Preußens Ansprüche auf Nordhäuser Stadtflur und die Verhandlungen vor der Kaiserlichen Kommission in Goslar

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Autor: Hans Silberborth
Titel: Preußens Ansprüche auf Nordhäuser Stadtflur und die Verhandlungen vor der Kaiserlichen Kommission in Goslar
Untertitel:
aus: Preußen und Hannover im Kampfe um die Freie Reichsstadt Nordhausen
Herausgeber:
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1936
Verlag: Verlag Theodor Müller
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Erscheinungsort: Nordhausen am Harz
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Eintrag in der GND: [1]
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III.
Preußens Ansprüche auf Nordhäuser Stadtflur
und die Verhandlungen vor der Kaiserlichen Kommission
in Goslar


Nordhausen hat seit alters eine sehr kleine Stadtflur gehabt; ursprünglich gehörte nur ein winziges Gelände außerhalb der Stadtmauern zu dem Territorium der Reichsstadt. Selbst die Vororte außerhalb des Beringes wie die Neustadt, Grimmel, auf dem Sande, Teile des Altendorfes standen nicht auf Nordhäuser Reichsboden. Die eigene Feldflur Nordhausens war ganz klein, obwohl Nordhäuser Bürger im Besitze schöner Liegenschaften waren. Erst verhältnismäßig spät und unter großen Anfechtungen und Opfern konnte die Stadt ihr Territorium ausdehnen, bis man schließlich rund 6000 Morgen reichsstädtischen versteinten Besitz zählte.[1] Die großen Grafen rings um die Stadt, erst die Honsteiner, später die Stolberger und die Schwarzburger verhinderten eine größere Besitzergreifung. Ihnen gegenüber war es ein erster geringer Erfolg, daß der Stadt im Jahre 1315 eine kleine Abtretung zu erringen gelang. Welches Gebiet damals reichsstädtisch wurde, ist nicht genau auszumachen; es bleibt aber nur die Annahme übrig, daß damals die westlichen Vorstädte, also das Gebiet am Sande, unter den Weiden, Grimmel in das Stadtgebiet einbezogen wurden.[2]

Im 15. Jahrhundert nahmen die Auseinandersetzungen um die Stadtflur die Form von jahrzehntelangen Kämpfen mit den Grafengeschlechtern an, bis am 19. April 1466 der Versuch einer großen Bereinigung gemacht wurde und die Stadt für 4000 Gulden die ganze noch heute gültige Flur im Norden, Osten und Süden samt der peinlichen und bürgerlichen Gerichtsbarkeit erwarb, wenn auch das Kirchhofholz in Norden unter dem Harzrigi und die Grenze nach Vielen hin im Südosten zu Zwistigkeiten noch mancherlei Anlaß bot. Die Reibereien mit den Grafen wurden übrigens erst im Jahre 1485 endgültig beigelegt, und erst danach erhielt der Vertrag vom Jahre 1466 dauernde Anerkennung.[3]

Eine ähnliche Lösung im Westen der Stadt gelang nicht. Hier besaßen die Honsteiner die Flur bis an die Zorge. Bei der Erdleitung im Jahre 1372 erhielt die Linie Honstein-Clettenberg als östliche Grenze die Linie von der Ditfurt beim Schurzfell auf der Ellricher Landstraße entlang — etwa die heutige Kastanienallee — bis ans Altentor, dann die Zorge entlang nach dem Siechhofe vor Nordhausen, von da nach der Rodebrücke an der Helme. Lehnsherrn der Honsteiner für Clettenberg aber waren die Halberstädter Bischöfe. So wurde z. B. in einem bei unseren Streitigkeiten mit Preußen häufig angezogenen Lehnsbriefe Ernsts, des Administrators der Kirchen zu Magdeburg und Halberstadt, für den Grafen Hans von Honstein aus dem Jahre 1480 auch die eben genannten Grenzen festgesetzt. Unter die Gerechtsame der Grafen fiel auch noch die Aufsicht über das Jungfrauenkloster im Altendorfe, das einst in Bischoferode auf Honsteinschen Boden gegründet, dann aber 1294 ins Altendorf verlegt worden war.[4] So standen erhebliche Ländereien, etwas über 2000 Morgen guten Bodens zwischen der Zorge im Osten und der Helme im Westen und Süden, die ganze sogenannte Helme- oder Wertherflur, unter der Oberhoheit der Honsteiner, obwohl die Aecker und Wiesen im Besitz von Nordhäuser Bürgern waren.

