Rudolf Mönch: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Otto Fritz Rudolf Mönch''' (geb. 7. August 1907 in Leutenberg; gest. 2. Dezember 2006) war Uhrmachermeister, Kantor, Musikerzieher, Chor- und Orchesterleiter. | '''Otto Fritz Rudolf Mönch''' (geb. 7. August 1907 in Leutenberg; gest. 2. Dezember 2006) war Uhrmachermeister, Kantor, Musikerzieher, Chor- und Orchesterleiter. | ||
== Leben == | |||
Rudolf Mönch zog Anfang der 1930er Jahre nach [[Nordhausen-Salza]]. Seine Leidenschaft für Musik, insbesondere für die Violine, führte ihn an das Konservatorium in Sondershausen. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen studierte er dort und verdiente parallel dazu seinen Lebensunterhalt als Mitglied des Lohorchesters. Zusätzlich eignete er sich im Selbststudium die Grundlagen der Pädagogik an. | |||
Ursprünglich hatte Mönch den Wunsch, nach Südamerika auszuwandern, um dort in evangelischen Kirchengemeinden der Auslandsdeutschen die heimatlichen Traditionen der Chormusik zu pflegen und zu fördern. Die im Dritten Reich verordneten Devisenbeschränkungen vereitelten jedoch sein Vorhaben. Stattdessen bewarb er sich um eine Anstellung als Kirchenmusiker und fand diese schließlich in der Region. | |||
Eine Verletzung an der linken Hand mit eingehender Lähmung eines Fingers hinderte ihn am eigenen Konzertieren mit Saiteninstrumenten. So widmete er sich über Jahrzehnte der Chormusik im kirchlichen und weltlichen Rahmen. Er gründete und leitete Chöre, Singekreise und Posaunenchöre. Mönch wurde bekannt als langjähriger Leiter des Collegium musicum und des Chores für Kirchenmusik, der späteren Nordhäuser Kantorei. Darüber hinaus war er auch als langjähriger Instrumentallehrer an der Nordhäuser Musikschule tätig. | |||
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Mönch zur Wehrmacht eingezogen. | |||
Mönch lebte als Vegetarier mit strengem Ernährungsplan, trank keinen Alkohol und war Anhänger | |||
der Naturheilkunde. | |||
== Familie == | |||
1936 heiratete er Elisabeth Jeanne-Antoinette, Tochter eines höheren Berliner Justizbeamten und Offiziers. Rudolf lernte sie bei den Singstunden in Salza kennen. Sie brachte eine uneheliche Tochter in die Ehe, die ebenfalls Elisabeth hieß. Der Vater war ein Erwin O. aus Wien, der 1936 nach Brasilien emigrierte. Da er Jude war, galt die kleine Elisabeth als Halbjüdin bzw. Mischling ersten Grades. Elisabeth Jeanantoinette war wegen ihrer außerehelichen Affäre von ihrer Familie verstoßen worden. | |||
Nach ihrer Eheschließung lebte die Familie in der Salzaer Hauptstraße 45. Dass der leibliche Vater ein Jude war, hielten die Eheleute geheim. Lediglich dem Bürgermeister [[Reinhold Hirt]] war die Herkunft des Mädchens als zuständigen Standesbeamten bekannt. Als Hirt nach dem Novemberpogrom 1938 zu melden hatte, wieviele Bürger in Salza Juden oder teilweiser jüdischer Abstammung seien, gab er die Herkunft nicht weiter. | |||
Ende der 1930er Jahre hielt seine Ehefrau wieder Kontakt zu ihren Eltern. Die Existenz der kleinen Elisabeth wurde im Berliner gesellschaftlichen Umfeld damit erklärt, dass Tochter Elisabeth nunmehr einen jungen Witwer nebst einer kleinen Tochter geheiratet habe. Trotz der erhöhten | |||
Luftgefahr in der Hauptstadt zog die nun gesellschaftlich rehabilitierte Tochter zu ihren Eltern nach Berlin. | |||
Während des Zweiten Weltkrieges beantragte Mönch die Adoption von Elisabeth, um sie vor Nachteilen wegen ihrer Abstammung zu bewahren. Den Behörden war die leibliche Vaterschaft bekannt und verschleppten den Antrag. Daher beschwerte sich Mönch beim Rassenpolitischen Amt in Berlin über den langsamen Fortgang der Bearbeitung. | |||
