Bauernproteste 2023/2024

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Unter „Bauernproteste“ (nach Eigenbezeichnung auch „Bauerndemo[1]) werden die Aktionen und Demonstrationen deutscher Bauern bezeichnet, die sich seit dem 18. Dezember 2023 gegen die Streichung von Steuervergünstigungen und die Politik der Bundesregierung wenden. Die Protestbewegung, die in verschiedenen Teilen Deutschlands aktiv ist, umfasst unter anderem auch Aktionen in Nordhausen und im Südharz.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 15. November 2023 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Umschichtung von Geldern aus Corona-bedingten Schulden in ein Klima-Sondervermögen durch die Bundesregierung für verfassungswidrig.[2] In der Folge entstand im Bundeshaushalt 2023 ein Defizit von 17 Milliarden Euro. Die Bundesministerien versuchten, dieses Defizit durch Budgetkürzungen in ihren Ressorts auszugleichen. Eine Finanzierung durch neue Schulden war aufgrund der in Deutschland geltenden Schuldenbremse nicht möglich.

Als Reaktion auf das Haushaltsdefizit kündigte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) im November 2023 Einsparungen bei Diesel-Subventionen für die Landwirtschaft sowie die Einführung einer Kfz-Versicherungspflicht für Traktoren an. Daraufhin kam es ab Dezember 2023 vermehrt zu Protestaktionen von Landwirten und landwirtschaftsnahen Verbänden. Mit Traktoren-Konvois und Blockaden von Straßen und Autobahnen sollte Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden. Anfangs wurde der Protest vom Verein „Land schafft Veränderung e. V.“ organisiert. Später schlossen sich auch andere Interessengruppen wie Bauernverbände, Spediteure, Handwerker, Jäger und Gewerkschaften einem breiten Aktionsbündnis an.

Im Zuge der Proteste gegen die Entscheidungen der Ampel-Regierung solidarisierten sich verschiedene Organisationen und Gruppen. Zu diesen gehören:

  • Bauernverbände, die sich gegen die Abschaffung von Agrarsubventionen aussprechen.
  • Spediteure, die von den politischen Entscheidungen in ihrer Branche betroffen sind.
  • Jägerschaften, die ihre Unterstützung für die Bauernschaft zum Ausdruck bringen.
  • Handwerkerskammern, die die Interessen der Handwerker vertreten.
  • Gewerkschaften, insbesondere die GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer), die sich an den Protesten beteiligen.
  • Ausländische Organisationen, die die Proteste in Deutschland beobachten und unterstützen.

Die Proteste sind durch politische Forderungen gekennzeichnet, u. a.:

  • Der Rücktritt der amtierenden Ampel-Regierung.
  • Die Forderung nach Neuwahlen, um eine politische Neuausrichtung zu ermöglichen.
  • Ein Ende der aktuellen deutschen Klima-Politik.

Die Koordinierung und Kommunikation der dezentralen Proteste erfolgt teilweise über unabhängige Social-Media-Gruppen. Diese Gruppen nutzen Plattformen wie Telegram, Whatsapp und Signal.

Die Proteste und Forderungen stoßen jedoch auch auf Kritik: Deutsche Umweltverbände wie Greenpeace und NABU äußern sich kritisch zu den Protesten und den dahinterstehenden Forderungen. Sie betonen die Bedeutung der Klimapolitik und warnen vor den langfristigen Folgen einer rückwärtsgewandten Politik in Bezug auf Umwelt- und Klimaschutz.

Entwicklung in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

18. Dezember 2023[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Berlin hatte der Deutsche Bauernverband zu einer Großdemonstration mit Traktoren aufgerufen.[3] Bauernpräsident Joachim Rukwied forderte die Beibehaltung der Agrarsubventionen. In Freiburg und Dreisamteil demonstrierten Bauern mit 300 Traktoren, auch in Leipzig sammelten sich 300 Traktoren am Völkerschlachtdenkmal,[4] sächsische Jäger unterstützten die Bauernschaft.[5] In Chemnitz blockieren Bauern mit schwerer Landtechnik den Innenstadtring.[6][7][8]

4. Januar 2024[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehr als 250 Bauern blockieren mit Traktoren im Hafen von Schlüttsiel in Nordfriesland eine Fähre, auf der Bundesumweltminister Robert Habeck aus seinem Nordseeurlaub auf der Hallig Hooge zurückkehren will. Die Fähre legte schließlich wieder ab.[9][10][11]

6. Januar 2024[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Straubing (Bayern) demonstrierten am 6. Januar 2024, Heilige Drei Könige, rund 3000 Landwirte mit etwa 1500 Traktoren im Rahmen einer Sternfahrt gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung.[12]

Protestwoche 8.-15. Januar 2024[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die zweite Januarwoche 2024 wurden von Verbänden und Privatpersonen weitere massive Protestaktionen angekündigt, unter anderem Straßen- und Autobahnblockaden.[13] Damit soll Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden, die geplanten Kürzungen bei Agrarsubventionen zurückzunehmen.

Bauernproteste in Nordhausen, Südharz und Thüringen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Susann Goldhammer, Geschäftsführerin des Nordhäuser Kreisbauernverbandes, kündigte an, dass trotz partieller Zugeständnisse der Regierung bezüglich des grünen Nummernschilds und Agrardiesels, die Landwirte ihre Unzufriedenheit ab dem 8. Januar 2024 durch eine Traktorenfahrt von Nordthüringen nach Erfurt zum Ausdruck bringen wollen.[14]

Die Landwirte im Südharz trafen sich am Montagmorgen am Scheunenhof in Sundhausen und fuhren ab 5:30 Uhr in Gruppen über die Bundesstraße 4 in Richtung Sondershausen, wo sich weitere Traktoren dem Protestzug anschlossen. Auf den Bundesstraße 4 und 243 (Bereich Mackenrode) kam es zu mit Verkehrsbehinderungen.

