Burg Lohra (Heimatland 1910): Unterschied zwischen den Versionen
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{{idt2|25}}Von den Grasen von Sayn-Wittgenstein, welche die Grafschaft Hohnstein von Brandenburg als Mannlehen erhalten hatten, haben Johann und dessen Sohn Ludwig Christian sich oft auf der Burg Lohra aufgehalten; ihre eigentliche Residenz war indessen das neuerbaute Herrenhaus in Clettenberg. Ein unverhältnismäßig großer Aufwand stürzte die Grafen so in Schulden, daß schließlich bald sämtliche Armier der Grafschaft verpfändet waren, so Lohra vom Jahre 1679 an Hildebrand Anton von Hardenberg. Von diesem ging die Pfandschaft am 10. Dezember 1701 auf Graf Anton Günther von Schwarzburg über, der sie aber nach Jahresfrist an König Friedrich I. abtrat. Lohra wurde nun in eine Königliche Domäne umgewandelt und ist es bis heute geblieben. — | {{idt2|25}}Von den Grasen von Sayn-Wittgenstein, welche die Grafschaft Hohnstein von Brandenburg als Mannlehen erhalten hatten, haben Johann und dessen Sohn Ludwig Christian sich oft auf der Burg Lohra aufgehalten; ihre eigentliche Residenz war indessen das neuerbaute Herrenhaus in Clettenberg. Ein unverhältnismäßig großer Aufwand stürzte die Grafen so in Schulden, daß schließlich bald sämtliche Armier der Grafschaft verpfändet waren, so Lohra vom Jahre 1679 an Hildebrand Anton von Hardenberg. Von diesem ging die Pfandschaft am 10. Dezember 1701 auf Graf Anton Günther von Schwarzburg über, der sie aber nach Jahresfrist an König Friedrich I. abtrat. Lohra wurde nun in eine Königliche Domäne umgewandelt und ist es bis heute geblieben. — | ||
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{{idt2|25}}Ueberschreiten wir die steinerne Brücke, so gelangen wir unter das Torhalls, das früher von einem steinernen Tore gekrönt war. Im Jahre 1733 richtete man eine Wohnung für den Justitiarius und später das Amtsgesängnis darin ein. Der innere Burghof ist nur von bescheidenem Umfange, aber recht stimmungsvoll und charakteristisch. Die beste Zierde desselben ist der etwa 30 m hohe Bergfried, der jedoch wegen Baufälligkeit bis auf die Hälfte abgebrochen worden ist. Er ist der ursprünglichste Teil der Burg und zeigt eine bemerkenswerte Technik in seiner Mauerung, deren Ursprung in Italien zu suchen ist. Die Ausfüllung der 3½ m dicken Mauern ist nicht, wie später gebräuchlich, ein regelloses Gemenge von Steinbrocken und Mörtel, sondern eine regelmäßige Folge von abwechselnd nach links und rechts geneigten Schichten aus Bruchsteinen, die wie die Blüten an einer Aehre oder wie die Gräten an einem Heringe lagern und daher Aehren- oder Heringsgrätenverband genannt wird. Nach der Sage, die sich hier an jeden Winkel haftet, soll der letzte Graf in einem silbernen Sarge im Turme beigesetzt sein. | {{idt2|25}}Ueberschreiten wir die steinerne Brücke, so gelangen wir unter das Torhalls, das früher von einem steinernen Tore gekrönt war. Im Jahre 1733 richtete man eine Wohnung für den Justitiarius und später das Amtsgesängnis darin ein. Der innere Burghof ist nur von bescheidenem Umfange, aber recht stimmungsvoll und charakteristisch. Die beste Zierde desselben ist der etwa 30 m hohe Bergfried, der jedoch wegen Baufälligkeit bis auf die Hälfte abgebrochen worden ist. Er ist der ursprünglichste Teil der Burg und zeigt eine bemerkenswerte Technik in seiner Mauerung, deren Ursprung in Italien zu suchen ist. Die Ausfüllung der 3½ m dicken Mauern ist nicht, wie später gebräuchlich, ein regelloses Gemenge von Steinbrocken und Mörtel, sondern eine regelmäßige Folge von abwechselnd nach links und rechts geneigten Schichten aus Bruchsteinen, die wie die Blüten an einer Aehre oder wie die Gräten an einem Heringe lagern und daher Aehren- oder Heringsgrätenverband genannt wird. Nach der Sage, die sich hier an jeden Winkel haftet, soll der letzte Graf in einem silbernen Sarge im Turme beigesetzt sein. |
Version vom 13. März 2020, 15:52 Uhr
Burg Lohra.