Mit Hilfe eines Rechtsberaters fand Mönch im österreichischen Recht, das zu der Zeit der Geburt von Elisabeth noch Gültigkeit hatte, ein Schlupfloch, das es ermöglichte, die jüdische Abstammung des Kindes zu verschleiern. Erbgutachter wurden beauftragt, und schließlich galt Elisabeth nicht mehr als Mischling. Rudolf Mönch war nun offiziell der leibliche Vater. | |||
Seine Ehefrau Jeanne-Antoinette weigerte sich, nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft nach Nordhausen zurückzukehren. Die Ehe wurde bald geschieden. Zwischen Elisabeth und ihrem zeitweiligen Adoptivvater Rudolf gab es noch eine Zeit lang Briefkontakte. Der leibliche Vater kehrte aus Brasilien zurück und fand seine Tochter über den internationalen Suchdienst. | |||
Später lebte Tochter Elisabeth in Frankreich. | |||
Rudolf Mönch gründete in den 1950er Jahren mit seiner zweiten Ehefrau Dorothea geb. Wahl eine eigene, kinderreiche Familie. Er versuchte später vergeblich, noch einmal Kontakt zu Elisabeth aufzunehmen. | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
* [[Manfred Baumann]]: ''Erinnerungen an die Jugendkantorei Nordhausen unter der Leitung von Rudolf Mönch''. In: ''[[Beiträge zur Geschichte aus Stadt und Kreis Nordhausen (Band 32/2007)]]''. | * [[Manfred Baumann]]: ''Erinnerungen an die Jugendkantorei Nordhausen unter der Leitung von Rudolf Mönch''. In: ''[[Beiträge zur Geschichte aus Stadt und Kreis Nordhausen (Band 32/2007)]]''. | ||
* [[Manfred Schröter]]: ''Ein menschliches Beispiel von Mut und Menschlichkeit aus Salza''. In: ''[[Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (4/2009)]]''. | |||
== Externe Verweise == | == Externe Verweise == |
Version vom 23. Februar 2023, 17:06 Uhr
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Otto Fritz Rudolf Mönch (geb. 7. August 1907 in Leutenberg; gest. 2. Dezember 2006) war Uhrmachermeister, Kantor, Musikerzieher, Chor- und Orchesterleiter.
Leben
Rudolf Mönch zog Anfang der 1930er Jahre nach Nordhausen-Salza. Seine Leidenschaft für Musik, insbesondere für die Violine, führte ihn an das Konservatorium in Sondershausen. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen studierte er dort und verdiente parallel dazu seinen Lebensunterhalt als Mitglied des Lohorchesters. Zusätzlich eignete er sich im Selbststudium die Grundlagen der Pädagogik an.
Ursprünglich hatte Mönch den Wunsch, nach Südamerika auszuwandern, um dort in evangelischen Kirchengemeinden der Auslandsdeutschen die heimatlichen Traditionen der Chormusik zu pflegen und zu fördern. Die im Dritten Reich verordneten Devisenbeschränkungen vereitelten jedoch sein Vorhaben. Stattdessen bewarb er sich um eine Anstellung als Kirchenmusiker und fand diese schließlich in der Region.
Eine Verletzung an der linken Hand mit eingehender Lähmung eines Fingers hinderte ihn am eigenen Konzertieren mit Saiteninstrumenten. So widmete er sich über Jahrzehnte der Chormusik im kirchlichen und weltlichen Rahmen. Er gründete und leitete Chöre, Singekreise und Posaunenchöre. Mönch wurde bekannt als langjähriger Leiter des Collegium musicum und des Chores für Kirchenmusik, der späteren Nordhäuser Kantorei. Darüber hinaus war er auch als langjähriger Instrumentallehrer an der Nordhäuser Musikschule tätig.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Mönch zur Wehrmacht eingezogen.
