapitalkräftige Bromm wurde nun für den Saigerhandel so interessiert, dass er, wie oben erwähnt, am 27. März 1553 sich zunächst selbst mit 30 000 Gulden am Geschäft beteiligte, dann aber auch bei anderen wohlhabenden Frankfurtern seinen Einfluss dahin geltend machte, dass geradezu der Rat zu Frankfurt als Kupferspekulant auftrat und alsbald der Anteil Frankfurter Geschäftsleute an der Steinacher Hütte 118 000 Gulden betrug. So kam es, dass die Steinacher schon 1554 über fast 250 000 Gulden Kapital verfügten. Das süddeutsche Kapital war vollständig herausgedrängt, und günstige Handelsbeziehungen mit dem Westen, mit Frankfurt und damit auch mit Antwerpen waren geschaffen worden.

Doch auch außenpolitische Verwicklungen hatte Michael Meyenburg zu nutzen gewusst, dass den Nürnbergern allmählich die Beteiligung am Mansfelder Kupferhandel leid wurde. 1552 hatte nämlich Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach den nach ihm benannten Markgräflerkrieg vom Zaune gebrochen. Dieser Krieg tobte besonders in den Gegenden zu beiden Seiten des Mains; denn in erster Linie den Bistümern Bamberg, Würzburg und Mainz, dann auch der Nachbarin seiner Besitzungen, der Freien Reichsstadt Nürnberg, galt die Fehde des Markgrafen. Dieser Feldzug brachte den Nürnbergern ungeheuren Schaden, mussten sie doch, nur um den Abzug des Söldnerführers aus ihrem Gebiete zu erkaufen, am 19. Juni 1552 200 000 Gulden an ihn bezahlen. Das war aber noch gering gegen den Schaden, den die Raubzüge und Brandschatzungen des Kulmbachers dem Handel Nürnbergs zufügten. Das ganze Gebiet südlich des Thüringer- und Frankenwaldes war beunruhigt. Der Markgräfler Krieg ist deshalb auch offenkundig die Ursache, weshalb alle am Saigerhandel beteiligten Nürnberger Handelsherren sich in den Jahren 1552 und 1553 zurückziehen.

Da hielt nun Meyenburg mit seiner Steinacher Hütte durch. Auch er hatte 1552 schwer zu kämpfen, die Zufuhr von Rohkupfer aus dem Mansfeldischen blieb aus, die Abfahrt des Kupfers und Silbers von Steinach nach Frankfurt war gefährdet. Die Kapitalien der Nürnberger wurden herausgezogen, die eigenen blieben eingefroren und arbeiteten nicht. Es war das Krisenjahr 1552, in dessen Verlauf auch die unerquicklichen Auseinandersetzungen mit den Mansfelder Grafen erfolgten. Da gelang die Hereinnahme Frankfurter Kapitals. Der Frankfurter Claus Bromm beteiligte sich als erster mit 30 000 Gulden. Zugleich gelang dem Hüttenmeister Merten Thunthdorf der Steinacher Hütte noch kurz vor neuen Brandschatzungen des Gebietes im März 1553 der Abtransport des gesamten auf der Hütte liegenden Garkupfers von Bamberg den Main abwärts nach Frankfurt. In einem Briefe Thunthdorfs an Meyenburg — dem erbern weisen und namhaftigen Herrn Michael Meyenburgk burgermeister der stadt Nordhaufen meinem lieben Hern — berichtet er am 28. März, dass „der marggraff noch immer und je mehr uff Cranach, Lichtenfeltz und alles, was Pambergisch ist, streufft." Am 16. April nahm Albrecht Alcibiades sogar Bamberg selbst ein. Schon aber hatte Thunthdorf 3059 Zentner Kupfer glücklich nach Frankfurt abgesandt. Er selbst hatte wegen der unruhigen Zeit die Verfrachtung in Bamberg auf Mainkähne überwacht. Als dann der Bürgermeister von Coburg nach Steinach kam, um allen Vorrat abzuschätzen und den Wert zu veranschlagen, konnte der Hüttenmeister mit gutem Gewissen angeben, er habe nicht 1 Lot Silber und nicht 1 Zentner Garkupfer in der Hütte[17].

