Amtsbuch der Reichsstadt Nordhausen 1312–1345: Unterschied zwischen den Versionen
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AMTSBUCH
DER REICHSSTADT NORDHAUSEN 1312-1345
Liber privilegiorum
et Album civium
Herausgegeben von
R. H. Walther Müller
Nordhausen 1956
Rat der Stadt Nordhausen (Stadtarchiv)
Inhaltsverzeichnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vorwort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die vorliegende Arbeit knüpft an eine Nordhäuser Tradition an. die auf die Quellenveröffentlichungen von Ernst Günther Förstemann[1] in den Jahren 1827—1836 zurückgeht, eine Tradition, die 1881 von Richard Rackwitz[2] fortgesetzt wurde, die aber bereits 1889 mit einer Edition von Paul Oßwald[3] abriß. Zwar haben die Bestrebungen, weitere Quellen des Nordhäuser Stadtarchivs zu publizieren, jahrzehntelang angehalten, leider ist ihnen aber ein Erfolg nicht beschieden gewesen.[4] Als Hans Silberborth 1933 in einem Zeitungsartikel[5] die Herausgabe eines Urkundenbuches und einiger mittelalterlicher Amtsbücher als wichtigste Voraussetzung für die Fortführung der Nordhäuser Ortsgeschichtsforschung bezeichnet hatte, schien der Anlaß gegeben, planvoll mit der Aufarbeitung der noch nicht erschlossenen Archivalien zu beginnen. Tatsächlich erschienen in erstaunlich kurzer Frist zwei Lieferungen eines Urkundenbuches im Druck.[6] Eine Fortsetzung dieser Arbeit verhinderte der Krieg. Alsbald nach seiner Beendigung und noch unter dem Eindruck der Zerstörungen, die die Stadt Nordhausen und beträchtliche Bestände ihres Archivs im Frühjahr 1945 betroffen hatten, drängte Silberborth erneut auf Sicherung gewisser Archivbestände durch Drucklegung. Dazu lag ihm zu der Zeit vor allem an einem lesbaren Text des sog. „Liber priviletgiorum et Album civium“, den er für seine Untersuchungen über die soziale und ständische Struktur der reichsstädtischen Bürgerschaft benötigte. Er übertrug daher 1946 einer auswärtigen Fachkraft die Bearbeitung wenigstens der Bürgerlisten des 14. Jahrhunderts. Audi dieses Projekt ist nicht zur Ausführung gekommen. Silberborth selbst starb 1949. In dieser Situation hätte es nahegelegen, die begonnene Arbeit am Urkundenbuch fortzuführen. Es stellte sich indessen heraus, daß die den bereits vorliegenden Teilen wie auch der Gesamtplanung anhaftenden Mängel durch Nachträge nicht zu beheben waren.[7] In gewissenhafter Erwägung der neben der Archivarbeit zur Verfügung stehenden Zeit und Kraft wurde daher das Projekt eines von Grund auf neu zu bearbeitenden Nordhäuser Urkundenbuches zurückgestellt und der in kürzerer Zeit zu bewältigende „Biber privilegiorum“ im Frühjahr 1954 in Angriff genommen.[8] Daß Herr Archivrat Dr. Hans Patze mich zu diesem Vorhaben in freundschaftlichster Weise ermutigte, sei ihm an dieser Stelle herzlichst gedankt.
R. H. Walther Müller
Einleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das von Prof. Dr. E. G. Förstemann, im Jahre 1858 angelegte „Repertorium der Handschriften und Urkunden des Archives der Stadt Nordhausen“ (DC VI lb) verzeichnet unter Ziffer 12 des Abschnittes „Werthvollere Handschriften“ den
Der Notiz Förstemanns hinsichtlich der Schenkung (die übrigens bei einer Reihe weiterer Zimelien auch vermerkt ist) ist zu entnehmen, daß die in Rede stehende Handschrift dem Archiv zeitweise entfremdet worden sein muß. Ob das im Zuge der Übernahme der städtischen Verwaltung durch Preußen (1802) geschah, ob reichsstädtisch gesinnte Bürger die wertvollsten Zeugnisse der Nordhäuser Geschichte vor dem „Eindringling“ in Sicherheit gebracht haben, läßt sich nicht nachweisen, wiewohl die Vermutung nahe liegt. Jedenfalls verdanken wir Förstemann ihre Wiederauffindung und Rückerwerbung. Als das Staatsarchiv in Magdeburg 1937 seine Erhebungen über die in der Provinz Sachsen vorhandenen älteren Bürgerbücher abgeschlossen hatte, ergab sich, daß das Nordhäuser „Album civium“ von 1312—1345 das älteste dieser Kategorie ist und sich als einziges im Besitze des zuständigen Archivs befindet.[10] Die äußere Beschaffenheit des unter der Signatur II Xe 1a vorliegenden Quartbandes von 20X16 cm zeigt folgende Merkmale: Der Einband besteht aus zwei einseitig geglätteten Pergamentblättern verschiedener Größe, von denen das vordere um den Rücken herumgekläppt und durch ein pergamentenes Flechtband mit der Rückseite verbunden ist. In diese Decke sind ungleich beschnittene Pergamentbogen in 8 Lagen von unterschiedlicher Stärke eingeheftet. So besteht die