Die geplante Großdemonstration begann am Montag um 11 Uhr am Juri-Gagarin-Ring in Erfurt, an der fast 900 Schlepper angemeldet waren. Die zentralen Forderungen der Landwirte umfasste die Beibehaltung der Agrardiesel-Rückvergütung und die Fortführung der Kfz-Steuerbefreiung für Land- und Forstwirte. Nach Angaben des Bauernverbandes würde die zusätzliche steuerliche Belastung der Betriebe bundesweit etwa 900 Millionen Euro betragen.

Auch andere Branchen im Landkreis Nordhausen, einschließlich der Spediteure, hatten ihre Teilnahme am Protestzug angekündigt. Marcel Kübler, Vorsitzender des Netzwerks Transport, Verkehr, Logistik, äußerte sich besorgt über die zunehmende Belastung der Wirtschaft und die drohende strukturelle Schieflage. Die Gastronomie, vertreten durch Niels Neu vom Nordthüringer Unternehmerverband, berichtete ebenfalls von den negativen Auswirkungen der Politik aus Berlin, insbesondere im Hinblick auf die Mehrwertsteuer und die wirtschaftliche Lage.

Zusätzliche Protestaktionen waren das Installieren von beleuchteten Protestplakate an verschiedenen Orten.

Demo in Nordhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bauerndemo fährt am 11. Januar durch Nordhausen-Nord

Am Abend des 8. Januars fuhren die z. T. zurück aus Erfurt kommenden Traktoren und LKW durch die Innenstadt von Nordhausen.

Am 11. Januar fand ab 16 Uhr eine Demonstration mit fahrenden Demozug von Traktoren durch Nordhausen (Beginn Sammelort Scheunenhof) statt:

  • Scheunenhof Sundhausen – Uthleber-Straße – Helmestraße (B4) – Barbarossastraße – Hallesche Straße – Taschenberg – Stolberger Straße – Robert Koch Straße Beethovenring – Parkallee – Grimmelallee - Freiherr v. Stein-Straße – Kasseler Landstr. – L3080 – Ende am Autobahnrasthof Werther A38

In einem Artikel von NNZ-Online erläuterten die Protestierenden ihre Motivation:[15] Die geplanten Streichungen würden die deutsche Landwirtschaft unverhältnismäßig belasten und die heimische Produktion von Nahrungsmitteln gefährden. Letztendlich seien auch höhere Preise und eine stärkere Abhängigkeit von Importen zu befürchten, wenn immer mehr landwirtschaftliche Betriebe aufgeben müssten.

Die Landwirte betonten, dass sie bereit seien, gesellschaftliche Standards und Umweltauflagen mitzutragen. Eine Reihe von Vorgaben, wie etwa beim Stallbau oder Pflanzenschutz, ließen sich aber nur mit erheblichem Mehraufwand erfüllen. Ohne angemessene Förderung seien die geforderten Transformationsprozesse für viele Höfe und Betriebe schlicht nicht zu stemmen. Hier müsse die Politik dringend nachbessern, so die Forderung. Ziel der Protestaktionen ist es demnach, auf die prekäre Situation in der Landwirtschaft aufmerksam zu machen und politische Zugeständnisse zu erreichen.

Externe Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Aufruf zur Bauerndemo für Agrardiesel. In: bauernverband.de. Abgerufen am 6. Januar 2024.
  2. Sebastian Scheffel: Schuldenbremse in Deutschland: Was ist das und wie stehen die Parteien dazu?. In: RND. 21. November 2023, abgerufen am 6. Januar 2024. (de)
  3. S. W. R. Aktuell: Protest gegen Sparpläne: Bauern demonstrieren in Berlin und BW. 19. Dezember 2023, abgerufen am 5. Januar 2024. (de)
  4. 18.12.2023 #Leipzig #Bauernaufstand am #völkerschlachtdenkmal. Abgerufen am 5. Januar 2024. (de-DE)
  5. 271 „Wir brauchen die Bauern und die Bauern brauchen uns!“. Abgerufen am 5. Januar 2024. (de-DE)
  6. Live Stream 18.12.2023 Chemnitz Bauern Demo Berichterstattung gemäß Grundgesetz Art.5. Abgerufen am 5. Januar 2024. (de-DE)
  7. abgerufen am 5. Januar 2024,
  8. Bauern-Proteste legen Verkehr in Chemnitzer City lahm. 18. Dezember 2023, abgerufen am 5. Januar 2024. (de)
  9. Bauern blockieren Habecks Fähre: Reederei-Chef zeigt sich entsetzt –„Verhalten wie Klima-Kleber“. 5. Januar 2024, abgerufen am 5. Januar 2024. (de)
  10. Schleswig-Holstein Magazin: Fähre blockiert: Bauern wollen Habeck in SH zur Rede stellen. Abgerufen am 5. Januar 2024. (de)
  11. Massive Bauernproteste in Niederbayern: Demo mit 1500 Traktoren allein in Straubing. Abgerufen am 2024-01-06. (de)
  12. Bauernproteste ab dem 8. Januar gegen Ampel-Politik. Abgerufen am 2024-01-06. (de-DE)
  13. Hans-Peter Blum: Protest der Südharzer Bauern bremst Verkehr auf der Bundesstraße 4 aus. In: Thüringer Allgemeine. 5. Januar 2024, abgerufen am 6. Januar 2024.
  14. Schlepper-Korso heute Nachmittag durch Nordhauen. In: NNZ-Online. 11. Januar 2024, abgerufen am 11. Januar 2024.