Die nach zweyen unglückl. Feuers-Bränden sich wieder erhohlte Käyserl. fr. Reichsstadt Nordhausen

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Textdaten
Autor: Johann Christoph Sieckel
Titel: Die nach zweyen unglückl. Feuers-Bränden sich wieder erhohlte Käyserl. fr. Reichsstadt Nordhausen
Untertitel: nach ihrem Nahmen, Alterthum und Beschreibung derer Strassen so wohl, als denen neu aufgeführten Publiquen- und Privat-Gebäuden, wie auch alten und neuen Begebenheiten, mit denen itzo darinnen lebenden Personis publicis, samt demjenigen, was sich iezu weilen in der Nachbarschaft ereignet, denen einheimisch- und auswärtigen Liebhabern derer Alterthümer zu einiger Betrachtung vorgebildet
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Erscheinungsdatum: 1753
Verlag: Cöler
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Quelle: Bayerische Staatsbibliothek
Kurzbeschreibung:
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Digitalisat: Bayerische Staatsbibliothek

Gönstiger Leser

Daß GOtt der HErr die in voller Sicherheit dahin gehende Menschen um ihre Sünde und Missethaten willen, ehe sie es vermei­nen, endlich heimsuche, damit sie in der Gnaden-Zeit in sich gehen, und sich bessern sollten; solches hat auch vor Zeiten die Stadt Nordhausen durch die am 23 Aug. 1710. und 21 Aug. 1712. erfolgten grossen Brände leider allzuwohl erfahren. Denn dadurch ist es geschehen, daß die besten und vornehmsten Strassen der Ober- Stadt, wie die historischen Nachrichten von der Stadt Nordhausen de Anno 1740 pag. 581 fqq. mit mehrern besagen, gantz erbährmlich in die glüende Asche geleget worden, dergestalt, daß man von einem Stadt-Thore zu dem ändern sehen, mithin Niemand unter denen, so dieses Unglück mit betroffen, den schmertzlichen Verlust seiner Haabe und Güther genug beseufzen können, Gleichwie aber der gütige HErr Himels und der Erden mit denen gefallenen Menschen nicht immerhin zürner, sondern diesel­ben dennoch wiederum mit Gnade und Barmhertzigkeit ansiehet, als hat er auch, nachdem die Einwohner derselben dessen väterliche Zü­chtigung erkannt, angenommen, und sich gebessert haben, die Sonne seiner unschätzbahren Gnade wiederum von neuen über sie aufgehen und scheinen lassen, daß Sie nicht allein ihre eingebüsseten Häuser nach gerade wieder aufbauen, sondern auch solche bis hieher unter seiner göttlichen Beschirmung ungestöhret und ruhig bewohnen können.

Gott der HErr ist Sonne und Schild über sie gewesen, und hat sie vor mehrern Unglück väterlich beschirmet. Seit denen vorhin angeführten unglücklichen Brand-Jahren dieser werthesten Vater-Stadt hat sie sich wieder erholet, und ist durch Gottes Gnade und dessen noch immerhin über sie fort dau- rende unermüdete Vorsorge aus der alten Stadt Nordhausen zu die­ser Zeit ein neues Nordhausen geworden. Da sich nun dessen Palläste und neu aufgefuhrte Gebäude in einem gantz ändern erneuerten Zustande befinden, und von aussen und innen wohl aussehen; so wäre zu wünschen, daß aller und jeder geliebtesten Bewohner derselben ihre Hertzen und Gemühter in Verherrligung des göttlichen Nahmens und der ihnen bis hieher erzeigten Hulde und Barmhertzigkeit so wohl, als in brennender auf­richtiger Liebe unter ein ander neu werden möchten? Befände sich dieses also, so hätten wir schon einen grossen Grad der göttlichen Eigenschafft erreichet. Sintemahl die wahre und ungefärbte Liebe Niemanden etwas arges wünschet, alles hoffet und erduldet, nicht nach Schaden noch Muthwillen trachtet, noch weniger aber Fehler und Schwachheiten richtet, noch den Neben-Christen damit beschä­met. Denn von dieser Unvollkommenheit weiß sie nichts, sie lasset auch nicht geschehn, daß einer den anderen beleidige, noch Unrecht zufiige.