Als dann im Jahre 1464 die Vogtei, welche die Honsteiner innehatten, pfandrechtlich auf Nordhausen überging und die Nordhäuser also in dem Gebiete, wo die Bürger ihre Liegenschaften hatten, auch die Gerichtsbarkeit ausübten, behaupteten sie bald, das Gebiet sei städtisches Territorium.[5] Dadurch mußte es natürlich zu Streitigkeiten zwischen der Stadt und den Grafen kommen, die 1523 sogar zu einem Prozeß vor dem Reichskammergericht in Speyer führten. Natürlich nahm der Prozeß kein Ende, und schließlich ließen sich die altersmüden Honsteiner am 24. Mai 1543 auf einen Vertrag ein, durch den sie für 1500 Gulden ihre Hoheit an der Helmeflur an Nordhausen abtraten bis auf die Werthermühle an der Salza. Ueber diese Mühle behielten sie Lehnshoheit und Zins, und so ist denn die Mühle später auch bis 1802 preußisches Lehen gewesen.[6] Außerhalb der Helmeflur lag noch das Lindei, auf dem Nordhäuser Bürger auch Ländereien hatten, das aber nie hoheitlich zu Nordhausen gehört hat.[7]

Dieser Vertrag vom Jahre 1543 hat dem Lehnsherrn der Honsteiner, dem Bischof von Halberstadt, nicht zur Genehmigung vorgelegen. Er hatte gar keine Kenntnisse davon, so daß 1557 und 1583 Halberstadt in Lehnsbriefen sogar die Honsteiner, die dagegen keinen Einspruch erhoben, weiterhin wie einstmals auch mit der Helmeflur belehnten.

Nun starken im Jahre 1593 die Honsteiner aus; ihr Besitz fiel an die verschiedensten Herrn.[8] Jedenfalls mußte sich Nordhausen 1593 im Besitze der Helmeflur glauben; Halberstadt aber mußte annehmen, daß die Flur in sein Lehnsbereich und nicht in das des Kaisers gehörte. Das Bistum Halberstadt war damals in Administration der Braunschweiger, und diese belehnten mit den Halberstädtischen Afterlehen natürlich ihre Sippe, so daß am 13. August 1595 Herzog Heinrich Julius von Braunschweig und danach Friedrich Ulrich von Braunschweig mit der Grafschaft Clettenberg-Lohra belehnt wurden. Diese kümmerten sich kaum um die Grenzziehung, und deshalb blieb von 1595 bis 1648 Nordhausen ziemlich unangefochten im Besitze der Helmeflur. 1648 im Westfälischen Frieden wurde Halberstadt aber den brandenburgischen Hohenzollern zugesprochen, und diese waren lebhaft an dem, was ihnen zustand, interessiert. So begannen bald die Streitigkeiten um die Helmeflur zwischen Brandenburg und Nordhausen.

Diese Helmeflur ist im Jahre 1709 genau aufgenommen worden. Ihre Grenze begann am Siechhofe, ging die Straße nach Werther entlang, bog aber alsbald in den Schleifweg ein und ging dann auf die Rodebrücke über die Helme zu. Dann war die Helme aufwärts die Grenze bis etwa östlich von Hesserode. Von hier bezeichneten fünf Grenzsteine die Grenze gegen Hesserode hin bis zur Schleifmühle an der Salza wenig unterhalb der Ortschaft Salza. Dann ging die Grenze genau östlich bis unfern der Zorge, blieb aber westlich der Zorge und folgte ihr aufwärts in 30–50 Meter Entfernung vom Flusse bis kurz vor das heutige Schurzfell. Die Salza floß vom Orte Salza bis zu ihrer Einmündung in die Helme durch diese Flur. An ihr lagen für Nordhausen wichtige Mühlen, da in ihnen auch die Hesseröder und Werther Bauern z. T. mahlen lassen mußten. Es waren die Schleifmühle, die Steinmühle, die Pfortmühle, die Oelmühle, die Walkemühle, die Papiermühle, die Martiner Mühle, die Groß- und Klein-Werther-Mühle, letztere beide nicht zur Nordhäuser Hoheit gehörig.

