Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803: Unterschied zwischen den Versionen

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=== a) Die Kriegsbehörden ===
=== a) Die Kriegsbehörden ===
Der Stadtstaat Nordhausen entwickelt entsprechend dieser
Vielgestalt der Kriegsmacht Kriegsbehörden.
Die oberste Kriegsbehörde für das gesamte Kriegswesen ist
zu allen Zeiten der Rat. Er erläßt Wachvorschriften, bestimmt
die Musterung der Bürger, beschließt über Anschaffung von
Kriegsmaterial. Er nimmt Söldner an, erläßt Kriegsartikel. Beschränkt
ist seine Macht in der Entscheidung über Krieg und
Frieden. Er muß dazu das ganze Volk befragen10). Im siebzehnten
und achtzehnten Jahrhundert leisten die Offiziere und der
Fähnrich vor dem sitzenden Rat den Treueid. Vor demselben
Rat schwören die Büchsenmeister im siebzehnten Jahrhundert:
„Das ich dem Rathe und Gemeinheit der Stad Northausen trawlich
dinen, Wie ein redlicher Buchsenmeister thun sol - und
der Stad mit Pulvermachen trawlich und wol vorwaren - Und
was ich an Pulver mit Geschütz und Furrath bey der Stad unterricht
werde und finde, das ich das nymermehr, weil ich lobe,
keinen Menschen ausgeschlossen, dem Rath vormelden wil trawlich
und eigentlich, Wil mich auch bey meynem Sold genüge
lassen, Man wolt mir den vorgutt Willen zulegen . . .
Die Söldner als ständige kleine Kampftruppe unterstehen dem
Rat, keiner Sonderbehörde. Die beiden regierenden Bürgermeister
haben die Befehls- und Strafgewalt. 1443 rief der
Bürgermeister Oveckborn den Hauptmann Ulrich von der Nesse
mit seinen Leuten in die Stadt, um ihm Befehle für sein Verhalten
im Kampf gegen die Herzoge Otto, Heinrich und Ernst
von Braunschweig zu geben12). 1482 entfernte sich der Stadthauptmann
Seifert von Bülzingsleben mit drei Söldnern gegen den Befehl der Bürgermeister aus der Stadt. Die Bürgermeister
verlangten die sofortige Rückkehr. Da er nicht erschien, entließ
der Rat diesen Stadthauptmann.
Der gesamte Rat bestimmt und ernennt die Offiziere der
Miliz. Er ordnet die Abgrenzung der Stadtbezirke für die militärische
Gliederung der Bürgerschaft. Er bestätigt die Wahl
der Schützenmeister der Schützenbrüderschaft.
Der Eintritt in die befestigte Stadt ist in Zweifelsfällen nur
mit Erlaubnis des regierenden Bürgermeisters gestattet. In
außergewöhnlichen Fällen tritt der Rat zusammen. So versammelt
sich 1551 der Rat und lehnt den Einlaß sächsischer
Truppen ab10). 1717 erläßt der Rat ein Edikt für die Wachen
an den Toren und Pforten. „E. Wohledler Magistrat ernster
Befehl“ heißt es, „daß die Wachen an Thoren und Pforten . . .
sowohl auf bevorstehendem Jahrmarkt, als nachher jedesmahl
auf die Frembden und Durchreisenden fleißige Acht haben,
solche umständlich examiniren und befragen, die Pässe und
Kundschaften zur Untersuchung in denen Thoren und Pforten
abfordern, und nach Befinden dem regierenden Bürgermeister,
einreichen . . .“
Für das übrige städtische Kriegswesen entstehen eine Anzahl
von Sonderbehörden. Sie werden ehrenamtlich von zwei bis
vier Ratsherren geleitet. Die wichtigste Behörde ist das Pfeilamt.
Ihm untersteht die Verwaltung des gesamten bürgerlichen
Kriegswesens. Nachzuweisen ist dieses Amt seit 1470. Es
reicht in seinen Anfängen bis ins vierzehnte Jahrhundert zurück.
Für die Stadtbefestigungen besteht ein Bauamt seit der
Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. Am Ende des siebzehnten
Jahrhunderts entwickelt sich das Wachtamt aus der Kämmerei.
Es sorgt für die Erhaltung der Stadtkompagnie durch die Einnahme
des bürgerlichen Wachtgeldes. Der Ältestenrat, der seit 1375 besteht, überwacht alle Behörden des Stadtstaates und das
gesamte städtische Kriegswesen. Seine Bedeutung entspricht der
eines Kriegsrats.
Der Kriegsrat ist die den Städten vornehmlich eigene Form
der Kriegsbehörde18). Er ist im Mittelalter meistens ein für
den Notfall eingesetzter Ausschuß. Seine Mitgliederzahl ist nicht
feststehend. Sie ergibt sich aus der dem Kriegsrat gestellten
Aufgabe. 1392— 93 wurde in Straßburg ein Kriegsrat von sieben
Mitgliedern eingesetzt. 1445 wird in Basel ein Kriegsrat von
dreizehn Mitgliedern gebildet. Oft wurde der Kriegsrat nach
der Anzahl seiner Mitglieder benannt. Augsburg hatte 1372
und 1422 einen „Rat der Sieben“ . In Rottweil gab es einen
„Neuner Rat“.
Die Zusammensetzung des Kriegsrats entsprach den inneren
politischen Verhältnissen der Städte. So setzte sich in Straßburg
der „Rat der Sieben“ aus fünf Rittern, Knechten, Bürgern und
Handwerkern, einem Meister und einem Ammanmeister zusammen.
Der „Neuner Rat“ in Basel 1406 zählte den Bürgermeister,
den Oberzunftmeister, einen Ritter, zwei Achtbürger,
zwei Ratsherren von den Zünften und zwei Meister zu seinen
Mitgliedern. In Danzig bestand der Kriegsrat 1573 aus einem
Bürgermeister, drei Ratsherren, zwei Schöffen und vier Mitgliedern
der dritten Ordnung. Der Kriegsrat hatte der Stadt
einen Eid zu leisten21).
Als ständige Behörde erscheint der Kriegsrat in der Neuzeit.
In Danzig besteht von 1624 bis 1793 ein ständiger Kriegsrat22).
Der Nordhäuser Kriegsrat ist schon seit dem ausgehenden Mittelalter
als eine ständige Behörde anzusehen, da der Ältestenrat
die Funktion eines Kriegsrats dauernd üben konnte.
Der Ältestenrat ist in seiner doppelten Funktion als politische
und militärische Behörde der sichtbarste Ausdruck einer
Wechselwirkung zwischen militärischer und politischer Gestaltung
der städtischen Lebensordnung. Durch ihn wird die Art
der militärischen Führung bestimmt, die Einheit und Stärke
der militärischen Gewalt bedingt. Er ist im besonderen bei
drohenden Kriegen für den Verteidigungszustand der Stadt verantwortlich.
Dieser Forderung entspricht seine Machtbefugnis.
Sie umfaßt alle Zweige des Kriegswesens: Die Aufsicht über die
Befestigungen, die Zeughäuser und die Munition, die Besetzung
der Tore und Mauern, „da sich ein jeder vorkommendenfalls
zu finden lassen hat“ , hieß es 1622.
Mitglieder des Ältestenrats waren die Bürgermeister und die
Viermänner. Seine Struktur macht es wahrscheinlich, daß er
die kunktion eines Kriegsrats schon im vierzehnten und fünfzehnten
Jahrhundert ausübte. Nachzuweisen ist sie erst für den
Anfang des siebzehnten Jahrhunderts. Am Beginn des Dreißigjährigen
Krieges lag die Rüstung der Stadt in den Händen des
Ältestenrats. Am 14. April 1619 heißt es, „haben die Herren
Ehesten beschlossen zu bestellen:
#einen Lieutenant,
#die gekorne Kriegsleute in den Handwerken zu fordern,
#nach dem Zeugmeister zu Cassel zu schreiben, der die Geschütze fassen soll.
#Bley und Pulver zu kauffen,
#öffentlich anzuschlagen, daß ein jeder sich einheimisch halten soll,
#30 Soldaten unter den Bürgern zu werben,
#die Rüstung zu schaffen“.
Es liegt nahe bei der Bedeutung des Kriegsrats für das Kriegswesen
der Stadt und dem Mangel an Überlieferung in Nordhausen,
einen Blick auf die Nachbarstadt Mühlhausen zu tun.
Die wichtigste Kriegsbehörde war in Mühlhausen im siebzehnten
Jahrhundert das Kriegsamt27). Ihm unterstand das gesamte,
städtische Kriegswesen. Die Leitung lag in den Händen der vier
Kriegsmeister. Ihre Pflichten waren:
#Bei Durchzügen und Einquartierungen Aufsicht und Verhandlungen im Namen der Stadt zu führen;
#Den städtischen Kontingenten zur Reichs- und Kreishilfe als Kriegskommissare zu dienen;
#Tag und Nacht die Wachen zu überprüfen:
#Die Stadtsoldaten anzunehmen und zu entlassen, die militärische Strafgewalt auszuüben;
#Den Bürgerausschuß einzuberufen, die Bürgeroffiziere zu ernennen, Besichtigungen und Waffenübungen anzusetzen;
#Bei Tumult und Aufruhr mit der Militärmacht die Ruhe
wiederherzustellen.
Zur Erfüllung ihrer Pflichten standen den Kriegsmeistern
drei bis acht Kriegskommissare zur Seite. Diese bildeten zusammen
das Kriegsamt. Die Beschlüsse des Kriegsamts mußten
den „Senioribus“ zur Begutachtung vorgetragen werden. Damit
war die Einheit der politischen und militärischen Führung gesichert.
Die Durchführung der Beschlüsse lag in der Hand des Kriegsamts. Den Vorsitz im „Consilio militarii“ führten die
Kriegsmeister. Die militärischen Strafen wurden in gemeinsamer
Sitzung beschlossen. „Am 21. März 1620“ , berichtet das
Kriegsamtsbuch, „sindt von den Krigsherrn ettliche Bürger vom
Ausschuß vndt Soldaten in Straff genommen, Vmb daß sie bei
währenden Convent vnterschiedlichen die Wache negligenter
gehalten, verschlaffen vndt sonsten Verbrechung gethan.“
Die geworbenen Soldaten schwören vor dem Kriegsamt: „Ihr sollet
geloben und schwehren, daß E. E. Rath allhir ihr getreu, hold
und gewärtig seyn, dessen Nutzen und bestes suchen, Schaden
und Nachtheil aber abwenden, auch als ein redlicher Soldat zu
denken und defendirung der Stadt welcherley allen Vorfällen
worzu ihr commandiret werdet, euch gebrauchen lassen und
dabey weder Leib noch Leben scheuen, denen Befehlen denen
die Krieges- und Militair-Sachen besorgenden Herrn Bürgermeister
folge thun, denen euch Vorgesetzten Obern und Subaltern
Oficiers gehorsam und respect erweisen, in Werbungs
Sachen euch nicht einmischen, noch den Werbeoficiers Laute
bringen, noch darzu andere gebrauchen und durch diese von
denselben einige Vergeltung vor euch annehmen und bedingen
und euch in eurem Dienst treu, unverdrossen und unverdrißlich
wie solches einem Gott und ehrliebenden rechtschaffenen Soldaten
eignet und gebühret, verhalten wollet.“ Die Sitzungen
des Kriegsamts fanden den Umständen nach statt. Im ersten
Vierteljahr 1620 wurden am 3., 4., 11. Januar, dann erst wieder
am 1. und 21. März Sitzungen abgehalten. Am 3. Januar 1620
beschloß der Kriegsrat: 1. Die Dörfer verteidigungsfähig zu
machen, 2. die Wachen an den Toren strenger durchzuführen,
3. reitenden Erkundungsdienst im Stadtgebiet einzurichten,
4. einen Stadtkapitän zu werben, 5. Mäntel für den Bürgerausschuß
