Geschichte der Heinrich Killinger Verlagsgesellschaft m.b.H. Nordhausen am Harz

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Textdaten
Autor: Heinrich-Killinger-Verlagsgesellschaft
Titel: Geschichte der Heinrich Killinger Verlagsgesellschaft m.b.H. Nordhausen am Harz
Untertitel:
aus:
Herausgeber: Heinrich-Killinger-Verlagsgesellschaft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1938
Verlag: Heinrich-Killinger-Verlagsgesellschaft
Drucker:
Erscheinungsort: Nordhausen
Quelle:
Kurzbeschreibung: Dokumentation über die Geschichte des Heinrich Killinger Verlags
Digitalisat: PDF (29 MB)
Umfang: 55 Seiten, mit Illustrationen ; 8°
Eintrag in der GND: 573435634
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Im Deutschen Reich und im deutschsprechenden Auslande gibt es Hunderttausende, die Bücher des Verlages HEINRICH KILLINGER besitzen. Aber nur wenige von ihnen wissen etwas von seiner reichen und vielseitigen Tätigkeit. Den Freunden des Verlages, die sich ein Bild von dieser Arbeit machen wollen, ist daher diese Darstellung gewidmet. Sie wird dazu beitragen, die tausendfältigen Beziehungen zu den Schaffenden aller Kreise des deutschen Volkes diesseits und jenseits der Reichsgrenzen zu vertiefen und die Verbindung mit ihnen zu festigen. Das ist die wichtige Aufgabe dieses kleinsten unter den zahlreichen Werken des Verlages.

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Den Charakter eines Verlages erkennt man am Charakter seiner Kunden. Wer die Käufer der Bücher des Verlages Heinrich Killinger zusammenrufen könnte, würde sich am schnellsten und besten Einblick in das Wesen dieses Unternehmens verschaffen können. Er würde eine Versammlung der Besten unter den Werktätigen unseres Volkes vor sich haben: seiner handwerkenden und selbstständigen Schöpfer. Es sind Gärtner, Köche, Bäcker, Konditoren, Tischler, Bau- und Zimmerleute, Schmiede, Maler, Fleischer und Klempner, Schneider und Friseure, Elektrotechniker und Maschinenbauer, Feinmechaniker und Ingenieure, Kaufleute, Gaststättenbesitzer und Gaststättenangestellte. - Es ist eine Versammlung von Männern, in deren Köpfen die beste Arbeitstradition unseres Volkes lebt, in deren Handbüchern diese Tradition als werkgerechtes Hilfsmittel zu neuer schöpferischer Leistung niedergeschrieben sein muß.

Ihnen gilt das Buch als das beste Werkzeug, das sie besitzen können - aber auch nur als Werkzeug. Sie wählen die Bücher nicht um ihrer selbst willen, sondern um der besseren Leistung willen, die mit ihrer Hilfe zu erreichen ist. Ihnen bleibt der Handarbeit das Wichtigste. Aber das Wissen ist ein gutes Mittel, sie zu verbessern!

Der Verlag Heinrich Killinger stellte sich die Aufgabe, dieses Wissen in einer Form zusammenzufassen, die das Buch tatsächlich zu einem Werkzeug des Praktikers machen konnte. Es ist ihm in jahrzehntelanger Arbeit gelungen, dieses Ziel mit besonders gründlichen Fachwerken zu erreichen. Ihm ist dabei nur das Urteil derer wichtig gewesen, die mit seinen Büchern in der Hand praktisch gearbeitet haben. Fern hielt er sich von dem Einfluß der Literaten und Theoretiker. Das hat dazu bei- getragen, seinen Werken die Bedeutung zu verschaffen, die ihre Verbreitung in weiten Volkskreisen ermöglichte. Die Geschichte des Verlages zeigt, wie sich diese Arbeit allmählich entwickelt hat.