Niemand aber, der dieses lieset, verdencke mich, daß ich von dieser herrlichen Eigenschaft etwas alhier mit einfliessen laste, weil wir auch in dieser Gottgefälligen Tugend täglich zunehmen und geübter werden sollten. Daß ich aber gegenwärtig von denen wieder neu aufgebaueten Häusern dieser werthesten Stadt etwas geschrieben; darzu hat es mir des seel. Herrn M. Johann Heinrich Kindervaters, der Kirche zu St. Blasii alhier weiland wohlverdienten Pastoris, und des hiesigen Gymnasii Inspectoris sein in anno 1713 an das Licht gestelltes Tractätlein: das bauende Nordhausen ec. Gelegenheit gegeben. Weil ich darinnen gute Gedancken gefunden, welche mich zu weiteren Nachsinnen verleitet. Ich werde demnach in gegnwärtiger Abhandlung nach Maßgebung meines Titul-Blattes drey Ordnungen oder Abschnitte durchgehen, und in dem ersten Theile handeln: Von der Benennung und Situation der Stadt Nordhausen und deren Erbauung. In dem 2ten Theile aber: Von denen Strassen und publiquen Gebäuden, worinnen ich die Strassen nach einander darinnen namhaft machen werde.

In dem dritten Theile, welcher weitläuftiger als der erste und zweite ist, werde ich gedencken: Von einigen alten und neuen Merckwürdigkeiten dieser Stadt und deren erlittenen Fatis. Und dann endlich in dem vierdten gantz kurz zusammen gezogenen Abschnitte: Von denen hieselbst ietzo lebenden Personis publicis, nach ihren Nahmen, und was vor Aemter sie bedienen einige Nachricht geben, und damit dieses Wercklein meiner geringen Arbeit beschliessen. Dieses Tractätlein habe bei abgebrochenen Stunden von meiner sonst gewöhnlichen Arbeit und Expeditionibus, weil ich nicht gewöhnet bin, mein Leben im Müßiggänge zu fuhren, aus meinen alten Manuscriptis und nachherigen eigenen Collectaneis zusammen getragen, und aus Liebe zu meinen werthsten Mitbürgern, wie auch denen auswärtigen Liebhabern derer Alterthümer zu einiger Dienstgeflissenheit und Andencken entworffen, auch meines Wissens nichts aus denen Nordhäusischen in anno 1740 publicirten historischen Nachrichten genommen, sondern nur solche über die selbst besessenen Materien nachgeschlagen, und hierinnen paginas darzu gesetzet, auch den geneigten Leser dahin verwiesen Immassen hier meines Vorhabens nicht gewesen, mich bei vergangenen und auch noch zum Theil in einigen Andencken schwebenden Begebenheiten lange aufzuhalten, weil der gönstige Leser in jenem alles umständlicher und weitläuftiger ausgeführet finden wird. Vorurtheile derer Herren Gelehrten deprecire hierbei, indem ich diesen kurtzen Tractat aus keiner Großmuth noch Ehrgeitze, sol­che bei dieser Zeit damit zu erwerben, verfertigt habe, indem mein Hertz nicht hoffärtig ist. Vielmehr überlasse ich hiervon künftig ein mehrers und besseres zu schreiben, geübtem und geschicktem Federn, als die meinige ist. Dieses wenige aber habe nur denen, wel­che Liebhaber von alten und neuen Begebenheiten sind, ohn alle intereßirte Absichten mittheilen wollen. Ich wünsche demnach, daß dieses kleine Wercklein von denen liebreichen Lesern meiner an das Licht gestellten geringen Schriften gönstig aufgenommen werden möge. Womit sich vorietzo denenselben zu einem geneigten Andencken ehrerbiethig und dienstfertig entpfiehlet

Nordhausen den 25ten Junii 1752

der Verfasser

1ster Abschnitt

Von der Benennung und Situation der Stadt Nordhausen und deren Erbauung.

Diese führet ihren Nahmen von Norden, weil sie ihrer Gegend nach Nord- oder Mitternachtwärts lieget, und eine von denen Reichs-Städten ist, welche an Nord-Thüringen, am Ende des Thür­ingischen Landes situiret. Thüringen aber wurde vor Zeiten, als es noch ein Königreich war, in vier Theile abgetheilet, nemlich in den Theil gegen Morgen, welcher Ost-Thüringen hieß, und die Gegend Meissen umschliesset, und Osterland genennet wird, hiernächst in den Theil gegen Mittag bis Süd-Thüringen, welcher den ietzigen Theil des Thüringer- Landes begriff, und dann den Theil gegen den Abend, welcher West- Thüringen genennet wurde, und an das Hessenland stösset, und end­lich in den Theil gegen Mitternacht, so Nord-Thüringen hieß, und bis an die Unstruth nach der Elbe zu gräntzet.

