Kohnstein: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Kohnstein''' ist eine vorgelagerte Erhebung des Südharzes und befindet sich nördlich von Nordhausen. Das kleine Waldgebirge besteht zum größten Teil aus Dolomit, die Nord- und Ostwand aus Gips. Die Nordostecke fällt steil zur [[Zorge]] ab.
[[Datei:Kohnstein Nordhausen.JPG|thumb|Der Kohnstein vom [[Schurzfell]] aus gesehen]]
[[Datei:Blick vom Schnabel, Kohnstein Niedersachswerfen.jpg|thumb|Blick vom Schnabel mit dem Kohnstein (links) Richtung Niedersachswerfen]]


Rund ein Drittel des Kohnsteins wurde durch Gipsabbau im 20. Jahrhundert abgetragen. An dem Südostrand haben früher die Nordhäuser Bürger Steinbrüche angelegt, in denen sie Dolomitquader gebrochen und zugehauen haben. Diese Steine haben sie zum Bau der [[Stadtmauer]], Kirchen, Rathaus und anderer Gebäude verwendet.
Der '''Kohnstein''' ist eine vorgelagerte Erhebung des Südharzes und befindet sich nördlich von Nordhausen. Das kleine Waldgebirge besteht größtenteils aus Anhydrit mit einer oberen Gipsschicht. Die Entstehung des Gipses wird geologisch in die Zeit des Perm vor etwa 230 Millionen Jahren datiert. Der Kohnstein wird von sechs Gemeinden eingerahmt: Woffleben im Nordwesten, Niedersachswerfen im Osten, Krimderode und Salza im Südosten, Herreden im Süden sowie Hörningen im Westen. Die Nordostecke fällt steil zum Fluss [[Zorge]] ab.


Im Berg entstand durch den Gesteinsabbau ein umfangreiches Stollensystem, das während des Zweiten Weltkriegs durch Häftlinge des nahen KZ Mittelbau-Dora zur Produktionsstätte Mittelwerk für Rüstungsgüter umgebaut und erheblich erweitert wurde.
Charakteristisch für den Kohnstein sind zahlreiche Karsterscheinungen wie Einsturztrichter (Dolinen), Karsthöhlen, Ponore und Karstquellen. Zu den bekanntesten gehören das Hirschental mit seinen Dolinen, die Kunzenhöhle, die Kohnsteinschwinde (ein Ponor) sowie diverse Felsformationen wie der Große Katzenstein. Die Hauptwanderwege im Kohnstein sind mit Informationstafeln versehen, die über Pflanzen und Tiere des bewaldeten Höhenzuges, über die Entstehung von Erdfällen und Höhlen sowie über allgemeine ökologische Zusammenhänge informieren.


Den Namen erhielt der Berg durch seine nördliche Wand, die die Gestalt eines riesigen Kahnes hat, weshalb er auch als „Kahnstein“ bezeichnet wurde.  
Der Name „Kohnstein“ leitet sich vermutlich von der Form seiner nördlichen Wand ab, die an einen riesigen Kahn erinnert. Daher wurde er früher auch als „Kahnstein“ bezeichnet. In der Urgeschichte des Menschen, im sogenannten Diluvium, lebten im Bereich des Kohnsteins verschiedene Großtierarten, wie Knochenfunde von Mammut, Wollhaarnashorn und Riesenhirsch belegen.
 
Im Mittelalter spielte der Kohnstein eine wichtige Rolle für die Stadt Nordhausen. 1366 errichteten die Grafen von Hohnstein auf der Südostspitze die sogenannte [[Schnabelsburg]], von der aus sie Kaufmannswagen auf der nahen Handelsstraße überfallen ließen. Dies führte zu Konflikten mit Nordhausen, in deren Folge die Burg zerstört wurde. 1370 ging der Südostrand des Kohnsteins in den Besitz der Stadt Nordhausen über. Die schützende Stadtmauer Nordhausens wurde zu einem nicht geringen Teil aus Gipssteinen vom Kohnstein errichtet.
 
