Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Nordhausen
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Beschreibende Darstellung der älteren
Bau- und Kunstdenkmäler
der
Provinz Sachsen
und angrenzender Gebiete.
Herausgegeben von der
Historischen Commission der Provinz Sachsen. XI. Heft.
Die Stadt Nordhausen.
Mit über hundert in den Text gedruckten Abbildungen und drei Tafeln. Halle a. d. S. Pruck und Verlag von Otto Hendel.
1887.
Geschichte der Stadt Nordhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die seit dem 1. April 1882 einen eigenen Kreis bildende ehemalige freie Reichsstadt Nordhausen wurde in der frühesten Zeit dem Helmgau zu-gerechnet und stand in hierarchischer Beziehung unter dem Archidiaconate Jechaburg, sedes Ober-Berga, mit Ausnahme des ursprünglich als Nonnenkloster begründeten kaiserlichen Collegiat-stifts St. Crucis, welches dem erzbischöflich Mainzischen geistlichen Gerichte zu Erfurt unterstand. Ihr Name lautet bis in das 11. Jahrhundert: Nordhusun, Nordhusa wohl als nördlichste alte Ansiedelung diesseit des Harzes. Dann finden wir bis in das 17. Jahrhundert den Namen Northusin, Nort-husa oder Nordhusen geschrieben bis dann der älteste Name Nordhausen wieder aufgenommen wurde.
Nur erst unter König Heinrich I. tritt dieses unzweifelhaft als altes Besitz-thuni seines Stammes und eines der Orte (loci) entgegen, in welchen er Alles was er an erblichem Eigentlmme darin besitzt (quicquid propriae hereditatis in pre-senti habere videmus) seiner Gemahlin Mathilde am lö. Septbr. (XVI. kal. Octobris) in Quedlinburg zum Witthnm verschrieb. Auch unter den kaiserlichen Höfen (imperatoriae curtes propria majestate dignae) welche Otto II. 972 an seinem Hochzeitstage in Rom seiner Gemahlin Theophanu als Morgengabe darbrachte1 und wrelche vorher seiner Grossmutter Mahchtildis Eigenthum gewesen waren wird Nordhausen mit genannt. Hier hatte Letztere 961' ein der heiligen Jungfrau geweihtes Nonnenkloster gestiftet, welchem Otto II. als Vertreter seines Vaters bereits im Jahre 962 die Einkünfte des Marktes, des Zolls des „Orts“ Nordhusen und das Münzrecht schenkte. (In Ayrm. syll. anecd. auch vielfach in Frommanns und Filters Aufzeichnungen). Diese „curtis imperatoria“ kommt 1075 in Lamberts Annalen als curtis regia, 1105 in Ekkehards Chronicon als villa regia, 1158 in einer Urkunde Friedrich I. als curtis dominicalis vor, (RA. II. A. 1.) später wird sie in deutschen Urkunden der „Königshof“ genannt, welchen Namen noch jetzt der Platz führt, den er einst einnahm. Wir haben denselben als den Kern des Haupttheils des spätem Nordhausens, der sogenannten Oberstadt zu betrachten. Es bestanden wohl in der ältesten Zeit im Bereiche des Weichbildes der jetzigen Stadt mehrere Weiler, von denen zwei uns den Namen nach bekannt sind: das Altendorf nnd Alt-Nordhausen. Ersteres, die „vet.us villa prope oder extra murosNorthusen“ der alten Urkunden besteht noch jetzt, während wir das „Alt-Nordhausen“ nur aus schriftlichen Nachrichten kennen. In einer Urkunde des Frauenbergsklosters vom Jahre 1308 wird die, diesem Kloster zuständige Mühle als Molendinum veteris Northusen zuerst erwähnt, (RA. M, a, 33.), dann überlässt 1355 Probst, Äbtissin und Convent dieses Klosters dem Vicar Sander desselben einen Graben bei der Klostermühle in Alden-Northusen mit der Bedingung, dass er das Aufwerfen eines Grabens unter des Frauenbergs innera Graben und dem Bergfried, durch seinen Hof und durch den Weg zu Alderi-Northusen zu gestatten habe. (RA. M, a,' 5811). In einem Register der Besatzung der Thore vom Jahre 1430 wird der Bezirk am Frauenberge Alt-Nordhausen genannt, und 1491 in einem Register: „Bestellung der Thürmein der Ringmauer“ angeordnet, dass die sechs Mann Besatzung des Bielenthors, das Thor zu „alten Northusen“ mit versorgen sollen. Dieses Thor ist höchst wahrscheinlich das äussere ßielenthor Nr. 80. des Plans. Wir haben demnach das vormalige Alt-Nordhausen am südlichen Fusse des Frauenbergs an den Ufern der Zorge zu suchen, welcher Fluss freilich in frühem Zeiten nach dem Erfahrungssatze: dass Bögen in Flussläuten sich fortwährend nach Aussen erweitern, am Frauenberge viel näher floss; die liier nördlich vom Zorgebette aufgelagerten Flussgeschiebe bestätigen zur Genüge diese Annahme. Wir können die Wassergasse als den letzten Rest des alten Nordhauseus annehmen.
Die spätere eigentliche Stadt Nordhausen — die sogenannte Oberstadt - entwickelte sich indes aus keiner dieser beiden Ansiedelungen, sondern gruppierte sich zwischen beiden nordöstlich um den Königshof. Die erste Gemeinde (civitas der Urkunde Heinrich I. vom Jahre 929) bestand sicherlich nur aus den Dienstleuten, Dienern und Leibeignen beiderlei Geschlechts (litis, servis et marcipiis utriusque sexus) die nach genannter Urkunde zum Hofe gehörten. Für die erste Zeit seiner Regierung haben wir uns die Ortschaften (civitates, loci) der Erbländer Heinrich I. in Sachsen und Nordthtiringen als nicht bedeutende aber zahlreiche offene Ansiedelungen zu denken, die allen Einfällen von Slaven und Ungarn preisgegeben waren. Bischof Liiulbrand von Cremona lässt in seinem Buche von der Vergeltung (avToreo<io<r/is, geschrieben 958) zum Jahre 910 den Ungarn ihren Entschluss, den neu erwählten König Heinrich in seiner Heimath anzugreifen, dadurch begründen: „dass das Gebiet der Sachsen und Thüringer leicht auszuplündern sein würde, da es weder durch hohe Gebirge geschützt, noch mit festen Städten versehen sei.“ Heinrich sorgte indes später, wie wir aus Widukinds sächsichen Geschichten wissen, durch Anlegung fester Plätze für die Sicherheit seiner Länder. Bekannt ist seine Verordnung, dass die Besatzungen derselben durch den je neunten Mann der Landbevölkerung gebildet werden sollten. Sicherlich erhielt auch unser Nordhausen damals eine Feste, denn wohl schwerlich würde Heinrichs Gemahlin Mathilde zweimal ihr Wochenbett an einem unbeschützten Orte abgehalten haben, gab sie doch hier ihrem Lieblings - Sohne Heinrich und ihrer Tochter Gerbirg, der spätem Königin von Frankreich, das Leben. Unsere Phantasie darf freilich diese und ähnliche Befestigungen nicht mit den Bauformen mittelalterlicher Burgen und Städte ausschmücken, wie doch oft zu geschehen pflegt. Der Steinbau. wurde damals in unserer Gegend nur erst spärlich geübt und nur von der alten, wichtigen Stadt Merseburg wissen wir durch Bischof Ditmar, dass Heinrich sie mit einer Mauer umgab. Auch Hildesheim erhielt 993 von seinem kunstreichen Bischof Bern ward Mauern, es wird aber gleichzeitig bemerkt, dass diese Befestigungsart einzig in ihrer Art in ganz Sachsen sei.1 Gräben und mit Pallisaden oder Flechtzäunen (sepes) bekrönte Erdwälle waren noch Jahrhunderte hindurch die Vertheidigungs- und Schutzmittel; allerdings genügten dieselben der ebenfalls noch unvollkommenen Belagerungstechnik gegenüber. So war z. B. das feste Sangerhausen, als es 1204 durch die Tiiringi-schen Grafen belagert wurde nur noch mit Wall und Pallisaden umgeben (oppi-dum Sn.ngerhusin vallis et aggeribus bene munitum. Eeinh. Annal. pag. 99.) und ergab sich erat nach längerem Widerstande durch den Kleinmuth und die Bestechlichkeit seiner Vertheidiger.
Einer eigentlichen Burg (castrum) finden wir indes nur erst in dem Tauschinstrumente Kaiser Friedrich I. vom Jahre 1158 Erwähnung gethan (Orginal im RA. II. A., 1, gedruckt jedoch mit falscher Jahreszahl in Ayrmann’s Sylloge anec-dott., auch in Stumpfs Reichskanzler Nr. 3801.) Der Kaiser überliess demnach im März jenes Jahres auf Bitten der Äbtissin Cäcilia dem zur Ehre der heiligen Gottes gebärerin Maria, des heiligen Kreuzes und des heil. Eustachius errichteten Nonnenkloster das gesamte kaiserliche Eigenthum in der „Villa“ Nordhausen, bestehend aus der Burg und dom Herrnhofe (castrum et curtis dominicalis) mit allen Gebäuden und Hofstätten, allem Ackerlande urid allen Wiesen, und erhielt dagegen ans den Einkünften, welche das Kloster in den Dörfern Windehausen und Bielen besass, jährlich 2 Pfund Pfennige. Durch diesen Tausch in Verbindung mit den frühem Verleihungen hatte der Convent über das Dorf Nordhausen die vollständige Oberherrschaft erlangt, die freilich durch die Befugnisse des Obervoigts des Stiftes wesentlich eingeschränkt wurde. Dieses Amt stand, wie es scheint, den Rechtsnachfolgern des sächsischen Kaiserhauses, den Herzogen von Sachsen, zu und ruhte zu dieser Zeit in den Händen Heinrichs des Löwen, Herzogs von Sachsen und Bayern. Nach einer Urkunde in Leuckfeld: Antiq. Poeld. append. IV wird ihm als Voigt der zum Verwaltungsbezirke Nordhausengehörigen Güter (advocatus bonorum ad villicationem Nortehusen pertinentium) von Friedlich I. 1169 der Auftrag, dem Stifte zu Goslar, Land in Windehuseu, Urbach und Bielen zu überweisen in Tausch gegen einen Hof in Diedren.
Nachdem derselbe aber im Januar des Jahves 1180 der Reichsacht verfallen war, nahm er an Nordhausen und den übrigen ihm erreichbaren kaiserlichen Städten grausame Rache, indem er sie durch' Feuereinweifen zerstörte.
Die weitaus meisten der Chronisten, welche über die Zerstörung Nordhansens berichten (Chron. Sanpetrin., Chron. mont. seren., Hist. Landgr. Thur., Chron. Pegav. Contin. u. s. w.) setzen dieselbe in das oben angegebene Jahr. Ein früher in Nordhausen befindlich gewesener Stein (am Rathhause?) soll nach Ayrmann’s Sylloge aneedott. pag. 336 die Inschrift getragen haben:
- Post M post duo CC bis novem sublatis inde Imperium divum regeretur per Fridericum, Dux Brunswicensis Henrieus durus ut ensis Consumpsit igne Northusen penitus ille,
- Romanus quondam struerat rex Theodosius quam Sub decimo quarto sub bis duo CC simul anno, d. li.
nach tausend,' nach zweihundert (Jahren) weniger zweimal 9 (also im Jahre 1182) wurde das heilige Reich regiert durch Friedrich (I., oder auch: wurde das Reich regiert durch den gottseligen Friedrich), der braunschvveiger Herzog Heinrich, hart wie ein Schwert, vernichtete durch Feuer Nordhausen gänzlich, jenes (Nordhausen) welches der römische König Theodosius einst baute um das vierzehnte sowie um das zweimal hundertste Jahr (414).
Diese Inschrift mag hier nur der Vollständigkeit wegen Platz finden, sie stammt offenbar erst aus etwa der Mitte des 14. Jahrhunderts, der Zeit der Erbauung des Rathhauses, wie ein anderer noch jetzt an diesem befestigter Stein; für die Feststellung des Jahres ist er ohne Belang.