auszugeben, 6. Hellebarden an die Untertanen auszuteilen,
7. Musketen den Bürgern zu verkaufen, 8. Pulver, Lunten und
Blei auszugeben, 9. Einen zweiten Trommelschläger (für den
Notfall) anzunehmen.
Verwaltung und Aufsicht über das städtische Kriegswesen
waren in Mühlhausen im Kriegsamt vereint. In Nordhausen
führte der Ältestenrat die Aufsicht, die Verwaltung war dem
Pfeilamt übertragen.
Die Pfeil- oder Kriegsmeister leiteten das Pfeilamt. Ihnen
unterstanden der Marstall und die Zeughäuser. Es gehörte zu
ihrer Aufgabe, die Bürger für die Verteidigung der Stadt zu
liedern. Sie zogen mit dem Aufgebot in den Kampf. Sie führen
Rechnung über Verbleib, Verleihung oder Ausgabe von
Waffen und Pulver. Sie verteilten die Geschütze auf die Tore
und Türme der Stadt. Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert
beaufsichtigten sie auch die Verteidigungsanlagen der
Stadt. Der Rat erließ Verordnungen, nach denen sie sich zu
richten hatten. Ihnen waren die „greber“ unterstellt, die den
Stadtgraben in Ordnung hielten. Im fünfzehnten Jahrhundert
hatte der Rat verordnet: „Keynn greber sali vorthenn grabenn,
es werde yme dann vonn denn krigesmeistern beuolen.“
Im Marstall unterstanden den Kriegsmeistern der Marstallmeister,
der Futtermeister und zwei bis drei Knechte. Am
Ende des vierzehnten Jahrhunderts standen 20 bis 30 Pferde
auf dem Marstall. Darunter waren auch Pferde für die Söldner“. Das Verleihen der Pferde war deshalb an die Erlaubnis
der Befehlshaber der Miliz und der Söldner geknüpft. „Der
pferde soll man nymands“ heißt es in den Stadtgesetzen „eir
sie geystlich ader wertlichst Stands lihen, dan mit wissen vnd
voworth der zcweyer Rathsmeistere vnd Krigmeistere.“ Die
Kriegsmeister im besonderen sollten darauf achten, daß der
Futtermeister zu rechter Zeit und genügend futtert, daß die
Kämmerei Hafer einkauft und für Stroh sorgt, die Schmiede
den Pferden gute Eisen unterschlagen. Ohne Erlaubnis der Kriegsmeister durfte kein Pferdezeug erneuert oder bestellt
werden. „Die krigesmeistere“ heißt es in einer Bestimmung von
1445, „sollen vnder sich eynigk werden, das ye eyner aus ynen
des tages eyns vff dem stallen sint vnd zcusehen auch ob gebrechen
worden oder werdenn wollen, vorhuthen . . .“ Über
Kauf und Verkauf von Pferden, Neuanschaffungen usw. hatten
die Kriegsmeister jährlich Bericht zu erstatten.
Für die Aufbewahrung des Pulvers und der Geschütze standen
dem Pfeilamt mehrere Orte in der Stadt zur Verfügung. Im
fünfzehnten Jahrhundert dienten dazu das sogenannte Pfeilhaus,
die Sankt-Georgs-Kapelle und der Marstali. Seit dem 16. Jahrhundert
wurde für die Unterstadt das „Wachthaus vor dem
Vogel“ als Zeughaus benutzt. Zur Besorgung des Artilleriewesens
nahm die Stadt Büchsen- und Zeugmeister an. Sie unterstanden
dem Pfeilamt. 1484 war Hans Schugkelin bestallter
Büchsenmeister. 1619 wurde Stephan Sollstedt städtischer Büchsenmeister.
Er hat, heißt es im Ältestenratsbeschluß, „anno
1620 im Oktober 7 Falckenetstücklein uff die Axe zu bringen,
mit Rädern zu versehen, das sie im November können beschossen
werden“. Man nahm, wenn es die Not erforderte, auch
Schlosser als Büchsenmeister in Dienst. So beschlug 1619 der
Schlosser Hans Götze drei Falkonettstücke.
Die Verteilung der Waffen und Kriegsgeräte auf die Verteidigungsanlagen
der Stadt war Aufgabe des Pfeilamts. Der
größte Teil der Waffen und Kriegsgeräte lag auf den Toren
und Türmen der Stadt. 1484 lagen auf dem alten Tor 7 Steinbüchsen,
1 Karrenbüchse mit ihren Steinen, 2 Armbrüste,
1 Wippe, 16 Hakenbüchsen und übriges Kriegsgerät, auf dem inneren Töpfertor 1 kupferne Steinbüchse, 1 eiserne Steinbüchse,
13 Hakenbüchsen, 3 Armbrüste und 2 Wippen mit vielem
Kriegsgerät. Von 73 Türmen und Toren der Stadt waren
im selben Jahr 65 Verteidigungspunkte mit Waffen und Kriegsgerät
aus den Zeughäusern der Stadt belegt. Allein in den Vorstädten
lagen 1484 51 Hakenbüchsen, 57 Armbrüste und 4 Geschütze.
Auf den Türmen der Innenstadt waren im gleichen
Jahr 80 Hakenbüchsen, 48 Armbrüste und 16 Geschütze.
Auch die Geschützgießerei unterstand dem Pfeilamt. Das älteste
selbstgegossene Geschütz der Stadt stammte aus dem Jahre
1458. Es war der „Schnellundebaldedavon“ , der im Register
der Kriegsmeister als „Slange“ bezeichnet ist.
Die Verteilung der Waffen, die sogenannte „bestellunge der
thore unde thorme“ , hatten die Kriegsmeister zu bestimmen.
Sie überprüften halbjährlich alle Kriegsgeräte auf Toren und
Türmen und erstatteten dem Rat Bericht darüber42). Gleichzeitig
mußten sie die Tore und Türme selbst nachsehen. 1668
berichten sie, daß alle Tore und 10 Türme „baufällig sind.
1669 erinnern sie erneut, daß es „höchst nöthig“ sei, die Tore
auszubessern43). Nach der Besichtigung verteilten sie die Bürgerartilleristen
auf die Türme der Stadtmauer. Je nach der
Bestückung betrug die Stärke der Besatzung 2 bis 10 Bürger.
1491 waren auf den Schützenturm 4 Bürger bestellt: Hans
Bogen, Hans Kapmann, Hans Zymann und Curdt Magkenrod,
auf dem Töpfertor 10 Bürger. Auf 46 Stadttürmen waren 1491
163 Bürger zur Bedienung der Waffen bestimmt. In der Neustadt
wurden 6 Bürger zu Büchsenmeistern ernannt. Für die Geschütze in dem Büchsenhaus von Sankt Georgen waren 1491
20 Bürger bestimmt. „Volgen die zu denn büchsenn seint verordint“
heißt es im Inventarium magistrorum telorum.
Zu der Erfurtischin buchsen: Hans Knechten, Hans Roden,
Claus Palhelm,
zcue langen slangen: Heinrich Zymann, Caspar Bötticher,
zcue andern slangen: Joccof Steler, Dittrich Brun,
zcue eyner lotbuchsen: Johann Specht, Heinrich Eigesmann.
zcue eyner Steynbuchsen: Hans With, Bastian Golmann,
zcue andern Steynbuchsen: Hans Pfeffer, Heinrich Holz,
Zur dritten Steynbuchsen: Heinrich Holme, Hans Clar,
Zur virden Steynbuchsen: Steffan Bach, Hans Trische, Tile
Schröter,
Zur fünften Steynbuchsen: Heinrich Richenberg, Heinrich
Westfal.
1535 betrug die Stärke der Büchsenschützen 164, der Armbrustschützen
17545) und der Geschützbedienung 45 Köpfe.
Die Berichte des städtischen Pfeilamts über den Waffenbestand
der Stadt bestehen in den Jahren 1484 bis 1545 aus
drei Teilen. Sie umfassen:
#Die vorhandenen Waffen in den Zeughäusern und auf den Wehrtürmen;
#den Pulvervorrat in den städtischen Zeughäusern;
#die Ausbesserungen, Neuanschaffungen und Verleihungen von Waffen.
Die Berichte wurden in das „Inventarium magistrorum telorum“
eingetragen. „Desglichin sollen die pfilmeistere“ , heißt
es 1470, „ouch mit des rathis czeychin alle geschutcze vnde
gezcugk zcu yren ammechte dynen vnde gehören, ouch alle
woffen vnd geschutcze vff den thoren vnde thormen, philhusen.
muren vnde wo si daz haben, zceichene, in eyn register beschrebin,
vnde vorzceychent yren nachkomen geben, antwerten vnde
bewiesen bie der selbigen buesze.“ 1486 berichteten die
Kriegsmeister über 33 neue Armbrüste, 10 neue Hakenbüchsen.
1487 wird die Ausgabe von 3 Hakenbüchsen an Heinrich Moler und Karl Weber berichtet. Einem Knecht des Hauptmanns
waren 30 Armbrüste ausgegeben. Die Verleihung und Ausgabe
von Waffen und Kriegsgerät konnte nur mit Wissen des
Rates geschehen. In den Statuten von 1470 heißt es: „Wer ouch
des rats geschutcze, puluer, buchsen, pfile, kryge, gortel, helme
dir welcherley das were, bedorffet ane des rats loube, der gebit
zcwo margk. Treit adir nemmet er osz vomme thore addir
thorine ane des rats loube, so gebit her die selbige buesze. Thut
er ane kuntschafft vnde heymelichen, man rechent oz ome vor
dube.“
Das Pfeilamt war mit der Durchführung der Gliederung und
Überwachung des Bürgeraufgebots beauftragt. Die Kriegsmeister
waren als Leiter des Pfeilamts Befehlshaber der Miliz. Sie
zogen mit den Bürgern in den Kampf. Als die Stadt 1433 keinen
Stadthauptmann hatte, ritt der Kriegsmeister Heinrich
Wechsung auf Befehl des Rates mit 12 Söldnern aus, um „den
frunden von Halbirstat“ zu helfen. Ein Kriegsmeister führte
die bürgerliche Schlachtordnung an.
Mit der Verwaltung des Marstalls, der Zeughäuser und der
Überwachung und Leitung des Bürgeraufgebots war das Pfeilamt
neben dem Ältestenrat die wichtigste Kriegsbehörde Nordhausens.
Am Ende des 17. Jahrhunderts entstand das Wachtamt. Es
wurde von drei Ratsherren, zwei Akademikern und einem Handwerker
verwaltet. Dem Wachtamt lieferten die Einwohner das
Wacht- und Feuerwachtgeld sowie die Reichskriegssteuer ab.
Es zahlte dafür die Löhnung der Stadtsoldaten, die Waffenausbesserungen
und die Kosten der Uniformierung. Das Wachtamt
konnte gegen die Aufnahme eines Stadtsoldaten den Einwohner
vom Wachtgeld befreien. 1736 nahm Gottfried Ehrenfurt den Musketier Frankenstein auf und wurde dafür vom Wachtgeld
befreit. Am 1. Juli 1736 erhielt ein Bürger folgenden „Quartierzettel“: „Johann Christian Tolle logiret den Stadtsoldaten
Baumler und hat gegen Vorzeigung dieses monatlich zgl. Freyheit
an Wache Gelder, dato an Nordhausen den 1 ten Julii
1736.“ Das Wachtamt bestand bis zum Ende der Reichsfreiheit
Nordhausens.
Die einzelnen Kriegsbehörden der Stadt besitzen keine Selbständigkeit.
Sie sind im wesentlichen ausführende Organe des
Rates. Sie unterstehen alle unmittelbar dem gesamten Rate.
Auch der Ältestenrat konnte wichtige Entscheidungen nur mit
der Zustimmung des Rates treffen. Seine Stellung als Kriegsrat
betreffend, hatten die Mitglieder zu schwören, „ . . . daß ich
auch der Stadt Geschütze und Wehren ohne Vorbewußt und
Einwilligunge der andern Räthe nicht verleihen wolle, das
schwöre ich . . .“  Die Mitglieder der Kriegsbehörden gehören
gleichzeitig dem Rat ah. Es besteht daher in den Kriegsbehörden
eine enge Verbindung der Stadt- und Kriegsverfassung. Das
Fortbestehen der gleichen Kriegsbehörden durch Jahrhunderte
zeugt für ihre Bewährung. Ein Versagen wird von keiner
Behörde überliefert.