Fortan ging es nun steil bergauf. Die Nürnberger waren aus dem Felde geschlagen, die Eisfelder, Arnstädter, schließlich auch die Gräfenthaler Hütten quittierten, die Fehde des Markgrafen wurde durch die Schlacht bei Sievershausen am 9. Juli 1553 beendet, und neues, nunmehr Frankfurter Kapital war hereingenommen. Mehr als bisher wurde nun der ganze Handel systematisch aufgezogen. Meyenburg überwachte das Ganze und führte vor allem die Verhandlungen mit den Grafen von Mansfeld. Als im Frühjahr 1555 die Grafen die abgenutzten Mansfelder Silberpfennige auswechseln wollten und dabei nicht ohne die Steinacher Hütte vorgehen konnten, verhandelten sie zunächst mit Moshauer in Eisleben, mussten sich aber an Meyenburg wenden, weil Moshauer „hierinnen bedenken hat, hinder euch (d.h. Meyenburg) zu schließen".

Der Handelsfaktor der Gesellschaft, Christoph Moshauer zu Eisleben, überwachte den Verlag, die Leistungen der Vorschüsse an die Mansfelder Hüttenmeister und die Abfuhr der Rohkupfer von den Mansfelder Halden. Er erhielt dafür jährlich 500 Gulden.

Claus Bromm endlich saß in Frankfurt, kaufte Blei ein, beobachtete die Kupferbörse, nahm Wechsel auf oder stellte solche aus und vertrieb die von Steinach den Main abwärts ankommenden Garkupfer und Silber, führte auch die Verhandlungen mit dem großen Erzmarkt in Antwerpen. Schon am 16. September 1553 konnte die Steinacher Gesellschaft mit Antwerpen und Aachen einen Vertrag auf lange Sicht abschließen. Sie verkaufte 9000 Zentner ratenweise zu lieferndes Kupfer an „Linhartten und Emunden Duppengissern von Anttorff und Ach"[18]. Im Jahre 1555 konnte die Steinacher Hütte 12 121 Zentner Rohkupfer verarbeiten. Dafür waren etwas über 230 259 Gulden verausgabt und etwas über 267 369 Gulden vereinnahmt worden, so dass ein Gewinn von etwa 37 110 Gulden heraussprang.

Diese Blüte der Steinacher Hütte scheint es auch gewesen zu sein, die einen offenbar recht schwer zu behandelnden Herrn, den Eisleber Stadtvogt Wolf Bücher oder Büchner, mit Neid erfüllte und gegen Michael Meyenburg aufbrachte. Büchner war einer der Hauptaktionäre der Gräfenthaler Hütte gewesen; diese hatte aber im September 1554 ihren Handel mit Mansfeld aufgegeben[19]. Als Saigerhändler hatte Büchner auch mehrfach mit Meyenburg zu tun gehabt, doch betont dieser im Februar 1555, dass er schon vor 20 Jahren von frommen Leuten vor Büchner gewarnt worden sei und sich deshalb mit „besundern vleis vor ime gehut", sich sehr vor ihm gehütet habe. Durch einen Dienst glaubte er sich ihn auch verpflichtet zu haben. Er hatte nämlich einen Streit zwischen ihm und einem gewissen Valentin Blanckenburg, der „von ime (Büchner) auf den tod erbermlich verwund", geschlichtet. Als Büchner Anfang 1555 in Nordhausen war und auch Meyenburg begrüßte, schien es so, als ob er nichts Arges gegen Meyenburg im Schilde führe. Kurz darauf aber kehrte er in der Schenke zu Wallhausen ein, und dort geschah es, dass er vor allen Leuten Meyenburg furchtbar schmähte und verlästerte. Meyenburg schreibt darüber: „Als er aber von gott verbotenem unsinnigem übrigen trunck seinen lusten und gebrauch nach beschwert und mehr einem unvernünftigen rinde, da kein Vernunft innen ist, gleich worden, ist er mit seinen schmeworten und morddrauwn in der Herberge zu Walhausen für allen do wesenden erlichen leuten uff mich geraten, mir zu leib und leben gedreuet, auch ander leut gement, ... das sie diesem uncristlichem tückischen rat nit folgen, mich unschuldig man aus seinen unerweislichen lugen zu beschedigen."