mithin das ganze Buch aus 130 Seiten, die erst in neuerer Zeit auf den ungeraden Seiten paginiert worden sind. Die ersten 4 Lagen = 80 Seiten enthalten die „Privilegia“ (P), wobei pag. 17—20, 37 und 80 nicht beschrieben sind; die restlichen Lagen = 50 Seiten dienen der Aufzeichnung der „Cives“ (C) sowie einiger Zinsverbindlichkeiten. Hier sind pag. 95, 96, 121—125 und 127—129 unbeschrieben. Daß beide Teile, P und C, von Anfang an in einem Buche vereinigt gewesen sind, geht daraus hervor, daß die Privilegienein- tragungen des Jahres 1318 versehentlich unter die Bürgereintragungen des gleichen Jahres (pag. 90/91) geraten sind. Eine entsprechende Verweisung hat der Schreiber auf pag. 11 gesetzt. Weiterhin hat er am Kopfe der zu Teil P gehörenden Pag. 28 zunächst „cives“ gesetzt, das Wort dann ausradiert und richtig „privilegia“ daneben geschrieben. Das Schriftbild sowie die allgemeine Ordnung der Eintragungen zeigen gemäß dem Charakter der Handschrift als eines bedarfsweise geführten Amtsbuches erhebliche Unterschiede. Die anfänglich vorgesehene Linienumrahmung der Seiten unterbleibt vorübergehend jahrelang. Daß die Schreiber mehrfach wechseln, ist nicht allein auf den Zeitraum von 34 Jahren, in dem das Buch im Gebrauch war, zurückzuführen. Mitunter finden sich in einem Jahre zwei oder mehr unterscheidbare Hände. Zwei von den Schreibern haben sich durch „ego“ bzw. „michi“-Notizen selbst kenntlich gemacht. Der eine ist der Notarius Helwicus de Waldirstete (pag. 102), der andere der Notarius Henricus de Laran (pag. 119). Letzterer ist als Stadtschreiber bereits aus dem 1350 begonnenen „Rauhen Buch“ und einer darin befindlichen Urkundenabschrift bekannt, die ihn „Henricus dictus Laran, plebanus in Nora“ nennt.[11] Inhaltlich gliedert sich unsere Handschrift, wie bereits erwähnt wurde, in die beiden Hauptteile P (privilegia) und C (cives). Daneben enthält sie einige Eintragungen, die zwar auch amtlichen Charakter tragen, aber nicht notwendig hier herein gehören. Da sind auf pag. 38/39 die Einnahmen aus Münze, Zoll und Schultheißenamt für die Jahre 1314—1322 verzeichnet, auf pag. 126 und 130 etliche Zinsverkäufe des Rates im Jahre 1343. Des weiteren finden sich chronikalische Aufzeichnungen, die die Schreiber für überlieferungswert hielten. So heißt es gleich vom auf der Innenseite des Umschlages: „anno domini MCCXXIII hec civitas Northusen quasi totaliter destructa fuit per incendium, casuale inceptum a domo Rolappen.“ Auf pag. 41 wird der Einfall der Honsteiner, Stolberger und Beichlinger Grafen durch das Altentor in die Stadt am Freitage vor Palmarum 1329 geschildert. Auf pag. 57 ist die 1336 erfolgte Einführung eines neuen Sekretsiegels des Rates, das den behelmten Adler darstellt, erwähnt. Desgleichen wird hier von der Ausgabe neuer, kleiner Silderdenare berichtet. Vor dem Eingehen auf den eigentlichen Inhalt des „Liber privilegiorum seu litterarum cum Albo civium“ (LP) erscheint es angebracht, die wichtigsten Daten der Nordhäuser Geschichte von 1312 bis 1345, wie sie bisher vornehmlich aus Urkunden erschlossen worden sind, kurz zu streifen. Es erübrigen sich dadurch, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Verweisungen auf die „dispositiven Urkunden“, die ohnehin vom Leser in Ermangelung eines Urkundenbuches vorläufig nicht verglichen werden können. Als man daran ging, den LP anzulegen und zu führen, waren knapp hundert Jahre vergangen, seit Nordhausen der Abhängigkeit von der Herrschaft des Stifts zum heiligen Kreuz ledig geworden war (1220). Aus den reichen Altbürgem, den burgenses, hatte sich Mitte des Jahrhunderts ein Rat gebildet, gleichzeitig waren die Grundgesetze der Bürgerschaft kodifiziert worden. 1267 wurde der Stadt vom Landgrafen von Thüringen und Markgrafen zu Meißen das privilegium de non evocando bestätigt. Um 1277 zerstörten die Bürger die Burg Northusen; die daraufhin erfolgende Reichsacht wurde 1290 aufgehoben. Inzwischen hatte der Ra,t an Stelle des alten Kaufhauses (antiquum mercatorium) ein Rathaus erbauen lassen und eine Neufassung der Statuten vorgenommen. Am 1. November 1290 bestätigte Rudolf I. zu Erfurt alle Privilegien der Stadt, wobei der Erwerbung persönlicher Freiheit nach „einem Jahr und sechs Wochen“ Ansässigkeit ausdrücklich gedacht wurde. Um die Jahrhundertwende stellte Nordhausen eine reichsunmittelbare Stadt dar, die ihren Bereich mit Mauern umgürtet, darüber hinaus sich durch einen Bündnisvertrag mit den Städten Erfurt und Mühlhausen gesichert hatte. Durch Kaufvertrag vom 23. Juni 1315 erwarb der Rat von den Grafen von Honstein einen sich rings um die Stadt ziehenden Geländestreifen. 