Nordhausen wird übrigens bei dieser Gelegenheit von dem genannten Chronisten nur als villa regia oder castrurn Northusin bezeichnet, auch der Name Königes Northusen erscheint in Arnolds von Lübeck Slavenchronik. Burg und Ortschaft wurden bald wieder aufgebaut; letztere erhielt nun zur Abwehr fernerer Angriffe eine Ringmauer und erscheint von da ab als „oppidum (fester Platz).“ So berichten uns die Reinhardsbr. Annalen pag. 84, dass der in den Kämpfen des Welfen Otto IV. und des Hohenstaufen Philipp damals auf Seiten des Ersteren stehende Landgraf Hermann, von Thüringen im September und Octo-ber des Jahres 1198 die Mauern der königlichen Stadt Nordhausen (Nordhusii regalis oppidi muros) mit 1800 Soldaten belagerte und durch Ableitung des Flusses (civitatensis fluvii) durch Seitengräben und stürmischen Angriff auf die Mauern mittelst mancherlei Formen von Mauerbrechern (per multifaria murorum tormenta) der Stadt so heftig zusetzte, dass diese sich nach fast zweimonatlichem kräftigen Widerstande ergeben musste. Auch die Petersberger Chronik bezeugt, dass der Truchsess Gunzelin des Kaisers Otto IV. während dessen Abwesenheit in Italien die mit Mauern und Gräben genügend befestigten Städte Nordhausen und Mühlhausen besetzte (ann. 1211) und daraus die Länder des von Otto wieder abgefallenen Landgrafen Hermann angriff.
Ein zweites mal wurde die Burg zerstört, diesmal von den Bürgern Nordhausens selbst in den ersten Jahren der Regierung Kaiser Rudolfs, der jene wegen dieses Frevels 1278 aller ihrer Rechte und Freiheiten verlustig erklärte, sie jedoch im Januar 1290 während seines Aufenthalts in Erfurt wieder zu Gnaden annahm und ihre Freiheiten wiederum bestätigte.1 Aufgebaut wurde die Burg nicht wieder, selbst ihre Spur ist im Laufe der Zeit gänzlich ausgetilgt worden, so dass die Angabe Cyriacus Spangenbergs: sie habe am Königshofe gestanden, oder die Lessers: sie habe die Ecke der Beckergasse der sogenannten Finkenburg gegenüber eingenommen, nur 'Vermnthungen bleiben. Am wahrscheinlichsten ist freilich die erstere Annahme; der 1528 in Nordhausen geborene Spangenberg konnte wohl noch in seiner Jugend durch Tradition über den Standort der Burg unterrichtet sein, auch spricht dafür die vom Königshofe ausgehende ßittergasse, die sicherlich in nächster Nähe der Burg lag, wie wir dies in Sangerhausen, Stolberg, Freiberg in Sachsen und anderen Städten, die Rittergassen und noch erhaltene Schlösser aufzuweisen haben, stets finden, während die Finkenburg zwischen Dom-und Pfaffengasse liegt. Der wahrscheinlichste Ort dürfte wohl am Rande des Abhangs zu suchen sein, der von der Steineberggasse durchschnitten wird. Nur bescheidene Vorstellungen dürfen wir uns von dieser Reichsburg machen: ein steinerner Kaiserpalast im Stile der Pfalzen zu Goslar, Seligenstadt, Gelnhausen oder Nürnberg stand hier gewiss nicht; kann sich doch Nordhausen nicht rühmen, jemals auf längere Zeit kaiserliche Residenz gewesen zu sein, nur im frühen Mittelalter hatte es sich seltener und kurzer Besuche der deutschen Könige zu erfreuen. Doch fanden hier einige merkwürdige Versammlungen statt, die berühmteste in Mitte Mai des Jahres 11U5 unter dem Vorsitze dos Erzbischofs Rothard von Mainz und Bischofs Gebhard von Constanz als päbstliche Legaten, auf welcher die Priesterehe und die Simonie verdammt wurden lind auf welcher auch Heinrich V. erschien, um die demüthige Erklärung abzugehen, dass er nicht aus Herrschsucht sich gegen seinen Vater (Heinrich IV.) auflehne, sondern nur als wahrer Christ dem Nachfolger des heiligen Petrus unterwerfen wolle. König Philipp hielt im September des Jahres 1207 einen Fürstentag (curia principum) hier ab, um Unterhandlungen mit dem Gegenkönige Otto IV. einzuleiten, doch ohne Erfolg. Ausser vielen Fürsten waren zwei Cardinäle als päbstliche Legaten gegenwärtig, auch erschienen Abgeordnete des Patriarchen von Jerusalem und die Ordensmeister der Templer und der Johanniter, um die Hülfe des Reichs für das heilige Land anzurufen. Nur erst die Ermordung Philipps stellte zeitweise den Frieden wieder her, den Otto durch seine im August 1212 in Nordhausen gefeierte Vermählung mit Philipps Tochter Beatrix noch zu befestigen gedachte; der frühe Tod der jungen Kaiserin beschleunigte bekanntlich den Fall Kaiser Otto’s. Ein zweiter Reichstag im September 1223 hier abgehalten, wurde insofern für die Stadt bemerkenswert!!, als Heinrich (VII.) während desselben die Urkunden seines Vaters Friedrich II., die Umgestaltung des Nonnenklosters St. Mariae und Eustachii in ein Domstift betreffend, bestätigte. Zum letzten Male sah die an Bedeutung schon zurücktretende Stadt das Reichsoberhaupt in seinen Mauern als König Adolf (von Nassau) mit einem grossen Gefolge geistlicher und weltlicher Würdenträger zu Anfang des Monats Januar 1295 in ihr verweilte.
Ausser der Reichsburg, deren Existenz urkundlich feststeht, werden noch eine Reihe anderer Burgen genannt, deren Bestand jedoch nur an einen Namen oder einer ungewissen Nachricht haftet. Es sind diese: die Wiedigsburg, ein Häusercomplex am Mühlgraben und Fusse der Rosengasse, ohne geringstes Zeichen einer burgähnlichen Anlage, deren Namen überdies ans Widnburg (nordhäusisch für Weidenburg) modernisirt ist und nicht aus Widdagsburg wie Förstemann will, dessen Zurückführung dieses Namens auf einen Grafen Widago oder Witigo des 10. Jahrh. also eine unzutreffende ist. In dem „Register der Bestellung der Thore lind Thür me “ vom Jahre 1484 wird sie Widdinborgk und Widdnborg, von Bohne in seiner Nordhäuser Chronik von 1701 „Weidenburg“ genannt; die Finkenburg, von welcher weiterhin ausführlicher die Rede sein wird; ein die Fortsetzung des Pferdemarktes bildendes, früher „hinter der Engelsburg“ genanntes Gässchen. Als Burgen wurden ferner bezeichnet ein Haus in der Kautenstrasse am Fusse der Hütersgasse und ein anderes am Fusse des Geiersbergs. Mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat die Bekrönung des Frauenbergs durch eine Befestigung; in der Streitsache der Stadt mit den benachbarten Grafen 1464 erklärte der Vicar Bruckmann des Kreuzstifts (RA. 1,19a.), dass er von der Nonne des Frauenbergsklosters Käthe Kestner gehört habe: „man funde beschreben, das ehe das Kloster uff diesen berge worden, da was eine Festeninge, da pflag ein Voit des riches ufP zu wonen, des riches wegen.'1 Nach einer alten Nachricht ist die sogenannte Burg am Frauenberge (am ,Rahmen) im Jahre 1758 abgetragen worden; sie soll ausserhalb des Rautenthors an der Ecke der Hütergasse gelegen haben; auf dem Frauenberge lag die sogenannte alte Schanze mit tiefem Graben, wohl zur Bedeckung des alten Nordhausens. Bei Obigen scheint aber ein übertriebener Gebrauch der Benennung Burg vorzuliegen.
Wie wir sahen, war 115*3 der Königshof mit seinen Ländereien in den Besitz des Nonnenklosters St. Mariae et St. Eustachii übergegangen. Wir haben denselben hauptsächlich als eine Ackerwirthschaft aufzufassen, zu der Ländereien in benachbarten Dörfern gehörten, wie wir aus einer Urkunde Friedrichs I. vom Jahre 1169 entnehmen können, in welcher der Tausch des Hofes Diedren gegen Hufen in Windehausen, Urbach und Bielen, die wie früher erwähnt,,vom Nonnenkloster eingetauscht worden waren und zur villicatio (Hofverwaltung oder Meierei) in Nordhausen gehörten (ad villicationem Nortehusen pertinentes), ratificirt wird. Durch die Hand des Vogtes (advocatus) dieser Güter, des Herzogs Heinrich des Löwen von Sachsen und Bayern, werden die Hufen dem Stifte Goslar übergeben. Derselbe war also Schutzvogt des Klosters und der dazu gehörigen Ortschaft Nordhausen, in welcher von städtischen Einrichtungen noch nicht die Rede sein konnte. Des Königshofs geschieht auch später noch, wiewohl selten, Erwähnung; in einer Walkenrieder Urkunde (W.U., Nr 59) von\Jahre 1206 erscheint als Zeuge ein Bürger (burgensis) von Nordhausen, Heinricus de curiae regis, wohl ein Dienstmann desselben, und noch 1350 wird im über censuum (RA. I, 1.) des Kreuzstifts eine Mühle, retro curiam caesaris, unter den Besitzungen des Stifts aufgeführt. Bei seinem Zuge durch Thüringen schenkte König Albrecht 1307 auf Betrieb der Nordhäuser Bürger den Deutschherrn in Thüringen seinen beim Kreuzstift belegenen Hof (curia imperialis); der Comthur Gottfried von Kornre (Körner) überliess davon zwei Hofstätten an Heinrich von Ellrich. (RA. Q, 1.)