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Der Verlag Heinrich Killinger ist im Jahre 1870 von einem Buchhändler gleichen Namens in Stuttgart gegründet und im Mai 1871 dem Gesamtbuchhandel als Buch- und Musikalienverlag angekündigt worden. Unter seinem Gründer hat der Betrieb keine wesentliche Bedeutung erlangen können. Er bestand im Jahre 187- in Wiesbaden und von 1879 ab in München. Erst sein zweiter Inhaber hat ihn nach Nordhausen verlegt, wo er noch heute seinen Sitz hat. Am 15. August 1900 ging der Verlag mit Rechten und Vorräten in den Besitz des Buchhändlers FRIEDRICH KRAUSE über, der damals Inhaber von C. HAACKE’S BUCHHANDLUNG in Nordhausen war. Schon diese Firma, die er nach seinen Lehrlings- und Gesellenjahren am 1. Januar 1896 erworben hatte, war durch seine Energie zu guten Erfolgen geführt worden. Am 27. August 1900 erschien dann im »Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel« die Ankündigung, dass die Verlagsfirma nunmehr lautete:

HEINRICH KILLINGER
Inhaber: Friedrich Krause
Verlagsbuchhandlung in Nordhausen.

Der neue Inhaber hatte nicht die Absicht, einen umfangreichen Verlagsbetrieb aufzuziehen, aber es kam, wie es sein weitsichtiger Leipziger Kommissionär, Kommerzienrat Otto Nauhardt in Firma Carl Fr. Fleischer, voraussagte, als Friedrich Krause ihm die Übernahme mitteilte: „Ich kenne Sie. Es wächst Ihnen unter den Händen, ob Sie wollen oder nicht.“

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Der Gedanke, auf dem der Verlag aufgebaut wurde, war allerdings geeignet, einen tatkräftigen Verleger zu außerordentlichen Leistungen zu bewegen. Die Arbeit sollte dem Fachbuch dienen, das dem, der es brauchte, unmittelbar angeboten werden sollte. Bereits bei Beginn der Arbeit lag also eine Verbindung zwischen Verlagsidee und neuartiger Vertriebsidee vor. In dieser Verbindung lag das eine, wichtige Geheimnis des Erfolges. Allerdings zeigte es sich, dass dieser Erfolg nur mit dem Einsatz der ganzen Kraft und Geschicklichkeit des Inhabers und später seiner Mitarbeiter zu erringen war. Erst nach 18 Jahren unentwegter Arbeit begann das Unternehmen die Früchte zu tragen, die ihm seiner Anlage nach eines Tages zufallen konnten.

In diesen arbeitsreichen Jahren ist noch ein zweites Geheimnis entdeckt worden, das den Charakter der Verlagszeugnisse und ihren Absatzfolg ebenfalls beeinflußt hat:

Es genügt nicht, Bücher zu schaffen, die das Wissen der verschiedenen Fachgebiete nur zusammenfassen. Der Praktiker im Betriebe will nicht lesen, was er schon weiß, sondern er will lesen, was er noch nicht weiß. Die handwerkliche Tradition ist besonders in Deutschland untrennbar an die Persönlichkeit des Handwerkers und damit an die des Lehrherrn gebunden.

Der Lehrling lernt fast ausschließlich vom Meister. Bücher braucht er erst dann, wenn er das handwerkende Können seines Meisters erschöpft hat, wenn er Geselle geworden ist und selbst weiterstreben will. Erst in diesem Augenblick ist er bereit zu lesen. Dann greift er aber nicht nach einem Lehrbuch. Dann will er nicht mehr lernen, denn er hat bereits ausgelernt, sondern er will schaffen, er will Neues, Eigenes erarbeiten. Er wird sich zwar freuen, in seinem Buch auch Bekanntes zu finden, denn dann fühlt er sich in seinem Handbuch bald zu Hause. Aber er wünscht zugleich, viel Unbekanntes und Anregendes zu erfahren. Er will zwar nicht Theoretiker oder Wissenschaftler werden. Er ist und bleibt an seinem Werktisch. Aber er hat das unstillbare Verlangen, weiterzukommen und Besseres zu leisten.

An diese Welt der Verhältnisse und Arbeitsziele, die bei jedem Fachgebiet anders geartet ist, muß der Verleger Anschluß suchen. Das Geheimnis seines Erfolges liegt darin, Bücher zu schaffen, die den Bildungstrieb des Fachmannes wecken, wachhalten und — erfüllen. Ausschließlich nach diesen Grundsätzen durften die Werke des jungen Verlages gestaltet werden.