1319 erlangte er die päpstliche Genehmigung zur Errichtung einer bürgerlichen Stadtschule. Damit war das Monopol der Domschule im Kreuzstift gebrochen, zugleich freilich die Feindschaft des Stifts gegen das bürgerliche Regiment neu angefacht. Als Ludwig der Baier im Mai 1323 die Stadt Nordhausen seinem Schwiegersöhne, dem Markgrafen Friedrich von Meißen, verpfändete, entstanden im Rate Unstimmigkeiten; es bildeten sich zwei Parteien. An die Spitze der einen trat Heino von Wechsungen. Er wußte die Handwerker und die brachiale Gewalt des „Herrn Omnis“ für sich zu gewinnen. Die gegnerischen Ratsmitglieder wurden 1324 aus der Stadt vertrieben. Das gleiche Schicksal erlitten die Domgeistlichen, die sich für befugt hielten, gegen das neue Regiment zu schüren. So hatte die Stadt mit einem Schlage drei erbitterte Feinde: den Kaiser, an den sich die vertriebenen Patrizier hilfeheischend wandten, den Mainzer Erzbischof, der seine Kleriker schützen und restituieren mußte, und den Grafen von Honstein, der gerade eben erst (1323) mit dem Schultheißenamt in Nordhausen belehnt worden war. Diesem Honsteiner fiel die Aufgabe zu, die aufrührerische Stadt zur Botmäßigkeit zurückzubringen. Durch Sperrung aller Zufuhren an Lebensmitteln und Holz zwang er den Rat zu einer teilweisen Kapitulation. Heino von Wechsungen mußte abtreten; 1326 durften die vertriebenen Geistlichen in die Stadt zurückkehren, dagegen beharrte der Rat auf seinem Standpunkt gegenüber den verbannten Ratsherren. Deren gewaltsame Versuche, wieder in die Stadt zu gelangen, schlugen fehl. Der 14. April 1329, an dem ein bewaffneter Einfall mit Hilfe benachbarter Grafen durch das Alten(Barfüßer-)Tor von der Nordhäuser Bürgerschaft vereitelt wurde, wunde für Jahrhunderte zum Gedächtnistag bürgerlicher Einmütigkeit und Abwehrbereitschaft. Erst 1333/34 fand Nordhausen sich bereit, mit der Einwilligung zur Zahlung der vom Kaiser auferlegten Pfandsumme zehnjährige Wirren zu beenden. Während dieser Vorgänge versuchte das Kloster Himmelgarten, das wenige Kilometer ostwärts der Stadt auf Honsteiner Gebiet lag, im Stadtinnern Fuß zu fassen. Obgleich die Nordhäuser Statuten den Verkauf oder die Schenkung städtischen Grundbesitzes an die tote Hand untersagten, obgleich auch die Himmelgartener Mönche sich durch Brief und Siegel verpflichtet hatten, die ihnen „in den Töpfern“ geschenkten Grundstücke nicht zu bebauen, errichteten sie dort 1337 eine Kapelle mit Altar und Nebengebäuden. Ein jahrelanger Prozeß war die Folge, in dem schließlich die städtischen Rechte obsiegten. 1345 wurden die Baulichkeiten der Servitenbrüder in den Töpfern radikal beseitigt. Der Gegensatz dieses häufig dramatischen Geschichtsablaufes zu den nüchternen Aufzeichnungen unseres LP unterstreicht die Bedeutung des letzteren. „Die dispositiven Urkunden verleiten nur zu leicht zu wirklichkeitsfremden Deutungen, bedürfen daher der Ergänzung durch Zeugnisse über konkrete Vorgänge, wie sie gerade in den Stadtbüchern zu Gebote stehen“.[12] Da werden den eigentlichen Eintragungen in P und C zunächst einmal monoton anmutende Ratsherrenlisten (R) vorangestellt, in denen Jahr für Jahr die im Amte befindlichen (sitzenden) Ratsherren, an ihrer Spitze die beiden regierenden Bürgermeister (Ratsmeister, magistri consulum) aufgezählt werden. Dabei ergibt eine genaue Aufschlüsselung dieser Ratsherrenlisten13 eine überraschende Einsicht in die Struktur des Nordhäuser Rates während der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Während nach bisheriger Auffassung, die auch noch von Silberborth[13] vertreten wird, die verfassungsmäßigen drei Ratsregimenter sich nach oligarchischer Manier in stetem Wechsel wiederwählen, läßt sich hier nachweisen, daß während des Zeitabschnitts von 1312—1345 jährlich bis zu 8 Männern neu in den Rat gelangen, unter denen sich sowohl Handwerker als auch Neubürger befinden. Wenn demzufolge im Verlauf von 34 Jahren in einer Stadt von schätzungsweise 3000 Einwohnern mehr als 200 Bürger wenigstens einmal Mitglied des Rates sind und wenn in der gleichen Zeit 30 verschiedene magistri consulum fungieren, so läßt das doch auf ein durchaus freizügiges, demokratisches Prinzin bei der Besetzung der Ratsstellen schließen. Auf jeden Fall werden die der bisherigen Ansicht zugrunde liegenden Verhältnisse des 17. und 18. Jahrhunderts, soweit sie Wahl und Zusammensetzung des Rates betreffen, künftig nicht mehr für das 14. Jahrhundert anzunehmen sein. Daß der sitzende Rat nicht immer vollzählig gewählt wurde, weisen die Jahre 1317 mit 17, 1322 mit 16 und 1343 mit 17 statt der regulären 18 Mitglieder nach. Aus