Villa Lindenhof (Nordhausen)
Die Villa Lindenhof (auch Riemannsche Villa) in der Oberstadt am Gehege (Geiersberg 10) gehört neben der Villa Kneiff zu den herausragenden Schöpfungen der gründerzeitlichen Villenkultur des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Nordhausen. Das denkmalgeschützte Gebäude steht seit 1996 leer und verfällt.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1874 bis 1880 wurde die Villa vom Webereibesitzer Moritz Riemann auf dem Grundstück eines ehemaligen Bauernhofes erbaut. Benannt wurde der Lindenhof nach der in der Nähe befindlichen Merwigslinde.
1906 erwarb der Kaufmann Rudolf Nöllenburg den Lindenhof am Geiersberg, zwei Jahre später wechselte der Besitz zu der Deutschen Kaliwerke Bernterode AG, deren Generaldirektor Wilhelm Kain dann dort wohnte. Im Jahr 1917 erwarb der Unternehmer und spätere Stadtrat Albert Gerlach das Gebäude.
1934 kaufte die Stadt Nordhausen das Haus und das „Alte Museum“ zog vom Friedrich-Wilhelm-Platz in den Lindenhof, wo es bis 1938 auch als „Heimatmuseum“ bezeichnet wurde. Auf Grund zu hoher Unterhaltskosten wurden beide Nordhäuser Museen 1938 zusammengelegt. Die Bestände des Lindenhof-Museums wurden in die Villa des Meyenburg-Museums überführt.
Von 1938 bis 1945 befand sich das Heeresbauamt in der Villa. 1945 war ein sowjetisches Lazarett im Haus untergebracht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1991 war der Lindenhof Domizil für das Institut für Lehrerbildung. Der weitläufige Park war unter anderem auch Platz für eine Freilichtbühne (Aufführungen von "Ein Sommernachtstraum" und "Schneewittchen") und Veranstaltungsort für Freiluft-Sommerkinos. Bis 1996 befand sich das Staatliche Studienseminar für das Lehramt im Haus.
1998 erwarb die Südharz Krankenhaus Nordhausen gGmbH das Areal. 2006 wurde bekannt, dass sich die Villa in einem desolaten Zustand befindet, der sich trotz eingeleiteter Sicherungsmaßnahmen seitens eines beauftragten Wachdienstes, weiter verschlimmert hatte.
Auf einstimmigen Beschluss des Stadtrates kaufte die Stadt am 2. Februar 2008 für 228.000 Euro den Lindenhof mit dem (Teil-) Grundstück von ca. 12.650 Quadratmetern. Im September 2008 beschloss der Stadtrat die Vergabe von Planungsleistungen. Vorhaben der Stadtverwaltung, die Villa zu einem Gästehaus umzubauen, wurden fallen gelassen. Bedingt durch den Leerstand haben äußere Einflüsse, wie Vandalismus und das Eindringen von Feuchtigkeit, dem Gebäude große Schäden zugefügt. Die Gesamtkosten für Sanierung und Planungsleistungen wurden im Jahr 2008 mit ca. 2,4 Millionen Euro beziffert. Die Sanierung des Lindenhofes wurde im Haushalt 2009 nicht berücksichtigt. Insbesondere das Dach war stark renovierungsbedürftig.
2014 bot die Stadtverwaltung das Objekt zum Verkauf an. Anfang 2017 wurde bekannt, dass der Lindenhof abgerissen und Neubauten entstehen sollen. Ende 2021 kam es erneut zu einer Ausschreibung des Lindenhofs.[1]
Villa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die heute denkmalgeschützte Villa wurde ab 1874 in monolithischer Bauweise im Baustil italienischer Landhausarchitektur erbaut. Anders als Museumsdirektor August Stolberg, der Richard Lucae als Architekten der Villa Lindenhof benennt, wird in Zeitschrift für Bauhandwerker (Leipzig 1880) Ludwig Bohnstedt, der auch die Villa Kneiff entwarf, als Architekt genannt.
An den zweigeschossigen Kernbau schließt sich nach Osten ein anderthalbgeschossiger Baukörper (Erdgeschoß plus Mezzanin) an und nach Westen ein eingeschossiger Baukörper.