In alten Städten verräth sich der Umfang des ersten Kerns der Anlage meist durch den Zug der Strassen und wir vermögen denselben für die Oberstadt Nordhausen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit festzulegen. Das Nonnenkloster St. Maria et St. Eustachii oder St. Crucis lag ausserhalb des Walles der ersten Stadtanlage. Die 970 von Otto I. gegebene Schenkungsurkunde über das Dorf Blie-dungen (Stumpf: Reichskanzler, auch im Magdeb. Prov.-Archiv) sagt ausdrücklich, dass der Kaiser seine Güter daselbst dem von der Königin Machtilde in der Vo r-stadt von Nordhausen (in suburbio Northusen) errichteten Kloster (monasterium) schenke. Auf der Südwestseite machte von der jetzigen Kutteltreppe an bis zur Domstrasse der ziemlich steile Abhang eine leichte Befestigungsart, etwa Ver-pallisadirung, ausreichend, auch haben wir an dieser Stelle die Burg zu suchen. Dieser Theil der Stadtgrenze ist auch bei der späteren Erweiterung festgehalten und nur mit einer Mauer und sogenannten Mauerschalen (Halbthürmen) besser verwahrt worden. Weiter zeigt uns die eine Curve bildende Dom- und Kranichstrasse den Zug von Wall und Graben an — die Blasiikirche existirte noch nicht — bis zum jetzigen Kornmarkt, von wo aus dann die Rautenstrasse im Osten den Lauf der Befestigungslinie bezeichnet, die sich dann hinter der Predigerstrasse bis etwa zur Stelle des spätem Marterthurms hinzog. Das St. Georgenspital (jetzt Ecke der Töpferstrassc und des Kornmarkts) lag, wie alle Hospitäler, ausserhalb des Berings, ebenso die Töpferstrasse (in figulis, seit Ende des IB. Jahrhunderts genannt) wegen der Feuergcfährlichkeit des Gewerbes ihrer Be-wohner; so bildet der sogenannte Töpfersberg in Sangerhausen noch heute nur eine "Vorstadt. Pfarrkirche dieser ersten Gemeinde war unstreitig die jetzige Hauptkirche Nordhausens: die Kirche St, Nicolai in foro der ältesten Urkunden, sowie der daran stossende Markt der älteste der Stadt ist; wenn immer in den ältesten Urkunden von einem „Markte“ (forum) die Rede ist, so ist stets dieser gemeint. Schon frühzeitig besiedelt war der Marionberg (mons sancte Marie des Sehutzbriefes Friedrichs II. vom Jahre 1237 (RA. II, A 3.), der spätere Frauenberg. Die Erbauungszeit der Kirche dieser von Altnordhausen aus vorgeschobenen Ansiedelung fällt in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts; in dem Bering der Stadtmauern ist sie nie gezogen worden, sie heisst stets St. Marie novi operis in monte (im Gegensatz zu der Marienkirche des Mathildischen Klosters und der Kirche St. Marie in valle in Altendorf) extra oder prope muros Nordhusen-Auch der Petersberg mag wohl, ehe er dein Bering einverleibt wurde, schon bewohnt gewesen sein; die Kirche auf demselben bestand bereits 1220 und wurde in diesem Jahre mit der Pfarrgemeinde dem neuerrichteten Domstifte St. Crucis übergeben. Die Töpferhagen-, Hagen (Hain)-strasse und der Platz: auf dem Hagen, verraten schon durch den Namen, dass sie ursprünglich ausserhalb der Stadt lagen; auch die Pferdemärkte wurden früher ausserhalb derselben abgehalten. Die dabei liegende St. Blasienkirche wird erst 1234 dem Kreuzstifte als Ersatz (in partem restauri) für die- doch bereits bei seiner Gründung ihm entzogene Stadt zugetheilt, früher scheint sie also nicht existirt zu haben. Im Mauerberinge musste sie aber wohl bereits liegen, denn ihr Name wird nie mit dem Zusatze „extra muros“ genannt. Das Gleiche gilt für das Domstift St. Crucis, es tritt auch seit seiner Entstehung aus dem Nonnenkloster stets als ecclesia Northusensis ohne Zusatz auf. Wir müssen deshalb annehmen, dass, wahrscheinlich beim Wiederaufbau der Staat nach dem Brande von 1181, eine Erweiterung derselben durch Einverleibung des Nonnenklosters und der Blasien- und der Petrigemeinde in den Bering der neuerrichteten Mauern stattgefunden hat. Selbstverständlich wurde fortwährend an Erweiterung und Verstärkung der Werke gearbeitet; unter den Vorrechten, die Friedrich II. im Juli 1219 durch W.U. 103 den Walkenrieder Mönchen in der Stadt Nordhausen, wo sie seit 1178 einen Hof besassen (W.U. 19.), ertheilt, wird ausdrücklich die Befreiung von allen Beiträgen zu den Bedürfnissen der Stadt: zum Auswerfen von Gräben, Einreissen von Mauern und Wiederherstellen neuer Mauern genannt fad fossata eflbdienda vel murorum diruta sive nova quaelibet reparanda). Im Jahre 1299 entschädigte der Rath die am alten, spätem, äusseren Barfüsser- oder Seigerthor innerhalb der Mauer belegene Egidiencapelle durch 2 Höfe in der Neustadt für eine Baustelle und Gebäude ausserhalb der Mauern, die er zur Befestigung der Stadt durch Gräben und Wälle eingenommen hat, wofür er aber die beiden Höfe im Königshofe (in curia caesaris), die er ursprünglich dafür gegeben hatte, wieder zurück nimmt. (RA, 0. k. 1). Es galt nämlich nach und nach die Mauern mit Thürmen und den neuen, von den Kreuzfahrern den Byzantinern und Sarazenen abgelernten Befestigungsformen: dem Zwinger (cingulum), dem Erker (arca), dem vorgekragten Umgänge, dem Vorraum vor dem Thore (barbacan) und dem Thurme auf dem Thore auszustatten, um ihnen so den ebenfalls in den Kreuzzügen sehr verbesserten Angriffswafl'en: den Dreiböcken, Mangen und Blieden, gegenüber,die erforderliche Widerstandsfähigkeit zu verleihen.-
Wir werden späterhin wieder hier anknüpfen, um die fernere Ausbildung der Befestigungswerke zu schildern, und werfen jetzt einen Blick auf die politische Entwicklung der Stadt, in so weit dies sich mit den cnggesteclcten Grenzen dieses Werkchens vereinen lässt.
In den ersten Jahrhunderten seines Bestehens haben wir uns den sich herausbildenden Ort nur als Zubehör des Königshofs zu denken; die daneben bestehenden Ansiedelungen kommen dabei nicht in Betracht, gelangen sie ja doch zu keiner selbstständigen Entwickelung. Selbst noch bei der bereits erwähnten Uebergabe des Orts an das Nonnenkloster wird er als Weiler (villa) bezeichnet, dem ein Hofmeier (villicus) Vorstand, als solchen nennen uns Walkenrieder Urkunden um diese Zeit einen gewissen Hermann. Die Oberaufsicht führte, wie wir sahen, der Schutzvogt des Klosters, Heinrich der Löwe. Seine Nachfolger in der Verwaltung und im Schutze der kaiserlichen Güter und Stifte in Thüringen und Sachsen wurden zunächst die Landgrafen von Thüringen, jedoch nicht als solche, sondern alsPialz-grafen von Sachsen. Auf dem Reichstage zu Gelnhausen im April 1180 übertrug Kaiser Friedrich I. dieses Amt und diese Würde auf seinen Neffen den Landgrafen Ludwig III. (den Milden), nachdem mit dem kinderlosen Adalbert die Sommerschen-burger Pfalzgrafenlinie erloschen war. Bereits im November des Jahres 1181 übertrug indes der Kaiser diese Würde auf Ludwigs jüngeren Bruder Hermann, der bis zu seinem Tode (1216) in sehr naher Beziehung zu Nordhausen stand. Sein fortwährendes eigennütziges Laviren zwischen den beiden Gegenkönigen Philipp dem Hohenstaufen und dem Welfen Otto IV. brachte es dahin, dass beide ihn mit der Schutzvogtei über das mathildische Frauenstift und das werdende Städtchen belehnten. Das rücksichtslose Streben nach Erweiterung und Sicherung seiner Herrschaft, so charakteristisch für seine Politik, kam besonders auch in Nordhausen zur Geltung, wo er die Grenzen seiner pfalzgräflichen Befugnisse bei der Schwäche der unter zwei Gegner vertheilten kaiserlichen Gewalt so weit überschritt, dass er kurz vor seinem Tode in der W. U. 87., in welcher er das Kloster seines Schutzes versichert, Nordhausen geradezu als seine Stadt bezeichnen konnte, in der er die Besitzungen des Klosters (quiequid in nostra possident civitate Northusen), sowie alle Rechte und Freiheiten, die dasselbe darin zur Zeit Friedrich I. und dessen Sohnes Heinrich erlangt hatte, ihm zu erhalten verspricht. Der Nachweis dieser Anmassung berechtigt uns die Vermuthung auszusprechen, dass wir im Nordhäuser Stadtwappen: Adlerschild mit dem landgräflich thüringischen Helme, nichts anders als das Wappen der Landgrafen von Thüringen als Pfalzgrafen von Sachsen zu erblicken haben. Späterhin wird bei Beschreibung der Statuen im Chore des Nordhäuser Doms Gelegenheit genommen werden, näher hierauf einzugehen.
Die wichtigste Veränderung in der politischen Lage und den bürgerlichen Verhältnissen Nordhausens ging vor sich, als König Friedrich II. 1220 das bisher bestandene Nonnenkloster in ein weltliches Collegiatstift nmgestaltete und bei dieser Gelegenheit das dem Nonnenkloster einst von Otto II. überlassene Markt- lind Miinzrecht und den Zoll, sowie die von Friedrich I. durch Tausch 1158 erworbene Burg, den Königshof mit allem Zubehör an Länderei und Dienstleuten und die Gerichtsbarkeit über die Stadt nicht auf das neue Domstift übergehen liess, sondern alles dieses dem Reiche wieder zuwendete. Dadurch wurde die Stadt, wenn auch nicht frei, so doch reichsunmittelbar. Bestand anfangs auch kein Unterschied gegen früher, regierten und richteten nun kaiserliche Beamtete wohl in derselben Weise wie zuvor die derAebtissin und übte auch der Schutzfürst die Oberaufsicht nach wie vor, so vermochte sich doch während des nun folgenden Interregnums nach und nach ein grösseres Maass bürgerlicher Freiheit zu entwickeln, als dies der Fall gewesen wäre, hätte eine Aebtissin am Orte selbst den Krummstab geführt, wie z, B. in Quedlinburg oder Gandersheim.
Als richterliche Beamte, die aber anfangs auch mit der Verwaltung betraut waren, fungirten hauptsächlich zwei: der Schultheiss für die bürgerliche Rechtspflege und die freiwillige Gerichtsbarkeit und der Vogt als Criminalrichter. Mit diesem Schultheissenamte und der Vogtei, sowie mit dem Münzrechte, dem Zoll und dem Geleite war gewöhnlich der Schutzfürst vom Reiche belehnt, der seine Rechte von am Orte wohnenden Unterbeamten ausüben liess. Bis zum Erlöschen des Ludowingischen Landgrafengeschlechts mit König Heinrich Raspe (1247) verblieb das Schultheissenamt mit Vogtei, Münze und Zoll bei demselben, ja es scheint, als sei letzteres mit der Stadt selbst von Friedrich II. förmlich belieben gewesen. In einem in Schannat’s Vindemiae lit. mitgetheilten Briefe König Heinrichs (des Sohnes Friedrich II.) an den Bischof von Hildesheim vom Jahre 1234 beklagt jener, dass sein Vater die Stadt Nordhausen, die ihm und dem Reiche doch nützlicher gewesen wäre, verliehen habe, ohne jedoch anzugeben an wen. Der Umstand jedoch, dass Landgraf Heinrich im October desselben Jahres in Nordhausen eine Urkunde für seinen Bruder Conrad ausstellt, sowie dass er 1236 in einem Vertrage mit der Aebtissin Gertrud von Quedlinburg die Bürger desselben im Falle der Nichtbezahlung einer gewissen Geldsumme in Nordhausen einreiten und Einlager halten lassen will (Wolf, Geschichte von Duderstadt), lässt ihn als den mit der Stadt Beliehenen erscheinen. Nach ihm ging die Schutzherrschaft auf den Anhaltiner Fürstenstamm über: die Bestätigung der Rechte und Freiheiten der Stadt seitens König Wilhelms (1253 am 21. August, RA., B. 1.) geschah auf Bitten des Fürsten Heinrich von Anhalt. Seine Gemahlin Mechtild und sein Sohn Otto eignen 1260 dem Frauenbergskloster (St.. Maria in monte) 21/2 Hufen in Ebersborn bei Urbach, wobei mehrere als ihre Bürger benannte (cives nostri de Nordhusen) als Zeugen fungiren. Fürst Otto allein bestätigt dann 1273 die ersten Statuten (universa instituta), welche die Rathsherren der Stadt entworfen haben (Rauhes Buch No. 35 RA.). König Rudolf 1. übertrug 1277 die Regierung der sächsischen Reichsstädte, darunter Nordhausens, seinem Schwiegersöhne dem Askanier .Albrecht von Sachsen-Wittenberg und Albrecht dem Herzog von Braun-schweig, dann 1279 demselben Herzog Albrecht von Sachsen, den er auch mit der Pfalz Sachsen beliehen, und den Brandenburger Markgrafen Johann, Otto und Conrad (Böbmer’s Regest, d. k. Urk.). Es folgten hierauf eine Reihe von zum Theil gleichzeitigen Verpfändungen, welche die Erkenntniss der Schutz- und Rechtspflegeverliältnisse verdunkeln. König Ludwig der Bayer verpfändete nämlich 1323 das Schultheissenamt, die Münze und den Zoll zu Nordhausen an die Grafen von Schwarzburg, Mansfeld, Wernigerode und Honstein für 50>) Mark Silber (Förstemann, Urk. Gesch. von Nordh.'Urk. 58). Nun liegen zwar eine Reihe von Beweisen dafür vor, dass die Grafen von Honstein in Nordhausen die Gerichtsbarkeit und das Münzrecht aüsgeiibt haben, keiner aber für das Gleiche seitens der übrigen genannten Grafen. So bekennt Graf Heinrich der Aeltere von Honstein in einer Urkunde vom Jahre 1340 (Ayrmann sylloge an. 326), dass er durch die Gnade des Kaisers die Gerichte habe in der Stadt Nordhausen, dass er und sein Bruder Dyther selbst zu Gericht gesessen hätten; ferner bestätigt 1349 König Karl IV. den Grafen von Honstein alle ihre Lehen, Pfandschaft und Rechte, die sie von seinen Vorgängern erhalten haben (Rauhes Buch f. 83), sowie er in der Uebenveisungsurkunde der Güter der Juden an die Stadt ausdrücklich sagt, dass die edeln Grafen von Honstein das Gericht haben in seiner Stadt Nordhausen von seinet- und des Reichs wegen (Förstern. Urkd. G. 20.) In der Kundschaft, welche der Nordhäuser Rath im Juni 1342 dem kaiserlichen Hofgerichte zu Nürnberg überreichte, klagt derselbe, dass die Grafen von Honstein die Münze, die sie von dem Reiche von Alters gehabt, gemissbraucht und geringwertige Münzen geschlagen und so die Bürger geschädigt hätten. Auch das honsteinische Wappen auf dem Rande nordhäusischer Bracteaten bezeugt das von den Grafen geübte Münzrecht, doch musste wohl bereits 13G0 dasselbe theilweise im Besitze des Raths sein, da dieser (Rauhes Buch f. 96) mit dem Ratlie von Ellrich einen Vertrag über das Ausmünzen von Pfennigen abschloss. Die von Tittmann in seiner Geschichte Heinrich des Erlauchten (I.,72) nach zwei Urkunden aus den Jahren 1342 und 1351 des K. Sachs. Hauptstaatsarchivs mitgetheilte Notiz, dass 1342 der Graf von Honstein, der das Schultheissenamt zu Nordhausen pfandweise innegehabt hatte, seiner Rechte verlustig erklärt worden sei und dass hierauf Kaiser Ludwig dasselbe an den Markgrafen Friedrich von Meissen, den Strengen, weiter verliehen habe, kann nach dem Vorhergehenden wohl nur auf das Jahr 1351 bezogen werden. In demselben Jahre erging auch von Kaiser Karl IV. der Befehl an den Rath zu Nordhausen, die dem Grafen Dietrich von Honstein autgegebene Cession der Gerichte an Markgraf Friedrich anzunehmen und an diesen der Befehl, diese Annahme nötigenfalls zu erzwingen. Friedrich zog es vor, sich mit Dietrich friedlich abzufinden. Diese Ueberweisung hing noch mit jener Verpfändung der Stadt im Jahre 1323 zusammen, als Kaiser Ludwig der Bayer für die seinem zukünftigen Schwiegersöhne, dem genannten Markgraf Friedrich dem Ernsten, versprochene Mitgift von 10,000 Mark Silber die beiden Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen verpfändete. Vier Jahre später erging an die sehr widerstrebenden Städte der gemessene Befehl, dem Markgrafen zu huldigen und kurze Zeit nach seiner Vermählung schloss derselbe einen Vertrag mit der Stadt Nordhausen über Abzahlung der auf sie entfallenden Rate von 3000 Mark Silber; erst 1354 löste die Stadt jene Pfandschatt Friedrichs und seiner Erben mit 2000 Schock Pragischer Pfennige ab, wodurch die Stadt wieder an das Reich fiel.