Gründen der Raumersparnis werden im nachfolgenden Text die Namen der Ratsherren nur im Teil P gebracht. Abweichungen gegenüber C, die bisweilen zur Identifizierung einiger Namen verhelfen, sind durch Fußnoten kenntlich gemacht. Dem Umfange wie der Bedeutung nach stellt nun Teil P den wichtigsten und ergiebigsten Bestandteil des LP dar. Die hierin enthaltenen Eintragungen waren dazu bestimmt, der reichsstädtischen Verwaltung (dem Rate) einen Überblick und eine Kontrolle über die von ihrem Notarius besiegelten Rechtsverträge zu gewähren. Bei diesen Verträgen handelte es sich aber keineswegs nur um solche, in denen der Rat selbst Partner war, also um Verträge staatsrechtlicher Bedeutung, sondern in weit größerem Umfange um privatrechtliche Abmachungen von Bürgern untereinander. Während die im Anschluß an die Aufzählung der amtierenden Ratsmitglieder übliche Formel anfangs lautet: „privilegia sub- scripta sunt data“ oder „data sunt infrascripta privilegia“, wird seit 1330 formuliert: „acta sunt subsequencia et sigillata“ und seit 1341 noch unverbindlicher: „subsequencia sunt sigillata“. Zugleich wird im Texte selbst das Wort „privilegium“ durch „littera“ abgelöst, sofern es sich nicht im Einzelfall um ein „procuratorium“ oder ein „mandatum“ dreht. Der Schreiber scheint sich darüber klar geworden zu sein, daß es sich in den weitaus meisten Fällen' ja gar nicht um ein „datum“ und „actum“, d. h. um eine Willensäußerung des Rates oder um eine Vollziehung in Gegenwart der Kontrahenten handelt, sondern um eine mehr oder weniger formale Besiegelung, der allerdings das juristische Einverständnis des Notarius zugrunde lag. Möglicherweise enthält das pag. 27 vorkommende „siligilavimus“ (etwa in der Bedeutung von „haben wir mit Weizenmehl — siligo — bestreut“) eine launige Kritik des Schreibers am Formalismus. Beachtenswert erscheint die in den Jahren 1330/31 erstmalige Erwähnung von Urkunden, die in deutscher Sprache (thetunice scripta) ausgefertigt worden sind. Einige Beispiele der vom Rate selbst gegebenen Urkunden werden die Skala des Privilegienbegriffs verdeutlichen. Vom Fürsten bis zum Bettler sind alle Stände vertreten. Mit dem Markgrafen von Meißen wird 1333 ein Vergleich geschlossen, durch den die Zahlung einer Pfandsumme von 3000 Mark geregelt wind. A conto dieses Betrages erhebt der Ritter Gotfried Schindekopf 1334 dreihundert und sechzig Mark.[14] Verträge mit den benachbarten Grafen von Honstein kommen wiederholt vor, auch die Blankenburger und Regensteiner sind als Kontrahenten belegt. Vom hohen Klerus erscheint der Magdeburger Erzbischof 1337 mit einem Vergleich. Klöster, Kirchen und einzelne Geistliche geben ständig Anlaß zu Brief und Siegel. Von besonderem Interesse ist 1331 die Abmachung mit den Predigerbrüdern, die für jährlich 2 Mark eine ewige Messe für die Gefallenen von 1329 lesen sollen. 1345 wird der Vertrag mit den Städten Mühlhausen und Erfurt erneuert. Mit den Bürgern von Ellrich wird 1330 eine Übereinkunft wegen der Ausgabe neuer Denare getroffen. Sehr bezeichnend ist die wiederholte Erwähnung von Gesandten der Stadt bei der römischen Kurie. Pünktlich alle zwei Jahre werden den beiden dazu bestallten Juristen ihre Akkreditive ausgehändigt. Auf ebenso pünktliche Rückgabe ihrer Vollmachten wird strikt geachtet. Unter den an Bürger gegebenen Urkunden fallen diejenigen auf, mit denen in dem kritischen Jahre 1329 mehrere namhafte Männer ausgezeichnet werden, weil sie dem Rate Anzeige von drohender Entfremdung städtischen Grundbesitzes erstattet haben. Als Korporationen erscheinen 1314 die Fleischhauer und 1321 die Schuhmacher, letztere anläßlich des Zusammenschlusses zweier Innungen zu einer einzigen. Aufschlußreich über die Stellung der Juden in der Stadt sind die Eintragungen von 1333 und 1334. Hier autorisiert der Rat die Judenschaft, Widersetzlichkeiten einzelner Glaubensgenossen gegen die Ratsverfassung'selbst zu ahnden, ja sogar, Untereinander eine Selbstverwaltung zu führen. Zum Schluß soll der wiederholten Genehmigungen zum Almosensammeln gedacht wenden, die der Rat den Insassen der städtischen Hospitäler erteilt. Nicht minder vielseitig sind die litterae privatrechtlichen Inhalts. Bei ihnen geht es selbstverständlich vor allem um Geld und Geldeswert. So bilden Kauf und Tausch von Häusern und Äckern, Miete, Pacht, Hypotheken, Darlehen, die Entlassung von Kindern aus der väterlichen Gewalt, Mitgift u. a. m. den Inhalt der Verträge, die dem Rate, bzw. seinem notarius nublicus, vorgelegt werden. Auf eine der Zeit eigentümliche Form des Darlehns oder der Anlegung