1959 wurde ein eingeschossiger Anbau in der Nordwestecke realisiert, der teilweise auf dem Sockel der ursprünglich an dieser Stelle vorhanden Terrasse entstand. An der Südwestecke grenzt der eingeschossige Verbindungsbau zum Wintergarten an, der vermutlich zwischen 1908 und 1914 auf den Fundamenten der offenen Terrasse errichtet wurde. Das Dach war ursprünglich komplett als schwach geneigtes Flachdach ausgebildet, das als begehbare Terrasse diente und durch ein Balustradengeländer umfasst wurde. Die Fassade ist von einer insgesamt zurückhaltenden, auf wenige Elemente reduzierten Formensprache bestimmt. Das Mauerwerk ist glatt verputzt und sparsam mit Stuck verziert.
Der Grundriss der repräsentativen Erdgeschossräume (500 qm NGF) ist bis heute fast unverändert erhalten geblieben. An den schlichter gehaltenen Räumen im Obergeschoss (420 qm NGF) wurden einige Veränderungen vorgenommen. Im Wirtschaftskeller (400 qm NGF) wurden mehrere Umbauten realisiert. Darunter liegt ein Weinkeller (16 qm NGF) mit einem Tonnengewölbe.
Die Villa Lindenhof war ab 1991 nicht mehr dauerhaft bewohnt und steht seit 1996 komplett leer. Zur Gebäudesicherung wurden die Fenster und Türen zugemauert. Der Zustand der Villa ist stark sanierungsbedürftig. Die Dacheindeckung ist undicht und ein Brandschaden hat zu Zerstörungen im südwestlichen Gebäudeteil geführt. In den Kellerräumen breitet sich Hausschwamm aus. Im Mai 2018 stellte die Stadtverwaltung im Zuge einer Anfrage fest, dass sich das Gebäude in einem Zustand befinde, der eine wirtschaftliche Sanierung nicht mehr zulasse. Dies wurde durch die Untere Denkmalschutzbehörde sowie die Denkmalfachbehörde bestätigt. Um eine Folgenutzung des Standortes vorzubereiten, sei der Abbruch des Gebäudes geplant. Als Auflage der Denkmalbehörden entstand eine bauhistorische Gebäudedokumentation.
Park[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Park der Villa Lindenhof hat eine Größe von 14.166 qm und weist eine Vielzahl alter wertvoller Bäume auf. Park und Villa bilden ein Denkmalensemble.
Die Parkanlage wurde im „Englischen Stil“ angelegt und weist größere Rasenflächen auf und besitzt vor allem einen beträchtlichen Koniferenbestand, der vormals z. B. das besondere Interesse der „Dendrologischen Gesellschaft“ aus Erfurt erfuhr: Eiben, die ein beachtliches Ausmaß besitzen, Kiefern, Lärchen, Fichten, Blaufichten. Hinzu kommen Laubbäume, von denen besonders die Ahornbäume unterschiedlichster Art auffallen, sowie imposante Buchen. Vereinzelt wurden Linden, Kastanien und Eichen gepflanzt, darunter zwei imponierende Pyramideneichen.
Anfang 2000 legte die Diplomingenieurin für Freiraumplanung und Landschaftspflege, Dorothea August, aus Ellrich gebürtig, eine genaue Auflistung aller vorhandenen Bäume an.
Unweit befindet sich die Merwigslinde.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Heidelore Kneffel: Wird ein Wunder geschehen? Die Villa Lindenhof am Geiersberg in Nordhausen. In: Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (4/2006); Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (1/2007).
- Fritz Reinboth: Tagebuchblätter über das Ende des „Lindenhof“-Museums. In: Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (1/2014).
Externe Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Commons: Lindenhof (Nordhausen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- NNZ: Verloren aber nicht vergessen, 16. November 2018.
- Thüringer Allgemeine: Villa Lindenhof - Wie eine Nordhäuser Perle verfällt, 9. November 2018.
- Nordhausen.de: Stadt Nordhausen hat die denkmalgeschützte Villa Lindenhof mit Park ausgeschrieben, 5. September 2014.
- Heidelore Kneffel: Wird ein Wunder geschehn?, nnz-online, 2. September 2006.