Daraufhin wandte sich Meyenburg an Büchner. Dieser aber hielt seine Drohungen aufrecht, so dass Meyenburg, der im Mansfeldischen „mit großen sachen beladen ist", für seinen Handel fürchtete und deshalb die Grafen um Schutz gegen Büchner angehen musste[20].

Bald darauf aber wurde Michael Meyenburg ernstlich krank. Ein schweres Herzleiden und offenbar ein Schlagfluss warfen ihn auf das Krankenlager, so dass er am 2. Juli 1555, eben von einer Reise nach Weimar zurückgekehrt, den Grafen Hans Georg von Nordhausen aus bitten musste, wegen wichtiger Unterhandlungen seinen Kanzler nach Nordhausen zu schicken, da er selbst nicht nach Mansfeld oder Eisleben kommen kann. Der Brief ist die beste Quelle vom Wesen der Krankheit, die zu Meyenburgs Tode geführt hat. Er schreibt darin:

„Es setzet mir die krankheit hart zu, das ich keinen adem habe, keine stunde rüge hab. Ich will stets ersticken. Und bitt, e. g. wollen e. g. frau mutier m. g. f. bitten, ab sie etzwas wüste, das ich mich kont erretten, mir das mitzuteilen. Wiewoll alle meine gelidmaß, sprach und mund, hend und fuß nach rügen und gebrauchen kan, hab ich dach am schenkel groß lemickeit und am rechten arm groß schwachheit und tut mir nichts so wehe, das ich mein sache mit dem vorlogen man Pucher mit recht zu geburlichen austrag aus schwachheit nicht volenden kan. Ich befinde auch, das man mit e. g. untreulich mit dem bauholz, vor Elrich und Nordhausen ligt, umbgeht und will e. g. darumb betriegen ..."[21].

Am 30. August 1555 gelang dem Todkranken dann noch der große, oben schon erwähnte Vertrag, der die Steinacher Hütte zur alleinigen Saigerhütte für alle Rohkupfer von Mansfeld-Vorderort machte. Am 13. November 1555 ist Meyenburg, wahrscheinlich 63 Jahre alt, gestorben.

Nach seinem Tode führten seine Erben, insbesondere sein ältester Sohn Hans Meyenburg, der schon in den Saigerhandel eingeweiht war und am 22. Mai 1554 des Eisleber Patriziers Alexius Meinhard Tochter geheiratet hatte, den Kupferhandel fort; doch geriet das ganze Unternehmen bald in Verfall. Wesentliche Schuld daran trug der Eisleber Handelsfaktor Christoph Moshauer, der entweder zum Schaden der übrigen Gesellschafter in die eigenen Taschen zu wirtschaften versucht zu haben scheint oder der mit den in dauernder Geldverlegenheit befindlichen Grafen unter einer Decke steckte und zum Vorteil der Grafen die eigenen Gesellschafter schädigte. Doch auch Michael Meyenburgs Erben selbst scheinen nicht völlig schuldlos gewesen zu sein. Um den zahlungskräftigen Frankfurter Teilhabern, also vor allem Claus Bromm, eine Blüte des Unternehmens vorzuspiegeln, ließen die alten Steinacher Gesellschafter, darunter auch Hans Meyenburg, im Juni 1556 34 600 Gulden Zinsgeld bei der Jahresbilanz im Passivkonto nicht erscheinen. Doch noch in demselben Jahre wurde diese Bilanzfälschung entdeckt, und es stellte sich heraus, dass die Gesellschaft bei vorsichtiger Rechnung statt mit Gewinn mit Verlust arbeitete. Darauf kündigten die Frankfurter Teilhaber vorschnell den Gesellschaftsvertrag im September 1556, wodurch die Steinacher Hütte gezwungen wurde, ihren Betrieb zeitweilig stillzulegen. Die alten Gesellschafter mussten die Hütte den Mansfelder Grafen mit allen Vorräten übergeben. Damit war aber weder den früheren Gesellschaftern noch den Grafen selbst geholfen. Im Gegenteil: die ewige Geldnot der Mansfelder blieb bestehen, trotz oder gerade wegen eines neuen Kupferkaufvertrages mit der Augsburger Patrizierfamilie der Manlichs, die Frankfurter ferner kamen untereinander in Streit und gaben Claus Bromm alle Schuld am Niedergang des Kupferhandels, alle Frankfurter wiederum klagten gegen die alten Steinacher Gesellschafter, also gegen die Reinickeschen und Reiffensteinschen Erben. Ja, durch die Machenschaften Moshauers, der die Grafen begünstigte, trennte sich sogar Hans Meyenburg als Führer der Reinickeschen Erben von der Sache der Reiffensteiner. Alles das spielte sich in weniger als vier Jahren nach Michael Meyenburgs Tode ab. Da ist man wirklich versucht, die Frage aufzuwerfen, wie die Dinge gelaufen wären, wenn der alte, vielgewandte Nordhäuser Bürgermeister noch die Zügel hätte führen können. Erst wenn man den Aufstieg von 1538 bis 1555 in politisch und wirtschaftlich ungünstigster Zeit vergleicht mit dem schnellen, schmählichen Niedergang kurz nachher, kann man die Bedeutung Meyenburgs ermessen.