von Kapitalien sei hier besonders hingewiesen. Es handelt sich um den Kauf oder Verkauf von Zins, der einen beachtlichen Umfang in den vorliegenden Privilegien einnimmt. Ein paar Beispiele mögen die Terminologie, die bei der Knappheit der Wiedergabe oft verwirrend erscheint, verständlicher machen. Wenn im Jahre 1320 die Witwe von Hermann Kale eine Mark Zins von zwei neuerbauten Häusern am Steinwege verkauft (pag. 14), so heißt das, daß sie für ein Kapital, das zum Hausbau verwendet worden ist, jährlich 1 Mark Zins zu zahlen hat. Wenn 1332 die Söhne Segemunds sich den Kauf von 1 Mark Jahreszins gegenüber Gotschalk Schreiber attestieren lassen (pag. 48), so ist darunter zu verstehen, daß sie Schreiber eine Summe Geldes geliehen haben, die dieser mit jährlich 1 Mark verzinsen muß. Komplizierter erscheint im gleichen Jahre (pag. 49) der Fall des Werner Steinmetz, der 1 Mark Zins auf das Haus eines gewissen Peter Axensteller von Thilo von Urbach gekauft hat. Die Sache erklärt sich einfach so, daß Thilo zum Ankauf von Peters Haus sich ein gewisses Kapital von Werner erborgt hat, dem er dafür jährlich 1 Mark Zins zahlt. Es hat mithin den Anschein, als ob nicht das fluktuierende Kapital die kontrollierende Obrigkeit interessiert, sondern lediglich der Zins, mit dem jemand seine Güter verbessert. In Wahrheit haben wir es mit einer Umgehung des kanonischen Rechts zu tun, das das Zinsnehmen als Wucher verpönte. Unter Verschleierung der Beziehung zwischen Darlehn (Kapital) und Zins wird letzterer zu einer handelbaren Rente, die derjenige sich „kaufen“ kann, der sein Kapital arbeiten läßt. Der Zinskäufer ist also der Darlehnsgeber (Kapitalgläubiger), der Zinsverkäufer der bedürftige Darlehnsnehmer (Kapitalschuldner). Einen besonderen Reiz gewährt es nun, auch „das Rathaus“ (pretorium, consistorium) in dergleichen Zinstransaktionen verflochten zu sehen. Was hat es zu bedeuten, wenn (pag. 50) Conrad von Elnrode ein Zins von 3 Mark Silber bestätigt wird, der ihm jährlich „vom Rathause“ zu zahlen ist? Oder wenn Werner Kale als gekauften Zins alljährlich 4 Mark in reinem Silber vom Rathause auf 40 Mark Silber erhält, die er seinen Söhnen übereignet hat? Hier handelt es sich offensichtlich um Darlehen kapitalkräftiger Bürger an die Stadtkasse, die der städtischen Finanzverwaltung bisweilen nicht unerwünscht gewesen sein dürften. Gelegentlich wird die Stadt geradezu eine Anleihe aufgelegt haben, wie beispielsweise die gehäuften Zinskäufe „de pretorio“ im Jahre 1333 vermuten lassen. Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir diese Anleihe mit der Zahlung der Pfandsumme an den Markgrafen von Meißen in Verbindung bringen. Eine zehnprozentige Verzinsung von Darlehen entsprach dem in jener Zeit üblichen Satze.[15] Wenn gelegentlich der Zinssatz niedriger angegeben wird (2 von 24 Mark, 1 von 13 Mark = etwa 8 Prozent), so kann angenommen werden, daß in diesen Fällen weniger ein Anleihebedarf der Stadt, als vielmehr ein Anlagebedürfnis des Zinskäufers vorlag. Wir haben hier sozusagen eine Vorstufe der Stadtsparkasse vor uns.[16] Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß auch kleine Geldbeträge gehandelt werden; gelegentlich besteht sogar ein Teil des vereinbarten Zinses in Naturalien.[17] Auf die Ergiebigkeit des Teils P unserer Handschrift für Untersuchungen über die Vermögenskapazität einzelner patrizischer Familien kann hier nicht näher eingegangen werden[18]. Allein die Erkenntnis, wie sich unter der brodelnden Oberfläche politischen Geschehens das bürgerliche Erwerbsleben in der Stille abwickelt, liefert der Ortsgeschichtsforschung einen willkommenen Beitrag. Die Bedeutung des Bürgerregisters (C) hat für die Dauer seiner Gültigkeit fraglos darin gelegen, den Nachweis über den geleisteten Bürgereid zu führen und eine Kontrolle über die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten der Bürger auszuüben. Daß schon vor 1312 ein solches Verzeichnis bestanden hat oder daß gleichzeitig mit dem vorliegenden eine Bürgerrolle der Alteingesessenen angefertigt wurde, muß bezweifelt werden. Weder unsere Handschrift noch andere Quellen enthalten dafür Anhaltspunkte. Die rasche Entwicklung seit 1220, vor allem aber seit dem Ausgange des 13. Jahrhunderts, die durch ständige Zuwanderung verursacht wurde und ihrerseits immer neue, tatkräftige Elemente anzog, mußte schließlich zur Aufzeichnung der wichtigsten Verwaltungsvorgänge zwingen. Die außergewöhnlich hohe Zahl der Bürgeraufnahmen gleich zu Beginn des Registers läßt vielleicht einen äußeren Anlaß zu seiner Anlegung erkennen. Unter den 98 Neubürgern des Jahres 1312 sind außerordentlich viel Frauen, und von diesen werden 34 mit „soror“ gekennzeichnet. Es liegt nahe, an eine „Verpflichtung“ der Cister- cienserinnen im Altendorfe zu denken, die 1294 von ihrem bisherigen Wohnsitz in Bischoferode dorthin übersiedelt waren.