Viel Sorge machte im Südwesten die Helme der Stadt Nordhausen und den Dörfern Klein-Werther und Hesserode. Sie war schlecht reguliert und überschwemmte bei Hochwasser häufig die Felder. 1705 wurde deshalb, wesentlich auf die Forderung der Nordhäuser hin, der sogenannte neue Helmegraben angelegt, der heutige Lauf der Helme. Aber auch dieser neue Helmegraben hatte noch manche Mängel, so daß Preußen 1710 zu neuen Wasserarbeiten gezwungen war, welche die Wiesen und Aecker einiger Nordhäuser Bürger schädigten. Jedenfalls ist der alte Helmelauf seit 1715 wasserlos.[9]

Laut Artikel XI § 2 des Osnabrücker Friedens erhielt also Brandenburg das ehemalige Bistum Halberstadt. In einer zur Klarlegung der Verhältnisse von Seiten Preußens verfaßten Schrift aus dem Jahre 1710 heißt es deshalb: „... bis selbige (nämlich die Helmeflur) durch den Westphälischen Friedensschluß, qua feudum fuit Halberstadiense una cum eo pertinentibus bonis et juribus etc. irrevocabiliter in das Durchlauchtigste Curhaus Brandenburg kommen, non obstante, nec vigorem habente ulla contradictione, quae a quoquam in contrarium moveri posset."

Bis 1700 hatten die Hohenzollern die Grafschaft Clettenberg-Lohra den Grafen von Wittgenstein überlassen. Aber schon der Große Kurfürst hatte die Halberstädter Lehnsakten durchprüfen lassen und daraufhin auf die Helmeflur Anspruch erhoben. Doch war man sich zunächst noch im unklaren, was Brandenburg eigentlich beanspruchen könne, bis die dringend nötige Regulierung der Helme, welche durch ihre Unfluten wieder und wieder sowohl die Nordhäuser Bürger wie die zu Brandenburg gehörenden Hesseröder Bauern schädigte, den Fall aufrollte. Die Grenze ging nämlich, wie Nordhausen behauptete, genau in der Flußmitte entlang. Deshalb wollte Nordhausen zwar seine Seite zu regulieren übernehmen, die Kosten für die andere Seite müsse aber die brandenburgische Regierung in Ellrich tragen. Um deswillen ging Nordhausen sogar an Kursachsen, das im 17. Jahrhundert die Schuhhoheit über Nordhausen besaß, und an den Kaiser. Da das nichts nützte, versuchte man es mit Unterhandlungen in Berlin. Im Frühjahr 1696 ging der Ratsherr Martin Kegel nach Berlin, um über die Flußregulierung zu verhandeln.[10] Er erreichte nichts; im Gegenteil: Danckelmann war ungnädig, weil sich die Stadt gleich beschwerdeführend an den Kaiser gewandt habe. Er mußte erst vom Hohnsteiner Steuerdirektorium über den Fall Bericht einfordern. Dadurch wurde Brandenburg aufmerksam auf die Grenzziehung und erklärte allmählich, daß ja die ganze Helmeflur als Halberstädtisches Lehen anzusehen sei und deshalb Brandenburg gehöre. Sein Streit mit der Reichsstadt Nordhausen und die Besetzung der Stadt durch Preußen taten ein Uebriges. Wirklich aufgerollt wurde die Flurfrage aber erst 1705, als die Flußregulierung unumgänglich wurde. Zugleich mußten damals die Nordhäuser Bürger, die Pächter der Groß- und Klein-Werther-Mühle waren, eine neue Belehnung nachsuchen, das mußte bei Preußen geschehen. Und da tauchte die Frage auf: Warum müssen diese Mühlen, die an der Salza auf angeblich Nordhäuser Boden liegen, die Belehnung bei Preußen nachsuchen? Der preußische Schultheiß Röpenack in Nordhausen und der preußische Landeshauptmann von Ramee in Ellrich forschten nach, ließen auch in Halberstadt bei ihrer Vorgesetzten Behörde die alten Urkunden durchsehen, und diese Nachprüfung ergab nun 1705, in der Zeit, wo die Streitigkeiten zwischen Preußen und Nordhausen auf ihrem Höhepunkt angelangt waren, daß Preußen die gesamte Helmeflur hoheitsrechtlich beanspruchen konnte. Ohne Genehmigung der Lehnherrn hatten 1543 die Honsteiner die Gemarkung verkauft, sie blieb später mehrfach in ihren Lehnsbriefen erwähnt, also war der Kauf null und nichtig. Die Helmeflur, das gesamte Stadtgebiet Nordhausens westlich der Zorge, gehörte als Halberstädter Lehen zu Preußen. Preußen war nicht gewillt, diese Beute fahren zu lasten. Daß freilich im ganzen Reiche kein Reichsstand an die Rechtmäßigkeit der preußischen Ansprüche glaubte, war klar nach den Eingriffen, die sich Preußen sonst in die Rechte der Freien Reichsstadt erlaubt hatte.