Seitdem Kaiser Ludwig an Markgraf Friedrich den Ernsten im Jahre 1342 zum Vogt und Pfleger oder Erbschutzherrn der drei sächsischen Reichsstädte Goslar, Mühlhausen und Nordhausen ernannt und 1351 dessen Sohne Friedrich dem Strengen das Schultheisseuamt in Nordhausen übertragen hatte, verblieben beide Gerechtsame beim Hause Wettin bis zu Ausgang des 17. Jahrhunderts; nur im Jahre 1436 theilte König Sigismund den Erbschutz für einige Zeit unter Kurfürst Friedrich den Sanftinüthigcn und Landgraf Ludwig von Hessen. t
Bis zum Jahre 1379 regierten die drei Söhne Friedrich des Ernsten: Friedrich der Strenge, Balthasar und Wilhelm gemeinschaftlich, wie ihnen auch 1370 gemeinschaftlich Erbschutz und Sch u Itheissen amt in Nordhausen von Karl IV. zu-ertheilt wurden. Bei der endlichen iTheilung entfiel auf Balthasar die Landgrafschaft Thüringen, die Pfalz Sachsen und gedachter Erbschutz mit dem Schultheissenamte. So wird 1393 und 1397 Curd Weise als Balthasars Schultheiss im rauhen Buche f. 53 genannt. Doch verpfändete Balthasar und sein Sohn Friedrich der Einfältige 1402 das Schloss und Amt Gross-Furra und das Schultheissenamt, das Geleite und den Schlägeschatz (die Münze) in Nordhausen an seine Burgmannen in Gross-Furra: Fritzsche von Werther und die Gebrüder von Seebach, denen später die von Rüxleben, von Tiitcherode und andere in .-der Pfandschaft naehfolgtcn.1 Nach Friedrichs Tode (1440) fiel Thüringen, und mit demselben Erbschutz und Schultheissenamt in Nordhausen an die Markgrafen von Meissen, Friedrich den Streitbaren und Wilhelm den Einäugigen, welche das Amt Gross-Furra mit den Nordhäuser Gerechtsamen an die von Werther, von Tütcherode, von Hopfgarten und die Wurm verpfändeten. Nach mehrmaligem Wechsel der Pfandinhaber verkaufte endlich Herzog Georg von Sachsen im Namen seines Vaters Albrecht des Beherzten 1501 Schloss und Amt Gross-Furra an Lutze Wurm und stellte selbst wieder einen Schultheissen in Nordhausen an. Sein Neffe Herzog Moritz von Sachsen veräusserte 1542 das Schultheissenamt, die Münze und das Geleite für 2000Rthlr. wiederkäuflich an den Rath zu Nordhausen, behielt sich und seinem Nachfolger aber den Erbschutz vor, so dass sein Bruder Kurfürst August sich in der Bestätigungsurkunde für die von den Frauenberger Nonnen 1558 gestiftete Töchterschule, ohne Einspruch des Raths, den Schutz- und Landesfürsten der Stadt nennt Der Verkaufs vertrag über Schultheissenamt, Münze und Geleite wurde mit allen nachfolgenden Kurfürsten von Sachsen aufrecht erhalten und erneuert, jedoch der Kaufpreis periodisch erhöhet, so 1610 durch Kurfürst Christian II. um 1000 Thlr., freilich nachdem die von den ausgestorbenen Grafen von Honstein überkommene Reichsvogtei zum Reichsschultheissenamte geschlagen worden war. Sein Bruder Johann Georg I. steigerte die Kauf- oder eigentlich Pachtsumme auf 10,000 iueissnische Gülden für die Periode von je 15 Jahren, wobei es verblieb bis 1698 Kurfürst Friedrich August (August der Starke) um die grossen Kosten, die er auf Erlangung der polnischen Königskronezu verwenden hatte, aufzubringen, unter mancherlei anderen Besitzungen und Berechtigungen auch das Schultheissenamt, die Reichsvogtei, Münze, Zoll und Geleite in Nord hausen für 13,000 Thlr. an Kurbrandenburg käuflich überliess, freilich nicht ohne Protest, des Rathes. Auf Bitten desselben übernahm Kurfürst. Georg von Hannovi-r (als König von England Georg 1.) 1702 den Schutz der Stadt. Zur Sicherstellung seiner Rechte legte nun König Friedrich I. in Prenssen 1708 eine Garnison in dieselbe, die nur erst im September 1715 zurückgezogen wurde, nachdem Friedrichs Nachfolger, Friedrich Wilhelm I., alle seine Berechtigung gegen eine Entschädigung von 50,' >00 Thlr. an den Rath abgetreten hatte. Nur erst 1746 belehnte Kaiser Franz I. den Rath der nun freigewordenen Reichsstadt fö um lieh mit dem Reichsschultheissen- und Reichsvogteiamte. Bereits früher (1695) hatte Leopold! die althergebrachte und besonders noch durch den westphälischen Friedenstraktat festgestellte Reichsunmittelbarkeit der Stadt und ihre Berechtigung zu Sitz und Stimme auf dem Reichstage durch ein „Manutenenzdiplom“ bestätigt. (RA: B. 59.)
Noch nicht ein volles Jahrhundert konnte sich Nordhausen seiner Freiheit und Selbstregierung erfreuen; durch den Lüneviller Frieden und nach den Beschlüssen der ausserordentlichen Reichsdeputation wurde es 1802 dem preussischen Staate zugetheilt und am 2. August von demselben in Besitz genommen. Infolge der Schlacht bei Jena kam es dann vom Oktober 1806 bis zum Januar 1808 unter unmittelbar kaiserlich französische Herrschaft und wurde dann als Hauptstadt eines Catitons des Harzdepartements dem neu gebildeten Königreich Westphalen einver-Jeibt. Doch nur auf kurze Zeit, denn schon im November des Jahres 1813 wurde Nordhausen zum zweiten male mit der Krone Preussens vereinigt und bei der Organisation der neugebildeten Provinz Sachsen zu einer der Kreishauptstädte des Regierungsbezirks Erfurt erwählt; am 1. April 1882 wurde die Stadt aus dem Verbände des bisherigen Kreises Nordhausen gelöst und zu einem eignen Stadtkreise constituirt.
Das Reichsschultheissenamt begriff unter sich die bürgerliche Gerichtsbarkeit innerhalb des Stadtweichbildes und über alle die Güter, welche Nordhäuser Bürger vom Reich oder vom Rath zu Lehen trugen. Die gesetzgebende Gewalt lag indes ebenso wie die Findung und Vollstreckung des Urtheils beim Rath; der Schultheiss hatte nur als Commissar des mit dem Amte beliehenen Fürsten oder späterhin des Raths, wie aus der Formel seines Diensteides hervorgeht, das Gerichte (Ding) rechtzeitig zu berufen, dabei den Vorsitz zu führen und daraufzu sehen, dass Niemandem Unrecht geschehe, sondern dass die als beisitzende Schöppen fungirenden Rathsherrn das Urtheil getreu den Statuten fänden. Mit dem Schultheissenamte verbunden waren mehrere sehr erhebliche Einnahmen, welche natürlich die eigentlichen Objekte der Verpfändung und des Verkaufs des Amtes bildeten; es waren dies die Gerichtsgebühren, die Bussen oder Strafgelder, der Zoll, die Münzüberschüsse (Schlägeschatz), das Geleitegeld und eine Reihe von Gefällen von den Handwerken, auch Geld und Getreidezinsen aus verschiedenen Dörfern. Die Sehultheissen selbst waren stets Bürger der Stadt, jedoch während der Dauer ihrer Amtsführung dienstlind steuerfrei. Der erste derselben Friderieus tritt 1206 in W. U. 59 als erster in der Reihe der dort genannten Zeugen auf; aus den W. U. und den Manuscripten Frominanns und Filters, aus denen das Vorstehende und Nachfolgende grossen-theils entnommen ist, liesse sich eine fast vollständige Reihe der Namen der Schultheissen und der Vögte zusanimenstellen. Erstere führten übrigens anfangs verschiedene Titel, so erscheint im W.U. 164, 174, 181, 1>8, 206 und 226 aus den Jahren von 1229 bis 1239 ein Heinricus, offenbar immer ein und dieselbe Person, unter den Titeln: Vicescultetus, Scultetus, Praefectus und Villicus. Ihre sociale Stellung scheint mit der Zeit .gesunken zu sein: während 1242 (W. U. 237)' sich der Schultheiss Johannes noch von „Gottes Gnaden“ nennt (dei gratia scultetus) und sich W. U. 2(54 als Ritter ausweist, ist 3UU Jahre später der Schultheiss Kersten Zeltmann ein ehrsamer Schneider. Als späterhin der Rath im Pfand- und wirklichen Besitz des Amtes war, versähe dasselbe der worthaltende Bürgermeister oder ein Vierherr. Schultheiss, Vogt und Münzmeistor (monetarius, magister monetae) wurde unter dem Titel „ofticiales imperii“ zusammengefasst. In mehreren Urkunden besonders des 15. Jahrhunderts bezeichnen sich die Schultheissen als solche: „an des heiligen Reichs Stuhle zu Noithausen.11 Dieser „Reichsstuhl“ ist ohne Zweifel identisch mit dem ebenfalls oft erwähnten „Kaiserstuhle“ und bezeichnet das Gebäude oder den Ort, wo der Schultheiss das Gericht hegte; der Nordhäuser Kaiserstuhl lag an der Wassertreppe und ist höchstwahrscheinlich das sehr alte weitläufige Haus Nr. 3 daselbst, das bei den Bewohnern der Nachbarn den Namen „Finkenbürg“ führt.1 Lesser erzählt uns in seiner Chronik S 353: dass im Jahre 1670 der Sohn des Stadtsecretärs J. G. Wiegand „in dem grossen Thurme hinter dem Dome bei dem Kaiserstuhle den Hals stürtzete.“ Unter den ältern Leuten der Nachbarschaft hat sich übrigens noch die Sage erhalten, dass in jenem Hause Gericht gehalten worden sei und dass der noch in seinen Grundmauern bestehende einst sehr hohe Thurm hart an der Wassertreppe, die sogenannte Rose, das dazu gehörige Gefängniss enthalten habe, das durch eine Brücke mit dem Kaiserstuhle verbunden gewesen sei; jener Thurm, wahrscheinlich wegen seiner fünfseitigen Grundfläche die Rose genannt (ähnlich dem fünfseitigen Tliurme auf der Feste in Nürnberg), wurde im März des Jahres 1819 abgetragen.