[19] Der Rat der Stadt mag Gründe gehabt haben, die Nonnen dieses extra muros gelegenen Klosters, die vermutlich zum Teil feudalen Familien der Umgegend entstammten, durch den Eid auf die Nordhäuser Statuten unter seine Jurisdiktion zu bringen. Möglicherweise sind bei dieser Gelegenheit aber auch die grauen Nonnen vom Frauenberge „Bürgerinnen“ geworden, denn mehr als 15 bis 20 Konven- tualinnen dürfte keines dieser beiden Klöster gehabt haben.[20] Ist schon aus diesem Beispiel ersichtlich, daß Teil C nicht als bloßes Namenverzeichnis zu werten ist, das man allenfalls zu genealogischen Zwecken benutzen kann, so erweist eine genauere Analyse seine Bedeutung in verfassungs-, rechts- und kulturhistorischer Hinsicht. Zwar sagt dieses Amtsbuch ebensowenig wie die Statuten etwas Grundsätzliches darüber aus, unter welchen Voraussetzungen überhaupt das Bürgerrecht erworben werden konnte. Wohl aber zeigt eine Reihe von Sonderfällen, wie sehr das Schwergewicht dieses „Rechts“ auf der Seite der Bürgerpflicht ruhte. Zunächst ist festzustellen, daß weder der Besitzstand, noch Beruf oder soziale Stellung ausschlaggebend für die Gewährung des Bürgerrechts waren. Männer und Frauen, Christen und Juden, Herren, Dienstboten und Tagelöhner, geborene Nordhäuser und zugewanderte Fremde konnten es erlangen. Es finden sich aber wiederholt Fälle, in denen die Bürgerrechtsverleihung überhaupt nicht von der Initiative des Empfängers ausging, sondern von Rats oder Verfassung wegen verfügt wurde! Von den Nonnen im Altendorfe und auf dem Frauenberge wurde schon berichtet. In der gleichen euphemistischen Form nahm man gewissermaßen einen Diensteid auch den Ratsdienern, sowie den Knechten und Mägden der Herren, die öffentliche Ämter bekleideten, ab. Es nützt den beiden Ratsdienern Kanzapfe und Bertold nichts, daß sie nachweisen, bereits Nordhäuser Bürger zu sein. Sie müssen 1312 den Eid auf die Statuten der Stadt leisten und werden ordnungsgemäß eingeschrieben, ja, Bertoldus, iam servus consulum, wird 1331 der Prozedur abermals unterzogen. Gele, die ehemalige Magd des Propstes, wird 1338 ebenso vereidigt wie Jutta, die bei Herrn Helwicus in Dienst steht. Vermutlich ist dieser Herr der notarius publicus Helwicus von Waldirstete, der schon 1331 seine Magd Mechtild von Bennungen eigenhändig in das Bürgerregister eingetragen hatte. Wenn 1331 ausdrücklich geschrieben steht, daß der Rat dem Meister Bertold, dem Erbauer steinerner (gepflasterter) Straßen, das jus civile verliehen hat, so kann man hier wohl eine Auszeichnung des kunstfertigen Mannes, nicht aber eine Verpflichtung annehmen. Immerhin muß die Aufforderung seitens des Rates, das Bürgerrecht zu erwerben, nichts Ungewöhnliches gewesen sein. Heißt es doch in den Statuten von 1308[21]: „Wert ein man eder ein vrowe ane gisprochen umme borgerrecht zu gewinne, spricht he, daz he zu arm si, so sal he giwere uf den heligen, daz sin habe unde gut nicht vumf mark wert si, iz en were danne mi Rate wizzentlich.“ Daß auch Personen, die nicht einmal ihren Wohnsitz in Nordhausen hatten, das hiesige Bürgerrecht haben konnten, ergibt sich aus dem Falle des Theodor von Auleben, der 1334 in Sondershausen wohnt. Bürgerrecht „propter nuptias“ (ex nuptiis), bei dessen Erwerbung einem Ausländer, der eine Nordhäuserin heiratete, gewisse Vergünstigungen zuteil wurden, läßt sich hier 1331, 1335 und 1336 nachweisen. Abgesehen von dergleichen verfassungsrechtlichem Material hat Teil C natürlich eine erhebliche Bedeutung für die Namenskunde. Ein genaueres Eingehen auf die Entstehung und Entwicklung der hier vorkommenden Familien- und Ortsnamen erübrigt sich, da Förstemann dieses Thema bereits 1855 unter Verwertung des LP ausgiebig behandelt hat.