Reservelazarett Nordhausen (Erster Weltkrieg)

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Im Ersten Weltkrieg entstand ein Reservelazarett in Nordhausen.

Geschichte

In einem potenziellen Szenario der Mobilmachung sah eine Vereinbarung zwischen der Stadt und den Militärbehörden die Einrichtung eines Reservelazaretts vor. Der Fokus lag hierbei auf der erst 1910 eröffneten Provinzial-Erziehungs-Anstalt am Weinberg 15. Das ausgedehnte Gelände mit zahlreichen modernen Gebäuden erstreckt sich an einem Südhang östlich von Nordhausen. Nachdem der Landeshauptmann der Provinz Sachsen in Merseburg seine Zustimmung gegeben hatte, errichtete die Firma Carl Rathsfeld bis Mitte September drei winterfeste Baracken auf dem Gelände. Auch die von den Fürsorgezöglingen geräumten Gebäude, wie zum Beispiel die Turnhalle, wurden genutzt. Ursprünglich war eine Kapazität von 360 Betten geplant. Die Zufahrts- und Verbindungswege wurden mit Schlacke befestigt. Die Tiefbau- und Kälteindustrie-Aktiengesellschaft, vormals bekannt als Gebhardt & Koenig, spendete Bettgestelle, Matratzen, Wäsche und Wolldecken. Das Lazarett war mit einer Verwundetenschule verbunden.

Parallel dazu wurden weitere Standorte oder Zweiglazarette eingerichtet. Gemäß einem Vertrag vom 8. September 1914 übernahm die Stadtverwaltung die Kosten für Verpflegung und Reinigung der Wäsche für maximal 35 Verwundete, die im städtischen Krankenhaus Taschenberg 38 untergebracht werden konnten. In der am 16. November 1914 vollständig eingerichteten Nebenstelle des Reservelazaretts im Krankenhaus wurden bis Ende 1914 117 und bis Ende 1915 182 Verwundete versorgt. Im Jahr 1916 waren es 96 Verwundete, im Jahr 1917 168 und etwa ebenso viele im Jahr 1918.

Weitere Außenstellen des Reservelazaretts waren im September eingerichtet, darunter in den Räumlichkeiten der Deutschen Schachtbau-Gesellschaft in der Rothenburgstraße 13 sowie den Südharzer Kaliwerken in Schackenhof 2. Der Vertrag zwischen dem Vorstand des Nordhäuser Zweigvereins des Roten Kreuzes und dem XL Armeekorps zu Kassel sah vor, dass der Zweigverein die Verpflegung und Reinigung der Wäsche in beiden Zweiglazaretten übernahm. Das Personal rekrutierte sich unentgeltlich vom Zweigverein. Ende September 1914 waren auch das erste und zweite Obergeschoss der Frauenklinik in der Riemannstraße 18 zu Lazarettzwecken an die Militärverwaltung vermietet.

Seit Mitte Oktober 1914 wurde ein weiteres Zweiglazarett in der Petersbergschule (Petersberg 21) aufgebaut. Die Schüler der dortigen Knabenvolksschule I sollten nach den Herbstferien in der Wiedigsburgschule und die Schülerinnen der Mädchenvolksschule I im Hauptgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz untergebracht werden. Die Heizungs-, Beleuchtungs- und Reinigungskosten wurden von der stellvertretenden Intendantur des XL Armeekorps in Kassel übernommen, während der Nordhäuser Zweigverein des Roten Kreuzes die Kosten für Verpflegung und Reinigung der Wäsche für bis zu 250 Verwundete übernahm. Er stellte auch das Pflegepersonal. Die Tiefbau- und Kälteindustrie-Aktiengesellschaft, die Aktiengesellschaft Deutsche Kaliwerke und die "Electricitätswerke Wolkramshausen" beteiligte sich an der Ausstattung mit Bettgestellen, Matratzen, Bettwäsche, Wolldecken und anderen Materialien.

Auch das Kreisständehaus in der Grimmelallee stellte Räume für das Reservelazarett zur Verfügung. Der große Sitzungssaal mit Vorraum, ein Tagesraum als Lese- und Rauchzimmer sowie die Küche und das Schwesternzimmer werden vom Kreisausschuss des Kreises Grafschaft Hohenstein bereitgestellt. Der Sitzungssaal verfügte über 20 Betten. Die Kosten für Heizung und Beleuchtung trug der Kreis, während der Vaterländische Frauenverein die Verpflegungs- und Reinigungskosten sowie die Bereitstellung des weiblichen Pflege- und Küchenpersonals übernahm.

Das im September 1917 eröffnete Stadttheater stellte am 1. und 3. Oktober Nachmittagsvorstellungen für die Verwundeten der hiesigen Lazarette zur Verfügung. Das Kaiser-Wilhelm-Vereinshaus war einige Zeit ein Kriegerheim.

Im September 1914 trafen die ersten verwundeten Soldaten am Bahnhof ein, wo private Automobile, Krankenwagen und sogar Möbelwagen für ihren Transport ins Lazarett bereitstanden. Die in der Stadt tätigen Ärzte leisteten ebenfalls Hilfe. Hunderte von Zuschauern säumten die Straßen und überreichten den Verwundeten Blumen. Am 11. September fand im Lazarett am Weinberg eine Trauerfeier für den ersten verstorbenen Kriegsverwundeten statt, bei der Dompfarrer Clemens Wolf einen Nachruf hielt. Unter Musikklängen setzte sich der Trauerzug in Bewegung und brachte den Toten zum Bahnhof für die letzte Fahrt in die Heimat. Als der Tod in den Lazaretten immer reichere Ernte forderte, wurden die Verstorbenen kaum noch in den Zeitungen erwähnt. Für heimische Gefallene hingegen mehren sich die schwarzgeränderten, mit einem Kreuz versehenen Todesanzeigen.

Während der verlustreichen Kämpfe im Westen im Jahr 1916 und 1918 wurden Verwundete auch in Sälen von Restaurants und Hotels wie im Spangenbergsaal, der Hoffnung, dem Schützenhaus und im Hotel Börse untergebracht. Die ehemalige Wäschefabrik M. G. Heilbrun, Johannistreppe 4, die zeitweilig vom Ersatz-Bataillon genutzt wurde, wurde im September 1917 von dem Roten Kreuz zur Schule für Kriegsbeschädigte umgewandelt, und ein Lazarett mit 50 Betten wurde dort eingerichtet.

Literatur

  • Peter Kuhlbrodt: Das Jahr 1914 – Nordhausen im Weltkrieg, in: Das Jahr 1914 - deutsch-französische Partnerstädte erinnern an den Ersten Weltkrieg. Weilerswist: Liebe, 2015. S. 169–206.