Der zweite der „Officiales imperii“ in Nordhausen war der Reichsvogt (advo-catus sacrii imperii in Nordhusen) welcher dem vom Rathe gehegten peinlichen oder Criminalgerichte Vorstand und auch als Stellvertreter des Schultheissen nöthigen-falls das Civilgericht abhielt. In der ältesten Zeit scheinen seine Befugnisse weitere gewesen zu sein; der zuerst genannte derselben Roberti.s oder Rupertus (als Zeuge in. den Jahren 1178 und 1184) war zugleich Vogt des Mathildischen Stifts. Die Berechtigung diesen Vogt zu ernennen und der Genuss der damit verbundenen Einnahmen stand, so weit urkundliche Nachrichten zurückreichen, den Grafen von Honstein zu, welche dieselbe wahrscheinlich als Entschädigung für aufgegebene Vogteirechte an den Klöstern Homburg und Walkenried (Urkd. d. Kl. Homburg Nr. 19 vom Jahre 1226 und W. U. 85 vom Jahre 1215), als Reichslehen erhielten. In der ältesten Zeit verschmähten sie es nicht, das Vogtding persönlich abzuhalten; späterhin überliessen sie zeitweise ihre Rechte an den Rath, so 1464 auf 10, dann auf weitere 15 Jahre. Einige der Grafen verkauften 1505 die Reichsvogtei an den Rath, andere zu gleicher Zeit an Herzog Georg von Sachsen, weshalb sich der Kauf zerschlug. Graf Ernst von Honstein verpfändete 1546 die Yogtei auf 20 Jahre an den Rath und dies wiederholte sich von 10 zu 10 Jahren für die Summe von 1500 Rh. fl. Als 15Ü3 die Grafen von Honstein mit Ernst. VII. ausstarben, wurde die Reichsvogtei auf Betrieb des Raths:1 „der sich des Schutzes des Hauses Sachsen viele und lange Jahre gebrauchet und sich dabei recht wohl befunden,“ dem Kurfürsten von Sachsen übertragen und im Juli 16o2 Kurfürst Christian II. damit belehnt. Derselbe i'iberliess, wie oben bereits bemerkt, die Vogtei wiederkäuflich an den Rath, bei dem sie hinfort verblieb. Zur Vogtei gehörten auch die beiden Gerichts- oder Vehmstätten vor dem Töpferthore und auf dem Sande beim Siechhofe,- wo die Grafen Streitigkeiten Nordhäuser Bürger mit Auswärtigen schlichten Hessen, so behaupteten die Grafen von Honstein, während der Nordhäuser Rath im Jahre 1464 nach wies, dass diese Gerichte eine erst um das Jahr 1400 eingerichtete Privatinstitntion der Grafen waren. In frühem Zeiten gehörte sicherlich Nordhausen dem Bezirke des Thüringischen Landgerichts (Landdings, placitum provinciale) zu Mittelhausen bei Erfurt an, doch wurden auch Landdinge von den Grafen von Clettenberg im 12. und 13. Jahrhundert in Cletten-berg und Nordhausen abgehalten, wie aus einer Reihe Walkenrieder Urkunden hervorgeht. An letzterem Orte finden wir den Schultheiss und Vogt so wie deren ,Mitbürger“ als Zeugen aufgeführt, doch betrafen die daselbst geflogenen Verhandlungen niemals Nordhäuser Bürger; waren dieselben ja doch, wie uns der 1267 vom Pfalzgrafen von Sachsen Landgraf Albrecht bestätigte Exemptionsbrief lehrt: „von dem Kaiser von Alters her von dem Erscheinen vor auswärtigen Gerichten befreit worden und hatten nur für den Fall, dass der Kläger in der Stadt kein Recht finden konnte, vor dem Landdinge Rede zu stehen.“ (Ayrm. syll. an. 302.)
So lange Nordhausen noch in Abhängigkeit von dem Mathildischen Nonnenstift stand, konnte von einer selbständigen Gemeindeverwaltung natürlich nicht die Rede sein; nur erst seitdem, wie wir sahen, 1220, die Stadt an das Reich zurückgefallen war, konnten sich nach und nach, besonders in der Zeit des Interregnums, Formen der Verwaltung ausbilden, welche eine Theilnahme der Bürger an derselben zuliessen. Um diese Zeit begannen überhaupt städtische Verhältnisse sich in unserer Gegend zu entwickeln, nicht nur in unserer neuen Reichsstadt Nordhausen, die darin, so lange sie noch nicht frei von fürstlicher Aufsicht war, sich nur wenig von ändern Städten unterschied.
Zuerst im Jahre 1206 erscheinen in einer Jechaburger Urkunde (W. U. 59) neben Schultheiss und Vogt eigentliche Nordhäuser Bürger (burgenses de Northusen) als Zeugen und in einem Schreiben an den Grafen Albert von Clettenberg der kaiserliche Hotkämmerer Konrad an der Spitze der Bürger (Conradus imperialis aule camerarius cum ceteris burgensibus, W. Copial in der Bibliothek zu Hannover, um 122U). An den von dem bereits genannten Schultheiss oder Villicus Heinrich und seinen Mitbürgern (cum ceteris suis concivibus) von 1229 an ausgestellten Urkunden hängt bereits das Stadtsiegel (sigillum civium oder burgensium.) Es scheint als hätten wir unter den burgenses und cives nicht die Bürgerschaft im Allgemeinen (universitas eivium) sondern einen Ausschuss derselben, den Vorläufer der 1266 in W. U. 375 zuerst neben dem Schultheiss und der ganzen Gemeinde (universitas civ.) auftretenden consules (Rathsherren) zu verstehen , denn 1230 entschieden diese burgenses einige Rechtsfragen selbständig (W. U. 173 u. Förstern. Gesch. Nordh. Nachtrag Nr. Gl u. 63.) Die Con-0 sules werden 1272 in einer Verhandlung als Rath (consilium civitatis) zuerst zusammen gefasst.
Erschien bisher der kaiserliche Schultheiss oder Kämmerer, als Vorstand des Raths und der Bürgerschaft, in den Urkunden, so wird 1280 eine Cession in Nordhausen vor einigen Bürgern verhandelt, welche als „der Zeit dem Rathe der Stadt vorstehend“ (qui eo tempore consilio praeerant saepedictae civitatis) bezeichnet werden (W. U. 457), ohne Intervention des Schultheissen und 10 Jahr später bezeugen die hier zum ersten male genannten Rathsmeister und die Rathsherren der königlichen Stadt Nordhausen einen Zinskauf seitens des Kl. Walkenried. (Magistri consulum et consules regalis oppidi-Nordhusen. W. U. 528.) In dem Briefe Kaiser Heinrichs VII. an den Markgrafen von Landsbeig vom Jahre 1313 (Förstern. Gesch. Nordh. Anh. Nr. 57) werden die Rathsmeister magistri consilii genannt.
Aus den von Dr. Förstemann im 3. bis 7. Bande der Mittheil, des Thür. Sächsischen Geschichtsvereins veröffentlichten vier Statutensammlungen1) der Stadt Nordhausen soAvie aus einer Reihe gleichzeitiger Urkunden ersehen wir, dass sich bereits zu Anfang des 14. Jahrhunderts die Formen der Stadtverwaltung im Wesentlichen so gestalteten, wie dieselben bis zum Anfänge gegenwärtigen Jahrhunderts bestanden haben. Am Ende des 13. Jahrhunderts finden wir zwei Rathsmeister mit 16 Rathsherren im Rathscollegium, die jedes Jahr am heil, drei Königstage neu gewählt wurden und zwar, wie es die Bürgereinung vom Jahre I3üi^ vorschreibt, von dem abgehenden Rathe. Doch wurde der abgegangene Rath (der alte Rath, consules antiqui der Bürgereinung von 1300) bei wichtigen Angelegenheiten ebenfalls zu den Berathungen zugezogen, ja in der Einung von 1308 geschieht bereits dreier Räthe Erwähnung: „der nuwe rat, der aide rat und der derte rat,“ deren Beschlüsse durch einen einzelnen Rath nicht, vernichtet weiden konnten. Aus jedem Handwerke wurde ein Meister in den Rath gewählt; späterhin besassen folgende neun Gilden oder Innungen das aktive und passive Wahlrecht: die der Gewandschneider und Kaufleute, die der Fleminger oder Wollenweber, die der Schröter oder Schneider, die der Cramer und Sattler, die der Kürschner und Weissgerber, die der Schuhmacher und Lohgerber, die der Bäcker, der Schmiede und der Fleischhauer; die übrigen Rathsherten wurden aus der Gemeinde nach den Stadtvierteln gewählt. Ueberdies kommen bereits die zur Controle des Raths ernannten „Viere aus der Gemeinde“, quatuor viri, vierherrn, vor. Eine vollständige Zusammenstellung aller im Jahre 1321 in der Stadt existirenden regierenden und gesetzgebenden Elemente giebt der zur Einung von 1308 nachgetragene Artikel 223; hier bestimmen der neue Rath und der alte Rath, die neuen Viere (quator viri) und die alten Viere, die Handwerksmeister, die Gemeine und die Sechs aus den Vierteln, der Rath im neuen Dorfe (Neustadt) und auf dem Berge (Frauenberg) und im .Altendoife, die Strafe, welche den trifft, der einem Bürger sein Gut oder sein Kind abdringt. Drei Rathscollegien — der sitzende und die beiden ruhenden Räthe — kommen erst späterhin regelmässig vor und bestand jedes Rathscollegium bis zum Pestjahre 1626 aus 27 Mitgliedern, nämlich zwei aus jeder der neun rathsfahigen Gilden und zwei aus jedem der Viertel (Neuwegs, Altendorfs-, Töpfer- und Rauten viertel) und einem aus der Neustadt. Aus dieser Zahl wurden vier Biirgei-oder Rathsmeister gewählt, von deneu zwei vor Johannis die beiden ändern nach Johannis regierten oder „Wort hielten.“ Im genannten Jahre 1626 wurde die Zahl der Rathsherrn auf die Hälfte herabgesetzt, ebenso die Zahl der Bürgermeister auf zwei.