[22] Wohl aber sollen einige Hinweise gegeben werden, die der Benutzung dieser Textveröffentlichung förderlich sein können. Es ergibt sich dabei von selbst, daß bei der Betrachtung der Namen die Teile P, C und R zusammen behandelt werden müssen. Von den in unserer Handschrift erwähnten annähernd 1300 Personen hat nur eine Minderheit bereits einen Familiennamen, d. h. einen Kenn-Namen, der die Zugehörigkeit zu einer Familie ausdrückt und der innerhalb der Familie erblich ist. Dabei befinden sich solche, die aus Rufnamen gebildet worden sind (Patronymika), wie Alexan- dri, Bertrami, Brunonis (die später zu Alexander, Bertram und Bruno werden können), solche, die Eigenschaften ausdrücken, wie Fortis (Stark), Calvus (Kahl), Longus (Lang) oder Berufsbezeichnungen, wie Pistor (Bäcker), Sartor (Schneider) oder Scriptor (Schreiber). Bemerkenswert sind doch eine ganze Menge von Familiennamen, denen ihr Ursprung nicht mehr oder nur schwer anzusehen ist, die also schon die Glätte längeren Gebrauchs aufweisen. Dazu gehören beispielsweise Braseke, Buchsorge, Egen, Gluman, Haldung, Henschner, Hozze, Kleppfing, Muter, Nayl, Plimpe, Rudel, Salemmer, Stereyf, Ulner, Walpurgis u. ä. Die überwiegende Mehrzahl der Unterscheidungsnamen aber ist doch noch mit Hilfe von Ortsnamen gebildet, gibt also mit vorgesetztem „de“ (das seit 1341 bisweilen durch deutsches „von“ abgelöst wird) die Ortsherkunft wieder. Bereits gegen Mitte des 14. Jahrhunderts ist in einzelnen Fällen die Wandlung vom Her- kunfts- zum echten Familiennamen durch Wegfall des „de zu beobachten, beispielsweise bei Werther und Stolberg. Eine Abart dieser Herkunftsnamen, die wesentlich seltener auftritt, drückt topographische Beziehungen aus, wie z. B. uß me Tyrgarten, von der Hutten, bi dem Bonn, bi me Angere, in dem Schul, von der Gazze, de Gasthus usw. Es ergibt sich mit aller Deutlichkeit, wie sehr die Formung von Familiennamen zu dieser Zeit noch im Flusse ist, wie labil selbst der Gebrauch eines Namens bei einer Person sein kann und mit welcher Unsicherheit mitunter gewisse Personen identifiziert werden können. Im allgemeinen läßt die in der Handschrift übliche lateinische Version eines deutschen Namens die wirkliche Gebrauchsform ja erkennen. So finden sich neben den „Lapicida“ die Steinmetz, neben „Aurifaber“ Goldsmed, neben „Institor“ Kremer, und aus „de antiquo mercatorio“ ist Koufhus geworden. Daß indes der Ratsherr Conradus Princeps von 1312 mit dem Ratsherrn Conradus Vorst von 1319 identisch ist, kann doch nur unter Einbeziehung niederdeutscher Wortformen erschlossen werden. In dem einmal auftretenden „Pilleator“ (Filzhutmacher) könnte der anderwärts übliche Familienname Filzer, Filser, Filter (die letztere Form kommt im 18. Jahrhundert öfters hier vor) vermutet werden, wenn nicht dem „Pilleator“ in der Ratsherrenliste des Jahres 1331, Teil P, ein „Hüter“ in Teil C gegenüberstände.[23] Die Problematik der Kenn-Namen wird aber auch in rein deutschen Bezeichnungen sichtbar. Ein Hermannus de Urbeche wird neu gekennzeichnet durch „von der Gazze“ (C 33), ein gewisser Wolf (Lupus) durch „scilicet Gerwicus de Sangerhusen“ (P 18), ein Mann mit dem gewiß charakteristischen Namen „de Reno“ durch den Zusatz „de Stalberg“ (C 37, R 45). Unter mehreren Personen „de Bergoz“ wird Bertholdus durch ein „dictus Rath?ebe“ hervorgehoben (C 29, P 32). Kerstan Colonus wird zu Haveman (Hove- man) (R 23), der Sohn des Messerschmiedes Th. de Ebra nennt sich Hermannus de Northusen (P 35), vielleicht, weil er als Syndicus und Procurator seiner Stadt bei der römischen Kurie diesen Namen für repräsentabler hält, wird aber gleichwohl später wieder als Hermannus de Ebra (P 37) bezeichnet. So kann es am Ende nicht verwundern, wenn von zwei Brüdern der eine „de Badungen“, der andere „de Elenrode“ heißt (C 20). Diese Vielfalt des Namensgebrauches in eine gewisse Ordnung zu bringen und durch ein alphabetisches Namenregister die Benutzung des Textes zu erleichtern, bedeutete eine nicht ganz leichte Aufgabe. Es wurde dabei so verfahren, daß die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale vorangestellt wurden, ganz gleich, ob es sich um Ruf-, Familien- oder Herkunfts(Orts)namen handelt. Dabei wurden Berufsbezeichnungen grundsätzlich dann als Familiennamen angesehen, wenn nicht aus dem Text eindeutig hervorging, daß sie die Berufsausübung anzeigen sollen. Die Herkunftsnamen verdienen auch insofern Beachtung, als sie einen Begriff von dem Umfange des Einzugsgebietes geben, aus dem um die Wende des 13./14. Jahrhunderts unternehmende Menschen in die Reichsstadt am Südharz kamen. Bei starkem Überwiegen von Ortschaften der Goldenen Aue und des nahen Eichsfeldes sind doch auch Dörfer und Städte Thüringens und der Harzrandgebiete nicht selten. Einwanderer von weiter her finden sich dagegen nur vereinzelt, so 1332 aus Eschwege und Würzburg, 1334 aus Limburg, 1336 aus Göttingen und Wildungen, 1338 aus Hameln und Merseburg, 1340 aus Einbeck, 1342 aus Münnerstadt. Für die städtische Topographie kann der LP überhaupt als älteste Quelle angesehen werden. Einige der Straßennamen bedürfen noch der deutschen Bearbeitung. Der auf pag. 126 vorkommende Begriff „lugke“ war bisher nur als Bestandteil einer Flurbezeichnung „Windlücke“ bekannt, die in hiesiger Gegend und in Thüringen mehrfach erscheint.