Auf steiler Bergeshöhe, umgeben vom Waldesgrün der Hainleite, liegt die alte Grafenburg Lohra. Man mag sie betrachten, von welcher Seite man will, überall erscheint sie dem Auge wie eine alte Sage aus längst entschwundenen Zeiten. Bei dem Anblick der altersgrauen Mauern und der Einsamkeit der Lage wird die Seele zu ernsten Betrachtungen gestimmr. Welche Fülle von Begebenheiten haben sich auf der Burg nicht abgespielt, fröhliche und ernste! Freude herrschte, wenn seine Bewohner siegreich aus der Fehde heimkehrten oder gern gesehene Gäste einzogen; Not und Elend waren an der Tagesordnung, als Kaiserliche und Schweden sich um die Burg stritten. Nach drei Seiten fällt der Berg steil ab und auf der östlichen Seite, auf der er mit dem Bergplateau zusammenhängt, ist er durch tiefe Wallgräben geschützt. Ueber die Erbauung und die älteste Geschichte der Burg ist nichts Gewisses anzugeben. Ohne Zweifel war hier eine prähistorische WaUburg und eine heidnische Kultusstätte. Urkundlich nachweisbar ist, daß sie im Jahre 1116 als Wohnsitz des Grafen Beringer von Linderbach (bei Erfurt) zuerst genannt wird. Dieser Beringer hatte von seinem Vater im Wippertale eine Grafschaft als Erbe erhalten, welche sich von Rehungen bis zur Webelsburg ausdehnte. Darin hatte er sich ums Jahr 1100 die „Burg Lohra" erbaut, nach welcher er selbst und seine Herrschaft genannt wurde. Mit dieser Zeitangabe stimmt auch die Bautechnik des Bergfrieds, des ältesten Gebäudes der Burg sowie die Tatsache überein, daß sich im letzten Viertel des 11. Jahrhunderts die Grafen das Recht anmaßten, Plätze zu befestigen, was unter dem sächsischen Königshause noch ein Vorrecht der fürstlichen Lehnsherren gewesen war. Für die Auswahl des Ortes scheinen drei Gesichtspunkte von wesentlicher Bedeutung gewesen zu sein. Einmal war es die sichere Luge auf der steilvorspringenden Bergkuppe und ihre leichte Verteidigungsfähigkeit, sodann die weite ungehinderte Aussicht mit dem ausgedehnten Gesichtsfelde und drittens die unmittelbare Nähe eines wichtigen Passes. Die alte Heerstraße, welche den Verkehr zwischen den altsächsischen Ländern und Thüringen vermittelte, ging von Braunschweig über Osterode und Duderstadt, folgte von Worbis aus über Sollstedt dem Längstale der Wipper, zog sich dann schräg über die Niedergebraische Flur und überstieg bei Lohra den Paß der Hainleite und nahm über Ebeleben den Weg nach Erfurt und Nürnberg. An diesem Passe, der bereits durch Katzenstein-, Reinhardts- und Ruhnsberg gesichert war, wurde die Burg Lohra erbaut. Durch diese Lage erhielt sie eine besondere Wichtigkeit, denn damit erhielt der Burgherr volle Gewalt über den durchgehenden Verkehr und verschaffte sich zugleich durch Erhebung eines Zolles eine nicht unbeträchtliche Einnahme. Eine Tochter Beringers war die Gräfin Adelheid, deren Andenken noch heute in der Erinnerung des Volkes fortlebt. Die Sage erzählt, daß sie nur denjenigen Ritter habe heiraten wollen, der dreimal die Burgmauer des Schlosses Lohra umreiten würde. Biele Ritter seien bei dem Versuche in den Abgrund gestürzt, bis endlich dem Grafen Volkmar von Clettenberg das Wagstück gelang. Tatsächlich vermählte sich Adelheid mit dem Grafen Volkmar und gründete in der Folge das Kloster Walkenried. Wir sehen hier, wie die