Diese Vorgeschichte der Helmeflur mußte zum Verständnis der späteren Auseinandersetzungen zunächst erörtert werden. Die recht ungünstigen Verhältnisse im Jahre 1706, die damals höchst gespannte Lage zwischen Preußen und dem Reiche ließen Preußen allerdings noch zuwarten. Als dann aber 1707 eine kleine Besserung eintrat, packte Preußen zu. Anfang des Jahres 1707 wurden die Müller aus sämtlichen Mühlen an der Salza zur Huldigung nach Ellrich zitiert,[11] und am 8. August 1707 wurde die erste allgemeine Vorladung zur Landeshauptverwaltung nach Ellrich verfügt. Preußen zeigte an, daß die gesamte Helmeflur und die Altendorfer Pfarre als Rechtsnachfolgerin des Altendorfer Klosters unter preußische Hoheit gehöre. Preußen stehe das Recht zu, die Pfarrer einzusehen und zu entsetzen sowie Rechnung ablegen zu lasten; die Aecker der Flur aber und die Mühlen an der Salza und Helme gehörten „in das Hohensteinsche Katastrum". Die Jurisdiktion über den Strich Landes werde nach der Grafschaft gezogen. Die Besitzer der Gerechtsame, Aecker und Wiesen sollen zu ihrer Schuldigkeit angewiesen werden.

Auf Grund dieses Erlasses sollten am 13. Oktober 1707 sich alle Besitzer beim preußischen Obersteuerdirektorium in Bleicherode melden und ihre Besitzungen zur Besteuerung angeben. Die Abgabe in der Feldflur sollte auf den Morgen im Monat 3 Pfennig betragen.

Nordhausen hatte eben erst am 28. Juni 1707 ein gnädiges kaiserliches Schreiben erhalten. Sogleich wandle es sich natürlich, sich heftig beschwerend, abermals an seinen Oberherrn und legte ihm diesen neuen unerhörten Eingriff Preußens dar.[12] Ebenso wandte man sich an den Niedersächsischen Kreis, und Anton Ulrich konnte nicht anders, als in einem Briese an den König in Preußen das Vorgehen eine „Enormität dieses zudringlichen, gewaltsamen Procedierens" nennen. Er bat als Kreisdirektor den König, der Hohensteinschen Regierung ein derartiges Vorgehen gegen einen Mitstand des Kreises zu verbieten. Am 8. Februar 1708 rechtfertigte sich Preußen den ausschreibenden Fürsten des Niedersächsischen Kreises gegenüber mit einer historisch-rechtlichen Darlegung. Preußen ziehe nur die Konsequenz aus dem, was es 1648 zugesprochen erhalten habe.

Doch bei der langsamen bürokratischen Arbeit des absolutistischen Staates, in welchem keiner die Verantwortung tragen wollte und alles die Centrale regeln mußte, folgten die Ereignisse nur in langen Intervallen auseinander. Als Kaiser und Reich mobil gemacht wurden, hüteten sich die Provinzialinstanzen, irgendetwas aus eigene Verantwortung zu unternehmen. Berlin mußte alles entscheiden. So ging die Ernte des Jahres 1708 vorüber, und die Nordhäuser Bürger dachten gar nicht daran, Abgaben nach der preußischen Steuerdirektion in Bleicherode zu zahlen. Endlich, am 8. September, hatte sich die preußische Regierung entschlossen, nochmals ein Patent anschlagen und dadurch zur Anmeldung beim Kataster auffordern zu lassen. Ganz wenige Nordhäuser leisteten Folge. Deshalb geschah am 30. Dezember 1708 die dritte Vorladung nach Bleicherode unter Androhung der Entziehung der Grundstücke und Mühlen.[13] Damit jedem Besitzer der Ernst der Situation gehörig zu Gemüte geführt werde, hefteten preußische Gendarmen am 27. Oktober das Vorladungspatent an die Klein-Werthermühle, bei der als direktem preußischem Lehen nicht die Gefahr bestand, daß die Bekanntmachung sofort wieder abgerissen wurde.