=== b) Aufbringung und Gliederung der bewaffneten Macht ===
=== b) Aufbringung und Gliederung der bewaffneten Macht ===

Version vom 19. Juli 2016, 15:03 Uhr

Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803
Reihe Schriften der kriegsgeschichtlichen Abteilung im historischen Seminar der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin
Band-Nr. 25
Autor Gerhard Meissner
Herausgeber Walter Elze
Verlag Berlin : Junker & Dünnhaupt,
Erscheinungsjahr 1939
Umfang 106 Seiten
Preis 4,80 ℛℳ
Stand: 21. Juni 2016

Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803 von Gerhard Meissner erschien 1939 als Heft 25 in der Seminar-Reihe der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin.

Zitat In umsichtiger Weise schildert Meissner auf Grund der Akten des Nordhäuser Stadtarchivs das Befestigungswesen, die Wehrverfassung und endlich die militärischen Bündnisse und Verträge der Reichsstadt, ohne sich auf die Nordhäuser Verhältnisse zu beschränken. Vor allem das Kriegswesen der benachbarten Reichsstadt Mühlhausen, deren Archiv gleichfalls benutzt wurde, wird ständig zum Vergleich herangezogen. In den Grundlinien ist die Wehrverfassung der Stadt in dem halben Jahrtausend städtischer Reichsfreiheit unverändert geblieben, sie stützte sich vor allem auf die Wehrpflicht der Bürger, wenngleich zunehmend geworbene Söldner neben das Bürgeraufgebot traten. Doch der letzte Abschnitt zeigt, wie sich die politische Stellung der Stadt in dieser Zeit entscheidend änderte. Übertraf im Mittelalter die Stadt die benachbarten Herren an politischem Gewicht oder kam ihnen doch gleich, so daß sie wirkliche Bündnisverträge mit ihnen schließen konnte, so wurden ihr vom späten 15. Jahrhundert ab zuerst von Sachsen, dann von Preußen Schutzverträge aufgezwungen, die die politische Selbständigkeit der Stadt weitgehend beeinträchtigten und sie zu Kriegshilfe für fremde Zwecke verpflichteten. Einige Akten sind anhangsweise abgedruckt. Da der Verfasser mitteilt, daß er neben der Arbeit den 2. Band des Nordhäuser Urkundenbuehs fertiggestellt habe, ist zu hoffen, daß er für dies Urkundenbuch wenigstens die üblichen Grundsätze für die Textgestaltung verwendet, die er in seiner Arbeit nicht zu kennen scheint. Die Texte werden buchstabengetreu abgedruckt. Zitat
                    — Franz Günther in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde (N.F. Dreiunddreissigster Band (1939), Seite 545-546.
Editionsrichtlinien:
  • Der Text enthält keine Fußnoten. Das Digitalisat ist hingegen vollständig.
  • Der Text wurde teilweise Korrektur gelesen und spiegelt somit keinen endgültigen Bearbeitungsstand wider.

