Adlerapotheke: Unterschied zwischen den Versionen
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Mit der Eröffnung der Neuen Ratsapotheke am [[Pferdemarkt]] 1732 erhielt die Adlerapotheke erstmals Konkurrenz in Nordhausen. Ihr über 200-jähriges Monopol wurde damit gebrochen. In der Folge setzte sich die Bezeichnung Alte Ratsapotheke durch. Ob bereits zu diesem Zeitpunkt oder erst später der Name Adlerapotheke aufkam, ist nicht eindeutig geklärt. Jedenfalls ist dieser Name in zeitgenössischen Akten nicht verbürgt und scheint eine spätere Rückprojektion zu sein. | Mit der Eröffnung der Neuen Ratsapotheke am [[Pferdemarkt]] 1732 erhielt die Adlerapotheke erstmals Konkurrenz in Nordhausen. Ihr über 200-jähriges Monopol wurde damit gebrochen. In der Folge setzte sich die Bezeichnung Alte Ratsapotheke durch. Ob bereits zu diesem Zeitpunkt oder erst später der Name Adlerapotheke aufkam, ist nicht eindeutig geklärt. Jedenfalls ist dieser Name in zeitgenössischen Akten nicht verbürgt und scheint eine spätere Rückprojektion zu sein. | ||
Zum [[Martinsfest]] 1895 wurde eine eiserne Gedenktafel für [[Justus Jonas]] an der Adlerapotheke, seinem Geburtshaus, enthüllt. | |||
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Aktuelle Version vom 13. Februar 2024, 12:51 Uhr
Die Adlerapotheke in Nordhausen, auch Alte Ratsapotheke genannt, entstand im 16. Jahrhundert und war bis zur Eröffnung der Neuen Ratsapotheke 1732 die einzige Apotheke für die Stadt und das weitere Umland.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Erstmals schriftlich erwähnt wurde eine Apotheke am Nordhäuser Markt 1506. Ob es sich dabei bereits um einen Vorgängerbau der heutigen Adlerapotheke handelte oder diese erst später an gleicher Stelle neu errichtet wurde, ist nicht geklärt.
Die Adlerapotheke stand als Ratsapotheke unter direkter Aufsicht und Kontrolle des Nordhäuser Stadtrates. Dieser erteilte einem von ihm bestellten Apotheker das Privileg zur Führung der Apotheke. Der Ratsapotheker erhielt anfangs noch ein jährlich festgelegtes Gehalt von 30 Gulden. Dieses stieg im 16. Jahrhundert auf bis zu 100 Gulden. Ab dem 17. Jahrhundert bekam der Apotheker kein Gehalt mehr, sondern musste eine festgelegte jährliche Pachtsumme sowie Naturalabgaben in Form von Gewürzen, Zucker, Rosinen und Ähnlichem an den Rat zahlen.
Neben diesen Verpflichtungen hatte die Ratsapotheke in ihrer über 200-jährigen Zeit als einzige Apotheke Nordhausens ein faktisches Monopol auf die Arzneimittelversorgung der Stadt und der Region. Sie versorgte im 16. und 17. Jahrhundert schätzungsweise zwischen 6000 und 10.000 Menschen.
In Visitationsberichten des 16. bis 18. Jahrhunderts wurden wiederholt Mängel am Arzneimittelvorrat sowie an der Arbeitsmoral und Dienstbereitschaft der Apotheker und Gehilfen gerügt. So beklagte der Stadtphysikus Wendelin Thal 1592 die schlechte Erreichbarkeit der Apotheke bei Notfällen. Die Apothekenbesucher würden „mit Schnacken“, also oberflächlich und wenig sorgfältig, behandelt. Auch die Lese- und Schreibfähigkeiten der Apothekergehilfen wurden bemängelt.
Mehrfach kam es aufgrund solcher Kritik zur Kündigung der Pacht oder der Anstellung von Ratsapothekern. Ein Beispiel ist der Apotheker Abraham Faltz, dem 1652 wegen Nachlässigkeit und „begangenen Exzessen“ fristlos gekündigt wurde. Auch für Patienten dürften sich die wechselnden Apotheker, teils ohne ausreichende Qualifikation, negativ ausgewirkt haben.
Die Pestepidemien des 16. und 17. Jahrhunderts, ebenso Kriege und Hungersnöte, brachten der Ratsapotheke starke Einschnitte beim Umsatz und der Warenversorgung. So mussten 1552 extra Sonderzahlungen an den Apotheker und seine Gehilfen geleistet werden. Ein Verkaufsregister aus den Monaten der Pest 1682 gibt detaillierten Einblick in die katastrophalen Versorgungsverhältnisse am Ende dieser Epidemie, als die Apotheke im November und Dezember jeweils nur noch an zwei bis vier Tagen überhaupt geöffnet hatte.
Auch die verheerende Stadtbrände trafen die Apotheke und ihren Warenbestand schwer. 1710 sollen 2000 Taler Schaden entstanden sein. Danach erfolgte ein teilweiser Wiederaufbau des Hauses, das bis heute in ähnlicher Form besteht.
Trotz dieser widrigen Rahmenbedingungen entstanden in der Adlerapotheke auch bedeutende Beiträge für Wissenschaft und Dokumentation. Ein vollständig erhaltenes Inventarverzeichnis aus dem Jahr 1650 zählt 292 vorrätige und 574 fehlende Arzneistoffe und Rezepturen auf. Die stolze Zahl der Positionen lässt auf einen sehr umfassenden Medikamentenschatz schließen, auch wenn vieles nicht durchgängig vorrätig war. Unter den vorhandenen Büchern wird auch das „Dispensatorium Augustanum“ genannt, eine damals weit verbreitete und maßgebliche Apotheken- und Rezeptursammlung.
Der Sohn des Apothekers Behrens, Georg Henning Behrens, gab 1703 das naturkundliche Werk „Hercynia Curiosa“ heraus, das teils auf den Erfahrungen seines Vaters mit seltenen Zutaten basierte.
Im 18. Jahrhundert häuften sich Hinweise auf Misswirtschaft und unhaltbare Zustände in der Alten Ratsapotheke. Nach dem Neuaufbau nach 1712 wurde die Instandhaltung des Hauses vernachlässigt, so dass es durchregnete und Arzneien verdarben. Die Versorgung mit gängigen Medikamenten wie der berühmten Goldtinktur aus Halle litt. Eine Anklageschrift der Bürger aus dem Jahr 1724 prangerte diese Missstände an.
Gleichzeitig stieg die jährliche Pachtzahlung sprunghaft auf über 1000 Taler an. Trotz einer Verwaltungsreform 1727, welche die Korruption eindämmte, blieben die Sonderabgaben an den Rat erhalten.
Mit der Eröffnung der Neuen Ratsapotheke am Pferdemarkt 1732 erhielt die Adlerapotheke erstmals Konkurrenz in Nordhausen. Ihr über 200-jähriges Monopol wurde damit gebrochen. In der Folge setzte sich die Bezeichnung Alte Ratsapotheke durch. Ob bereits zu diesem Zeitpunkt oder erst später der Name Adlerapotheke aufkam, ist nicht eindeutig geklärt. Jedenfalls ist dieser Name in zeitgenössischen Akten nicht verbürgt und scheint eine spätere Rückprojektion zu sein.
Zum Martinsfest 1895 wurde eine eiserne Gedenktafel für Justus Jonas an der Adlerapotheke, seinem Geburtshaus, enthüllt.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Antonia Jäger: Pocken, Pest und Pillen. Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2022. S. 309–320.