KZ-Außenlager Harzungen

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Das Außenlager Harzungen war ein vom 1. April 1944 bis 4. April 1945 existierendes Nebenlager zunächst vom Konzentrationslagers Buchenwald und ab Oktober 1944 von Mittelbau-Dora. Dieses zweitgrößte Außenquartier vom Mittelbau trug seitens der Lager-SS zuerst den Decknamen „Hans". Ab Herbst 1944 wurde es als Konzentrationslager Mittelbau III betitelt[1] und zählte im November 1944 rund 4.000 männliche Häftlinge.

Funktion des Lagerplatzes und Gefangene

Die Häftlinge waren in einer Barackensiedlung untergebracht, die ursprünglich für deutsche Fachkräfte des Mittelwerks geplant war. Die Inhaftierten wurden bei Bauvorhaben der SS-Führungsposten eingesetzt, unter anderem im Himmelberg (Bauvorhaben B 3) für den Stollenbau. Durch dieses Projekt sollten teilweise die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG untertage verlegt werden.[1] Die Häftlinge wurden täglich in drei jeweils achtstündigen Schichten auf den Baustellen in Woffleben sowie Niedersachswerfen eingesetzt, zu denen sie täglich marschierten und ab Herbst 1944 mit einer Schmalspureisenbahn transportiert wurden. Die Gefangenen waren größtenteils russischer, polnischer und französischer Herkunft und zumeist aus politischen Gründen inhaftiert. Die im Vergleich zu dem Außenlager Ellrich-Juliushütte besseren Lebens- und Arbeitsverhältnisse verschlechterten sich, als im Februar 1945 aus dem Außenlager Boelcke-Kaserne 1.100 entkräftete Häftlinge nach Harzungen überwiesen wurden. Während der Lagerexistenz verstarben mindestens 556 Häftlinge des Außenlagers.[2]

Lagerleitung

Erster Lagerführer war von April bis September 1944 SS-Untersturmführer Karl Fritzsch und nach einer kommissarischen Leitung durch SS-Hauptscharführer Eduard Hinckelmann der SS-Hauptsturmführer Wilhelm Frohne von November 1944 bis April 1945. Spätestens ab Dezember 1944 war bis zur Evakuierung des Lagers der SS-Oberscharführer Josef Fuchsloch dortiger Schutzhaftlagerführer. Fuchsloch wurde im Nordhausen-Hauptprozess angeklagt, jedoch freigesprochen. Lagerarzt war der Stabsarzt Herbert Reiher. Zur Bewachung des mit Wachtürmen und elektrisch geladenem Stacheldraht umzäunten Lagers waren Soldaten der Wehrmacht eingesetzt.[2]

Endphase des Lagers

Ab dem 21. März 1945 wurden 21 Gefangene in ein Außenlager in Netzkater abkommandiert, dem bisherigen Kommando Steinbruch Netzkater.[3][4] Am 4. April 1945 wurde das mittlerweile überfüllte Außenlager evakuiert. Von den 6.500 evakuierten Häftlingen wurden 4.500 mit der Eisenbahn in das KZ Bergen-Belsen transportiert und 2.000 mussten einen Todesmarsch antreten.[1] Wie viele Inhaftierte dabei umkamen, ist nicht bekannt.

Nachkriegszeit

Nach der Besetzung von Harzungen durch die US-Armee wurden 27 verstorbene Häftlinge auf dem Lagergelände vorgefunden und auf dem Gemeindefriedhof beigesetzt. Das Lager wurde danach für Vertriebenes genutzt und Ende 1945 abgerissen. Auf dem Gemeindefriedhof erinnert ein 1956 errichteter und 1977 erneurter Gedenkstein an die verstorbenen Gefangenen; auf dem ehemaligen Lagergelände stehen zwei privatwirtschaftlich genutzte Lagerunterkünfte.[2]

  1. 1,0 1,1 1,2 Jens-Christian Wagner (Hrsg.): Konzentrationslager Mittelbau-Dora 1943–1945. Göttingen 2007, S. 190.
  2. 2,0 2,1 2,2 Jens Christian Wagner: Außenlager Harzungen. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors – Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 7. München 2008, S. 310 f.