1200-Jahr-Feier in Görsbach

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Textdaten
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Autor: Fritz Klein
Titel: 1200-Jahr-Feier in Görsbach
Untertitel:
aus: Nordhausen-Harz und Goldene Aue
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1974
Verlag:
Drucker:
Erscheinungsort:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Digitalisat:
Eintrag in der GND: [1]
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1200-Jahr-Feier in Görsbach


Unser Heimatfreund Fritz Klein hatte Gelegenheit, mit seiner Gattin am Görsbacher Jubiläum teilzunehmen. Während der Feierlichkeiten wurde seine wichtige Mitarbeit bei der Urkundenbeschaffung für die Gründungszeit des Ortes, über die wir eingehend berichtet haben, durch die Festleitung öffentlich anerkannt. Aus seiner nachstehenden Schilderung erfahren wir von der begeisterten Teilnahme der Görsbacher und ihrer Nachbarn, die auch allen unseren Lesern Freude bereiten wird. Fritz Klein schreibt:

Kaum in Görsbach angekommen, fanden wir uns schon bei einem Gang durchs Dorf. Die erste freudige Überraschung erlebten wir beim Anblick der Häuser, deren Gefache und Balkenwerk in frischen Farben prangten. Noch bis in den späten Nachmittag sahen wir so manches ältere oder gar greise Ehepaar, wie es an den Zäunen der Vorgärten sitzend mit zittriger Hand liebevoll mit Pinsel und und Farbe umging. Diese Freude und Hingabe der ältesten Dorfbewohner hat uns mächtig ergriffen. Den Girlanden und Wimpelbändern über den Straßen konnte man freilich ansehen, daß sie mühsam zusammengestoppelt waren, alles jedoch mit sehr viel Liebe zusammengetragen.

Auf dem Festplatz, am westlichen Rand des ältesten Dorf teils, nahe der Chaussee (F 80) gelegen, waren zwei große Zelte, ein Tanzpodium und eine Bühne errichtet. Die Darbietungen der Nordhäuser und Sangerhäuser Bühnen, der Tanz- und Spielgruppen, auch die des Görsbacher Karneval Vereins, wurden mit unbeschreiblicher Begeisterung aufgenommen. Man brauchte den Menschen nur in die Augen zu schauen, um zu erkennen, wie dankbar sie waren.

Das große Reit- und Springturnier mit Dressurreiten und dem Kunstfahren einiger Pony-Gespanne war dem üblichen Niveau durchaus gleichzusetzen. 125 Reit- und Springpferde waren aufgeboten.

Die Krönung des Festes, der Festumzug, war erhebend. Die einzelnen Zeitabschnitte, von den ersten Anfängen bis zur Gegenwart, dargestellt durch Gruppen in stilechten Kostümen, lösten unter den vielen Zuschauern, die die Straßen dicht säumten, großen Jubel aus, seien es nun die Gruppen der Walkenrieder Zisterzienser, der Fläminger, der Männer um Thomas Münzer, der Görsbacher Bürgerwehr von 1848 oder der historischen Feuerwehr mit einer 1-Kolben-Spritze. Herzlichen Beifall fanden auch die 4 Kapellen, die sich in historischen Uniformen auf den langen Zug verteilten, ebenso die Postkutsche (ein umgebauter Landauer) und eine große Nachbildung des Görsbacher Wappens.

Ich habe in der dichtgedrängten Zuschauermenge so manche nassen Augen gesehen und will nicht verhehlen, daß ich auch verstohlen Tränen weggewischt habe. Leider platzte mitten in den Zug plötzlich ein kurzer, aber heftiger Regenguß. Nun das Erstaunliche: Der Regen wurde einfach ignoriert. Niemand wich von der Stelle. Die Umzugteilnehmer, bis auf die Haut durchnäßt, zeigten unverändert strahlende Gesichter, die Walkenrieder Klosterbrüder blickten weiterhin ernst und würdevoll drein, ebenso die Flämischen Siedler. Selbst die Musikanten spielten beharrlich weiter, und die Schulklasse mit ihrem zünftigen „Kanter“ an der Spitze lehnte es entschieden ab, sich während des Regens unterzustellen.

Wir haben uns oft die Frage gestellt, wie wohl ein Fest mit ähnlichem Anlaß hier bei uns im Westen verlaufen würde. Gewiß würde hier alles viel großzügiger und aufwendiger gestaltet, sicherlich aber auch in einer viel unpersönlicheren und kälteren Atmosphäre, schon allein wegen der hier üblichen großen Geschäftstüchtigkeit. An menschlicher Wärme haben sie drüben uns offenbar einiges voraus. Ich konnte in Gesprächen mit Herren vom Festkomitee erfahren, wieviel Klippen und Hindernisse überwunden bzw. geschickt umgangen werden mußten. Es war vorgesehen, ein Bild von der Kirche, vom gotischen Schnitzaltar und einiges aus der Glockengeschichte in die Festschrift zu übernehmen. Zur Frage des Kirchenbildes wurde amtlicherseits mitgeteilt, daß auf dem Foto aber weder Häuser noch Teile derselben zu sehen sein dürften. Da es fototechnisch nicht möglich ist, die Kirche bis zur Turmspitze aufzunehmen, ohne daß der eine oder andere Hausgiebel auf dem Bild erscheint, konnte aus der Absicht nichts werden. Wenn wir an die vielen Schwierigkeiten denken, die die Görsbacher aus dem Wege räumen mußten, um diese einmalig eindrucksvolle Jubiläumsfeier in ihrer knappen Freizeit mühselig vorzubereiten, dann müssen wir den Wert des Festes ganz besonders hoch einstufen.

Fritz Klein