Diesen preußischen Maßnahmen gegenüber verbot der Nordhäuser Rat den Bürgern das Erscheinen in Bleicherode und wendete sich am 31. Oktober beschwerdeführend an den Kaiser, den Niedersächsischen Kreis und an Hannover. In Hannover und beim Kaiser wurde Bürgermeister Ioh. Günther Hoffmann im November, Dezember und Anfang 1709 auch persönlich vorstellig. Daraufhin schrieb Hannover an Nordhausen, man möchte wegen der geraubten Feldmark den Mut nicht sinken lassen, und am 10. Dez. stellte es als Verhaltungsgrundlage 10 Punkte heraus. Punkt 10 forderte den Widerstand der Bevölkerung gegen jeden preußischen Zugriff. Sollte Preußen etwa das von Nordhausen 1543 den Honsteinern gezahlte Kaufgeld für die Feldflur anbieten, so sollte Nordhausen die Annahme des Geldes ebenso verweigern, wie es das mit dem Pfandschilling für Vogtei und Schulzenamt getan habe?) In dieser Antwort und Resolution Hannovers auf die Vorstellungen Hoffmanns erscheint in Punkt 2 zum ersten Male von hannöverscher Seite als bester Ausweg der Abkauf der Aemter. „Daß die Stadt Nordhausen sich zur Reluition des dortigen Schultheißen- und Vogteiamtes gegen Erlegung eines gewissen Stück Geldes erklärt, findet man sehr recht und diensam, und wird ratione modi dafür gehalten, solches Erbieten könne am füglichsten in einem Memorial an Ihre Kaiserliche Majestät geschehen und darin gebeten werden, es bei dem Kgl. Preußischen Hofe dahin zu richten, daß selbige angenommen werden möge."

Hier in Hannover wurde mit dem Nordhäuser Gesandten auch abgemacht, daß dieser Anfang 1709 wieder nach Wien gehen und dort mit dem Hannöverschen Residenten von Huldeberg zusammen die Dinge vorwärtstreiben sollte, ferner daß Hannover seinen ganzen Einfluß auf Braunschweig und damit auf den Kreis geltend machen wollte. Schließlich wurde noch als Gegenmaßnahme gegen des Schultheißen Röpenack Bemühungen, eine preußische Partei in Nordhausen herzustellen und Mitglieder dieser Partei in den Rat zu bringen, beschlossen, daß bei der Ratswahl am 6. Januar 1709 der Hannöversche Hauptmann Offney, dessen Familie ja in Nordhausen ansässig war, als Bürgermeister in Nordhausen aufgestellt wurde.