Seit dem Mittelalter wurde am Südostrand des Kohnsteins Gips für den Bau der Nordhäuser [[Stadtbefestigung Nordhausen|Stadtmauer]] und anderer Gebäude abgebaut. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der industrielle Gipsabbau, der sich im 20. Jahrhundert stark intensivierte. Insbesondere nach der Errichtung eines Ammoniakwerkes 1917/18 durch die BASF wurde der Abbau massiv ausgeweitet. Dies führte dazu, dass etwa ein Drittel des Berges abgetragen wurde. Täglich wurden dem Berg bis zu 5000 Tonnen Gips entrissen.
 
Während des Zweiten Weltkriegs entstand im Kohnstein ein umfangreiches unterirdisches Stollensystem. Ab 1943 wurde dieses durch Häftlinge des [[Konzentrationslager Mittelbau-Dora|KZ Mittelbau-Dora]] zur Rüstungsproduktionsstätte "Mittelwerk" ausgebaut. Hier wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen die Raketen V1 und V2 sowie Strahltriebwerke hergestellt. Mit 20 km Gesamtlänge war die unterirdische Fabrik weltweit die größte ihrer Art. Mehr als 20.000 Zwangsarbeiter kamen dabei ums Leben. Nach Kriegsende wurden die Anlagen demontiert und die Stolleneingänge 1948 gesprengt.
 
Trotz der massiven Eingriffe durch den Gipsabbau ist der Kohnstein heute ein beliebtes Wandergebiet. Ein Abschnitt des Karstwanderwegs führt durch den Kohnstein und informiert über die geologischen Besonderheiten sowie Flora und Fauna des Gebiets. Zu den markanten Punkten zählen das [[Hirschenteich|Hirschental]] mit dem Großen Katzenstein, die Kohnsteinschwinde, die Kunzenhöhle und die [[Sattelköpfe]] bei Hörningen. Der [[Salzaspring]] am Fuße des Kohnsteins ist die größte Karstquelle Thüringens.
 
Historisch interessant ist auch der [[Komödienplatz]], ein Ort im Kohnstein, an dem möglicherweise früher Schüler des [[Gymnasium Nordhausen|Nordhäuser Gymnasium]]s im Rahmen von Maienfesten Theaterstücke aufführten. Bis zum 18. Jahrhundert erhielt sich in Nordhausen der Brauch, dass Schüler des Gymnasiums in der Woche vor Pfingsten in den Kohnstein wanderten, um Birkenreiser zu schneiden, mit denen sie zu Hause Türen und Fenster schmückten.
 
Um den Kohnstein ranken sich verschiedene Sagen, etwa von einem Waldgeist, der zur Jagdzeit sein Unwesen treibt, oder von Mönchen, die sich von den Klippen gestürzt haben sollen. Diese Klippen wurden als [[Drei-Mönchs-Klippen]] bezeichnet und waren früher ein beliebtes Wanderziel, mussten aber dem Gipsabbau weichen.
 
== Siehe auch ==
* [[Kohnstein-Bühne]]
* [[Scharfenhagen]]
* [[Krähenhütte]]
* [[Lenzinmühle]]
* [[Großmutter (Kohnstein)]]
* [[Teufelsspuk in Nordhausen]]
 
== Literatur ==
* [[Hilmar Römer]]: ''Kleine Kohnstein-Fibel''. Nordhausen: reproFACTORY, ca. 2010.


[[Kategorie:Berg]]
[[Kategorie:Berg]]

Aktuelle Version vom 4. Juli 2024, 14:38 Uhr

Der Kohnstein vom Schurzfell aus gesehen
Blick vom Schnabel mit dem Kohnstein (links) Richtung Niedersachswerfen

Der Kohnstein ist eine vorgelagerte Erhebung des Südharzes und befindet sich nördlich von Nordhausen. Das kleine Waldgebirge besteht größtenteils aus Anhydrit mit einer oberen Gipsschicht. Die Entstehung des Gipses wird geologisch in die Zeit des Perm vor etwa 230 Millionen Jahren datiert. Der Kohnstein wird von sechs Gemeinden eingerahmt: Woffleben im Nordwesten, Niedersachswerfen im Osten, Krimderode und Salza im Südosten, Herreden im Süden sowie Hörningen im Westen. Die Nordostecke fällt steil zum Fluss Zorge ab.