Mönch lebte als Vegetarier mit strengem Ernährungsplan, trank keinen Alkohol und war Anhänger der Naturheilkunde.
Familie
1936 heiratete er Elisabeth Jeanne-Antoinette, Tochter eines höheren Berliner Justizbeamten und Offiziers. Rudolf lernte sie bei den Singstunden in Salza kennen. Sie brachte eine uneheliche Tochter in die Ehe, die ebenfalls Elisabeth hieß. Der Vater war ein Erwin O. aus Wien, der 1936 nach Brasilien emigrierte. Da er Jude war, galt die kleine Elisabeth als Halbjüdin bzw. Mischling ersten Grades. Elisabeth Jeanantoinette war wegen ihrer außerehelichen Affäre von ihrer Familie verstoßen worden.
Nach ihrer Eheschließung lebte die Familie in der Salzaer Hauptstraße 45. Dass der leibliche Vater ein Jude war, hielten die Eheleute geheim. Lediglich dem Bürgermeister Reinhold Hirt war die Herkunft des Mädchens als zuständigen Standesbeamten bekannt. Als Hirt nach dem Novemberpogrom 1938 zu melden hatte, wieviele Bürger in Salza Juden oder teilweiser jüdischer Abstammung seien, gab er die Herkunft nicht weiter.
Ende der 1930er Jahre hielt seine Ehefrau wieder Kontakt zu ihren Eltern. Die Existenz der kleinen Elisabeth wurde im Berliner gesellschaftlichen Umfeld damit erklärt, dass Tochter Elisabeth nunmehr einen jungen Witwer nebst einer kleinen Tochter geheiratet habe. Trotz der erhöhten Luftgefahr in der Hauptstadt zog die nun gesellschaftlich rehabilitierte Tochter zu ihren Eltern nach Berlin.
Während des Zweiten Weltkrieges beantragte Mönch die Adoption von Elisabeth, um sie vor Nachteilen wegen ihrer Abstammung zu bewahren. Den Behörden war die leibliche Vaterschaft bekannt und verschleppten den Antrag. Daher beschwerte sich Mönch beim Rassenpolitischen Amt in Berlin über den langsamen Fortgang der Bearbeitung. Mit Hilfe eines Rechtsberaters fand Mönch im österreichischen Recht, das zu der Zeit der Geburt von Elisabeth noch Gültigkeit hatte, ein Schlupfloch, das es ermöglichte, die jüdische Abstammung des Kindes zu verschleiern. Erbgutachter wurden beauftragt, und schließlich galt Elisabeth nicht mehr als Mischling. Rudolf Mönch war nun offiziell der leibliche Vater.
Seine Ehefrau Jeanne-Antoinette weigerte sich, nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft nach Nordhausen zurückzukehren. Die Ehe wurde bald geschieden. Zwischen Elisabeth und ihrem zeitweiligen Adoptivvater Rudolf gab es noch eine Zeit lang Briefkontakte. Der leibliche Vater kehrte aus Brasilien zurück und fand seine Tochter über den internationalen Suchdienst. Später lebte Tochter Elisabeth in Frankreich.
Rudolf Mönch gründete in den 1950er Jahren mit seiner zweiten Ehefrau Dorothea geb. Wahl eine eigene, kinderreiche Familie. Er versuchte später vergeblich, noch einmal Kontakt zu Elisabeth aufzunehmen.
Literatur
- Manfred Baumann: Erinnerungen an die Jugendkantorei Nordhausen unter der Leitung von Rudolf Mönch. In: Beiträge zur Geschichte aus Stadt und Kreis Nordhausen (Band 32/2007).
- Manfred Schröter: Ein menschliches Beispiel von Mut und Menschlichkeit aus Salza. In: Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (4/2009).
Externe Verweise
- Rudolf Mönch – Chorleiter mit Charisma, nnz-online, 6. Dezember 2006.