Torhaus am Spendekirchhof: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Torhaus dient bis 1882 dem Totengräber vom dahinter gelegenen [[Spendenkirchhof]] als Wohnung. In den 1950er Jahren war das Gebäude sehr baufällig, sodaß perspektivisch mit einem Abriß gerechnet wurde, und wurde notdürftig saniert. Nach Rekonstruktionsmaßnahmen im Jahr 2000 beherbergte es bis 2005 künstlerische Werkstätten, bis es in Privatbesitz gelang und seitdem als als Wohnhaus genutzt wird. | Das Torhaus dient bis 1882 dem Totengräber vom dahinter gelegenen [[Spendenkirchhof]] als Wohnung und als Pförtnerhaus. In den 1950er Jahren war das Gebäude sehr baufällig, sodaß perspektivisch mit einem Abriß gerechnet wurde, und wurde notdürftig saniert. Nach Rekonstruktionsmaßnahmen im Jahr 2000 beherbergte es bis 2005 künstlerische Werkstätten, bis es in Privatbesitz gelang und seitdem als als Wohnhaus genutzt wird. | ||
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* Hermann Weidhaas: ''[[Fachwerkbauten in Nordhausen]]'' (= ''Schriftenreihe des Forschungsinstituts für Theorie und Geschichte der Baukunst''). Berlin: Henschel, 1955. | * Hermann Weidhaas: ''[[Fachwerkbauten in Nordhausen]]'' (= ''Schriftenreihe des Forschungsinstituts für Theorie und Geschichte der Baukunst''). Berlin: Henschel, 1955. | ||
* [[Susanne Hinsching]]: ''Das Torhaus als ehemaliger Eingang zum Spendekirchhof''. In: ''[[Jahrbuch des Landkreises Nordhausen 1996]]''. Nordhausen: Verl. Neukirchner, 1997. S. 31–35-</ref> | |||
[[Kategorie:Bauwerk]] | [[Kategorie:Bauwerk]] |
Version vom 10. November 2017, 11:36 Uhr
Das Torhaus am ehemaligen Spendekirchhof (auch Torhäuschen) in der Georgengasse 5 gehört zu den letzten Resten des Barfüßerklosters, entstand jedoch erst nach Auflösung des Klosters im Bauernkrieg, wahrscheinlich im Jahr 1667.
Geschichte
Das Torhaus dient bis 1882 dem Totengräber vom dahinter gelegenen Spendenkirchhof als Wohnung und als Pförtnerhaus. In den 1950er Jahren war das Gebäude sehr baufällig, sodaß perspektivisch mit einem Abriß gerechnet wurde, und wurde notdürftig saniert. Nach Rekonstruktionsmaßnahmen im Jahr 2000 beherbergte es bis 2005 künstlerische Werkstätten, bis es in Privatbesitz gelang und seitdem als als Wohnhaus genutzt wird.
Beschreibung
Das Torhaus ist ein querrechteckiger eingeschossiger Bau mit Satteldach, zwei Giebeln und stadtseitig einem Zwerchhaus, dessen Sattel den Hauptsattel etwas überragt und einen verhältnismäßig reich gestalteten, in zwei leichte Vorkragungen ausladenden Giebel hat. Unter diesem befindet sich die Durchfahrt, wobei, als der Spendekirchhof belegt wurde, die Särge dorthin nicht gefahren, sondern getragen wurden. Die Fachwerkwände ruhen auf einem Bruchsteinsockel, der mehrfach mit Ziegeln geflickt ist und dessen Oberkante jetzt stellenweise niedriger liegt als das Gelände. Im Untergeschoß befinden sich westlich von der Durchfahrt zwei Räume, von denen der nördliche eine bescheidene gewendelte Stiege nach oben und einen windfangartigen Vorplatz gegen die Durchfahrt hat, östlich ein Abstellraum. Die Schornsteinanlagen - eine am Westgiebel, eine an der Scheidewand von Durchfahrt und Abstellraum - scheinen nicht ursprünglich zu sein. Im Obergeschoß erhalten die in das Dach hineingebauten Räume Licht aus den Giebeln und einer nördlichen Mittelgaupe. Es sind drei Räume, in ihrer Bundteilung der unteren Anordnung entsprechend, jedoch so, daß die von unten austretende Stiege vom westlichen Dachraum durch eine Wand getrennt ist und in einem kleinen quadratischen Vorplatz endet. Der östliche Dachraum ist nur über eine Einsteigeluke im Ostgiebel neben einem modernen Anbau zugänglich. Der gesamte Innenausbau hält sich, abgesehen von einem schön profilierten querlaufenden Unterzug in der Durchfahrt, in äußerst bescheidenen Ansprüchen und dürfte nicht ursprünglich sein.
