Branntweinindustrie in Nordhausen

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Nordhausen hat eine lange und facettenreiche Geschichte in der Branntweinproduktion. Von den mittelalterlichen Anfängen bis zur industriellen Produktion hat die Branntweinherstellung die Stadt geprägt und ihren Ruf als Zentrum der deutschen Spirituosenproduktion gefestigt.

Geschichte

Anfänge der Branntweinproduktion (15. Jahrhundert)

Während des Brauereirückgangs im 15. Jahrhundert begann das Brennereigewerbe seinen Aufstieg in Nordhausen. Etwa 300 bis 400 Morgen Weinberge waren auf den Südhängen der Nordhäuser Stadtflur verteilt, einschließlich der Bereiche Galgenberg, Geiersberg, Hohenrode, Weinberg, Hagenberg, Gumpe und Kuhberg. Aufgrund der klimatischen Bedingungen erreichten die Weintrauben nicht immer ihre volle Reife. Die Trauben wurden daher eingemaischt, mit Weinhefe zur Gärung gebracht und erhitzt, um eine Art Cognac herzustellen, der als „Bornewyn“ (gebrannter Wein) bekannt war. Diese Methode wurde seit mehr als einem Jahrhundert praktiziert und erlangte erst mit dem Rückgang der Brauereiindustrie an Bedeutung.

Etablierung (16. Jahrhundert)

1507 führte der Stadtrat eine Branntweinsteuer, den „Bornewyn-Zins“, ein. Dieser Akt markiert den Beginn der kommerziellen Branntweinproduktion in Nordhausen. Die Herstellung von hochprozentigen Spirituosen war ursprünglich eine Hausindustrie, die im 16. Jahrhundert von immer mehr Nordhäuser Bürgern aufgenommen wurde und so zur Erhöhung des Wohlstands und des Ansehens der Stadt beitrug.

Die Branntweinproduktion aus Roggen war bekannt, aber die Destillation von Korn und Malz wurde vom Stadtrat verboten, da Getreide für die Lebensbedürfnisse der Nordhäuser Bevölkerung benötigt wurde. Verstöße gegen diese Regel wurden streng bestraft.

Ausweitung (17. Jahrhundert)

Der Branntweinkonsum stieg stetig an, was den Rat der Stadt dazu veranlasste, in seiner Polizeiordnung von 1549 Regulierungen einzuführen, um den Branntweinkonsum während religiöser Feiertage einzuschränken. Darüber hinaus bestand der Rat darauf, Brennereien aus dem Stadtzentrum zu entfernen, um das Feuerrisiko zu verringern.

Mit dem Rückgang des Weinbaus begann man schrittweise, Getreide als Rohstoffbasis für die Branntweinproduktion zu nutzen. Die reichen Getreidefelder der Goldenen Aue und der nahe gelegene Harz mit seinem Holzreichtum bildeten die Grundlage für den Aufstieg der Branntweinindustrie in Nordhausen.

Schwierige Zeiten und Wiederbelebung (17.-18. Jahrhundert)

Das 17. Jahrhundert war geprägt von wirtschaftlichen Depressionen, ausgelöst durch eine Reihe von Katastrophen, darunter ein großer Brand im Jahr 1612, die Pestepidemie 1626 und die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges. All diese Ereignisse führten zu erheblichen Verlusten für die Stadt und die Branntweinindustrie. Erst im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts erlebte die Wirtschaft der Stadt eine Wiederbelebung.

Das 18. Jahrhundert war eine Blütezeit für die Branntweinindustrie in Nordhausen. Mit der Neubestätigung der freireichsstädtischen Privilegien durch Kaiser Leopold Anfang Oktober 1695 nahm die Branntweinbrennerei und damit auch der Getreidehandel in Nordhausen wieder spürbar zu und erreichte im 18. Jahrhundert ein beispielloses Ausmaß.

Die „Verordnung wegen derer Brennknechte“ vom 25. September 1775 zielte darauf ab, das Geheimnis der Branntweinherstellung zu bewahren, das Wissen an Außenstehende zu verhindern und den Branntweinpreis zu stabilisieren. Um die Qualität der Spirituose zu gewährleisten, legte die "Nordhäuser Kornbrand-Ordnung" von 1789 Regeln für die Produktion von Branntwein fest. Unter anderem verbot sie den Einsatz von ungesunden Stoffen und gestohlenem Korn.

Industrielle Revolution und Modernisierung (19. Jahrhundert)

Im 19. Jahrhundert brachte die Industrielle Revolution bedeutende Veränderungen für die Branntweinproduktion. Die Einführung moderner Brennereitechnik, einschließlich Dampfmaschinen und verbesserten Destillationsapparaten, ermöglichte eine effizientere Produktion von Branntwein.

Dies war auch das Jahrhundert der großen Brennereien. Von den mehr als 80 Brennereien, die 1802 noch in Nordhausen existierten, blieben nur noch wenige bestehen. Diese erweiterten und modernisierten ihre Produktionsanlagen und überlebten die zunehmende Industrialisierung. Zu diesen Brennereien gehörten Echter Nordhäuser, die vom Kaufmann Wilhelm Steinhoff gegründet wurde, und die Nordhäuser Doppelkorn Brennerei, die vom Unternehmer August Wolle ins Leben gerufen wurde.

Auswirkungen der Weltkriege und Wiederaufbau (20. Jahrhundert)

Der Erste und der Zweite Weltkrieg hatten verheerende Auswirkungen auf die Branntweinindustrie in Nordhausen. Viele Brennereien wurden während der Luftangriffe auf Nordhausen im April 1945 zerstört oder für andere industrielle Zwecke genutzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Branntweinindustrie unter sowjetischer Kontrolle in der DDR reorganisiert. Einige Brennereien wurden verstaatlicht und ihre Produktion wurde zentral geregelt. Trotz der widrigen Umstände überlebte die Branntweinindustrie und konnte in den 1950er Jahren wieder aufgebaut werden.

Aktuelle Entwicklung der Branntweinindustrie (21. Jahrhundert)

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 hat die Branntweinindustrie in Nordhausen eine Wiederbelebung erlebt. Einige der historischen Brennereien wurden restauriert und modernisiert, darunter die Brennerei Echter Nordhäuser und die Nordhäuser Doppelkorn Brennerei.

Wiedervereinigung

Heute gehört die Stadt Nordhausen zu den bekanntesten Zentren der Branntweinproduktion in Deutschland. Die Produkte der Stadt, insbesondere der Nordhäuser Doppelkorn, genießen in ganz Deutschland und darüber hinaus einen hervorragenden Ruf. Eine besondere Rolle spielt dabei die Verwendung von traditionellen Methoden in Kombination mit moderner Technik.

Literatur