Stadtbrand von Nordhausen 1612
Der Stadtbrand von Nordhausen 1612 war die erste große Feuersbrunst im 17. Jahrhundert. Er zerstörte einen Großteil der Altstadt und hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die städtische Struktur und das Leben der Einwohner.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Über das exakte Datum des Brandes herrscht in den historischen Quellen Uneinigkeit. Während der Walkenrieder Prior Heinrich Eckstorm und der Chronist Johannes Binhard den 23. August 1612 angeben, nennen andere Quellen wie Matthäus Merian, Abraham Saur, Johann Aldenberger, Theodorus Meurer und Matthäus Sunder den 21. August. Letzteres Datum wird auch in der Nordhäuser Feuerordnung genannt und scheint daher wahrscheinlicher.
Der Brand brach in der Nacht aus, vermutlich zwischen 23 und 24 Uhr. Als Ursprungsort wird das Haus eines angesehenen Bürgers namens David Speiser in der Bäckerstraße genannt. Interessanterweise gibt es unterschiedliche Angaben zur Brandursache. Während einige frühe Quellen von einem Unfall beim Dörren von Äpfeln durch nachlässiges Gesinde sprechen, berichtet der Pastor Johann Küchenthal, dass der wahre Täter auf seinem Sterbebett gestand, das Feuer absichtlich aus Neid gelegt zu haben.
Das Feuer breitete sich mit rascher Geschwindigkeit aus. Es erfasste zunächst die Bäckerstraße, Kranichgasse und Jungferngasse und zerstörte dabei auch einige Gebäude des benachbarten Heiligen Kreuzes. Von dort aus dehnte es sich weiter aus und verwüstete große Teile der Altstadt:
- Die Engelsburg
- Die Sackgasse
- Teile des Pferdemarktes
- Großteile des Hagen und die Hagengasse
- Die Töpfergasse mit dem Töpfertor
- Teile der Hundegasse
- Den Kornmarkt mit Zeughaus (auch als Georgskirche bekannt)
- Die Krämerstraße
- Den Steinweg
- Teile der Kalten Gasse
Zu den bedeutenden zerstörten Gebäuden zählten:
- Die Nikolaikirche mit ihrem Turm, der kunstvollen Turmuhr und den Glocken
- Das Rathaus
- 239 Privathäuser, darunter 103 mit Braurecht
- Zahlreiche Scheunen und Ställe
Eckstorm berichtet von besonders prachtvollen Gebäuden, die den Flammen zum Opfer fielen, darunter die Häuser der Familien Gasmann, des Konsuls Cyriakus Ernst und seines Bruders Georg, sowie ein kürzlich an der Stadtmauer erbauter Turm, der als das großartigste Gebäude der Stadt galt.
Der Gesamtschaden wurde auf 13 "Tonnen Goldes" geschätzt, eine immense Summe für die damalige Zeit. Im Vergleich dazu war der Stadtbrand von 1540, der den Königshof (den westlichen Teil der Stadt) zerstörte, laut Eckstorm nur etwa ein Viertel so verheerend.
Die Löscharbeiten wurden durch mehrere Faktoren erschwert. Der Wächter auf dem Nikolaiturm gab zu spät Alarm, als das Feuer bereits außer Kontrolle geraten war. Die zwei vorhandenen Feuerspritzen des Rates wurden bei überhasteter Handhabung beschädigt und waren unbrauchbar. Hilfe kam aus der Umgebung:
Das Kloster Walkenried schickte an drei aufeinanderfolgenden Tagen Helfer: am ersten Tag die Walkenrieder selbst, am zweiten die Zorger und am dritten die Wiedaer. Sie brachten Wagen mit Wasserfässern mit. Die Stadt Heringen stellte eine fortschrittliche Feuerspritze zur Verfügung, die sich als sehr effektiv bei der Bekämpfung der Flammen in den Dächern erwies. Am Abend des Brandtages trug ein Regenschauer zur Eindämmung des Feuers bei.
Bemerkenswert ist, dass trotz des Ausmaßes der Katastrophe keine Todesopfer zu beklagen waren. Lediglich ein Zimmermann wurde durch einen herabfallenden Balken verletzt, jedoch nicht lebensgefährlich.
Eckstorm beschreibt eindringlich die Szenen während des Brandes: verzweifelte Frauen und Kinder in versengter Kleidung, Bürgermeister und Ratsherren, die in schmutzigen Gewändern umherliefen und um Hilfe flehten, sowie erschöpfte Bürger, die bis zur völligen Erschöpfung gegen die Flammen kämpften.
Der Brand hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Stadt und ihre Bewohner. Zur Erinnerung an das Ereignis wurde ein jährlicher kirchlicher Bußtag angeordnet. Die Katastrophe wurde von Zeitgenossen als göttliche Strafe interpretiert, was sich in den Predigten und Schriften der folgenden Zeit widerspiegelte. Eckstorm erwähnt ein düsteres Himmelszeichen, das zwei Tage vor dem Brand beobachtet wurde und als Vorzeichen gedeutet wurde. Der Wiederaufbau der Stadt begann unmittelbar nach dem Brand. Einige der wiederaufgebauten Häuser trugen Inschriften mit dem Datum des Brandes, die jedoch bei späteren Bränden in den Jahren 1710 und 1712 zerstört wurden.
Die detaillierteste zeitgenössische Schilderung des Brandes stammt von Heinrich Eckstorm, dem Prior des Klosters Walkenried, in seiner 1617 gedruckten Walkenrieder Chronik. Seine Darstellung umfasst über vier Seiten und diente späteren Chronisten wie Kindervater (1712) und Lesser (1740) als wichtige Quelle. Johannes Binhard erwähnte den Brand bereits 1613 in seiner Thüringer Chronik, allerdings weniger ausführlich. Weitere Informationen finden sich in den Aufzeichnungen des Pastors Johann Küchenthal, der den Brand als Kind miterlebte und später als Pfarrer im Altendorf wirkte.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Fritz Reinboth: Der Stadtbrand von Nordhausen 1612 in einem zeitgenössischen Bericht. In: Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (2/2016). S. 1–3.