Sage an eine geschichtliche Tatsache anknüpft und im übrigen der Phantasie freien Lauf läßt. Graf Ludwig I. von Lare unternahm mit dem Kaiser Lothar einen Kriegszug nach Böhmen, wobei er in Gefangenschaft geriet, aus der er aber später wieder befreit wurde. Mit Ludwig II., einem treuen Anhänger des Kaisers Rotbart, starb das Geschlecht der Lohra- ischen Grafen aus, und die Herrschaft fiel ums Jahr 1230 an die Grafen von Beichlingen. Diese haben Burg und Grafschaft Lohra von 1230—1326 innegehabt. Im Anfänge des 14. Jahrhunderts gerieten die Grafen von Beichlingen-Lare mit den ihnen verschwägerten Nachbargrafen von Hohnstein in eine erbitterte Fehde, die für die Beichlinger unglücklich verlaufen zu sein scheint. Gegen das Jahr 1327 überließen sie Burg und Grafschaft Lare an die Hohnsteiner. Diese scheinen im 14. Jahrhundert durch verschiedene langwierige Fehden in arge Geldverlegenheit geraten zu sein. Nach einer Urkunde von 1344 mußten die Grafen Heinrich, Dietrich, Bernhard und Ulrich, Gevettern, von Hohnstein an eine größere Anzahl Nordhäuser Bürger für eine Schuld von 5744 Mark Silbers Northusischen Gewichts verpfänden ihr „Hus und Schloß Lare" mit allem, was seit alters dazu gehörte. Anno 1370 war die große Schuld noch nicht ganz getilgt, sondern betrug nach einer im Nordhäuser Stadtarchive befindlichen Urkunde der Grafen Dietrich, Ulrich und Heinrich von Hohnstein noch 3902½ Mark 1 Lot Silbers und 659 Mark 9 Schillinge Nordhusischer Pfennige, wofür jene Nordhäuser Bürgern ans 6 Jahre Schloß Lare mit allem Zubehör in Pfand geben mußten. Im Jahre 1373 teilte sich das gräfliche Haus in eine ältere und eine jüngere Linie. Die ältere Linie erhielt als Erbteil außer der Herrschaft Clettenberg noch Burg und Grafschaft Lare, und ihre regierenden Glieder nannten sich von da an „Grafen von Hohnstein, Herren zu Lare und Clettenberg". Ums Jahr 1441 wurde der abgesetzte Bischof Erich von Osnabrück auf seiner Reise zum Kaiser Friedrich III. unterwegs von dem Grafen von Hohnstein aufgehoben und nach Lohra gebracht, wo er so lange gefangen gehalten wurde, bis er durch Zahlung eines Lösegeldes von 1500 Gulden seine Freiheit wieder erkaufte. Wie der gräfliche Herr seinen Finanzen durch das Lösegeld aufhelfen wollte, so auch suchten die auf Lohra angesessenen Burgvögte ihre leere Kasse auf eigene Faust durch Wegelagern wieder zu füllen, und das war um so leichter möglich, als die Herrschaft gewöhnlich auf dem entfernten Schlosse Hohnstein oder Clettenberg Hof hielt, mithin die Lohraische Besatzung in der Regel freien Paß hatte. Am Sonntag, am 22. Januar 1441 ritt der Nordhäusische Stadthauptmann B. von Westernhagen mit Christian Queckborn, Karl und Thiele Haferung und anderen Bürgerssöhnen aus, um eine Bram von Bleicherode zu holen. Nun hatte Kurt von Alten, der junge Haus von Schwichelde mit ihren Knechten, 30 an der Zahl, ferner der Marschall des Grafen Heinrich von Hohnstein und Heinrich von Stockhausen vor der Burg Lohra 4 Tage und 3 Nächte gelegen, nachdem sie schon 2 Tage zu Clettenberg gewesen. Diese überfielen die Nordhäuser zwischen Ober- und Mitteldorf und jagten sie nach Mitteldorf, wo die Verfolgten auf den geweihten Kirchhof flüchteten. Hier töteten jene Karl von Haferungen, nahmen den Jungen des Hauptmanns