Charakteristisch für den Kohnstein sind zahlreiche Karsterscheinungen wie Einsturztrichter (Dolinen), Karsthöhlen, Ponore und Karstquellen. Zu den bekanntesten gehören das Hirschental mit seinen Dolinen, die Kunzenhöhle, die Kohnsteinschwinde (ein Ponor) sowie diverse Felsformationen wie der Große Katzenstein. Die Hauptwanderwege im Kohnstein sind mit Informationstafeln versehen, die über Pflanzen und Tiere des bewaldeten Höhenzuges, über die Entstehung von Erdfällen und Höhlen sowie über allgemeine ökologische Zusammenhänge informieren.

Der Name „Kohnstein“ leitet sich vermutlich von der Form seiner nördlichen Wand ab, die an einen riesigen Kahn erinnert. Daher wurde er früher auch als „Kahnstein“ bezeichnet. In der Urgeschichte des Menschen, im sogenannten Diluvium, lebten im Bereich des Kohnsteins verschiedene Großtierarten, wie Knochenfunde von Mammut, Wollhaarnashorn und Riesenhirsch belegen.

Im Mittelalter spielte der Kohnstein eine wichtige Rolle für die Stadt Nordhausen. 1366 errichteten die Grafen von Hohnstein auf der Südostspitze die sogenannte Schnabelsburg, von der aus sie Kaufmannswagen auf der nahen Handelsstraße überfallen ließen. Dies führte zu Konflikten mit Nordhausen, in deren Folge die Burg zerstört wurde. 1370 ging der Südostrand des Kohnsteins in den Besitz der Stadt Nordhausen über. Die schützende Stadtmauer Nordhausens wurde zu einem nicht geringen Teil aus Gipssteinen vom Kohnstein errichtet.

Seit dem Mittelalter wurde am Südostrand des Kohnsteins Gips für den Bau der Nordhäuser Stadtmauer und anderer Gebäude abgebaut. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der industrielle Gipsabbau, der sich im 20. Jahrhundert stark intensivierte. Insbesondere nach der Errichtung eines Ammoniakwerkes 1917/18 durch die BASF wurde der Abbau massiv ausgeweitet. Dies führte dazu, dass etwa ein Drittel des Berges abgetragen wurde. Täglich wurden dem Berg bis zu 5000 Tonnen Gips entrissen.

Während des Zweiten Weltkriegs entstand im Kohnstein ein umfangreiches unterirdisches Stollensystem. Ab 1943 wurde dieses durch Häftlinge des KZ Mittelbau-Dora zur Rüstungsproduktionsstätte "Mittelwerk" ausgebaut. Hier wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen die Raketen V1 und V2 sowie Strahltriebwerke hergestellt. Mit 20 km Gesamtlänge war die unterirdische Fabrik weltweit die größte ihrer Art. Mehr als 20.000 Zwangsarbeiter kamen dabei ums Leben. Nach Kriegsende wurden die Anlagen demontiert und die Stolleneingänge 1948 gesprengt.

Trotz der massiven Eingriffe durch den Gipsabbau ist der Kohnstein heute ein beliebtes Wandergebiet. Ein Abschnitt des Karstwanderwegs führt durch den Kohnstein und informiert über die geologischen Besonderheiten sowie Flora und Fauna des Gebiets. Zu den markanten Punkten zählen das Hirschental mit dem Großen Katzenstein, die Kohnsteinschwinde, die Kunzenhöhle und die Sattelköpfe bei Hörningen. Der Salzaspring am Fuße des Kohnsteins ist die größte Karstquelle Thüringens.

Historisch interessant ist auch der Komödienplatz, ein Ort im Kohnstein, an dem möglicherweise früher Schüler des Nordhäuser Gymnasiums im Rahmen von Maienfesten Theaterstücke aufführten. Bis zum 18. Jahrhundert erhielt sich in Nordhausen der Brauch, dass Schüler des Gymnasiums in der Woche vor Pfingsten in den Kohnstein wanderten, um Birkenreiser zu schneiden, mit denen sie zu Hause Türen und Fenster schmückten.

Um den Kohnstein ranken sich verschiedene Sagen, etwa von einem Waldgeist, der zur Jagdzeit sein Unwesen treibt, oder von Mönchen, die sich von den Klippen gestürzt haben sollen. Diese Klippen wurden als Drei-Mönchs-Klippen bezeichnet und waren früher ein beliebtes Wanderziel, mussten aber dem Gipsabbau weichen.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hilmar Römer: Kleine Kohnstein-Fibel. Nordhausen: reproFACTORY, ca. 2010.