Von alten Wallanlagen und Burgruinen
Von alten Wallanlagen und Burgruinen
Auf schwer begehbaren Bergkuppen und anderen gut gesicherten Plätzen haben sich schon Menschen der älteren Eisenzeit Befestigungsanlagen gebaut, die ihnen, falls sie nicht als ständiger Wohnort benutzt wurden, in unsicheren Zeiten als ungefährdete Zufluchtsstätte dienten. Von dieser Möglichkeit haben die Menschen noch bis ins Mittelalter Gebrauch gemacht. Ausdehnung und Flächeninhalt der Schanzwerke sind ebenso verschieden wie das zur Befestignug benutzte Baumaterial, das meist an Ort und Stelle entnommen wurde. Wichtig war immer das Vorhandensein von Wasser. Oftmals findet man in der Nähe der Wallanlagen Gräberfelder oder Reste von Burgen und Kapellen, die geschickt in die Befestigung hinein gebaut worden sind. Sie beweisen, daß die Anlagen im Laufe der Zeit auch weiteren Aufgaben dienten. Waren sie zuerst nur zum Schutze der Menschen erbaut, so verwandelten sie sich allmählich zu heidnischen Kultstätten, auf denen man seine Feste feierte. Sie waren aber auch die gegebenen Orte für die Abhaltung von Gerichten und Volksversammlungen. Gerade diese Orte wählten später die christlichen Missionare für die Erbauung von Kirchen, weil sie annahmen, daß sich das Volk leichter an die neue Religion gewöhnen würde. Eine große Bedeutung für die Erforschung dieser Kultstätten haben die Sagen, die teilweise noch im Volke weiter leben, und die Namen der Heiligen, die nach erfolgter Christianisierung an Stelle der Götter getreten sind. So vertritt Martin den Wodan, Petrus den Donar und Maria die Freia. Wichtige Hinweise geben aber auch die Namen der Kirche bzw. deren Schutzheiligen und manches noch erhaltene Brauchtum, wie das Anzünden des Osterfeuers z. B. auf dem Frauenberg oder die Zusammenkünfte auf dem Sachsenstein und die ehdem auf der Grasburg gefeierte Kirchweih. Während die Grasburg über Rottleberode, die Widen- oder Weydenburg zwischen Petersdorf und Steigerthal, die beiden Harzburgen westlich von Ilfeld über dem Braunsteinhause, der Burgberg bei Ellrich und bei Nordhausen der Faciusgraben des Niedersachswerfener Mühlberges germanische, bis ins Mittel-alter hinein benutzte Wallburgen gewesen sein dürften, kann man die kleinen Ringwälle auf der Porphyrkuppe nördlich der Sägemühle und den Wall der Heinrichsburg östlich von Neustadt unterm Hohnstein nicht als vorhistorische Wallburgen bezeichnen. Nördlich der Ebersburg liegt auf dem gleichen Höhenrücken die „Kleine Alze“, die im Norden, Westen und Süden einen in das harte Gestein hineingearbeiteten ovalförmigen Wall zeigt, der innerhalb desselben ein etwa 3 ar großes Plateau bildet. Die „Kleine Alze“ scheint nicht benutzt worden zu sein, denn nördlich von ihr erhebt sich ein viel besser zu sichernder Berg, die „Hohe Alze“. Sie trägt den gleichen Befestigungswall wie die „Kleine Alze“, bei beiden ist die Ostseite des Bergkegels nicht vollendet ausgebaut. Die Befestigungsanlagen dürften wohl aus dem 12. bis 13. Jahrhundert stammen, also aus einer Zeit, da der Streit um den Besitz des Südharzes und seiner Vorlande noch nicht entschieden war. Die „Hohe Alze“ scheint nichts weiter als ein Wartturm der starken Ebersburg gewesen zu sein, von dem man über Wald und Burg weit ins Land hineinschauen konnte. Kurz vor dem 2. Weltkrieg wurden innerhalb der „Kleinen Alze“ Funde von Scherben und Waffen gemacht, die der Ritterzeit, etwa dem 13. Jahrhundert, zuzurechnen sind. Am anderen Hange der Ebersburg befindet sich der noch etwas höher gelegene „Friedland“, auf welchem im 16. Jahrhundert die an der Pest verstorbenen Bewohner der Burg beerdigt worden sein sollen. Auch die Heinrichsburg bei Neustadt hatte die Aufgabe eines Wartturmes zu erfüllen. Besonders in Zeiten der Kriege und Fehden war sie als ständiger Beobachter des südlichen Vorlandes für die Burg Hohnstein sehr wichtig, da man von dieser den Weitblick nicht hatte. Der Untergang der Burg Hohnstein und der Verfall der Ebersburg besiegelten auch das Schicksal der vorbeschriebenen Befestigungsanlagen. Die Grasburg, die auf einem hervortretenden Eckberg des „Alten Stolberg“ zwischen Rottleberode und Stempeda liegt, zeigt neben den Überbleibseln eines Steinwalles, der sie in einem Halbkreis umgibt, die Reste von Grundmauern einer zu christlicher Zeit erbauten Kapelle und, davon etwas entfernt, solche eines Gebäudes und einer Cisterne. Wahrscheinlich diente das Gebäude dem Priester als Unterkunft. Es ist möglich, daß dieser Ort für die alten Germanen mit seiner herrlichen Aussicht auf das schöne Thyratal der geeignete Platz für die Anlage einer Kultstätte war. Für den Wanderer aber ist er ein beliebtes Ausflugsziel, das man von Nordhausen aus in einem 2^ bis 3 stündigen Fußmarsch über Leimbach und Grasmühle ierreicht. Über das Los der Grasmühle vermeldet keine Urkunde etwas. Das Geheimnis, das sie, wie alle die vorbenannten Plätze, hütet, wird niemals gelüftet werden. Die alten Baumriesen aber halten wie ehedem treue Wacht und ihr eintöniges Lied, verrauscht im Winde wie einst. Th. Fleischmann
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