gefangen und erbeuteten 5 Pferde. Dagegen erschossen der Hauptmann und die Seinigen den jungen Hans von Schwichelde und einen Knecht und verwundeten mehrere. Dieser Angriff geschah ohne Absagebrief, obgleich Nordhausen mit den Grafen von Hohnstein in Friede und Bündnis lebte. Also 30 Reiter treiben sich Tage und Nächte lang zwischen Lohra und Clettenberg spähend und lauernd umher, bis sie die Gesuchten finden. Der Beutezug bringt ihnen 5 Pferde ein, wenn nicht klingende Münze und wertvolle Schmucksachen hinzukommen, ein sehr bescheidenes Resultat. Die Getöteten und Verwundeten muß man notgedrungen mit in den Kauf nehmen. Treffender als durch diesen Ueberfall kann die Roheit und Zügellosigkeit jener Zeit nicht charakterisiert werden. Der Hohnsteinsche Vogt Caspar Reiche auf Lohra griff 1482 den aus Nordhausen gebürtigen Juden Nüsse unterwegs auf, brandschatzte ihn und warf ihn obendrein noch ins Burgverließ. Der Rat der Stadt Nordhausen aber wandte sich beschwerdeführend an den Kurfürsten Ernst von Sachsen, und der Vogt mußte dem Juden sein Geld zurückgeben. Die Mehrzahl der Hohnsreiner Grafen residierte in Clettenberg, weil das dortige Schloß geräumig und bequem war; aber nicht wenige zogen die romantisch gelegene Burg Lohra als Wohnsitz vor, die zwar weniger Raum bot und wegen ihrer hohen und abgelegenen Lage mancherlei Unbequemlichkeiten aufwies, aber durch eine herrliche Aussicht und durch die Schönheit der nahen Buchenwälder vor Clettenberg bevorzugt war. Wahrscheinlich waren es eifrige Jäger, die hier oben ihren Wohnsitz nahmen, denn die nahe Wildbahn auf der Hainleite galt für das beste Jagdrevier in der Grafschaft. So bewohnte Ernst I V. die Burg, die er auch seiner Gemahlin Margaretha von Reuß 1480 als Leibgedinge verschrieb. Am 12. Januar 1499 feierte er die Hochzeit .seiner Tochter Magdalena mit Graf Heinrich XXXVI. von Schwarzburg auf dem Schlosse. Sein Sohn Johann, der unter Herzog Georg dem Bärtigen den Feldzug in Friesland mitgemacht hatte, wurde bei der Belagerung von Groningen durch einen vergifteten Pfeil verwundet und verstarb infolge dessen am 19. Dezember 1514 auf Lohra. Graf Volkmar Wolf residierte meist auf der Burg wie auch sein Sohn Graf Ernst VII. Als dieser im Mai 1593 auf dem Schlosse Lohra erkrankte, ließ er sich ins Kloster Walkenried bringen, wo er am 8. Juli 1593 gestorben und begraben ist. Mit dem 31jährigen jungen Herrn ist das glorreiche Geschlecht der Grafen von Hohnstein ausgestorben, nachdem es an 400 Jahre lang in Segen regiert hatte. Sofort nach Graf Ernsts Tode nahm Herzog Heinrich Julius von Braunschweig, als Lehnsherr der Grafschaft Hvhnstein, das Erbe mit Gewalt in Besitz und entzog es den rechtmäßigen Erben, den Grasen von Schwarzburg und Stolberg. Durch den Kanzler Jagemann und den Hauptmann Wolfgang von Honsberg ließ er außer Clettenberg auch das Schloß Lohra mit bewaffneter Hand einnehmen und die ansässigen Beamten vertreiben. Herzog Julius und sein Nachfolger Friedrich Ulrich weilten öfter auf der Burg und vergnügten sich an der Jagd auf der Hainleite. Während des 30jährigen Krieges wechselte die Burg natürlich ebenso oft ihren Herrn wie die Grafschaft. Im Laufe des Jahres 1625 rückten die ersten ligistischen Truppen in die Gegend und besetzten