Nicht eben tiefgehend waren die Veränderungen im Stadtregimente, welche durch den Aufstand der „gemeinen Bürger“ gegen die „gefreundeten“, d. h. durch Verwandtschaft unter einander verbundenen reicheren Bürger, „die man nante die riehen geschlechte“, verursacht wurden. Letztere hatten nach und nach die Besetzung der Rathsstellen und so die Regierung der Stadt an sich gerissen, was leicht geschehen konnte, als ja jedes neu antretende Rathscollegium nur durch das abtretende alte, ohne Zuthun der Bürger, gewählt wurde. Dieser quasi aristokratische Rath, in welchem sich übrigens auch, wahrscheinlich vermögende, Handwerker befanden1, hatte angeblich aus Uebermuth die Stadt in Fehden mit den benachbarten Grafen verwickelt, wodurch dieselbe in tiefe Verschuldung gestürzt worden war, als deren Folge schwere Abgaben und besonders eine sehr verhasste Kopfsteuer die Bürgerschaft bedrückten. Die wiederholt von den Bürgern an den Rath gerichteten Vorstellungen und Bitten, Rechnung über den Verbleib der übermässig erhobenen Steuern zu legen, beantwortete derselbe mit der Drohung: so viele der „gemeinen Bürger“ auf das Rad legen zu lassen, dass bald alle Räder in der Stadt nicht ausreichen sollten.“ Daraufhin versammelten sich die Handwerker und Pfahlbürger- vor dem Rathhanse und überfielen die „Geschlechter“, welche sich in das Riesenhaus (hus zcu deine Resen uff deme holtzmargte) geworfen hatten und nahmen dieselben gefangen. Die Bürger wählten nun aus ihrer Mitte einen neuen Rath und viere aus der Gemeinde (quatuor viri) welche die Controle über den Rath üben sollten, (die viere die man küret von der gemeyne weyn ubir den rat) eine wie wir sahen, nicht eben neue Einrichtung, die sich bis zur Einführung des Stadtverordnetencollegs erhalten hat. Dieser Aufstand fand am Tage vor St Valentin (den 13. Februar) statt und ist ein wohl gleichzeitiger Bericht darüber von Förstemann im III. Bde. der Mittheil. d. thiir.-sächs. Vereins H.4, pag. 83 veröffentlicht werden, nach RA: 1,5. Am 17. April desselben Jahres setzten die drei Räthe, die Viere von der Gemeinde, die Handwerksmeister und die „meyste menge der bürgere“ im sogenannten Handwerksmeister- oder Wahlbrief (a. a. 0. pag. 87.) fest, dass hinfort nicht mehr wie früher der abgehende Rath allein, sondern dieser in Verbindung mit den Handwerksmeistern und übrigen Bürgern den neuen Rath wählen sollten. Zur Wahl der Vierherrn aber sollten nur die Handwerksmeister und die abgehende» Vierherrn berechtigt sein, dieselben wurden wie auch die Kämmerer, die Siegler, Pfeilmeister, Baumeister und die übrigen „Amptlüte“ aus der Reihe der neuen Rathsherrn gewählt. Verboten wurde bei hoher Strafe, jemanden in den Rath zu wählen, der mit den, wegen des Aufstandes aus der Stadt vertriebenen, Geschlechtern verwandt sei (von sippe weyn angehort), ferner allen Bürgern und Bürgerinnen: auf Schlösser und Burgen Geld zu leihen, oder ihre Töchter und Verwandtinnen an auswärtige „güter hande (habende) lüte“ zu vermählen oder selbst mit solchen Gevatterschaften einzugehen. Man räumte mit den „Geschlechtern“ in der Stadt gründlich auf und suchte auch für die Zukunft, wie die Erfahrung lehrte mit Erfolg, alle aristokratischen Elemente sorgfältigst von derselben fern zu halten.
Die gefangenen gefreundeten Bürger wurden zum Theil hin gerichtet, die übrigen mit ihren Familien aus der Stadt vertrieben. Nordhausens Beispiel steht übrigens keineswegs vereinzelt da: mit der höheren Ausbildung der eben erst aus den Händen des Clerus in die der Layen übergegangenen gewerblichen Kunstfertigkeit und der daraus folgenden Constituirung der Zünfte, regte sich mit dem 14. Jahrhundert überall in den deutschen Städten der Geist der Auflehnung bei den mehr und mehr ihre steigende Wichtigkeit begreifenden Handwerkern gegen die in der Natur der Sache liegende anfänglich aristokratische städtische Verwaltung.
Nordhausen bietet uns das schattenreiche Bild einer kleinen, schwachen Reichsstadt inmitten der Gebiete mächtiger Grafen gelegen; zu weit würde es führen, wollten wir auch nur ganz oberflächlich auf die endlosen Fehden, welche die Bürger auszufechten, die zahllosen Beraubungen und Unterdrückungen, welche sie zu erdulden hatten, eingehen. Ein langes Verzeichniss der Beschwerden, die ihnen nur allein von dem Grafen von Honstein bereitet wurden, enthält die Kundschaft, die sie 1342 dem kaiserlichen Hofrichter überreichten (RA: D, 1 ab, gedruckt in Förstemanns Gesch. Urkd. 34). An Schutz fehlte es zwar anscheinend nicht; ursprünglich lag derselbe den mit dem Schultheissenamte beliehenen Fürsten ex officio ob, auch bestellte der Kaiser daneben noch andere Fürsten als Pfleger und Hüter ihrer Sicherheit, ja selbst der Papst Sixtus IV befahl noch 1478 dem Abte des Schottenklosters St. Jacobi in Erfurt und den Dechanten der Stiftskirchen zu Halberstadt und Nordhausen mit Hülfe geistlicher Strafen die Stadt bei ihren Privilegien zu erhalten, (RA: F, 24). Ausserdem erkauften sich die Bürger noch den Schutz anderer Fürsten neben dem ihrer Erbschutzherrn: der Kurfürsten und Herzöge von Sachsen, welchen sie übrigens ebenfalls contraetlich zu entgelten hatten, seit dem 14. Jahrhundert vorzüglich der Herzöge von Braunschweig bis in das 18. Jahrhundert hinein (Kurfürst Georg Ludwigs von Braunschweig-Lüneburg bis zum Jahre 1717, RA: H, 26.), ferner des Erzbischofs von Mainz und des Bischofs von Hildesheim. Der Schutz der entfernt residirenden Fürsten genügte indes der fortwährend bedrängten Stadt keineswegs, wir finden deshalb eine ganze Reihe periodisch erneuerter Schutzverträge im Fehde- und Siihnebuche und in Urkunden des RA. Abtheil. Kb. auch in Cyriacus Spangenbergs Mansf. Chron. und ändern Chroniken verzeichnet, welche dieselbe vom Beginn des 14. bis in das 17. Jahrhundert hinein'mit den benachbarten Grafen von Stolberg (zuerst 1302 mit Graf Heinrich), von Honstein, Schwarzburg und Beichlingen und selbst den Herren von Querfurt abgeschlossen hat. Dieselben beruheten anfangs auf Gegenseitigkeit, legten dann aber ebenfalls der Stadt pecuniäre Opfer auf. Letzeres war weniger der Fall bei den Bündnissen zu gegenseitigem Beistände, in welchen die Stadt mit den Nachbarstädten Erfurt und Mühlhausen, dann aber auch mit den entfernteren Halberstadt, Quedlinburg und Aschersleben besonders während des völlig rechtlosen 15. Jahrhunderts stand. Landgraf Balthasar von Thüringen nahm im Jahre 1384 die Stadt in den von Karl IY gegebenen westphälischen Landfrieden auf und mehrere Kaiser erliessen scharfe Verbote, bei hoher Strafe den Frieden der Stadt zu brechen. Man sollte nun meinen, derselbe wäre so mehr als hinreichend gesichert gewesen, aber dem war leider nicht so: die jedes Jahr gebrachten Opfer vermochten nicht die Stadt vor den Drangsalen der Beraubung, Gefangennahme, ja Ermordung ihrer Bürger zu bewahren; clas Fehde- und Sühnebuch zählt eine erschreckende Menge solcher Ueberfälle seitens nahe und auch sehr entfernt wohnender Widersacher auf. Ein beliebtes Zwangsmittel der Grafen von Stolberg,' Honstein und Schwarzburg war es, den schärfsten kaiserlichen Verboten zuwider, den Bürgern die Reichsstrassen zu sperren und den eigenen Unter-thanen zu untersagen, der Stadt die nothwendigsten Lebensbedürfnisse zuzuführen. Vergleicht man diese traurigen Zustände mit denen benachbarter fürstlicher Städte, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren: dass der Werth der Reichsfreiheit für Nordhausen doch ein recht fragwürdiger war.
Das Gebiet der Reichsstadt beschränkte sich anfänglich gewiss nur auf wenig mehr als das Stadtweichbild; dasselbe in etwas zu erweitern vermochte der Rath nur im Jahre 1315, indem derselbe für 100 Mk. löthigen Silbers von den Gebrüdern Heinrich und Dietrich Grafen von Honstein einen rings um an das Stadtgebiet grenzenden Streifen von ihrem Gebiete samt dem Grafengericht darin (comitia) erwarb, welches letztere später der Gegenstand eines erbitterten Streites wurde; die Grenzen des neuen Gebiets wurden durch Versteinung festgelegt. (RA: Q. 2.) Nicht zum Ziele führte aber ein zweiter Ankauf im Jahre 1368 von Gütern, welche Johann und Friedrich von Salza angeblich vom Reiche zu Lehen trugen. Es waren dies: drei Viertel des Konsteins, 3 Teiche, ö1/^ Hufen Land und Weiden beim Dorfe Ober-Saka, das halbe Gericht, eine Anzahl Höfe und das Ki roh leben der Pfarrkirche in jenem Dorfe. Die Grafen von Honstein fochten indes diese Erwerbung unter dem Vorgeben an, dass jene Güter keine Reich sieben, sondern Bestandteile ihres väterlichen Erbes seien. In einem durch die Land- und Markgrafen Friedrich, Balthasar und Wilhelm vermittelten, vom 19. Juli 1370 datirten Vergleiche wurde bestimmt, dass der südöstliche Theil des Konsteins vom Vocken-thale an, wie derselbe versteint sei, der Stadt als Eigenthum zufiel, welcher Theil die noch jetzt erkennbaren alten Steinbrüche (den Steingraben), die Kalkrösten und den Schnabel (Bergzunge, welche die Schnabelburg trug) umfasste. Den Bürgern wurde gestattet, dort wie bisher Kalk und Steine zu gewinnen und nach der Stadt zu fuhren, jedoch war es untersagt, davon an Auswärtige zu verkaufen. Der übrigen von Salzaischen Güter wird in diesem Vergleiche nicht gedacht; wir haben deshalb wohl anzunehmen, dass die Gebrüder von Salza die Gewähr davon nicht zu leisten vermochten und die Grafen von Honstein dieselben an sich gebracht haben. (RA: Q. 6, 7, 8.) Verschiedener anderer Misshelligkeiten willen lag die Stadt, obschon sie 1359 einen 1(J Jahre gültigen Schutzvertrag mit den Grafen Heinrich sen., Dietrich, Ulrich und Heinrich jun. abgeschlossen hatte, mit denselben seit längerer Zeit in heftiger Fehde. Die Grafen drangen auf Erneuerung der noch von der Abdankung Kaiser Günthers herrührenden Verpfändung Nordhausens, von der sich die Bürger bald gelöst hatten, gegen die entlegeneren Pfandschaften im westlichen Deutschland; durch kaiserliche Privilegien wussten aber die Bürger sich dessen zu erwehren. Von der wolil nur erst in jenem Jahrhundert auf dem südöstlichsten Ausläufer des Konsteins nahe der Stadt erbauten Schnabelburg aus, welche die nach dem Harze führende Strasse beherrschte, fügten die Grafen den Bürgern oft schweren Schaden zu, welcher letztere zu dem Entschlüsse trieb, die Burg anzukaufen. Unter Vermittelung der Honsteiner Lehns- und Nordhäuser Schutzfürsten Friedrich Balthasar und Wilhelm einigte man sich in einem am 23. August 1368 abgeschlossenen Vergleiche (RA: J. 23) dahin, alle bisherigen „Brüche, Zwietracht, Krieg und Aufläufte“ einzustellen, die Bürger von Nordhausen sollten 1500 Mark Silber als Preis für die Schnabelburg erlegen und diese dafür in die Gewalt der Fürsten übergehen, -welche dieselbe abbrechen und niemals wieder aufbauen lassen sollten.1 Die Gefangenen wurden gegenseitig ausgewechselt und den Bürgern das von den Grafen bis dahin bestrittene Recht eingeräumt, die Mauern und Gräben ihrer Stadt auszubessern „in die Höhe und in die Tiefe.“