Die Wände der Flügelbauten zeigen das Fachwerk in einer recht neuzeitlich wirkenden, aber primitiven Ausführung. Das Fachwerk des Zwerchhauses hingegen erscheint in der für das 17. Jahrhundert charakteristischen, südmittel- und westdeutschen Vorbildern folgenden Entwicklungsphase. Die Hauptschauseite, die südliche, hat im Erdgeschoß außer besonderen Gewändeständern für die Durchfahrt westlich fünf und östlich vier Ständer auf je einer Schwelle. Die Schwelle im Ostteil liegt auf einer Ziegelrollschicht auf. Der vierte Ständer von Osten und die Gewändeständer stehen auf der Sockelmauer. Im Westen ist die Wand von zwei Fenstern durchbrochen. Ursprünglich waren hier wie noch jetzt im Ostteil wohl zwei Riegelzonen vorhanden. Von dieser Verriegelung zeigt sich im Westteil aber nur in den Brustriegeln der zwei Fenster ein Rest. Nach Spuren von Streben im fünften Ständer vom Westen zu urteilen, ist das Fachwerk hier ursprünglich etwas anders durchgebildet gewesen als im Ostteil. Jetzt sind im Westteil als Ersatz der älteren Verstrebung symmetrisch zueinander im westlichen und im vorletzten Gefache zwei kurze Fußbänder vorhanden, die aber wegen ihrer ungenügenden Länge aus dem Verband geraten sind. Im östlichen Teil erscheinen nur zwei symmetrische Kopfbänder. Das Rähm geht durch die ganze Gebäudelänge. An den Ständern sind Störungen und Veränderungen zu beobachten, der östlichste reicht nicht mehr bis unten und steht kaum noch im Verband. Die Durchfahrt ist durch ein besonderes Sturzholz unter dem Rähm und zwei mit Versatz angeschlossene Kopfbänder gebildet. Die drei Holzteile sind zu einem rundlichen Korbbogen ausgesägt und bilden mit den zugehörigen Ständern das Gewände für eine zweiflügelige Brettertür, die ihrerseits eine Fußgängeröffnung freiläßt. Oberhalb des Rähms treten zwischen leicht profilierten Füllbrettern über den Ständern Sparrenköpfe vor und über der Durchfahrt vier Balkenköpfe. Auf diesen, die zwischen sich ausgekehlte Füllhölzer haben, liegt das profilierte Schwellholz des Zwerchgiebels. Dieser ist durch zwei Außen- und zwei Mittelständer vertikal und bis zur Grundlinie des abermals vorspringenden Giebeldreiecks durch eine Riegelzone und ein Rähm quergeteilt. Die Mittelständer rahmen ein Fenster und unterhalb der Riegelzone links und rechts je ein Netzwerk aus Parallelogramm und Andreaskreuz, gebildet von fußbandartigen Hölzern, während in der Mitte unter dem Fenster ein Parallelogramm erscheint.
Oberhalb des Rähms kommen die vier Balkenköpfe des Spitzbodens über der Giebelstube hervor und leicht vorkragend darüber die Schwelle des Giebeldreiecks mit Sparren, Aufschieblingen, zwei kurzen Ständern bis zur Höhe eines Kehlbalkens und einem aus zwei verschobenen Andreaskreuzen gebildeten Netzwerk unter der Giebelspitze. Zwischen Kehlbalken, Mittelständern und Giebelschwelle ist ein ähnliches Parallelogramm wie unter dem Fenster eingefügt. Die das Fenster rahmenden Ständer stehen leicht vor der Wandfläche und bilden mithin eine sogenannte Erkerung, die ihrerseits an die Vorkragung des Giebeldreiecks stößt.