Vorwort

In der vorliegenden Arbeit wird erstmalig versucht, das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen zusammenfassend darzustellen. Es kam dem Verfasser darauf an, einen Begriff von dem Wesen, dem Sinn und der Eigenart des Nordhäuser Kriegswesens zu gewinnen. Es sollten Entwicklung, Aufbau und Veränderung der Kriegseinrichtungen gezeigt, die Stadtgeschichte von den Kriegseinrichtungen her beleuchtet und die Wirkung der bewaffneten Macht auf die Bündnisse und Verträge dargelegt werden. Daher wurde soweit überhaupt möglich das gesamte Kriegswesen in die Untersuchung mit einbezogen. Es ergab sich daraus Auswahl und Auswertung der Quellen, Anlage und Aufbau der Arbeit:

Der zeitliche Rahmen der Arbeit vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts bis zum Jahre 1803 war durch die geschichtliche Entwicklung Nordhausens gegeben, das in diesem Zeitraum Reichsstadt war. Es blieb die Zeit vor dem Privileg Rudolfs von Habsburg vom 1. November 1290), das im wesentlichen die reichsfreie Stellung Nordhausens begründete, unberücksichtigt, da ausschließlich das von Rat und Bürgerschaft bestimmte Kriegswesen dargestellt werden sollte. Der zeitliche Abschluß der Arbeit war durch das Ende der Reichsfreiheit Nordhausens am 25. Februar 1803 gegeben.

Die Gliederung der Arbeit geschah nach sachlichen Gesichtspunkten. Sie boten die Möglichkeit, Entwicklung und Wandlung des städtischen Kriegswesens überhaupt vom Mittel-alter bis in die Neuzeit mit aller Deutlichkeit und Klarheit aufzuzeigen. Nordhausen galt als Musterbeispiel, doch wurde vielfach auf die Verhältnisse anderer Städte, im besonderen Mühlhausens in Thüringen, verwiesen. Es ergab sich so eine klare Herausstellung von Eigenartigem und Allgemeinem. Die Arbeit dient damit sowohl der Lokalgeschichtsforschung, als auch der allgemeinen Erforschung des Stadtkriegswesens.

Die Quellen zur vorliegenden Untersuchung sind nur zum geringeren Teil veröffentlicht. Es war daher ein eingehendes unmittelbares Quellenstudium in den Stadtarchiven von Nordhausen und Mühlhausen notwendig. Für die gewährte Unterstützung bei der Forschung in den Archiven sage ich den Herren Stadtarchivaren Dr. F. Stolberg und Dr. E. Brinkmann meinen Dank.

Aus der Arbeit im Stadtarchiv Nordhausen und aus der Notwendigkeit, einen großen Teil der Urkunden durchzusehen, entstand als zweite Arbeit das „Nordhäuser Urkundenbuch II“2). Eine große Anzahl von Urkunden kann daraus als Ergänzung für die Darstellung des Kriegswesens der Stadt Nordhausen dienen.

Zu den wichtigsten Quellen der Arbeit gehören die Nordhäuser Statuten von 1280-1290, 1308, 1350 und 1470 (Qu. Nr. 63), das „Rauhe Buch“ (Qu. Nr. 32), das Inventarium magistrorum telorum (Qu. Nr. 6) und Lessers Historische Nachrichten (Lit. Nr. 46).

Die Beilagen zur Arbeit sind im besonderen als Ergänzung der Darstellung der Wehrverfassung gedacht, in der auch der Schwerpunkt der Arbeit liegt.

*

Zum Schluß sei mir gestattet, denen zu danken, die durch Anregung und Förderung die vorliegende Arbeit mit Rat und Tat unterstützt haben. Vor allem schulde ich Dank den Herren Professoren Dr. W. Elze und Dr. R. Holtzmann, den Referenten der Arbeit. Mein weiterer Dank gebührt der Stadtverwaltung von Nordhausen, die durch großzügige Unterstützung die Herausgabe der Arbeit ermöglichte.

I. Kapitel: Das Befestigungswesen

Die Befestigung gehört zu den Grundelementen des mittelalterlichen städtischen Lebens. Sie bestimmt das Wesen der Stadt. „Die deutsche Stadt des Mittelalters“ sagt Gengier, „war in ihrer äußeren Erscheinung eine Schutzstätte wider Feindeseinfall und Befehdung, daher ihrem ureigensten Wesen nach eine wehrhafte Örtlichkeit.“)

Die Befestigungen waren Eigentum des Stadtherrn2). Seit den Karolingern, wahrscheinlich auch schon unter den Merowingern), war das Recht, Befestigungen zu errichten und zu unterhalten, anderen die Befestigungserlaubnis zu übertragen und Befestigungen, die ohne Erlaubnis errichtet worden, zu brechen, eine Funktion der Wehrhoheit des fränkischen Staates). Im zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert gelangte das Befestigungsrecht in die Hände der weltlichen und geistlichen Fürsten), und vieler Städte. In dem Kampf um das Befestigungsrecht) fand das Ringen der Städte nach Selbständigkeit und Freiheit seinen bezeichnendsten Ausdruck).

Viele Städte kamen schon im dreizehnten Jahrhundert in den Besitz des Befestigungsrechtes. So übten u. a. Köln und Worms seit der ersten Hälfte, Basel, Mühlhausen, Rostock und Straßburg seit der Mitte und Erfurt und Nordhausen seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts das Befestigungsrecht aus). In jener Zeit war die Befestigungstechnik zum Hauptbestandteil der Kriegskunst und der Besitz von Befestigungswerken fast gleichbedeutend mit politischer Macht geworden).

In Nordhausen stehen nach dem ersten erhaltenen Stadtrecht aus den achtziger Jahren des dreizehnten Jahrhunderts die Stadtbefestigungen unter der Aufsicht des Rates. „Hebet sich ein gezok in dirre stat“ heißt es Artikel 133, „swelch unsere bürgere sich vnderwunde keines tores ader tormes an der muwern . . . wer daz tete ane des rates lobe ir ieclich vnser burger gibt sechs phunt vn rumet zwei iar.“) Damit hatte die Stadt den durch die Zerstörung der Burg und die Vertreibung des Vogtes und der Reichsministerialen geschaffenen Zustand zur Besitznahme der Stadtbefestigungen benutzt).

Trotz der Rückkehr des Vogtes am Ende des Jahrhunderts beginnt Nordhausen selbständig den Neubau und die Erweiterung der Stadtmauer). 1299 tauschen „Thilomanuus de Elrich et Fridericus de Sangerhusen magistri consulum“ und die übrigen 16 „consules ciuitatis'‘ mit der Kapelle „Sancti Egidii Veteris Valve“ Land und Gebäude wegen der Erweiterung der Stadtmauer). Der Vogt hat auf die Stadtbefestigungen keinen Einfluß mehr. „Swi der stat were zubricht“, so meldet das neue Stadtrecht, „edir steine von der were werfit di git zhen Schillinge.“)

In der Stadt entsteht ein eigenes Befestigungswesen. Zur Durchführung und Aufsicht aller Befestigungsarbeiten setzt der Rat zwei Ratsherren ein1“). Sie bieten die Einwohner zum Mauerbau auf, fordern von bestimmten Dörfern und Bauern der Umgegend Fronfuhren). „Ouch sal eyn iclich besezzin rat“, heißt es im vierzehnten Jahrhundert, „vort wanne he be-stetiget wirt zcwenne man kiesen vnder on, die da vordem alle iar die da steyne vuren von den dorfern die da phiegen des iares steyne zu der stat zu vurene vnd welch besezzen rat des nicht entete vnd di zcwene nicht da zu stelten vnd hilden, daz di steyne geuort worden von disen nachgeschreben dorfern, so solde io der man in deme rate sines eygenen geldis eyne mark an di stat geben, er he von deme rate kome.“) Im vierzehnten Jahrhundert entstand eine Behörde für das Befestigungswesen: Das Bauamt. Es wurde von den Baumeistern geleitet). Zu Zeiten lag auch die Aufsicht über die Befestigungen in den Händen der Kriegsmeister19).