Nach dem frühen Tode Hans Meyenburgs versuchten sich auch seine Stiefbrüder Michael und Kaspar weiterhin durch die schwierigen Auseinandersetzungen mit den übrigen Gesellschaftern und mit den Mansfelder Grafen hindurchzuwinden. Der Kurfürst von Sachsen, der Erzbischof von Magdeburg als Lehnsherr der Mansfelder, ja selbst der Kaiser mussten in die Unterhandlungen und Prozesse eingreifen. Doch der Zusammenbruch des Kupferhandels war nicht aufzuhalten. Die Mansfelder Grafen von Vorderort gerieten völlig in Konkurs, die alten Steinacher Gesellschafter erlitten große Verluste.

Um aber auf Michael Meyenburg zurückzulenken: Auch als Großhändler zeigt Meyenburg dieselben Charaktereigenschaften wie als Diplomat und als Stadtoberhaupt von Nordhausen. Er ist ein höchst gewandter, nie um Mittel verlegener Unterhändler. Mit allen Bevölkerungsschichten weiß er sich auseinanderzusetzen, mögen es nun Hüttenmeister, Leipziger, Nürnberger und Frankfurter Patrizier oder die Grafen von Mansfeld sein. Geschickt weiß er nützliche Bekanntschaften zu machen und Verbindungen zu knüpfen. Um seines Vorteils willen kommt es ihm auf die Art der Mittel nicht allzu genau an, auch vor einer Umbiegung der Tatsachen schreckt er nicht zurück. Gegen persönliche Gegner verteidigt er sich nicht nur, sondern greift sie selber herzhaft und unverdrossen an. Auch aus widrigen Verhältnissen weiß er für sich und seine Sache das Beste zu ziehen. So steht Michael Meyenburg vor uns, ein moralisch vielleicht nicht überall einwandfreier, aber ein überragend kluger und tatkräftiger Mann[22].

  1. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 506.
  2. Kindervater, Gloria templi Blos., 123. — Karl Meyer, M. Meyenburg, in: Aus Nordhausens Vorzeit, 1910, 39 f.
  3. Kindervater, Gloria templi Blos., 123.
  4. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 506.
  5. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 544.
  6. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 544.
  7. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 264.
  8. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 262.
  9. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 264.
  10. Möllenberg, Urkundenbuch zur Gesch. des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrh., Geschichtsquellen der Prov. Sachsen, Bd. 47, Halle, 1915, 265.
  11. Möllenberg, Urkundenbuch, 339, 347.
  12. Briefe sämtlich bei Möllenberg, Urkundenbuch, 231 ff.
  13. Möllenberg, Urkundenbuch, 336 ff.
  14. Möllenberg, Urkundenbuch, Verträge vom 24. IV. und 20. V. 1549, 300, 305.
  15. Möllenberg, Urkundenbuch, Vertrag vom 25. III. 1554, 359.
  16. Möllenberg, Urkundenbuch, 380—392.
  17. Möllenberg, Urkundenbuch, 353 f.
  18. Möllenberg, Urkundenbuch, 354 ff.
  19. Möllenberg, Urkundenbuch, 369.
  20. Möllenberg, Urkundenbuch, 375 f.
  21. Möllenberg, Urkundenbuch, 379 f.
  22. Möllenberg, Urkundenbuch, 554, 716 ff., 757, 795 u. a. m. Vgl. Möllenberg, Die Krisis ..., in Thüringisch-Sächs. Zeitschrift für Gesch. u. Kunst, VI, 16 ff.