Da nun Nordhausen am Hartze disseit der Unstruth situiret, so gehöret es per consquens zu dem Nord-Thüringischen Theile, und heisset demnach Nordhausen so viel, als das Norden-Hauß, immas- sen die Stadt vermuthlich ihre Benennung von denen dahin stossen­den Nord-Winden führet.

Sie lieget an der güldenen Aue, mithin in einer so schönen Gegend, daß sie verschiedene lustige Oerther um und neben sich zu ihren Grentz-Nachbarn hat, und zwar von Morgen, das Hochfiirstl. Schwartzburgl. Dorff Sundhausen; vom Abend, das Königl. Preußl. Dorff Saltze; von der Mittags-Seite das Schwartzburgl. Dorff Steinbrücken; und von Mitternacht das Churfurstl. Braunschw. Lüneburgl. Dorff Rüdigesdorff und Hartzungen. Derer ein jedes nur eine Stunde von diesem Orthe belegen.

Die dabey liegenden nahen Städte sind Elrich, 2 Meile, wie auch Heringen, und das Flecken Neustadt unterm Hohnstein, eine Meile davon. Die Gegend um diese Stadt ist sehr fruchtbar am Geträyde und Küchen-Speisen. In solchen werden viele Garten- Gewächse in denen darzu mit allen Fleiß zubereiteten schönen Gärten gezeuget, auch von denen benachbahrten Dörffern Sund­hausen, Bielen, Steinbrücken und Uthleben alle Marcktage, welches wöchentlich 3 mahl geschiehet, herzu gebracht, und um einen gar wohlfeilen Preiß verkauffet, daß sich auch der Hartz mit denen Küchen-Speisen und Getraide von Nordhausen versorget. Obst kan man daselbst auch in grösser Menge haben, und werden alle derglei­chen Nothdürftigkeiten von nahen und entlegenen Oerthern dahin gebracht und versilbert, daß also Nordhausen mit allem Beyfall eine reiche Frucht- Obst- und Gewächs-Cammer von allerhand Gat­tungen derer zur Haußhaltung dienlichen Lebens-Mittel genennet werden kan. Gutes Geträncke an allerhand Weinen, an Gose, Breyhahn und Bier findet man auch daselbst, und ein jeder Fremder kan in denen Gasthöfen und Tracteur-Häusern allezeit seine zube­reiteten Speisen und Tractamente haben. In Summa: Nordhausen ist ein Orth, da man um einen billigen Preiß erhalten kan was die Nothdurfft an Wildpret, Fischen und übrigen Fleischwerck erfordert.

Es lieget dieser Ort an einem Berge fast in einer geraden Linie bis an das Barfiisser-Thor, von da das Altendorff an, und Berg unter gehet, daher es denn auch das Altendorff von dem Sundhäuser- Thore, wegen seines Thals, nicht in Augenschein genommen werden kann.

Von Mitternächtiger Seite dieser Stadt lieget der Kirschberg, welcher seine Benennung von denen alda in denen Bergen wachsen­den Kirschen, oder wie andre wollen, von dem Giers- oder Geiers- Berge, ratione derer vor Zeiten daselbst anzutreffen gewesenen Geiern fuhren soll.

Diesen Berg, welcher einen grossen Umpfang hat, hat Ein HochEdler Rath einige Jahr hindurch mit einer grossen Menge Linden und anderer nutzbahren Bäume bis an derer Wilden Höltz- gen pflantzen lassen. Wozu ein jeder angehender Bürger bei seiner Reception ein erleidliches Contingent zu erlegen hat, damit die dazu bestellten Männer, welche die Bäume anpflantzen und begiessen müssen, davon salariret werden können. Von der Mittags- und Morgen Seite sind verschiedene Oerter als Kleinenwerther, Sundhausen, ff eringen, Auleben, Bielen, Winde­hausen ec. und die Rudera des zerstörten Schloßes Rothenburg nebst Kieffhausen, welches 5 Stunde davon belegen, zu sehen. Und wach­sen in solcher Gegend, welche die Güldene Aue genennet wird, vor­hin gedachtermassen die schönsten Früchte.

Was nun noch hiernächst dieser Stadt ihre Erbauunge an­betrifft, so soll dieselbe Anno 333 zur Zeit Constantini Magni so wohl erbauet, als nachher von dem Kayser Theodosio mit zweyen Privilegiis Imperii begnadiget worden seyn, welche in denen Anno 1740. gedruckten Historischen Nachrichten von der Stadt Nord­hausen pag. 7. seq. zu finden, und von denen Liebhabern derer Alterthümer nachzulesen sind.