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Diese Erkenntnisse wurden bei der Herstellung der Fachbücher folgerichtig angewandt. Zunächst verbot es sich von selbst, Theoretiker schreiben zu lassen. Es durften nur Verfasser zu Worte kommen, die selbst im Berufe standen und die Sprache des Berufes beherrschten. Darin lag eine fast unüberwindliche Schwierigkeit, denn gerade im Handel und Handwerk ist der gute Fachmann nur sehr selten auch ein guter Stilist. Es entstand daher eine neue Aufgabe: die Bearbeitung der Manuskripte. Mit welcher Sorgfalt und Gründlichkeit der Verlag diese Teilaufgabe erfüllt, davon wird noch später die Rede sein. Für die Anlaufzeit des zunächst ganz kleinen Verlagsbetriebes galt der absolut verbindliche Grundsatz, ausschließlich Verfasser der Praxis zu verpflichten, selbst wenn damit die vorerwähnten Gefahren verbunden waren. Es zeigte sich bereits bei dem Angebot der ersten Werke, daß sich die Käufer allein nach dem fachlichen Inhalt der Bücher entschieden.

Als ein besonders wichtiges Hilfsmittel empfahl sich die Abbildung. Sie war denkbar gut geeignet, den Ausdruck des Wortes zu unterstützen. Das geübte Auge eines Handwerkers kann in bestimmten Fällen der guten Abbildung mehr entnehmen als einem ausführlichen Text. Auch diese Tatsache beeinflußte die endgültige Form der Bücher, die der Verlag gründlich und sehr sorgfältig ausgestalten wollte. Fasst man diese Gesichtspunkte zusammen, so scheint es ganz natürlich, daß sehr gründliche und daher auch umfangreiche, sehr reichlich und gut illustrierte und daher nicht ganz billige Verlagsobjekte erarbeitet worden sind. Der Absatz dieser Werke hat bewiesen, daß der Verlag mit seinen Büchern in den Augen derer, die sie kaufen sollten, auf dem rechten Wege war. Daß ein wertvolles Werk auch einen höheren Preis wert ist, dafür haben gerade Handwerker von jeher selbst Verständnis gehabt. Nicht die Preise machten anfangs Schwierigkeiten bei den Käufern, sondern nur die mangelhafte Vorstellung vom Wert des Fachbuches überhaupt.

Denn das Fachbuch war zu der Zeit, als der Verlag zu arbeiten begann, in vielen Berufen noch durchaus ungebräuchlich. Wollte der Verlag es jetzt anbieten, so mußte er sich gleichzeitig darum bemühen, das Vertrauen zum Fachbuch zu vermehren. Das Fachbuch mußte als ein besonders wichtiges Handwerkszeug angeboten werden. Der Handwerker mußte begreifen, daß ohne die dauernde Erneuerung seines Wissens auch sein Können erlahmte und veraltete. Ein gründliches Buch seines Faches konnte diese Gefahr beseitigen. Ein solches Buch mußte er - hatte er sich diesen Gedankengang erst einmal angeeignet - für außerordentlich wertvoll halten. Der Wert einer Sache ist aber gerade im Handwerk auch im Preise ausgedrückt. Billige Ware steht in dem Verdacht, schlechte Ware zu sein. Hielt das Fachbuch, was es versprach, so mußte es so wertvoll sein wie das beste Handwerkszeug, das sich der Meister je hatte anschaffen müssen. Fragte sich nun der Verleger, wie das Buch aussehen mußte, das diesen Zwecken dienen konnte, so lautete die Antwort nicht: es muß möglichst billig sein - sondern sie lautete: es muß für den Preis eines guten Werkzeugs das Beste enthalten, was irgend hergestellt werden konnte. Erst dann war der Weg für eine vielseitige Fachbuchproduktion frei.

Die Schwierigkeit lag aber nicht nur darin, die geeignete Form des künftigen Fachbuches zu finden, sondern auch darin, es in geeigneter Form anzubieten. Es würde unmöglich sein, die Meister und Gesellen mit Drucksachen und Werbeschriften zu erreichen. Ebenso wenig war zu erwarten, daß sie ihren Fachbüchern in den Buchhandlungen begegneten. Sie besuchten die Buchhandlungen nicht und sie lasen keine Prospekte. Sie standen in ihrem Betriebe oder an ihrem Werktisch. Es blieb nur möglich, sie dort aufzusuchen. Zu diesem Zweck mußte der Verleger Vertrauensleute besitzen, die den Inhalt der Werke und die Natur der Betriebe kannten, die sie zu besuchen hatten. Diese Vertrauensleute mußten überall - wo immer sie sich aufhielten - die selbständigen Vertreter des Verlegers sein. So kam es zu dem langsam und sehr sorgfältig betriebenen Aufbau der eigenen Vertriebsorganisation.

Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Vertreter, der selbständiger Handlungsagent ist, und dem Verlage ist sehr natürlich. Es hat ganz bestimmte innere Gesetze, die zu erläutern hier nicht Gelegenheit ist. Es genügt zu bemerken, daß diese Gesetze während der Entwicklung des Verlages wirksam waren und von beiden Seiten klug und weitschauend berücksichtigt wurden. Auf diese Weise wurde stets ein gerechter Ausgleich der Bedürfnisse zwischen Vertreter und Firma herbeigeführt. Der Betriebsführer ging von Anfang an von der Annahme aus, daß der Vertreter die Möglichkeit haben müsse, sich in seiner Arbeit für die Fachbücher des Verlages eine Lebensstellung zu erwerben. Er mußte ein Einkommen verdienen können, das ihn bei seiner Arbeit hielt, ohne daß er unzufrieden wurde. Da stets die begründete, später erfüllte Hoffnung bestand, viele Vertreter zu beschäftigen, verbot es sich von selbst, sie durch überhöhte Provisionen anzuwerben. Die Vertreter mußten bei normalen Bedingungen durch die Güte der Werke angeworben werden, sie mußten den Werken selbst ansehen, daß sie einen großen und lohnenden Abnehmerkreis finden würden.

Diese Annahme hat sich in der Praxis als sehr segensreich erwiesen. Sie bewirkte nochmals eine Steigerung der Anforderungen an die Herstellung und an den Inhalt der Werke. Sie bewirkte aber auch ein gesteigertes Interesse des Vertreters für den Inhalt. Der Vertreter war und fühlte sich nicht nur als Verkäufer, sondern auch als Mitarbeiter. Er sorgte selbst durch laufende Nachrichten an den Verlag dafür, daß alle Wünsche der Praktiker bei der nächsten Auflage berücksichtigt würden. Denn allein ein inhaltlich modernes Werk verbürgte ihm einen lohnenden Absatz.

Aus diesen Zusammenhängen geht wohl einwandfrei hervor, daß sich in der Vertriebs- und Vertreterorganisation des Verlages ein sehr natürlicher Organismus entwickelte, dessen Grundtendenzen absolut gesund und gemeinnützig sind. Nur auf diesem Wege wird es auch in Zukunft möglich sein, jedem einzelnen Fachmann die ganze Fülle fachlicher Überlieferungen in brauchbarer Form an die Hand zu geben. Es liegt im wohlverstandenen Interesse der Allgemeinheit, daß alle irgendwann einmal erarbeiteten Erkenntnisse eines Fachgebietes den Menschen unserer Zeit erhalten werden, damit sie sie nicht neuerdings erwerben müssen. Nur auf diese Weise wird ein intelligentes Volk die Führung auf bestimmten Fach- gebieten auch behalten können. Es ist daher Aufgabe berufener Stellen, dafür zu sorgen, daß die Aufnahme- bereitschaft der Öffentlichkeit für die Standardwerke der Fachliteratur nicht gestört wird, und daß sie in Zeiten, die die Nutzung aller Kräfte verlangt, erhöht wird. Die erforderlichen Vorbedingungen dafür sind heute nach der Ausschaltung der Juden aus dem Vertreter- und Verlegerberufe und mit Hilfe der nationalsozialistischen Einrichtungen und Gesetze gegeben. Der Inhaber des Verlages, Friedrich Krause, schreibt in seinen unveröffentlichten Erinnerungen: „Der Verlag Killinger war bei der Übernahme sehr klein. Bis zum April 1907 war ich ganz allein tätig. Als Geschäftslokal diente ein kleines Zimmer in der Töpferstraße. Ich war Verleger, Buchhalter, Packer in einer Person, und ich besorgte selbst alle Postwege.“ Erst im Frühjahr 1907 zeigten sich die ersten Erfolge, als der Buchhandelsvertreter FRITZ KULP aus Magdeburg den Vertrieb des Konditoreibuches übernahm. Kulp ist ein echter Vertrauens- mann (Vertreter) seines Verlegers gewesen, wie nach ihm viele andere. Leider sind die Vorstellungen, die die Öffentlichkeit mit dem Begriff „Vertreter“ verbindet, häufig ungerecht und falsch. Hier steht die Arbeitsgeschichte eines Vertreters, die in diesem Rahmen als einzige für viele hundert andere berichten könnte:

Kulp hat mit Friedrich Krause zusammen sehr klein angefangen. Auch er mußte jeden Weg selbst gehen und durfte keine Mühe scheuen, bis er sich Helfer werben konnte. Erst mit der Herausgabe des dritten und vierten Werkes wuchs sein Arbeits- und Aufgabenkreis. Schließlich wurde ihm der gesamte Vertrieb des Fachbuchverlages übertragen. Nach der Inflation hat er dabei Millionenumfänge erarbeitet. Er warb ständig neue Helfer und verstand es, sie im Geiste des Verlages anzulernen und sie zu halten. Alle Provisionsbeträge gingen durch seine Hand - auch das waren im Laufe der Jahre Millionen. Seine Söhne arbeiteten mit ihm. Als sie 1914 ins Feld zogen, arbeitete er während des ganzen Krieges unter schwierigsten Verhältnissen mit seiner Tochter. Während der Inflation ging Kulp für den Verlag ins Ausland. Durch die Bestellungen, die er dort hereinholte, hat er seinen Teil dazu beigetragen, die Firma auch in dieser schwierigsten Zeit zu erhalten.

Aber es kamen Zeiten, in denen umgekehrt die Firma für ihren Vertrauensmann und Vertreter eintreten mußte. Die Organisation der Helfer, die Kulp aufgezogen hatte, vergrößerte sich im Jahre 1924 außerordentlich. Bei der Überwachung dieses großen Apparates zeigten sich die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Kulp war ein ausgezeichneter Vertreter, aber kein Kaufmann; die Arbeit, die an der Spitze so zahlreicher Vertreter von ihm verlangt wurde, war kaufmännischer Art, sie entsprach nicht seinen Anlagen und wuchs ihm deshalb über den Kopf. Als infolgedessen Schwierigkeiten bei der Zahlung der Provisionen an seine Mitarbeiter eintraten, griff die Firma ein. Sie war für die tadellose Provisionsierung auch der helfenden Vertreter verantwortlich, und sie wollte durch diese unerfreuliche Entwicklung nicht ihren besten Vertrauensmann verlieren. Sie half ihm daher aus den Mißverhältnissen, in die er geraten war, und stellte ihn im Betriebe auf einen Platz, auf dem er sich in früheren Zeiten jahrelang bewährt hatte. Allerdings war diese Umstellung nur deshalb möglich, weil Kulp eine unermüdliche Schaffenskraft und eine beispiellose Energie besaß. Obgleich er inzwischen alt geworden war, wünschte er selbst wieder auf eigene Faust hinauszugehen und die Fachbücher des Verlages zu verkaufen. Er hat bis in das letzte Jahr seines Lebens Erfolge gehabt. Im Jahre 1932 ist er gestorben. Allmonatlich hatte sich sein Verleger mit ihm getroffen, um viele Fragen mit ihm zu besprechen, und allmonatlich erhielt die Firma durch den Optimismus und die Energie dieses Mitarbeiters neue Anregungen und neuen Antrieb. Auch nach seinem Tode hat die Firma ihren Dank für seine Leistungen in der Fürsorge für seine Witwe ausgedrückt.

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Bis zum Ausbruch des Weltkrieges entwickelte sich der Verlag in gleichmäßiger Form. In den Beständen, die vom ersten Inhaber übernommen worden waren, war nur ein Fachbuch vorhanden gewesen:

Krackharts Konditoreibuch

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Sein erfolgreicher Vertrieb veranlaßte die Veröffentlichung ergänzender Werke für dasselbe Gewerbe. Als erstes Verlagswerk nach der Übernahme durch Friedrich Krause erschien daher:

Ladenbestellungsbuch für Konditoren

das bereits im gleichen Jahre 1900 eine Neuauflage erlebte. Das nächste Verlagswerk:

Evers / Die Deutsche Bäckerei (1907)

bewies, daß bei Bäckern der Absatz von Bäckerbüchern weit schwieriger ist als der Absatz von Konditoreibüchern. Das war ein deutliches Zeichen dafür, daß die Bücher dem Bildungswillen des Fachmannes entgegenkommen und seinen Ehrgeiz, mehr zu leisten, unterstützen mußten. Das Buch erschien daher nach dem Absatz der Auflage nicht neu.

  1. Heute ersetzt durch: Heckmann – Neues großes Konditoreibuch, mit etwa 800 Rezepten und Abbildungen sowie 8 mehrfarbigen Tafeln.