[24] Als Sachbegriff wendischer Herkunft (luk = Wiese) erscheint dieses Wort erstmalig in einem Amtsbuche. Auf eine phonetische Besonderheit im Texte unserer Handschrift soll noch aufmerksam gemacht werden: das Nebeneinander von „a“ und „o“ sowohl bei Personen- als auch bei Ortsnamen. Wir bemerken abwechselnd: Salemmer — Solemmer, Tabening — Tobe- ning, Stalberg — Stolberg, Waleveyl — Wolveyle und in Ortsnamen -rade neben -rode. Im allgemeinen dürfte „a“ hier die mundartliche, „o“ die hochdeutsche Aussprache darstellen. Es darf hieraus aber nicht auf eine Regel geschlossen werden, denn für hochdeutsches „doch“ und „noch“ steht zwar nordhäusisches „dach“ und „nach“, dagegen wird hochdeutsches „da“ zu mundartlichem „do“ und „Jahr“ zu „Johr“. Zum Schluß sei darauf hingewiesen, daß die durchweg römischen Zahlen der Handschrift bei allen Zeitangaben in der Veröffentlichung beibehalten worden sind. Dagegen sind alle Wert- und Mengenangaben durch arabische Ziffern wiedergegeben. |
- ↑ E. G. Förstemann, Urkundl. Gesch. d. Stadt Nordhausen, 1827, Anhang: Urkunden ders. Nordh. Weistümer, in: Neue Mitth., 1834, 3. Heft ders. Die alten Gesetze d. St. N., in: Neue Mitth. 1836, 1.—4. Heft
- ↑ R. Rackwitz, Urk. d. Servitenklosters Himmelgarten, Progr. Nordh. 1881/2
- ↑ P. Oßwald, Liber feodalis et censuum perpetuorum eccl. S. Crucis in Nordhausen, in: Zs. d. Harzvereins 1889, S. 85—160
- ↑ s. Müller, Gesch. d. Nordh. Stadtarchivs, 1953
- ↑ Nordh. Ztg. V. 14. Okt. 1933 „Wie steht es um die Heimatforschung?“
- ↑ Nordh. UB, Teil I: Die kais. u. könlgl. Urk. d. Archivs 1158—1793, bearb. v. Günter Linke, 1936. UB. d. Reichsstadt Nordh., Teil II: Urk. v. Fürsten, Grafen, Herren und Städten 1267—1703, bearb. v. Gerhard Meißner, 1939
- ↑ s. Müller, Unsere Ortsgeschlchtsforschung, ihre Ergebnisse, Probleme und Aufgaben, In: Nordh. Roland, Sonderheft Mai 1955, s. 53.
- ↑ Die Veröffentlichung eines zweiten Bandes, der die „privilegia“ und „cives“ für die Zeit von 1346—1368 fortführt, ist für später ins Auge gefaßt.
- ↑ a. a. O. berichtet Förstemann von vier alten Nordhäuser Handschriften, die er „aus Privathänden“ erhielt, darunter dem LP, von dem er die erste Seite und die chronistische Eintragung von 1329 abdruckt. Er bemerkt: „Benutzt sind diese Handschriften bis jetzt sehr wenig und sehr oberflächlich und unkritisch, z. B. von Lesser in den Historischen Nachrichten von Nordhausen (nach Auszügen und ungenauen Abschriften)“. Es erscheint sehr zweifelhaft, daß Lesser das Original benutzt hat; wahrscheinlich haben ihm nur Fromans Collectanea, Bd. V, p. 765 ff., zur Verfügung gestanden.
- ↑ Jahrbuch Sachsen und Anhalt, XIII (1937), S. 310 ff.
- ↑ Nordh. Stadtarchiv II Na 17, fol. 59 v
- ↑ Wilhelm Koppe in: Gedächtnisschrift für Fritz Rörig, 1953, S. 15
- ↑ H. Silberborth, Gesch. d. freien Reichsstadt Nordhausen, in: Das tausendjährige Nordhausen, (1927) Bd. I, S. 156
- ↑ vgl. die Quittung vom 11. Januar 1335 über 100 + 200 Mark, die Götze Schindekopf, hoverichter des Markgrafen Friedrich von Meißen, dem Rate von Nordhausen gibt, nachdem dieser Betrag „dem hoveschen Manne, irn Thilen vern Margeten, borgern zu Molhusen“, gezahlt worden ist. (Kopialbuch Nordh. Stadtarchiv II Na 17, fol. 78r) s. a. Mühlh. UB 868 (14. 12. 1334), wonach „Gotfridus miles dictfus Schindekoph, magister et procurator generalis curie principis illustri domini Frid. march. Missenensds“ 400 Mark Silber vom Rate zu Mühlhausen empfängt.
- ↑ vgl. Dechant B. Hellwig, Bewegung d. Zinsfußes 1. d. Nordh. Gegend f. d. Zeit von 1347—1566, In: Zs. d. Harzvereins XXVIII (1895)
- ↑ vgl. Heinr. Reineke, Die alte Hamburger ätadtsChuld der Hansezeit, in: Ged. Schrift f. Fritz Hörig, 1953, S. 491
- ↑ s. pag. 126
- ↑ vgl. C. Köhler, Zwei Schuld- und Pfandverschreibungen des Grafen von Honstein an Nordhäuser Bürger von 1344 und 1370, in: Zs. d. Harz-Vereins 42. Jg. (1909), S. 261—360
- ↑ vgl. Rich. Rackwitz, Urk. d. Klosters Nicolausberg, Nordh. Realschulprogramm 1389
- ↑ Im Jahre 1238 waren in Nicolausberg 13 Nonnen. Bei Todesfall oder freiwilligem Ausscheiden erfolgte Zuwahl bis zu dieser Höchstzahl, vgl. Rackwitz a. a. O.
- ↑ Nordh. Stadtarchiv H Na 2
- ↑ E. G. Förstemann, Kleine Schriften z. Gesch. d. St. Nordh., 1855, S. 57—75
- ↑ Der Name der Hütergasse ist auf das Gewerbe der pilleatores zurückzuführen
- ↑ s. Müller, Die Merwigslindensage in Nordhausen, 1953, S. 30