Lohra. Da aber die Burg einem ernsten Angriff nicht gewachsen war, ließ Tilly sie mit Wall und Graben umziehen, ihre Mauern ausbessern, eine Zugbrücke und an der südwestlichen Seite ein Außenwerk anlegen. Im folgenden Jahre besetzte sie der Wullensteinsche Oberst Fabre du Four vom 5. Oktober bis 5. Dezember. Indessen wurde von dem Regimente des Obersten, das aus 600 Kürassieren und 400 leichten Reitern bestand, nur eine Kompagnie aus das Schloß gelegt, die übrigen quartierten sich im Wippertale ein. Hatte das Schloß auch nur geringen militärischen Wert, so war es doch sehr gut geeignet, die umliegende Landschaft im Zaume zu halten, sowie auch von hier aus allerhand Lebensmittel und Fourage zu erpressen. Als aber die Schweden nach dem Siege bei Breitenfeld sich dem nördlichen Thüringen näherten, verließen die Kaiserlichen die Burg und zerstörten bei ihrem Abzüge alle Verteidigungswerke, die jedoch von den Schweden wieder hergestellt wurden, nachdem sie von Erfurt aus die Burg in Besitz genommen halten. Im Frühling des Jahres 1636 bemächtigte sich der Kaiserliche Oberst Philipp Kratz der Burg auf hinterlistige Weise. Unter dem Vorgeben sie zu besichtigen, wurde er von dem schwedischen Kommandanten eingelassen und freundlich ausgenommen. Als er sich aber von dem Schweden auf der Zugbrücke verabschieden wollte und lebhaft auf ihn einsprach, drangen seine Soldaten, die im nahen Gehölz versteckt waren, plötzlich hervor und bemächtigten sich der Burg. Damit war Lohra wieder an die Kaflerlichen gekommen. Nachdem jedoch Bannör abermals die Oberhand gewonnen hatte, wurde Lohra 1639 von den Schweden durch Akkord wieder eingenommen, später abermals verloren und vom Juli 1643 an durch bischöfliche Söldner bis zum Friedensschlüsse besetzt. Von den Grasen von Sayn-Wittgenstein, welche die Grafschaft Hohnstein von Brandenburg als Mannlehen erhalten hatten, haben Johann und dessen Sohn Ludwig Christian sich oft auf der Burg Lohra aufgehalten; ihre eigentliche Residenz war indessen das neuerbaute Herrenhaus in Clettenberg. Ein unverhältnismäßig großer Aufwand stürzte die Grafen so in Schulden, daß schließlich bald sämtliche Armier der Grafschaft verpfändet waren, so Lohra vom Jahre 1679 an Hildebrand Anton von Hardenberg. Von diesem ging die Pfandschaft am 10. Dezember 1701 auf Graf Anton Günther von Schwarzburg über, der sie aber nach Jahresfrist an König Friedrich I. abtrat. Lohra wurde nun in eine Königliche Domäne umgewandelt und ist es bis heute geblieben. — Ueberschreiten wir die steinerne Brücke, so gelangen wir unter das Torhalls, das früher von einem steinernen Tore gekrönt war. Im Jahre 1733 richtete man eine Wohnung für den Justitiarius und später das Amtsgesängnis darin ein. Der innere Burghof ist nur von bescheidenem Umfange, aber recht stimmungsvoll und charakteristisch. Die beste Zierde desselben ist der etwa 30 m hohe Bergfried, der jedoch wegen Baufälligkeit bis auf die Hälfte abgebrochen worden ist. Er ist der ursprünglichste Teil der Burg und zeigt eine bemerkenswerte Technik in seiner Mauerung, deren Ursprung in Italien zu suchen ist. Die Ausfüllung der 3½ m dicken Mauern ist nicht, wie später gebräuchlich, ein regelloses Gemenge von Steinbrocken und Mörtel, sondern eine regelmäßige Folge von abwechselnd