Während und wohl auch infolge dieser Fehden flüchtete sich 1365 das bis dahin als selbständiges Gemeinwesen bestandene Neue Dorf (d. Neustadt) in den Schutz der Alt- oder Oberstadt Nordhausen: „umme das, dass dies ehegenannte Neuedorf befestent und bemauert ward mit Hülfe, Vollwort und Rathe dreier Räthe, der Viertel- und der Handwerksmeister und der Stadt gemeinlich zu Nordhausen.“ Die Gemeinde gab ihre Selbständigkeit gänzlich zu Gunsten der Altstadt auf und bewilligte, dass in der Neustadt nie ein Rathhaus oder ein Rathscollegium sein sollte, noch ein Gewandhaus, eine Waage, oder ein Kauf-, Wein- oder Brothaus noch Fleischscharren oder irgend welcher Markt, dies Alles soll ein Vorrecht der Altstadt bleiben, dagegen wurde es der Neustadt vergönnt, jährlich drei Mitglieder in den Rath zu wählen, zwei aus den Reihen der Handwerker und eins aus den Geschlechtern. Die, Altstadt und Neustadt von einander trennenden, Mauern und Gräben sollten keineswegs eingehen, sondern unterhalten werden und wie auch alle Gräben und Mauern, mit denen man etwa später den Berg (Frauenberg), die Gegend zwischen der Brücke (am spätem Sundhäuser Thore), den Grimmel oder das alte Dorf umziehen und befestigen würde, Eigenthum der Altstadt, obschon auf gemeinschaftliche Kosten angelegt, sein. Diese merkliche Erweiterung des Stadtweichbildes wurde am 6. Februar 136« in einer Urkunde verbrieft, die in mehreren Ausfertigungen im RA vorhanden, von Förstemann im 3. Bande der Mitth. d. thür. s. Vereins IV, pag. 75 veröffentlicht worden ist. Am Frauenberge ist indes bereits früher ein Graben gezogen worden; der Rath schloss 1299 mit dem Probst des Frauenberger Klosters Nov. Opus einen Vertrag (RA: M, a, 26), nach welchem letzterer der Stadt einen Plan (planitie) samt dem Mühlendamme überlässt darauf zur Befestigung der Stadt (pro munimine civitatis) einen Graben zu ziehen, jedoch so, dass derselbe dem Damme nicht zu nahe komme. Dagegen schenkt der Rath dem Kloster ein neben dessen Hofthür liegendes Häuschen unter der Bedingung, die Schlösser des daran liegenden Thores in Stand zu erhalten. Das in der „Einung“ mit der Neustadt vorgesehene Projekt der Befestigung der südlichen und westlichen Vorstädte erhielt im März des Jahres 1368 auf Bitten der Bürger, Avohl veranlasst durch die erwähnten Fehden mit den Grafen von Honstein, die Genehmigung Kaiser Karl IV., der in einem noch im RA vorhandenen Urkunde (B, 26) gestattet, dass die Bürger ihre Vorstädte „ge-bessern, umbgraben, umbmauren, weitern und vesten mögen auf des Reichs Grund und Eigen.“ Die Befestigung der Vorstädte bestand nur aus Graben und Flechtzaun (seps), die Gassen waren durch Schlagbäume und Ketten und nach aussen durch Thore gesperrt Verzeichnisse dieser Werke aus jener Zeit haben sich nicht erhalten; einen kurzen Auszug aus dem ältesten derselben vom Februar des Jahres 1430: „imminenti hereticorum invasione,“ d. h. beim drohenden Einfalle der Hussiten aufgestellt, hat der Pfarrer Sander nach einem nicht mehr vorhandenen Originale seiner Ms. Chronik der Frauenberger Kirche einverleibt Mit Mannschaft besetzt waren: das Bielenthor, das Sundhäuser Thor, die Frauenbergsstiegel (wahrscheinlich die Stiegelwache), der Judenkirchhof (der sogenannte Judenthurm). Die „Vormunden“ auf dem Frauenberge und wen diese dazu heischen sollen der Büchsen (Geschütze) warten; „vor dem Aaren“1 haben neun „scharf gewaffnete“ Bürger die Wache. Durch Schlagbäume und Ketten waren abgesperrt: die Hütersgasse, das äusserste Bielenthor (in Alt-Nordhausen), das' Seigerthor, deren gab es zwei: das äussere Barfüsser- und das innere Sundhäuserthor, die Schaafgasse und die vor dem Aarne (vor dem Vogel). In einem gleichzeitigen Register werden 24 Mauer-thürme (Schalen, obschon sie meist als Bergfriede bezeichnet werden), 7 Zinnen, 2 Bollwerke und acht Thore aufgezählt, letztere waren: das Altenthor (spätere äussere Barfüsserthor), die Wasserpforte, das Neuwegsthor, die Kuttelpforte (pörta fartorum), das Rautenthor (das innere, porta diabolorum), Sundhäuserthor, Bielenthor und Töpferthor. Dieses war jedoch noch nicht das erst 1441 am östlichen Ende der Töpfergasse erbaute, sondern das alte, etwa auf der Mitte des späteren Kornmarktes stehende. "Wie schon oben bemerkt, lag das Georgshospital mit der St. Georgskapelle wie alle übrigen Hospitäler: St. Martini, St. Cyriaci und St. Elisabeth ausserhalb der alten Stadt Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die 1289 vom Nordhäuser Bürger Hertwig von Ellrich im Hause der Aussätzigen vor der Stadt (in curia leprosorum ante civitatem, Urkd. RA: 0,g,5 bei Lesser pg. 171) gestiftete und in die Ehre des heil. Georg geweihte Capelle keine andere als die des Georgshospitals an der Ecke der Töpfergasse ist; alle späteren Nachrichten, die wir von einer Georgskapelle haben, beziehen sich nur auf diese und die Annahme einer zweiten Georgskapelle seitens Lessers und Pörstemanns ermangelt aller Begründung und rührt nur daher, dass beide nicht wussten, dass das Georgsspital, wie alle übrigen, anfänglich ausserhalb der alten Stadt lag.1 Dass dem so war und dass die seit dem 13. Jahrhundert erscheinende Gasse „in figulis = in Töpfern14 bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts hinein nur Vorstadt war, lassen folgende Thatsachen leicht erkennen. Nach einer bei Lesser pg. 183 abgedruckten Urkunde vom 1. Mai 1312 (nicht 1322, wie Lesser angiebi) bewilligt der Rath dem Prior und Convent des Servitenklosters Himmelgarten für das aus dem Verkaufe eines bereits von ihnen besessenen Hofes gelöste Geld eine Hofstätte des Hospitals und eine östlich daran stossende (arearn hospitalis cum area ad orientem eidem conterminam) zu erwerben und abgaben- und dienstfrei zu besitzen. Die Mönche versprachen dagegen, auf diese Hofstätten ohne besondere Erlaubniss des Ratlies kein Gebäude, das über 4 Fuss hoch von Steinen sei, und kein Kloster (monasterium seu conventum) zu bauen, ein Versprechen, das sie in der Folge nicht hielten, indem sie im Jahre 1338 eine Kirche dort erbauten, woraus ein dreissig Jahre lang sich hinziehender Process entstand. Aus einer Reihe aus diesem hervorgegangener und von Lesser abgedruckter Schrift= stücke (RA: M, f, 12—20) geht hervor, dass dieser Himmelgartener Hof mit seiner Kirche zwar vor dem Töpferthore (ante valvam lutifigulorum), jedoch noch innerhalb des Weichbildes der Stadt (in Northusen — infra [mittelalterlich häufig für intra] ambitum opidi) lag, dass derselbe aber in der Töpfergasse lag, bezeugt eine Aufzeichnung in den Nordhäuser Annalen von Filter sen., welche besagt: dass 1564 „der Hoff von Himmelgarten, das Münchshaus in Töpfern“ verkauft wurde. In denselben, der damals vom Frater Heinrich Thube bewohnt wurde, flüchteten
1525 die Himmelgartner Mönche mit den Werthsachen und der Bibliothek des Klosters. Die „area hospitalis“ ist natürlich keine andere als eine ursprünglich dem Georgenhospitale angehörig gewesene Hofstätte, an welche eine zweite nur in Osten anstossen konnte; zur Annahme eines verschollenen Hospitals braucht man deshalb nicht zu greifen. Die Himmelgarten er Serviten sahen sich übrigens genöthigt, jene streitige Kirche auf Befehl des Erzbischöflich Mainzischen Richters Hartung von Northoven in Erfurt 1345 wieder abzubrechen. (RA: M, f, 18.)
Sehr unheilvoll für die Stadt wurde der sogenannte Berchtenkrieg, eine 1430 wegen der Hinrichtung des Hans Kirchhof, der im Verein mit dem Stadtschreiber Liebenrod und dem Domherrn Schultheiss das Rathhaus beraubt hatte (RA: T, n), entbrannte und nur erst 1443 durch Vergleich (RA:K, 15), vermittelt durch die Grafen Heinrich sen. und jun. von Schwarzburg, ausgetragene Fehde. Der Bruder: Gerke Kirchhof und der Schwager: Kurt Berchte des Hingerichteten thaten, unterstützt von einer Anzahl benachbarter Adeliger, ihr Möglichstes, um durch Brandstiftung, Raub, Gefangennahme, Verstümmelung und Ermordung von Nordhäuser Bürgern den Tod ihres 'Verwandten an der Stadt zu rächen. Das Fehdebuch der RA. zählt eine fast endlose Reihe solcher Unthaten auf, aus denen hier nur ein Fall herausgegriffen werden soll, der erkennen lässt, dass die Töpfergasse damals noch eine offene, vorzugsweise Angriffen ausgesetzte Vorstadt war. Am 11. Februar 1434 brannten in der Nacht Kurt Berchte, Gerke Kirchhof, Klaus Hafferung und ihre Genossen einige Häuser „in Töpfern“ nieder und stahlen ein Pferd (com-busserunt istos figulos); an einer ändern Stelle worden Aschwin und Lippolcl von Bartfeld, die Gebrüder Salfeld, Ludolf von Walmen und Andere aulgeführt, die an diesem Angriffe „in Töpfern“ theilgenommen haben. In Folge desselben begann man sofort einen Flechtzaun (iste novus seps in ügulis) um die Gasse zu ziehen, eine allgemein gebräuchliche Befestigungsart in jener Zeit.1 Kaiser Sigismund hatte erfahren, dass Nordhausen von Fürsten und Herren oft bedrängt worden sei, er ertheilte deshalb durch einen besondcrn Schutzbrief vom 13. De-cember 1436 (RA: B, 30) den Bürgern die Erlaubniss, ihre Vorstädte, Kirchen unb Klöster mit Gräben, Mauern, Planken, Thürmen, Wehren, Erkern und „anderer Nothdurft“ zu befestigen, auch zu ihrem Schutze in ihrer Flur und in ihren Gärten auf des Reichs Grund und Boden Landwehren, Gräben, Brücken, Zwinger, Riegel und Thürme von neuem anzulegen, ohne dass irgend Jemand, bei Vermeidung einer Strafe von 2u0 Mk. Goldes, sie daran hindern dürfe.
Gedrängt durch die Unsicherheit der Lage ging man nun ernstlich daran, von der kaiserlichen Erlaubniss ausgiebig Gebrauch zu machen und die Festungswerke zu verbessern und zu vervollständigen. Bereits 1427 war nach einem daran angebracht gewesenen, jetzt im städtischen Museum aufbewahrten Steine, der Barfüsser Thorthurm Nr. 8 des Planes erbaut worden, die Inschrift auf demselben lautet: „Anno dni m° ¡ccccxxvii est presens porta per consules edificata. Erant structores heyso gutman curt ganderslieym hans lieyse.“ Bei dem Baue waren die genannten Drei „Bauherren“ d. h. aus den Rathsmitgliedern gewählte Aufseher und Rechnungsführer desselben. Der Thorthurm wurde im August des Jahres 1873 als der letzte seines Gleichen abgebrochen, Spuren davon sind indes an der Mauer des Spendekirchhofs noch deutlich erkennbar; man bemerkt daran ausser den Angeln der Thorfitigel noch die Klauensteine eines Fallgatters merkwürdigerweise auf der Innenseite des Thors. Weiter hinaus, im Altendorfe lag das Altenoder Seigerthor (Nr. 8b des Plans); durch dasselbe (per valvam veterem) drangen am 14. April 1329 einige aus der Stadt verwiesene Bürger im Verein mit benachbarten Adeligen und den Grafen von Honstein, Stolberg und Beichlingen in die Stadt wurden aber von der Bürgerschaft unter Führung des Rathsmeisters Helwig von Harzungen zurückgeschlagen (Lib. eens. civ. North. RA.); das Andenken an diese tapfre That wurde durch einen noch jetzt am Rathhause befindlichen Schriftstein zu erhalten gesucht, der die leoninischen Verse trägt.
