Theodor August Förstemann
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Theodor August Förstemann (geb. 14. Februar 1812 in Nordhausen; gest. 14. März 1879 in Potsdam) war Rechtswissenschaftler, Hochschulpädagoge und Autor.
Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jugend- und Ausbildungszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Förstemann erblickte als viertes Kind des Superintendenten Carl Wilhelm Förstemann (1777–1845) das Licht der Welt. Schon früh offenbarte sich sein unstillbarer Wissensdurst und sein Streben nach Unabhängigkeit. Noch während seiner Zeit am Gymnasium verließ er Nordhausen, um sich in Kassel zum Buchhändler ausbilden zu lassen. Man konnte ihn jedoch überzeugen, an das Nordhäuser Gymnasium zurückzukehren, wo er 1828 ein sehr gutes Abitur ablegte. Im Anschluss studierte er in Halle und Berlin Jura. 1834 beendete er das Studium. Am Königlich Preußischen Kammergericht in Berlin fand er eine Anstellung und profilierte sich als erfolgreicher Rechtsgutachter. Im Juli 1834 erwarb Förstemann, was damals noch eine Seltenheit darstellte, den Titel eines Dr. jur. Die Stelle am Gericht gab er auf, da er sich im Berufsbeamtentum zu sehr eingeengt fühlte. Als Privatlehrer und Rechtsberater erwarb er sich einen Namen und hatte ein gutes Einkomen.
Familien- und Privatleben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1837 trat Förstemann mit Marie-Luise Stadtler in den Bund der Ehe. Sie sollten 35 Jahre lang verheiratet bleiben und neun Kinder zeugen, drei Jungen und sechs Mädchen. In Berlin ließen sie sich am Leipziger Platz nieder. In dieser Zeit nahm sich Förstemann seines Vetters Ernst Wilhelm Förstemann (1822–1906) an, der in Berlin vergleichende Sprachwissenschaften studierte und später durch seine Forschungen zu Namen sowie die Entzifferung des Dresdner Maya-Kalenders Berühmtheit erlangen sollte. Förstemann stand ihm zeit seines Lebens als beratender Freund zur Seite. Aus Familienüberlieferungen geht hervor, dass in dieser Berliner Zeit auch der sechs Jahre jüngere Otto von Bismarck zu Förstemanns Zuhörerkreis gehörte.
1844 siedelte die beständig wachsende Familie nach Werder über, eine Insel in der Havel bei Potsdam. Dort erwarben sie eine Baumschule und Obstplantage. Eine zeitgenössische Lithografie zeigt auch das Wohnhaus der Familie. Als Unternehmer führte Förstemann neue Obstsorten ein und setzte sich für den Kauf eines Obstdampfers ein, der die Ernte bis nach Berlin brachte. In Werder engagierte er sich auch als Stadtverordneter. Bis zur Flut im Frühjahr 1848 verlief das Leben dort erfolgreich, dann jedoch benötigte die Familie eine neue Bleibe und Einnahmequelle.
Wirken in Geltow[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Erben des 1847 verstorbenen Freiherrn von Meusebach boten Förstemann dessen Villa in Alt-Geltow zum Kauf an. Dort richtete Förstemann Anfang der 1850er Jahre seine "Schnellassesorenfabrik" ein, eine private Vorbereitungsanstalt für das Assessorenexamen. Er bereitete Gerichts- und Verwaltungsassessoren auf die Prüfung in Berlin vor. Rasch verbreitete sich der gute Ruf dieser Lehreinrichtung. Die Studierenden waren so zahlreich, dass der Wohnraum häufig knapp wurde. Förstemann stellte hohe Anforderungen und hielt ein beachtliches Unterrichtsniveau aufrecht. Da so gut wie jeder angehende Jurist sich in Geltow auf die Prüfung vorbereiten ließ, übte das Repetitorium großen Einfluss aus. Förstemann kannte die Fragen der Professoren ganz genau, was ihm nicht nur Freunde einbrachte. Die daraus erwachsenden Turbulenzen bewogen ihn, die Anstalt zum 1. Juli 1866 zu schließen.
Bei dem Aufenthalt der Referendare in Geltow spielte auch die historische Gaststätte Baumgartenbrück eine Rolle. Sie befand sich etwas außerhalb des Ortes direkt am Ufer von Schwielowsee und Havel. Die Referendare speisten dort regelmäßig zu Mittag und nutzten auch die eigens für sie errichtete Sommerkegelbahn.
Spätes Schaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit 57 Jahren begann Förstemann trotz angeschlagenem Gesundheitszustand, wissenschaftliche Veröffentlichungen herauszugeben. Nach dem Ableben seiner Frau 1872 verließ Förstemann das Anwesen in Geltow und ließ sich bei seinen Kindern in Potsdam nieder. Dort verstarb er 1879, umsorgt von seinen beiden unverheirateten Töchtern.
Sein Bruder Ferdinand, Verlagsbuchhändler in Nordhausen, gab einige seiner Werke heraus, darunter 1867 die Quellenarbeit "Zur Geschichte der preußischen Monarchie". Nicht erhalten sind "Geschichte des preußischen Salzmonopols" (1867) und "Die direkten und indirekten Steuern historisch und kritisch beleuchtet" (1868).
Der Sohn Paul verfasste 1899 einen Lebenslauf seines Vaters. Einige Jahre später würdigte er in einer Denkschrift den Sprachforscher Ernst Wilhelm Förstemann, mit dem die Familie trotz räumlicher Trennung eng verbunden blieb.
Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Theodor Fontane porträtierte Förstemann und seine Lehranstalt in "Wanderungen durch die Mark Brandenburg". Er beschrieb Geltow als eine Art Kloster mit vielen kleinen Häuschen für die studierenden jungen Männer. Die Eintretenden mussten das Gelübde ableisten, jede beim Examen gestellte Frage gewissenhaft zu notieren und weiterzugeben. Diese Fragen wurden in das "goldene Buch des Hauses", den "Codex aureus", eingetragen.
Theodor August Förstemann leistete mit seiner privaten Vorbereitungsanstalt für Juristen in Geltow einen wichtigen Beitrag zur juristischen Ausbildung im 19. Jahrhundert. Sein Repetitorium half zahlreichen Kandidaten, die anspruchsvolle Prüfung zum Assessor zu bestehen. Durch die sorgfältige Dokumentation der Fragen trug es zur Verbesserung der Examenspraxis bei. Förstemann verfügte über fundierte juristische Kenntnisse und großes pädagogisches Geschick. Seine späten fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen belegen sein anhaltend reges Interesse an rechtswissenschaftlichen Fragen. Insgesamt prägte er als Rechtsgelehrter, Hochschullehrer und Publizist über mehrere Jahrzehnte das juristische Leben in Preußen.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Heidelore Kneffel: Die Familie Förstemann (Fürstemann/Foerstemann) vom 18. bis 20. Jahrhundert. Nordhausen: Flohburg, das Nordhausen Museum, 2014. ISBN 9783981486919