Die Mordtat am Neuen Weg: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 27. Juli 2017, 09:59 Uhr

Vor Zeiten lebte in Nordhausen am Neuen Weg ein arbeitsamer Handwerker mit seiner Familie. Der Sohn half, so gut er es in seinem jugendlichen Alter von 16 Jahren schon vermochte, dem Vater in der Werkstatt. Doch seitdem bei ihnen ein Geselle gearbeitet hatte, der bereits weit gewandert war und viel von der großen bunten Welt erzählen konnte, träumte der Junge unentwegt von fernen Ländern und sehnte sich mit Leidenschaft hinaus in die Fremde.

Da hörte er eines Tages in der Stadt die Trommel rühren. Werber waren gekommen, um junge Burschen für das abenteuerliche Soldatenleben einzuziehen.

So kam für den Handwerkersohn die Gelegenheit, seiner heißen Sehnsucht nachzugeben. Er ließ sich einschreiben und zog frohen Mutes mit dem Haufen ungestümer Männer mit, so sehr auch die Mutter sich grämte und der Vater den Jungen zurückzuhalten suchte.

Viele Jahre gingen darüber ins Land. Der Sohn blieb verschollen vom Tage seines Abschieds an. Die Eltern waren schon alt und gebrechlich geworden. Der sich um sie hätte kümmern und für sie sorgen müssen, lebte wohl längst nicht mehr.

Eines Abends, zu recht später Stunde, klopfte ein fremder gutgekleideter Mann an die Haustür der Alten und bat, da das Stadttor bereits geschlossen sei, ihn für die Nacht aufzunehmen. Dabei versprach er, gut zu bezahlen und zeigte auch eine mit Gold- und Silbermünzen wohlgefüllte Geldbörse vor. Den beiden alten Leuten kam ein so unverhoffter leidlicher Verdienst nicht ungelegen. So sagten sie die Bewirtung des Reisenden gern zu. Bereitwillig tischte ihm die Frau ein reichliches Mahl auf, bei dem sie und ihr Mann ihm Gesellschaft leisten sollten. Währenddessen erzählte der Gast offenherzig von seinen weiten Kriegszügen in vielen unermeßlich entfernten Landstrichen, und daß er reichlich Beute habe machen können. So kehre er jetzt als reicher Mann in seine Heimat und zu seinen Eltern zurück. Denen würde es nun für ihre letzten Jahre an nichts fehlen, obwohl sie ihn nach der langen Zeit seiner Abwesenheit wohl nicht wiedererkennen könnten.

Unter diesen Gesprächen war es spät geworden. Die Frau bereitete eine Lagerstatt und wünschte alsbald eine gute Nacht. Jedoch hatte sich in den beiden Alten ein unheimlicher Gedanke entfacht. Das viele Geld, das sie bei dem Fremden gesehen hatten, verwirrte und verdunkelte ihren Sinn. Da keine Menschenseele außer ihnen von dem Fremden wissen konnte, wollten sie ihn töten und sein blankes Geld an sich bringen.

Die Frau brachte einen Topf voll Öl zum Sieden, das gossen sie dem Schlafenden in den Mund. Als sie nach der abscheulichen Tat dem Toten die Kleider vom Leib rissen, bemerkten sie links auf seiner Brust über dem Herzen ein dunkles Muttermal. Ein gleiches kannten sie an dieser Stelle auch bei ihrem Sohn. Beim genauen Hinsehen erwiesen sich noch weitere Merkmale als untrügliche Kennzeichen: Den schaudernden Alten wurde zur Gewißheit, daß sie ihren eigenen Sohn ermordet hatten.

Anderntags trieb sie die grausige Tat dazu, sich unverzüglich dem Gericht zu stellen. Sie wurden bald darauf verurteilt und hingerichtet.

Zur Erinnerung an das gräßliche Geschehnis wurde gegenüber dem Haus in die Stadtmauer ein weißes Steinkreuz eingefügt. Es ist noch heute dort zu sehen.