nach links und rechts geneigten Schichten aus Bruchsteinen, die wie die Blüten an einer Aehre oder wie die Gräten an einem Heringe lagern und daher Aehren- oder Heringsgrätenverband genannt wird. Nach der Sage, die sich hier an jeden Winkel haftet, soll der letzte Graf in einem silbernen Sarge im Turme beigesetzt sein. Doch das architektonisch bemerkenswerteste Gebäude der Burg ist eine Doppelkapelle, wie man sie ähnlich im Kaiserhause zu Goslar sieht. Sie gehört der romantischen Bauperiode an und diente in ihrem unrern Teile den Dienstleuten als Aufenthaltsort beim Gottesdienste, während der obere der Herrschaft Vorbehalten blieb. Noch gegenwärtig hält der Pfarrer von Großwenden zweimal im Monat Gottesdienst darin ab. Hinter der Kapelle befind, t sich die alte Münze, in der die Grafen ihre Münzen prägen ließen. Leider sind von den interessanten Geldstücken nur wenige auf uns gekommen und diese sind noch in einzelnen Sammlungen zerstreut. Die noch bewohnten Gebäude ruhen auf sehr alten Quadergrundmauern, der Oberbau entstammt dem 16. Jahrhundert. Im oberen Stockwerk befindet sich der „Riesensaal", der jetzt in eine Reihe kleinerer Räume abgeteilt ist und wahrscheinlich dem Könige Friedrich Wilhelm I., der die Burg 1722 besuchte, als Wohuraum diente. Auf der westlichen Seite des Burghofes war der tiefe Brunnen, den man vor alters in den Fels gehauen hatte und aus dem man das Wasser mittels eines Rades nach oben brachte. In der Zeit aber, in der Herr von Hardenberg Besitzer der Domaine war, verstechte der Brunnen und man sah sich gezwungen, das für Menschen und Vieh nötige Wasser auf Eseln den hohen Berg hinaufzuschaffen. Dieser Weg, der zugleich von der westlichen Seite her den Zugang zum Schlosse bildet, heißt noch heute der Eselsstieg. Jetzt wird das Wasser durch ein Druckwerk in Küche und Ställe geleitet. Auf der südlichen Seite, von wo die alte Burg den schönsten Anblick gewährt, befindet sich der Garten, in welchem der Eingang zu einem unterirdischen Gange gezeigt wird, der nach Münchenlohra geführt haben soll. Tatsächlich hat man später in der Kleinwendischen Flur einen mit Steinplatten bedeckten Gang aufgefunden. Die Burg Lohra ist von einer hohen Ringmauer umgeben; nur auf der Ostseite trennt sie ein tiefer, in den Muschelkalk gebrochener Wallgraben von der Vergebene und scheidet dadurch Vorwerk und Schloß. Die Burg war durch ihre Lage auch ohne Mauern und Gräben vorzüglich als Festung geeignet. — Bevor wir von der Burg scheiden, wollen wir noch die herrliche Aussicht genießen, die sich von der Mauer aus darbietet. Zu unseren Füßen liegt das schöne Wippertal mit seinen Feldern und Auen; neben dem bewaldeten Lorenzberg erhebt sich das Königliche Salzbergwerk Bleicherode und dahinter erblickt man Dorf an Dorf inmitten grünender Obstgärten und wogender Getreidefelder. Im Hinter,runde erhebt sich der Harz mit dem gewaltigen Brocken und schließt das schöne Panorama wie mit einem Kranze von gewaltiger Ausdehnung ab. Möge die alte Grafenburg, die seit ihrem 800jährigen Bestehen Freud und Leid mit der Umgegend redlich geteilt hat, noch lange auf ihrer stolzen Höhe thronen und möge sie als ein Denkmal des romantischen Mittelalters unverändert auf Enkel und Urenkel kommen, wie sie auf uns gekommen ist! |