„Als 1329 am 14. April Nordbausens damalige Feinde durch das Stadtthor drangen, Avurde es Siegerin durch die vom Himmel begünstigte Zerstreuung der Truppen.“ Auch stiftete der Rath eine jährliche Spende an Geld, Brot und Heringen, die in unmittelbarer Nähe des Ortes jener AVaffenthat: an der Franziskaner- spätem „Spendekirohe“ an jedem Jahrestage derselben (am Freitage vor Palmarum) bis in das lü. Jahrhundert hinein vertheilt wurde.
Dieses sicherlich älteste Thor der Stadt wurde 1736 abgetragen und dafür ein neues am Ende des Altendorfs (Nr. 3 des Plans) in den Jahren von 1742 bis 1746 aufgebauet, auf welches sich der Name: „Altenthor“ vererbte, welches aber auch im Juli des Jahres 1858 wieder beseitigt worden ist. Erst 1441 wurde die Töpfergasse durch das „innere“ Töpferthor abgeschlossen, das mit einem hohen Thorthurme überbaut war, der 1712 mit dem dabei stehenden Wachthause auch verschiedenen grossen Theilen des bedeckten Ganges auf der Stadtmauer und einigen benachbart liegenden Thürmen abbrannte, aber 1719, wenngleich nicht so hoch, wieder aufgebaut wurde, wie die daran befindlich gewesene Inschrift: „Cum Deo et Magistratus Studio 1719“, verkündete. Ln Juni 1839 wurde dieses so wde das nur aus einem einfach gemauerten Spitzbogen bestehende äussere Töpferthor mit den beide verbindenden Mauern niedergelegt.
Das Rautenthor soll bereits 1329 bei einem Aufruhre „aufgehauen“ worden sein, doch ist dies keine gleichzeitige, sondern nur eine chronikalische, von Cyr. Spangenberg mitgetheilte Nachricht. Ueber den Bau des äusseren, unteren oder krummen Rautenthors (porta diabolorum) ist noch in Filters Aufzeichnungen der Contract in Abschrift vorhanden, der angiebt, dass am 10. April 1453 der Ratli den Meister Werner den Steinmetzen beauftragte, ein „Krummthor“ mit einem guten Thurme von guten behauenen Steinen mit drei Wehren, guten Schiesslöchern und dreierlei Simswerk zu errichten; der untere Sims solle sein von harten Steinen, der andere eine Oberladung (ausladend) und der dritte ein Dachsims von Steigerthaler Steinen (Gipsquadern) und an demselben Thurme soll er ein Gehäuse machen, „darinnen die Marter unsers lieben Herrn mit einem Bilde unserer lieben Frauen auf einer und St. Johannis auf der ändern Seite“ in Stein gehauen ist und daneben der Schild, Helm und das Zeichen des heil. Reichs (Adler mit dem von Büffelhörner gekrönten Helme) und das Datum des Baues. Das „krumme Thor“ soll aus guten gehauenen Steinen an den Thurm gebauet und mit Bogen, Gängen und allen Zugehörungen, auch inwendig im Thore mit Schwebbogen und deren Pfeilern, und oben mit Gängen umher versehen sein. (Nr. 86 des Plans und Nr. 7 der Merianischen Abbildung). Das erwähnte Datum des Baues ist in folgender Minuskel-Inschrift enthalten, die ein jetzt im Museum auf bewahrter Stein trägt: „Anno. m°. cccc. xlix ist disser twinger angehaben. von . der. kottelphorten . an . met. den. ver thormen. vn. ditte. krvme thor. mede . bereydet. Ano m°. cccc. l°iii°. martii. Unter dem Zwinger ist die zweite von der Kutteltreppe zum Rautenthore laufende Mauer zu verstehen, die mit der Hauptmauer den Zwinger bildete; von ihren 4 Thürmen sind nur noch die drei auf dem Plane angegebenen erkennbar. Auf der innern Seite dieses Thores war ein Kopf ausgehauen, der die Zunge ausstreckte und ihm gegenüber die 'Jahreszahl 1526. Es soll dies angeblich den Kopf des
1526 hingerichteten Hans Kehner dargestellt haben, der im Bauernkriege von den aufrührerischen Bürgern zum Bürgermeister von Nordhausen designirt worden war. Beim Abbruche dieses Thores im Jahre 1792 wurde dieser Stein samt den beiden das Wappen enthaltenden in die Mauer des Spendekirchhofs nahe dem Barfiisserthore eingesetzt, wo das Wappen noch jetzt sichtbar ist. Durch einige Häuser mit diesem Thore verbunden war das innere oder obere Rautenthor von unbekannter Bauzeit, es war mit einem viereckigen Thurme überbaut der 1710 abbrannte, in den Jahren von 1722 bis 1735 drei Stockwerke hoch wieder aufgebaut worden. Auf der inneren Seite desselben las man deshalb: „Tarn cura, quam parsimonia 1722“, auf der äusseren sah man eine Hand mit zwei zum Schwur ausgestreckten Fingern, angeblich das Abbild der Hand jenes Hans Kehner, die ihm vor seiner Hinrichtung wegen des gebrochenen Bürgereids abgeschlagen worden sein soll. Als man im Juli 1808 auch dieses Thor abtrug, um Material zum'Baue der Siechenbrücke zu gewinnen, setzte man jenen Stein ebenfalls in die Spendekirchhofsmauer ein, wo er jedoch nicht mehr vorhanden ist. (Varges und Emmert). Im Februar des Jahres 1455 verdingte dann der Rath den Bau eines Zwingers vom Töpferthore bis zum Altenthore (äusseren Barfiisserthore), welcher, begleitet von zwei Gräben, die Töpferhagengasse, den Platz vor dem Hagen und den Spendekirchhof umschloss, an denselben Meister Werner den Steinmetzen.
Es trat nun in den Befestigungsbauten eine Stockung ein, veranlasst durch das hindernde Dazwischentreten der Grafen von Schwarzburg, Stolberg und Honstein, welche trotz kaiserlicher Privilegien der Stadt das Recht: „auf kaiserlichem Reichs und eigenem Grund und Boden sich mit Mauern, Gräben und Wehren zu ihrer Nothdurft zu bewahren“, so wie auf eigner Flur Waidwerk zu treiben nicht zugestehen wollten und zu ihrem gewöhnlichen Zwangsmittel: den Bürgern die Wege zu verlegen und die Zufuhr abzuschneiden, griffen. Diese letzteren wandten sich, ebenfalls wie gewöhnlich, an ihren Schutzlürsten, derzeit Herzog Wilhelm von Sachsen, der indes in mehreren Verhandlungsterminen keine Einigung herbeiführen konnte. Sein Schultheiss in Nordhausen Heinrich von Wenden verhörte nun am 30. Juli 1464 (R A: I, 18.) fünfunddreissig der ältesten Bewohner der Stadt, welche alle aussagten: wie sie nicht anders wüssten, bcsässe Nordhausen eine eigene freie Flur, in und auf welcher es Schläge, Rinnebäume, Gräben, Zingeln, Schrengke (Schranken) Bergfriede und andere „Festenunge“ errichten dürfe, ohne irgend jemandes Ansprache; einige der Zeugen haben sdlbst an der Salze, der Helme, der Gumpe, hinter den Siechen u. s. w. Gräben und Zingeln helfen machen. Bestätigt wurden diese Aussagen noch durch ein zweites Verhör, (RA: 1,19.) das am 29. October desselben Jahres mit 34 Zeugen, meist Geistlichen des Domstifts, vorgenommen wurde, einer derselben sagte aus: dass vordem Heringischen Kriege (Belagerung Heringens in den Jahren 14U6 und 1407) Niemand die Nordhäuser gehindert habe, Gräben und Zingeln auf ihrer Flur anzulegen. Kaiser Friedrich III. richtete am 4. April 1465 den ernstlichen Befehl an den Grafen Heinrich von .Schwarzburg, seine Beeinträchtigungen der Rechte und Freiheiten der Nordhäuser zu unterlassen, oder sein vermeintliches Recht vor den Reichsgerichten zu suchen. Trotzdem Avechselten Fehden mit Unterhandlungen ab, bis endlich im April des folgenden Jahres auf einem Tage zu Weimar Herzog Wilhelm Folgendes vermittelte: die Stadt Nordhausen zahlt den Grafen von Schwarzburg und von Stolberg die Summe von 4000 Rlil. fl., wofür diese ihr alle Rechte, die sie an der Stadtflur haben, so weit dieselbe von einer hierzu ernannten Commission umritten und versteint worden war, abtreten. Die innerhalb dieser Versteinung bereits angelegten Befestigungen sollen bestehen bleiben, auch erneuert werden dürfen, nicht aber neue dazu gemacht werden.
Wenige Jahre später brach der Zwiespalt aufs neue wegen eines Graben aus den der Rath um das Frauenbergskloster auf dessen „Freiheit“ ziehen Hess; die Grafen sandten unter dem Vorgeben, dass dies auf Terrain geschehe, welches sie vom Landgrafen von Thüringen zu Lehen trügen, Heinrich von Hagen ab, die Fortsetzung dieser Arbeiten zu verhindern. Der Rath liess denselben gefangen nehmen, was natürlich das kaum erloschene Kriegsfeuer aufs neue anfachte, welches im November des Jahres 1471 durch einen neuen Vergleich vorläufig gedämpft wurde, der dem Rathe erlaubte den begonnenen Graben bis zum „neuen Graben“ zu vollenden. (RA: K,26.)
Um eines in Nordhausen hingerichteten stoibergischen Unterthanen willen kündigten die Grafen von Schwarzburg, Stolberg und Honstein im August 1480 das bis dahin bestandene Biindniss auf und erneuerten die Feindseligkeiten, denen die Nordhäuser durch Verstärkung der um das Martinihospital, den Frauenberg und die Neustadt gelegten Befestigungen zu begegnen suchten; einen besonders exponirten Punkt: das Töpferthor, verstärkte man im Jahre 1487 durch ein vorgelegtes umfangreiches Rondel (fälschlich späterhin Zwinger genannt). Das mit einem starken Gewölbe bedeckte innerlich etwa 15m im Durchmesser weite Untergeschoss desselben stand auf der Grabensohle und liegt noch gegenwärtig unter der Oberfläche des Friedrich - Wilhelmsplatzes verborgen. Auf der Stadtseite ausserhalb des Mauerrings führt eine in einen engen Thurm eingebaute Wendeltreppe in das ringförmige Gewölbe, dessen 2,5“ starke Mauern von 5 grossen Schiessscharten durchbrochen sind, die zur Grabenbestreichung dienten und darüber von 5 kleinern zur Bestreichung des Grabenrandes. Am äusseren Töpferthore war der bekannte Stein, welcher die Gründung der Stadt Nordhausen dem Kaiser Theodosius II. zuschrieb angebracht, dessen bei Beschreibung des Rathhauses, an dessen Ostmauer er jetzt befestigt ist., weiter gedacht werden soll und daneben am Rondel in einer Nische die hölzerne Colossalfigur des kreuztragenden Christus, welche sich jetzt im städtischen Museum befindet, bei dessen Betrachtung auch ihrer wiederum Erwähnung geschehen soll. Bei der grossen Feuersbrunst, die Nordhausen am 21. August 1612 traf, brannte auch dieses Rondel aus und es zerschmolz eine beträchtliche Anzahl von Geschützen, die darauf standen. Im Jahre 1807, als Nordhausen schon längst aufgehört hatte, als ein wehrfähiger Platz zu gelten und man allmählig dazu schritt, die Stadt zu entfesten — man hatte bereits 1805 die Thorflügel aller inneren Thore entfernt — biisste das Rondel, das stärkste Werk der Stadtbefestigung, sein Dach und alle inneren Ausbaue ein und blieb so als Ruine, wie es Fig. (1) darstellt, bestehen bis zum Jahre 1833, wo man, sehr gegen die Proteste einiger Alterthumsfreunde, den oberirdischen Theil des Werkes abbrach und den Graben ausfüllte, angeblich um eine bessere Einfahrt zur Stadt zu gewinnen. Erst 1837 verschwanden die letzten Reste des alten Baues, der fast verschollen war, als man im März 1883 bei Gelegenheit des Ausrodens der hübschen Gebüschanlagen des Friedrich Wilhelms Platzes die oben erwähnte Wendeltreppe aufdeckte und so das jetzt unterirdische Gewölbe wieder zugänglich machte. Man nahm schliesslich die Stufen jener Treppe heraus und füllte den Schacht aus, wodurch das Gewölbe unzugänglich geworden ist.