Die entsprechende friedhofsseitige Langwand (Nordwand) hat gleiche Ständerzahlen wie die stadtseitige. Der östliche Teil zeigt größere Streben im ersten und dritten Feld, im zweiten eine Tür, um derentwillen die Schwelle unterbrochen ist. Im westlichsten (ersten) und dritten Feld des Westteils sind nur kurze Fußbänder vorhanden, im westlichsten überdies ein Hilfsstiel. Eine vergitterte Öffnung ist sicher erst in neuerer Zeit durch die Stakung gebrochen. Die Durchfahrt, wegen des ansteigenden Geländes etwas niedriger als am stadtseitigen Eingang, überdies ohne Türflügel, hat nur eine einfache Konstruktion aus den entsprechenden Ständern, die hier zugleich Wandhölzer sind, einem Sturzholz v unter dem Rähm und zwei einfachen Kopfbändern. Die Sparrenköpfe erscheinen über den Ständern.
Die ganze Giebelkonstruktion mitsamt den westlichsten Gefachen an der Nord- und Südseite macht den Eindruck, als ob es sich hier um einen Erweiterungsbau des ursprünglich ganz symmetrisch angelegten Gebäudes handele. Dieser Beobachtung widerspricht aber, daß die Rähme und Schwellen entweder die ganze Hauslänge durchlaufen oder an Stellen gestoßen sind, die meistens mit vermuteten Anbauten keinen ursächlichen Zusammenhang haben können. Die jetzige Durchführung des Westteils mit seinem Giebel kann weitgehend erneuert sein. Ursprünglich muß übrigens an den Ost- und Westgiebel die Friedhofsmauer angeschlossen haben.
Die Dachflächen sind mit s-förmigen Pfannen gedeckt. Im Norden tritt in der Achse der Durchfahrt die erwähnte viereckige Gaupe hervor. Die Schornsteinköpfe sind verputzt. Die Gefache sind ausgestakt, wobei die Füllung stellenweise neuert ist. Konstruktionshölzer sind an dem Torhäuschen in auffallend großer Zahl neu wendet worden. Mitunter sind an jetzt als Riegel eingebauten Hölzern Stakungsnuter zustellen. Sie waren mithin vormals Ständer und dann also wohl länger in der Dime als jetzt. Ein spätgotisch gezierter Balken mit Schiffskehlenprofil steht als Strebe in der westlichen Innenwand der Durchfahrt.
Es ist nicht geklärt, ob der mittlere Unterzug mit seinen gotischen Formen aus einem älteren Bauwerk übernommen ist oder ob der Kernbau einmal schon um etwa 1550 vorhanden gewesen, später mit dem Giebelaufbau versehen und dann im Zuge der vermuteten Restaurationen durch das jetzige Gefüge ersetzt worden ist. Die Bauentwicklung fällt, die dem Kernbau sein heutiges Aussehen gegeben hat, in Zeiten, wo man dem Gebäude nicht mehr die gleiche Bedeutung zumaß und die gleiche Liebe und gestalterische Sorgfalt widmete wie zur Zeit der Errichtung des Zwerchhauses, wo also womöglich auch der Friedhof schon nicht mehr belegt wurde.
Für die absolute Datierung stand alten Nachrichten in früheren Zeiten eine im Innern an getroffene Inschrift mit der Jahreszahl 1667 zur Verfügung. Am Sturz des Durchfahrtsbogens auf der Stadtseite ist zu lesen: GEORG SCHUSTOCK 16 (hinter der 16 wäre noch Platz für eine Ergänzung zu einer vierstelligen Ziffer). Stilistisch würde das Jahr 1667 für das Zwerchhaus gut zutreffen, während die Profilierung des Unterzuges in der Durchfahrt noch einen spätgotischen Charakter hat.
Literatur
- Hermann Weidhaas: Fachwerkbauten in Nordhausen (= Schriftenreihe des Forschungsinstituts für Theorie und Geschichte der Baukunst). Berlin: Henschel, 1955.
- Susanne Hinsching: Das Torhaus als ehemaliger Eingang zum Spendekirchhof. In: Jahrbuch des Landkreises Nordhausen 1996. Nordhausen: Verl. Neukirchner, 1997. S. 31–35-</ref>