Die Einwohner der Stadt hatten sowohl am Mauerbau als auch an den Befestigungsanlagen in der Stadtflur zu arbeiten. Außenbefestigungen legte Nordhausen erst im fünfzehnten Jahrhundert an. Als 1464 die Honsteiner Grafen bezweifelten, daß die Stadt das Recht zur Anlage von Befestigungen außerhalb der Stadtmauer habe, konnte Nordhausen diesen Angriff auf einer Gerichtssitzung vor Herzog Wilhelm von Sachsen zurückweisen). Der Nordhäuser Bürger Hans Seher sagte aus: „Er habe nie anders gehöret, den das Northusen einen eigenen freyen flur . . . und dürfe schiege, Rennenbeume, graben, zingeln, schrancke zu hütten, borgfrieden und ander festenunge nach ihrer ebenunge und bequemlichkeit daruffe und darinne machen ... Er habe selber von gehorsams, gebots und geheiß wegen des raths zu Northusen gegraben und gehulffen . . .“) Ein anderer Nordhäuser Bürger, Hans Gaßmann, sagte: „Er könne wohl gedenken, daß die von Northusen machten graben, zingeln und schiege von Crimilderode bis an die Gumpe und das was, da die Herschafft von Stolberg den Honstein innahm.““)

Mit demselben Grafen entstand 1529 erneut Streit über die Befestigungen im Stadtgebiet. Unter anderen Zeugen wurde damals der Reichsschultheiß Leonhard Busch vernommen. „Er gedencke“, sagte er aus, „dass bey Graff Hanssen von Honstein Zeiten der graben von der Saltza an bis an die poliermühlen von nuwen ausgeworfen und gemacht ist. Man sehe noch täglich, dass der Rath zu Northusen alle jar zwischen Hesserode nicht weit vom Lindau mit wellenholtz und andere ihre warth bessern und daselbst warth und hut halten lasse.“)

Die Pflicht der Bürger am Bau der Befestigungen zu arbeiten findet sich in vielen Städten). Die Göttinger Bürger hatten z. B. das sogenannte „Meinwerk“ zu leisten. Sie wurden der Reihe nach dazu ausgehoben. Die Versäumnis wurde mit einer Geldbuße belegt). In Goslar wurden auch die Schüler zum Meinwerk herangezogen). In Danzig waren die Bürger zum „Scharwerk“ verpflichtet. Jeder Bürger wurde von den Ordnungen gemahnt, ein- oder zweimal in der Woche mit seinem Gesinde zum Scharwerk zu gehen2'). Die wehrfähige Bürgerschaft Quedlinburgs war ebenfalls bei der Anlage von Stadtbefestigungen beteiligt. Doch meldet eine Ratsrechnung schon für 1485, daß die Hauptleute der Stadtbezirke „gravemester und gravearbeter“ zur Herstellung einer „lantwer“ annehmen und ihnen Lohn zahlen sollen). In Hildesheim und Danzig konnten die Bürger die persönliche Pflicht durch eine Steuer ablösen"). 1671 erließ der Danziger Rat eine „Ordnung, wor-nach sich die verordneten Bürgere bey Einforderung, der gemeinen Schaarwercks Gelder zu richten haben80).

Um das Gebiet, in dem die Stadt das Recht hatte, Befestigungen anzulegen, genau abzugrenzen, sorgte sie für die Kenntlichmachung ihrer Grenzen. „Ein ixlich radt“ bestimmt das Stadtgesetz des fünfzehnten Jahrhunderts, „sal alle iar eyns zcusschin ostern vnde pfinxten den flur bereyten: welch ratli daz liesze, so solde eyn ixlich rathman eyne margk an die stat gebin ane alle gnade. Ouch sal der rath den flur alzo er vor-steynet ist, besehen, graben, uffworffe, siege, czingeln vnde falleboume laszen bessern, fertigen vnde in beuelicheme wessen vnde besserunge behalden.“)

Der Besitz des Befestigungsrechtes gestattete Nordhausen zu allen Zeiten den Ausbau seiner Befestigungen). Der erste steinerne Mauerbau) um 1300 ist der sichtbarste Ausdruck für den Beginn der städtischen Selbständigkeit. Denn es ist klar, betont auch Rütimeyer, daß derjenige, der Herr der Stadtbefestigung ist, zugleich die politische Beherrschung der Stadt in Händen hat).

Seitdem baut Nordhausen die zur Erhaltung seiner städtischen Freiheit notwendigen Stadt- und Flurbefestigungen aus. 1365 wird die Befestigung der Vorstädte begonnen, wozu sich die Stadt 1368 die Einwilligung des Kaisers holt). Um 1400 entsteht ein großer Teil der Flur- und Grenzbefestigungen: Der „neue Graben“, der „lange Graben“, der „Landgraben“, der „Nordschlag“, und mehrere Warttürme). Seit 1436 baut Nordhausen seine Stadtmauer weiter aus, verstärkt die Flurbefestigungen. Der Kaiser gibt seine Zustimmung)- Es entstehen innere und äußere Tore, die Stadtmauer erhält Zinnen und Türme. 1441 wird das Töpfertor stark befestigt und die Stadtmauer von dort bis zum Barfüßertor dreifach, vom Rautentor zur Kuttelpforte zweifach aufgeführt. In der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts hatte Nordhausen vier große Tore mit acht Tortürmen, zwei Pforten, 25 halbrunde und 4 eckige Türme in der Hauptmauer und in der äußeren Mauer 10 starke Bollwerke). 1480 wird die äußere und innere Stadtmauer noch erhöht. 1484 haben beide Stadtmauern 73 Zinnen, Türme und Tore39). 1589 wird der sogenannte Oßwaldsche Turm errichtet. Im siebzehnten Jahrhundert besonders während des Dreißigjährigen Krieges wird die Stadt im Innern durch Ketten und Schlagbäume gesichert. In einem Verzeichnis der Bauherren von 1642 heißt es darüber: „Schloß am Schlage an Wolf Volckmars hause, bei Andreä Heils jun. hause, bei Anton Schielers hause, am Barfüßerthore, uf der Töpferbrücken, zwischen den Töpferthoren, an der Töpferbrücken, über dem Rautenthore, in der Hütergassen, am eusersten Bilenthore, am eusersten Suntheuser-thore, vorm Ähren, in der Newstadt gegen der Meusen hause, beim Seigerthore, ibidem unterm Seigerthore, an der Siechenbrücken, im Siechenthore, am inwendigen Siechenthore, an Georg Riedels hause, unter der mauren bey der Kottelmühlen, vor dem Newenwegesthore, 2 Schläge vor den Pallisaden außer dem Newenwegesthore, vor dem Grimmelsthore, an der Nieducken, in der Rosengassen, vor dem Altenthore, am Kruckthore, an der Scherfgassen, unter dem alten Seigersthore, vor dem Barfüßerthore. Summa 33 Schläge.“) 1710 und 1712 werden die Haupttore verstärkt, das ausgebrannte Töpfertor wieder errichtet, so daß ein „erfahrener General-Lieutenant“ berichtet Bohne „damahls en passant geurtheilet, wenn die Stadt Nordhausen dergleichen Rondel in quanto et quali noch mehr hätte . . ., so könnte die Stadt sich noch wohl eine Zeitlang wieder ankommende Stürme schützen und aufhalten.“) 1734 stellt Nordhausen die Stadtmauer vom Töpfertor bis zur Stiege neu her und 1739 und 1740 werden die Gräben des Frauenberges mit spitzen Pfählen neu besetzt. So bleibt bis ins achtzehnte Jahrhundert das Befestigungswesen ein lebendiger und wichtiger Teil des Nordhäuser Kriegswesens.

II. Kapitel: Die Wehrverfassung

Die Wehrverfassung Nordhausens ist das Ergebnis ständiger Abwehrkämpfe der Stadt. Dauernde Bedrohungen zwingen, die Mittel des Stadtstaates und die Kräfte des Volkes zur Erhaltung der Freiheit zu mobilisieren. Die Bürger übernehmen die Stadt­ verteidigung, die Geldmittel gestatten die Annahme von Söld­ nern und den Ausbau einer Artillerie. Die Einwohner bilden neben den Söldnern eine Miliz. Es kommt zur Bildung einer Wehrverfassung.