Zu Behauptung dieser Meinung beziehet man sich auf das am Töpffer-Thore befindliche in Stein gehauene Monument: de Anno Domini CCCCIIII. Theodosius II. nobilis Hispanus, Rom. Im­perator, anno imperii sui quarto hanc urbem sundavit, libertatibus armisque imperialibus ditavit, helf GOtt, Maria berath. vide angezogene Nachrichten p. II.

Welcher Meinung aber aus ändern Vermuthungen pag. 13 widerspro­chen wird. Andere halten dafür: daß diese Stadt nach Christi Geburth anno 336 von Merbico unter dem Käyser Theodosio erbauet, und daher Theodosia genennet worden, weil er anno 414. oder wie ande­re melden 447. zum Königreiche der Thüringer gelanget, und, wie aus denen Historien nicht unbekant, in Thüringen mehr Städte erbauen lassen, und auf dem Königs-Hofe eine Zeit lang residiret haben soll. Wiewohl auch hinwiederum andere Henricum Aucupem, welcher im zehnten Seculo gelebet, zu einem Gründer dieser Stadt ausgeben wollen. Sintemahl derselbe viele Städte in Sachsen erbauet. Allein diese Meinung scheinet gar nicht wahrscheinl. zu seyn, weil man in denen Scribenten keinen Beyfall findet, und daher noch eher zu ver- muthen, daß ersterer Käyser diese Stadt erbauet, und seine Gemahlin die Mechtildis damit regaliret haben mag. Wobey denn noch zu gedencken, daß inter septem Memorabilia der Stadt Nordhausen

  1. das Rathhauß.
  2. der Rohland.
  3. der Stein am Töpffer-Thore.
  4. Die Feld-Schlange, so anno 1519 gegossen.
  5. Die zwey grossen Wasser-Künste.
  6. Der Brunnen bey dem Hospital S. Elisabeth, und dann
  7. Der Vogel unter dem Rauten-Thor der Aar genant, gezehlet werden.

Und dieses mag hiervon genug seyn, weil mein Vorhaben nicht ist, deshalb eine ungewisse Untersuchung von diesem Orthe so wohl, als dessen Gründung, weiter darüber anzustellen, sondern ich schrei­te vielmehr zu denen, durch die unglücklichen beyden grossen Brände, welche in anno 1710 und 1712 diese Stadt sehr hart betroffen haben, eingeäscherten, und wieder von neuen aufgebaueten Strassen, und gedencke davon folgendes:

II. Abschnitt

Von der Ordnung derer Strassen und publiquen Gebäude dieser Stadt.

In dem Centro dieser Stadt lieget

i. Der Marckt und auf demselben

Das Rath-Hauß. Dieses hatte in anno 1710. die wüthende Flamme dergestalt einge­äschert, daß von demselben weiter nichts, als die hoch aufgeführten Mauren in einem Quadrat zu sehen waren; durch Gottes Beystand aber wurde dasselbe in anno 1711 wieder erbauet, und von Jahren zu Jahren in einen ansehnlichem Stand gesetzet. Jetziger Zeit praesen- tiret sich solches, als eines derer ansehnlichsten Gebäude, und zwar von aussen mit einem wohl reparirten Mauerwerck, einem Schiefer- Dache, und artigen Thürmgen mit Schiefer gedeckt, worinnen eine Glocke befindlich, welche zu gewissen Zeiten geläutet wird, es befin­det sich auch ein Sonnen-Weiser von aussen an solchem. Insonderheit sind merckwürdig:

  1. Die unter demselben befindlichen Gewölbe oder Cammern in Feuers-Gefahr.
  2. Die in der ändern Etage belegene schön tapezirte ansehnliche Regiments- oder Audienz-Stube, deren Fenster auf den Marckt und nach dem Weinkeller stossen.
  3. Die darneben liegende Cämmerey-Stube deren Fenster auf den Kirchhoff St. Nicolai gehen.
  4. Die Mahl-Casse, und
  5. Die dahinter belegene und neu tapezirte alte Cämerey-Stube, deren Fenster theils auf den Fleisch-Marckt, theils auch auf den Töpffer-Marckt stossen.
  6. Die darneben befindliche Acten-Stube und Archiv.
  7. Die in der dritten Etage belegene Käyser-Stube, welche sehr angenehm aussiehet, und schön tapeziet, auch mit denen Gemählden derer Allerdurchlauchtigsten Käyser höchstsee- ligsten Andenckens ausgeschmücket ist.

Vor dem Rathaus befindet sich:

8. Der von Holtz ausgehauene roth bekleidete Ruhland, mit einer auf dem Kopffe habenden Crone, und in der rechten Hand haltenden Schwerdte, unter einem KupfFern Dache, welcher gar martialisch aussiehet.