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[[Datei:Agricola Hammerwerk mit Rennherd.jpg|thumb|Eisenhammer: Im Hintergrund sieht man den Rennofen, davor wird eine Luppe grob von Schlackeresten befreit. Ganz im Vordergrund geschieht das Ausschmieden der Luppe unter dem Hammer (Quelle: Agricola, Georgius (1556): De re metallica libri XII. – Basel.)]] | |||
'''Hammer''' war eine Eisenhammeranlage zur Eisenverarbeitung im Südosten der Stadtflur von Nordhausen. Sie wurde 1689 errichtet und beherbergte später eine Gaststätte. | '''Hammer''' war eine Eisenhammeranlage zur Eisenverarbeitung im Südosten der Stadtflur von Nordhausen. Sie wurde 1689 errichtet und beherbergte später eine Gaststätte. | ||
Die Straßenbezeichnungen '''Vor dem Hammer''' und '''Hinter dem Hammer''' etwa 400 Meter vom historischen Standort entfernt erinnern an die Eisenhammeranlage. Die unterste Mühle in Richtung Bielen, die 1908 abbrannte, trug aufgrund der Nähe die Bezeichnung '''Hammermühle'''. | Die Straßenbezeichnungen '''Vor dem Hammer''' und '''Hinter dem Hammer''' etwa 400 Meter vom historischen Standort entfernt erinnern an die Eisenhammeranlage. Die unterste Mühle in Richtung Bielen, die 1908 abbrannte, trug aufgrund der Nähe die Bezeichnung '''[[Hammermühle]]'''. | ||
== Geschichte == | == Geschichte == |
Aktuelle Version vom 17. Februar 2024, 07:35 Uhr
Hammer war eine Eisenhammeranlage zur Eisenverarbeitung im Südosten der Stadtflur von Nordhausen. Sie wurde 1689 errichtet und beherbergte später eine Gaststätte.
Die Straßenbezeichnungen Vor dem Hammer und Hinter dem Hammer etwa 400 Meter vom historischen Standort entfernt erinnern an die Eisenhammeranlage. Die unterste Mühle in Richtung Bielen, die 1908 abbrannte, trug aufgrund der Nähe die Bezeichnung Hammermühle.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auf dem „Bielschen Rasen“ oder „Bielenrasen“ vor dem Bielentor erbaute der Ratsherrn Johann Christoph Schreiber mit Genehmigung des Rates, gegen den anfänglichen Widerstand einiger Ratsmitglieder und Bürger, eine Hammerschmiede zur Eisenverarbeitung.
Die Fläche des Bielschen Rasens wurde bis dahin als Viehweide für die Schafherden genutzt. Die Schäferei protestierte gegen die Errichtung der Anlage, da dadurch Weideland verloren ging. Auch die örtlichen Schmiedeändungen befürchteten eine Konkurrenz durch den Hammerbetrieb. Trotz der Proteste stimmte der Rat und insbesondere Bürgermeister Conrad Fromann dem Antrag Schreibers mit der Auflage zu, einen jährlichen Grundzins an die Stadtkasse zu zahlen.
Produktion und Eisenverarbeitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Hammerschmiede wurde mit Wasserkraft eines Mühlgrabens Stabeisen geschmiedet. Das so genannte Krauseisen waren längliche Eisenstangen mit eingekerbten Kanten, die in Nagelschmieden zu Nägeln und anderen Eisenprodukten weiterverarbeitet wurden. Möglicherweise wurde in der Anlage auch das zur Münzprägung verwendete Bandeisen Zain produziert, obwohl Nordhausen selbst 1688 keine Münzprägestätte mehr besaß. Das Material könnte aber an umliegende Münzstätten geliefert worden sein.
In zeitgenössischen Berichten heißt es, der Hammer habe täglich soviel Eisen zubereitet, wie 10 Schmiedemeister mit ihren Gesellen. Dies erklärt den anfänglichen Widerstand der örtlichen Schmiede gegen die Genehmigung. Die in Nordhausen vorhandenen Branntweinbrennereien und Böttchereien zählten wohl zu den Hauptabnehmern des produzierten Eisens.
Wechselnde Besitzer ab 1726[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Johann Christoph Schreiber betrieb die Hammerschmiede bis 1726, als er sie für 5000 Taler an die Familie Lerche verkaufte. Bereits am 4. Juli des Jahres brach dort ein Feuer aus, das größeren Schaden anrichtete. Die Familie Lerche hielt den Besitz nur kurz, denn bereits 1731 ging die gesamte Anlage für einen hohen Gewinn an Siegfried Ernst Meyer über. Meyer war zugleich der Erbauer der untersten Hammermühle im Jahr 1716. Auf städtische Anordnung ließ Meyer 1731 auch eine Brücke über den Roßmannsbach errichten, die im Volksmund aufgrund ihres schlechten Zustands in einem bekannten Spottlied besungen wurde.
Einstellung der Eisenproduktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In späteren Jahren stellte sich aufgrund der schwierigen Brennstoffversorgung durch die weiten Kohletransporte zum Antrieb des Hammerwerkes heraus, dass der Betrieb auf Dauer nicht rentabel genug war. Noch im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde die Eisenproduktion nach und nach reduziert und letztendlich vollständig eingestellt. In direkter Umgebung zum Hammer gab es noch zwei weitere kleinere Ölmühlen, die aber ohne größere historische Bedeutung blieben.
Umbau zur Gaststätte ab 1730[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ab etwa 1730 wurde die ehemalige Hammerschmiede zu einer Gastwirtschaft mit eigener Brauerei für den Ausschank umgebaut. Im großen Garten der Anlage standen Bierbänke und Tische für die Bewirtung von Gästen. Laut Überlieferung gab es dort auch den zunehmend sauren Landwein aus den letzten in Nordhausen betriebenen Weinbergen. Die Gäste sollen den offenbar billigen Wein gleichwohl gerne und ohne Beschwerden getrunken haben.
In zwei Fischteichen, einem größeren länglichen und einem kleineren mit einem Pavillon auf einer Insel, wurden Fische für die Verköstigung der Gäste gezüchtet und frisch zubereitet.
Gastronomiebetrieb bis 20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Als Gastwirtschaft mit Biergarten und Fischteichen bestand der Hammer noch bis in die 1920er Jahre. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert gab es dort auch eine Kegelbahn und die Gartenwirtschaft diente als Verpflegungsstation bei Radrennen wie dem „Rund um den Harz“. Zu dieser Zeit sind in Adressbüchern mehrere namentlich genannte Gastwirte verzeichnet. 1935 wurde der Gastronomiebetrieb nach über 200 Jahren endgültig eingestellt.
- 1824: Gottfried Lauterbach
- 1848: Friedrich Schröder
- 1863: Friedrich Ziegler
- 1877: Carl Langenhahn
- 1895: Carl Lange
- 1912: Paul Hühn
- 1927: Adolph Ruhmann (Nordhäuser Kegelheim „Zum Hammer“)
- 1934: Fritz Wiegand
Auf einem Teil des ehemaligen Hammer-Geländes entstand in der Folgezeit die Baustoffhandlung Friedrich Gerlach. Der große Saal der früheren Gaststätte mit dem Namen „Conzert-Saal“, der zum Garten hin über große Fenster verfügte, wurde ebenfalls noch von der Baustoffhandlung mitgenutzt.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Rainer Hellberg; Fritz Schmalz: Der Mühlgraben von Nordhausen – Legende und Wirklichkeit, überarbeitete und erweiterte Neuauflage, Nordhausen: lepetit, 2011. ISBN 978-3-9812078-6-6