Die Nordhäuser Wehrverfassung entwickelt sich seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts. Sie ist ein Abbild der Stadtverfassung, wie der in ihr herrschenden Ideen und der Wesensart seiner Bürger. In ihr findet die kriegerische Ordnung des Stadtstaates ihren verfassungsmäßigen Ausdruck, offenbart sich der höchste Lebenswille seiner Bürger. Sie ruht auf genossenschaftlicher Grundlage. Alle Mitglieder des Rates nehmen an Wehrfragen teil). Sie entscheiden über die Rüstung der Stadt, das Aufgebot der Bürger und über die Werbung der Söldner.

Söldner sind in Nordhausen schon am Ende des dreizehnten Jahrhunderts nachzuweisen. Im Honsteiner Krieg 1368-69 dienen der Stadt 40 Söldner. Sie werden am Kriegsende abgedankt. Erst seit dem fünfzehnten Jahrhundert hält die Stadt eine ständige Söldnertruppe. Wesentliche Bedeutung hat aber das Söldnerwesen in Nordhausen nie erlangt. Im fünfzehnten Jahrhundert unterhält Nordhausen 100 bis 200 Söldner. Vor­ übergehend steigt die Stärke im sechzehnten Jahrhundert bis auf 200 Mann. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert beträgt die Stärke durchschnittlich 50 bis 100 Mann.

Die eigentliche Kriegsstärke der Stadt beruht auf dem Bürger­aufgebot. Es wird im fünfzehnten, sechzehnten und siebzehn­ ten Jahrhundert gegliedert. Die Gliederung geschieht nach Stadtbezirken und Innungen. Bei Kriegsfall erfaßt die Miliz fast 20 vom Hundert der Bevölkerung. Zur Nachtwache am Tor oder auf der Mauer werden die Bürger bis ins siebzehnte Jahrhundert gebraucht. Sonst steht die Miliz in ruhiger Zeit nicht unter Waffen. Seit 1661 besteht sie aus vier Kompagnien. Die Gesamtstärke schwankt zwischen 800 und 1000 Köpfen. Sie zerfällt im fünfzehnten Jahrhundert in die Festungsmiliz und in die zum Auszug bestimmte Miliz; dazu tritt am Ende des Jahrhunderts eine Artilleriegruppe. Seit 1420 dienen Schützen­ brüderschaften der Erhaltung der Wehrfreudigkeit der Bürger. Insgesamt umfaßt die bewaffnete Macht Nordhausens durch­ schnittlich 1000 bis 1200 Köpfe.

a) Die Kriegsbehörden

Der Stadtstaat Nordhausen entwickelt entsprechend dieser Vielgestalt der Kriegsmacht Kriegsbehörden.

Die oberste Kriegsbehörde für das gesamte Kriegswesen ist zu allen Zeiten der Rat. Er erläßt Wachvorschriften, bestimmt die Musterung der Bürger, beschließt über Anschaffung von Kriegsmaterial. Er nimmt Söldner an, erläßt Kriegsartikel. Beschränkt ist seine Macht in der Entscheidung über Krieg und Frieden. Er muß dazu das ganze Volk befragen10). Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert leisten die Offiziere und der Fähnrich vor dem sitzenden Rat den Treueid. Vor demselben Rat schwören die Büchsenmeister im siebzehnten Jahrhundert: „Das ich dem Rathe und Gemeinheit der Stad Northausen trawlich dinen, Wie ein redlicher Buchsenmeister thun sol - und der Stad mit Pulvermachen trawlich und wol vorwaren - Und was ich an Pulver mit Geschütz und Furrath bey der Stad unterricht werde und finde, das ich das nymermehr, weil ich lobe, keinen Menschen ausgeschlossen, dem Rath vormelden wil trawlich und eigentlich, Wil mich auch bey meynem Sold genüge lassen, Man wolt mir den vorgutt Willen zulegen . . .

Die Söldner als ständige kleine Kampftruppe unterstehen dem Rat, keiner Sonderbehörde. Die beiden regierenden Bürgermeister haben die Befehls- und Strafgewalt. 1443 rief der Bürgermeister Oveckborn den Hauptmann Ulrich von der Nesse mit seinen Leuten in die Stadt, um ihm Befehle für sein Verhalten im Kampf gegen die Herzoge Otto, Heinrich und Ernst von Braunschweig zu geben12). 1482 entfernte sich der Stadthauptmann Seifert von Bülzingsleben mit drei Söldnern gegen den Befehl der Bürgermeister aus der Stadt. Die Bürgermeister verlangten die sofortige Rückkehr. Da er nicht erschien, entließ der Rat diesen Stadthauptmann.

Der gesamte Rat bestimmt und ernennt die Offiziere der Miliz. Er ordnet die Abgrenzung der Stadtbezirke für die militärische Gliederung der Bürgerschaft. Er bestätigt die Wahl der Schützenmeister der Schützenbrüderschaft.

Der Eintritt in die befestigte Stadt ist in Zweifelsfällen nur mit Erlaubnis des regierenden Bürgermeisters gestattet. In außergewöhnlichen Fällen tritt der Rat zusammen. So versammelt sich 1551 der Rat und lehnt den Einlaß sächsischer Truppen ab10). 1717 erläßt der Rat ein Edikt für die Wachen an den Toren und Pforten. „E. Wohledler Magistrat ernster Befehl“ heißt es, „daß die Wachen an Thoren und Pforten . . . sowohl auf bevorstehendem Jahrmarkt, als nachher jedesmahl auf die Frembden und Durchreisenden fleißige Acht haben, solche umständlich examiniren und befragen, die Pässe und Kundschaften zur Untersuchung in denen Thoren und Pforten abfordern, und nach Befinden dem regierenden Bürgermeister, einreichen . . .“

Für das übrige städtische Kriegswesen entstehen eine Anzahl von Sonderbehörden. Sie werden ehrenamtlich von zwei bis vier Ratsherren geleitet. Die wichtigste Behörde ist das Pfeilamt. Ihm untersteht die Verwaltung des gesamten bürgerlichen Kriegswesens. Nachzuweisen ist dieses Amt seit 1470. Es reicht in seinen Anfängen bis ins vierzehnte Jahrhundert zurück. Für die Stadtbefestigungen besteht ein Bauamt seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. Am Ende des siebzehnten Jahrhunderts entwickelt sich das Wachtamt aus der Kämmerei. Es sorgt für die Erhaltung der Stadtkompagnie durch die Einnahme des bürgerlichen Wachtgeldes. Der Ältestenrat, der seit 1375 besteht, überwacht alle Behörden des Stadtstaates und das gesamte städtische Kriegswesen. Seine Bedeutung entspricht der eines Kriegsrats.

Der Kriegsrat ist die den Städten vornehmlich eigene Form der Kriegsbehörde18). Er ist im Mittelalter meistens ein für den Notfall eingesetzter Ausschuß. Seine Mitgliederzahl ist nicht feststehend. Sie ergibt sich aus der dem Kriegsrat gestellten Aufgabe. 1392— 93 wurde in Straßburg ein Kriegsrat von sieben Mitgliedern eingesetzt. 1445 wird in Basel ein Kriegsrat von dreizehn Mitgliedern gebildet. Oft wurde der Kriegsrat nach der Anzahl seiner Mitglieder benannt. Augsburg hatte 1372 und 1422 einen „Rat der Sieben“ . In Rottweil gab es einen „Neuner Rat“.

Die Zusammensetzung des Kriegsrats entsprach den inneren politischen Verhältnissen der Städte. So setzte sich in Straßburg der „Rat der Sieben“ aus fünf Rittern, Knechten, Bürgern und Handwerkern, einem Meister und einem Ammanmeister zusammen. Der „Neuner Rat“ in Basel 1406 zählte den Bürgermeister, den Oberzunftmeister, einen Ritter, zwei Achtbürger, zwei Ratsherren von den Zünften und zwei Meister zu seinen Mitgliedern. In Danzig bestand der Kriegsrat 1573 aus einem Bürgermeister, drei Ratsherren, zwei Schöffen und vier Mitgliedern der dritten Ordnung. Der Kriegsrat hatte der Stadt einen Eid zu leisten21).

Als ständige Behörde erscheint der Kriegsrat in der Neuzeit. In Danzig besteht von 1624 bis 1793 ein ständiger Kriegsrat22). Der Nordhäuser Kriegsrat ist schon seit dem ausgehenden Mittelalter als eine ständige Behörde anzusehen, da der Ältestenrat die Funktion eines Kriegsrats dauernd üben konnte.

Der Ältestenrat ist in seiner doppelten Funktion als politische und militärische Behörde der sichtbarste Ausdruck einer Wechselwirkung zwischen militärischer und politischer Gestaltung der städtischen Lebensordnung. Durch ihn wird die Art der militärischen Führung bestimmt, die Einheit und Stärke der militärischen Gewalt bedingt. Er ist im besonderen bei drohenden Kriegen für den Verteidigungszustand der Stadt verantwortlich. Dieser Forderung entspricht seine Machtbefugnis. Sie umfaßt alle Zweige des Kriegswesens: Die Aufsicht über die Befestigungen, die Zeughäuser und die Munition, die Besetzung der Tore und Mauern, „da sich ein jeder vorkommendenfalls zu finden lassen hat“ , hieß es 1622.