  1. Vergl. die genauen Zahlen bei Heineck, Geschichte der Stadt Nordhausen 1802—1914. Tausends. Nordhausen, II, 145
  2. Vergl. Meyer, die Nordhäuser Stadtflur in der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum des Nordh. Geschichts- und Altertumsvereins, 1920.
  3. Meyer, a. a. O., 18 f. und ausführlich Silberborth, Gesch. der Freien Reichsstadt Nordhausen, 190 ff.
  4. In dem Lehnsbriefe von 1480 steht: Von der Dittfurt die Landstraße hin bis an das alte Tor zu Nordhausen, das Jungfrauenkloster im Altendorfe mit aller Obrigkeit Pröpste zu setzen und zu entsetzen und Rechnung zu hören, und fort von dem alten Tore das Wasser (Zorge) nieder bis um den Siechhof vor Nordhausen, die rechte Straße auf, die da gehet gen Werther wärts bis an den Schleifweg, der da versteint ist, von dem Schleifwege hin dann über die Anthäufe, von den Anthäufen den Weg hin über das Wasser.
  5. Meyer, 20 ff. — Silberborth, 196. 202 f.
  6. Vertrag bei Meyer, a. a. O., 22 f. Hie und da sind bei Meyer kleine Fehler vorhanden. Es darf nicht heißen 500 Rh. Goldgulden und 100 Joachimstaler, sondern 500 Gulden an wichtigen guten Rh. Goldes und 1000 Gulden in Joachimstalern. Es ist auch die Summe, die auch bei der Auszahlung Preußens an Nordhausen eine Rolle spielt.
  7. Ueber die Hesseröder Koppelweide vergl. Silberborth, a. a. O., 365.
  8. Die Grafschaft Honstein (Hohnstein, Hohenstein) bestand aus mehreren Teilen: 1. Amt und Schloß Honstein. Dieses Amt war Grubenhagensches Lehen, kam aber schon 1412 durch Kauf an Stolberg. — 2. Gericht Allerburg- Bockelnhagen, dazu die Ortschaften Silkerode und Zwinge. — 3. Haus und Amt Bodenstein. — 4. Lauterberg, Andreasberg, Scharzfels. — 5. Haus und Amt Großbodungen. — 6. Hauröden, Uttenrode und Haynrode. — 7. Stift und Kloster Walkenried. — 8. Amt und Haus Lohra, das zunächst Kursächsisches Lehen war, 1571 aber durch neuen Kontrakt gegen ein Aequivalent in der Grafschaft Mansfeld ein Halberstädtisches Lehen wurde. — 9. Haus, Burg und Amt Clettenberg. 1593 wurde dieser Honsteinsche Gesamtbesitz zerrissen; 1. blieb bei Stolberg und gehört ihm noch heute; 2. kam als Hessisches Afterlehen an Schwarzburg-Sondershausen; 3. an Kurmainz, das die Winzingerode damit belehnte; 4. an Grubenhagen (Hannover), wobei es zu Streitigkeiten um die Wüstung Wittigerode kam, die zu Clettenberg gehörte; Grubenhagen nahm sie für Scharzfels in Anspruch; 5. u. 6. fielen als Kursächsische Lehen an Schwarzburg-Sondershausen .7. Kam 1648 an Celle, 1671 an Br.- Wolfenbüttel, 1675 an Sachsen-Gotha, 1694 zurück an Braunschweig-Wolfenbüttel. 8. und 9. haben allein den Namen Grafschaft Hohnstein behalten. 1648 kam das Bistum Halberstadt an Brandenburg und mit ihm als Halberstädtische Lehen auch Lohra und Clettenberg. Vergl. auch Hoche, Vollständige Geschichte der Grafschaft Hohenstein, Halle, 1790, 217 f.
  9. Vergl. den Generalabriß von Otto, Kgl. Pr. Hofkupferstecher in Berlin. „Die Ausmessung ist geschehen auf Ihre Kgl. Maj. in Preußen allergnädigsten Befehl, anno 1709. — Mehrere Abrisse im Besitze Nordhausens, davon einer in Wa 15. — Beschwerden über Flußregulierungen an der Helme 1710 finden sich im Preußischen Geheimen Staatsarchiv a. a. O. Ueber Anlegung des neuen Helmegraben unterrichtet Nordh. Archiv. Wa 16. — Am 30. Oktober 1710 berichtet von Ramäe aus Ellrich an Minister Ilgen. Nordhausens Beschwerde sei nichtig. Nordhausen habe selbst nachgesucht, den neuen Graben anzulegen; das sei 1705 geschehen. Kosten hätten sich auf 300 Taler belaufen, die Bauern der Grafschaft wären zu Diensten herangezogen worden. Einige Aecker hätten durchstochen werden müßen, doch hätten es die Nordhäuser geschehen laßen. Als man bei den Arbeiten aber an die Wiesen der Ratsverwandten Hoffmann und Weber gekommen sei, hätten diese den Kondukt korrumpiert und eine derartige Krümmung im Graben veranlaßt, daß bei folgenden Fluten sich das Wasser daran gestoben hätte und alles wieder überschwemmt wäre. Dieser Mißstand mußte beseitigt werden, und darüber beschwerten sich die beiden nun.
  10. Kegels Bericht vom 8. April 1696. Nordh. Archiv N. F. 852.
  11. Wolfenb. Archiv. V. 11. unter dem 15. Februar 1707.
  12. Pr. St. a. a. O., Nordhausen an den Kaiser 22. IX. 1707. Das Schreiben des Kaisers vom 28. Juni an Preußen bezeichnet der Rat der Stadt Nordhausen als hohe Gnade und Wohltat. Die Bedrückung dauere aber dennoch an; ja, es scheine noch schlimmer zu werden. Preußen wolle ganz neue Grenzen festsetzen, „welche zu dem obersten Stadttore herein in die Stadt, in dem auf die allda nacheinander gelegte Mühlen in einem besonders dazu gemachten Graben laufenden Master (Mühlgraben) hinunter und dann zur Stadt wieder hinaus, und wissen nicht, wo ferner hingehen soll, samt einer darinnen bemerkten großen Feldmark, so mehr als den dritten Teil und beinah die Hälfte unserer Flur in sich begreift." Die Freie Reichsstadt solle zu einer Municipalstadt werden.
  13. Namen der Grundstücksbesitzer finden sich in Wa 15 des Nordh. Archivs.