Mitglieder des Ältestenrats waren die Bürgermeister und die Viermänner. Seine Struktur macht es wahrscheinlich, daß er die kunktion eines Kriegsrats schon im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ausübte. Nachzuweisen ist sie erst für den Anfang des siebzehnten Jahrhunderts. Am Beginn des Dreißigjährigen Krieges lag die Rüstung der Stadt in den Händen des Ältestenrats. Am 14. April 1619 heißt es, „haben die Herren Ehesten beschlossen zu bestellen:

  1. einen Lieutenant,
  2. die gekorne Kriegsleute in den Handwerken zu fordern,
  3. nach dem Zeugmeister zu Cassel zu schreiben, der die Geschütze fassen soll.
  4. Bley und Pulver zu kauffen,
  5. öffentlich anzuschlagen, daß ein jeder sich einheimisch halten soll,
  6. 30 Soldaten unter den Bürgern zu werben,
  7. die Rüstung zu schaffen“.

Es liegt nahe bei der Bedeutung des Kriegsrats für das Kriegswesen der Stadt und dem Mangel an Überlieferung in Nordhausen, einen Blick auf die Nachbarstadt Mühlhausen zu tun. Die wichtigste Kriegsbehörde war in Mühlhausen im siebzehnten Jahrhundert das Kriegsamt27). Ihm unterstand das gesamte, städtische Kriegswesen. Die Leitung lag in den Händen der vier Kriegsmeister. Ihre Pflichten waren:

  1. Bei Durchzügen und Einquartierungen Aufsicht und Verhandlungen im Namen der Stadt zu führen;
  2. Den städtischen Kontingenten zur Reichs- und Kreishilfe als Kriegskommissare zu dienen;
  3. Tag und Nacht die Wachen zu überprüfen:
  4. Die Stadtsoldaten anzunehmen und zu entlassen, die militärische Strafgewalt auszuüben;
  5. Den Bürgerausschuß einzuberufen, die Bürgeroffiziere zu ernennen, Besichtigungen und Waffenübungen anzusetzen;
  6. Bei Tumult und Aufruhr mit der Militärmacht die Ruhe

wiederherzustellen.

Zur Erfüllung ihrer Pflichten standen den Kriegsmeistern drei bis acht Kriegskommissare zur Seite. Diese bildeten zusammen das Kriegsamt. Die Beschlüsse des Kriegsamts mußten den „Senioribus“ zur Begutachtung vorgetragen werden. Damit war die Einheit der politischen und militärischen Führung gesichert. Die Durchführung der Beschlüsse lag in der Hand des Kriegsamts. Den Vorsitz im „Consilio militarii“ führten die Kriegsmeister. Die militärischen Strafen wurden in gemeinsamer Sitzung beschlossen. „Am 21. März 1620“ , berichtet das Kriegsamtsbuch, „sindt von den Krigsherrn ettliche Bürger vom Ausschuß vndt Soldaten in Straff genommen, Vmb daß sie bei währenden Convent vnterschiedlichen die Wache negligenter gehalten, verschlaffen vndt sonsten Verbrechung gethan.“ Die geworbenen Soldaten schwören vor dem Kriegsamt: „Ihr sollet geloben und schwehren, daß E. E. Rath allhir ihr getreu, hold und gewärtig seyn, dessen Nutzen und bestes suchen, Schaden und Nachtheil aber abwenden, auch als ein redlicher Soldat zu denken und defendirung der Stadt welcherley allen Vorfällen worzu ihr commandiret werdet, euch gebrauchen lassen und dabey weder Leib noch Leben scheuen, denen Befehlen denen die Krieges- und Militair-Sachen besorgenden Herrn Bürgermeister folge thun, denen euch Vorgesetzten Obern und Subaltern Oficiers gehorsam und respect erweisen, in Werbungs Sachen euch nicht einmischen, noch den Werbeoficiers Laute bringen, noch darzu andere gebrauchen und durch diese von denselben einige Vergeltung vor euch annehmen und bedingen und euch in eurem Dienst treu, unverdrossen und unverdrißlich wie solches einem Gott und ehrliebenden rechtschaffenen Soldaten eignet und gebühret, verhalten wollet.“ Die Sitzungen des Kriegsamts fanden den Umständen nach statt. Im ersten Vierteljahr 1620 wurden am 3., 4., 11. Januar, dann erst wieder am 1. und 21. März Sitzungen abgehalten. Am 3. Januar 1620 beschloß der Kriegsrat: 1. Die Dörfer verteidigungsfähig zu machen, 2. die Wachen an den Toren strenger durchzuführen, 3. reitenden Erkundungsdienst im Stadtgebiet einzurichten, 4. einen Stadtkapitän zu werben, 5. Mäntel für den Bürgerausschuß auszugeben, 6. Hellebarden an die Untertanen auszuteilen, 7. Musketen den Bürgern zu verkaufen, 8. Pulver, Lunten und Blei auszugeben, 9. Einen zweiten Trommelschläger (für den Notfall) anzunehmen.

Verwaltung und Aufsicht über das städtische Kriegswesen waren in Mühlhausen im Kriegsamt vereint. In Nordhausen führte der Ältestenrat die Aufsicht, die Verwaltung war dem Pfeilamt übertragen.

Die Pfeil- oder Kriegsmeister leiteten das Pfeilamt. Ihnen unterstanden der Marstall und die Zeughäuser. Es gehörte zu ihrer Aufgabe, die Bürger für die Verteidigung der Stadt zu liedern. Sie zogen mit dem Aufgebot in den Kampf. Sie führen Rechnung über Verbleib, Verleihung oder Ausgabe von Waffen und Pulver. Sie verteilten die Geschütze auf die Tore und Türme der Stadt. Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert beaufsichtigten sie auch die Verteidigungsanlagen der Stadt. Der Rat erließ Verordnungen, nach denen sie sich zu richten hatten. Ihnen waren die „greber“ unterstellt, die den Stadtgraben in Ordnung hielten. Im fünfzehnten Jahrhundert hatte der Rat verordnet: „Keynn greber sali vorthenn grabenn, es werde yme dann vonn denn krigesmeistern beuolen.“

Im Marstall unterstanden den Kriegsmeistern der Marstallmeister, der Futtermeister und zwei bis drei Knechte. Am Ende des vierzehnten Jahrhunderts standen 20 bis 30 Pferde auf dem Marstall. Darunter waren auch Pferde für die Söldner“. Das Verleihen der Pferde war deshalb an die Erlaubnis der Befehlshaber der Miliz und der Söldner geknüpft. „Der pferde soll man nymands“ heißt es in den Stadtgesetzen „eir sie geystlich ader wertlichst Stands lihen, dan mit wissen vnd voworth der zcweyer Rathsmeistere vnd Krigmeistere.“ Die Kriegsmeister im besonderen sollten darauf achten, daß der Futtermeister zu rechter Zeit und genügend futtert, daß die Kämmerei Hafer einkauft und für Stroh sorgt, die Schmiede den Pferden gute Eisen unterschlagen. Ohne Erlaubnis der Kriegsmeister durfte kein Pferdezeug erneuert oder bestellt werden. „Die krigesmeistere“ heißt es in einer Bestimmung von 1445, „sollen vnder sich eynigk werden, das ye eyner aus ynen des tages eyns vff dem stallen sint vnd zcusehen auch ob gebrechen worden oder werdenn wollen, vorhuthen . . .“ Über Kauf und Verkauf von Pferden, Neuanschaffungen usw. hatten die Kriegsmeister jährlich Bericht zu erstatten.

Für die Aufbewahrung des Pulvers und der Geschütze standen dem Pfeilamt mehrere Orte in der Stadt zur Verfügung. Im fünfzehnten Jahrhundert dienten dazu das sogenannte Pfeilhaus, die Sankt-Georgs-Kapelle und der Marstali. Seit dem 16. Jahrhundert wurde für die Unterstadt das „Wachthaus vor dem Vogel“ als Zeughaus benutzt. Zur Besorgung des Artilleriewesens nahm die Stadt Büchsen- und Zeugmeister an. Sie unterstanden dem Pfeilamt. 1484 war Hans Schugkelin bestallter Büchsenmeister. 1619 wurde Stephan Sollstedt städtischer Büchsenmeister. Er hat, heißt es im Ältestenratsbeschluß, „anno 1620 im Oktober 7 Falckenetstücklein uff die Axe zu bringen, mit Rädern zu versehen, das sie im November können beschossen werden“. Man nahm, wenn es die Not erforderte, auch Schlosser als Büchsenmeister in Dienst. So beschlug 1619 der Schlosser Hans Götze drei Falkonettstücke.

Die Verteilung der Waffen und Kriegsgeräte auf die Verteidigungsanlagen der Stadt war Aufgabe des Pfeilamts. Der größte Teil der Waffen und Kriegsgeräte lag auf den Toren und Türmen der Stadt. 1484 lagen auf dem alten Tor 7 Steinbüchsen, 1 Karrenbüchse mit ihren Steinen, 2 Armbrüste, 1 Wippe, 16 Hakenbüchsen und übriges Kriegsgerät, auf dem inneren Töpfertor 1 kupferne Steinbüchse, 1 eiserne Steinbüchse, 13 Hakenbüchsen, 3 Armbrüste und 2 Wippen mit vielem Kriegsgerät. Von 73 Türmen und Toren der Stadt waren im selben Jahr 65 Verteidigungspunkte mit Waffen und Kriegsgerät aus den Zeughäusern der Stadt belegt. Allein in den Vorstädten lagen 1484 51 Hakenbüchsen, 57 Armbrüste und 4 Geschütze. Auf den Türmen der Innenstadt waren im gleichen Jahr 80 Hakenbüchsen, 48 Armbrüste und 16 Geschütze.

Auch die Geschützgießerei unterstand dem Pfeilamt. Das älteste selbstgegossene Geschütz der Stadt stammte aus dem Jahre 1458. Es war der „Schnellundebaldedavon“ , der im Register der Kriegsmeister als „Slange“ bezeichnet ist.

Die Verteilung der Waffen, die sogenannte „bestellunge der thore unde thorme“ , hatten die Kriegsmeister zu bestimmen. Sie überprüften halbjährlich alle Kriegsgeräte auf Toren und Türmen und erstatteten dem Rat Bericht darüber42). Gleichzeitig mußten sie die Tore und Türme selbst nachsehen. 1668 berichten sie, daß alle Tore und 10 Türme „baufällig sind. 1669 erinnern sie erneut, daß es „höchst nöthig“ sei, die Tore auszubessern43). Nach der Besichtigung verteilten sie die Bürgerartilleristen auf die Türme der Stadtmauer. Je nach der Bestückung betrug die Stärke der Besatzung 2 bis 10 Bürger. 1491 waren auf den Schützenturm 4 Bürger bestellt: Hans Bogen, Hans Kapmann, Hans Zymann und Curdt Magkenrod, auf dem Töpfertor 10 Bürger. Auf 46 Stadttürmen waren 1491 163 Bürger zur Bedienung der Waffen bestimmt. In der Neustadt wurden 6 Bürger zu Büchsenmeistern ernannt. Für die Geschütze in dem Büchsenhaus von Sankt Georgen waren 1491 20 Bürger bestimmt. „Volgen die zu denn büchsenn seint verordint“ heißt es im Inventarium magistrorum telorum. Zu der Erfurtischin buchsen: Hans Knechten, Hans Roden, Claus Palhelm, zcue langen slangen: Heinrich Zymann, Caspar Bötticher, zcue andern slangen: Joccof Steler, Dittrich Brun, zcue eyner lotbuchsen: Johann Specht, Heinrich Eigesmann. zcue eyner Steynbuchsen: Hans With, Bastian Golmann, zcue andern Steynbuchsen: Hans Pfeffer, Heinrich Holz, Zur dritten Steynbuchsen: Heinrich Holme, Hans Clar, Zur virden Steynbuchsen: Steffan Bach, Hans Trische, Tile Schröter, Zur fünften Steynbuchsen: Heinrich Richenberg, Heinrich Westfal. 1535 betrug die Stärke der Büchsenschützen 164, der Armbrustschützen 17545) und der Geschützbedienung 45 Köpfe. Die Berichte des städtischen Pfeilamts über den Waffenbestand der Stadt bestehen in den Jahren 1484 bis 1545 aus drei Teilen. Sie umfassen:

  1. Die vorhandenen Waffen in den Zeughäusern und auf den Wehrtürmen;
  2. den Pulvervorrat in den städtischen Zeughäusern;
  3. die Ausbesserungen, Neuanschaffungen und Verleihungen von Waffen.

Die Berichte wurden in das „Inventarium magistrorum telorum“ eingetragen. „Desglichin sollen die pfilmeistere“ , heißt es 1470, „ouch mit des rathis czeychin alle geschutcze vnde gezcugk zcu yren ammechte dynen vnde gehören, ouch alle woffen vnd geschutcze vff den thoren vnde thormen, philhusen. muren vnde wo si daz haben, zceichene, in eyn register beschrebin, vnde vorzceychent yren nachkomen geben, antwerten vnde bewiesen bie der selbigen buesze.“ 1486 berichteten die Kriegsmeister über 33 neue Armbrüste, 10 neue Hakenbüchsen. 1487 wird die Ausgabe von 3 Hakenbüchsen an Heinrich Moler und Karl Weber berichtet. Einem Knecht des Hauptmanns waren 30 Armbrüste ausgegeben. Die Verleihung und Ausgabe von Waffen und Kriegsgerät konnte nur mit Wissen des Rates geschehen. In den Statuten von 1470 heißt es: „Wer ouch des rats geschutcze, puluer, buchsen, pfile, kryge, gortel, helme dir welcherley das were, bedorffet ane des rats loube, der gebit zcwo margk. Treit adir nemmet er osz vomme thore addir thorine ane des rats loube, so gebit her die selbige buesze. Thut er ane kuntschafft vnde heymelichen, man rechent oz ome vor dube.“

Das Pfeilamt war mit der Durchführung der Gliederung und Überwachung des Bürgeraufgebots beauftragt. Die Kriegsmeister waren als Leiter des Pfeilamts Befehlshaber der Miliz. Sie zogen mit den Bürgern in den Kampf. Als die Stadt 1433 keinen Stadthauptmann hatte, ritt der Kriegsmeister Heinrich Wechsung auf Befehl des Rates mit 12 Söldnern aus, um „den frunden von Halbirstat“ zu helfen. Ein Kriegsmeister führte die bürgerliche Schlachtordnung an.

Mit der Verwaltung des Marstalls, der Zeughäuser und der Überwachung und Leitung des Bürgeraufgebots war das Pfeilamt neben dem Ältestenrat die wichtigste Kriegsbehörde Nordhausens.

Am Ende des 17. Jahrhunderts entstand das Wachtamt. Es wurde von drei Ratsherren, zwei Akademikern und einem Handwerker verwaltet. Dem Wachtamt lieferten die Einwohner das Wacht- und Feuerwachtgeld sowie die Reichskriegssteuer ab. Es zahlte dafür die Löhnung der Stadtsoldaten, die Waffenausbesserungen und die Kosten der Uniformierung. Das Wachtamt konnte gegen die Aufnahme eines Stadtsoldaten den Einwohner vom Wachtgeld befreien. 1736 nahm Gottfried Ehrenfurt den Musketier Frankenstein auf und wurde dafür vom Wachtgeld befreit. Am 1. Juli 1736 erhielt ein Bürger folgenden „Quartierzettel“: „Johann Christian Tolle logiret den Stadtsoldaten Baumler und hat gegen Vorzeigung dieses monatlich zgl. Freyheit an Wache Gelder, dato an Nordhausen den 1 ten Julii 1736.“ Das Wachtamt bestand bis zum Ende der Reichsfreiheit Nordhausens.

Die einzelnen Kriegsbehörden der Stadt besitzen keine Selbständigkeit. Sie sind im wesentlichen ausführende Organe des Rates. Sie unterstehen alle unmittelbar dem gesamten Rate. Auch der Ältestenrat konnte wichtige Entscheidungen nur mit der Zustimmung des Rates treffen. Seine Stellung als Kriegsrat betreffend, hatten die Mitglieder zu schwören, „ . . . daß ich auch der Stadt Geschütze und Wehren ohne Vorbewußt und Einwilligunge der andern Räthe nicht verleihen wolle, das schwöre ich . . .“ Die Mitglieder der Kriegsbehörden gehören gleichzeitig dem Rat ah. Es besteht daher in den Kriegsbehörden eine enge Verbindung der Stadt- und Kriegsverfassung. Das Fortbestehen der gleichen Kriegsbehörden durch Jahrhunderte zeugt für ihre Bewährung. Ein Versagen wird von keiner Behörde überliefert.

b) Aufbringung und Gliederung der bewaffneten Macht

1. Die Bürgerliche Streitmacht

2. Das Söldnerwesen

III. Kapitel: Die militärischen Bündnisse und Verträge

Schlußwort

Beialgen

Quelle und Literatur

Verzeichnis der gebrauchten Abkürzungen