Der Dom zu Nordhausen und seine Instandsetzung

Aus NordhausenWiki
Textdaten
Autor:
Titel: Der Dom zu Nordhausen und seine Instandsetzung
Untertitel: Zur Jahrtausendfeier im Jahre 1927
aus: Blätter für Heimatkunde, Nr. 7
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1927
Verlag:
Drucker:
Erscheinungsort:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung: Nordhäuser Dom
Digitalisat: thulb.uni-jena.de
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bild


Während sich die Stadt Nordhausen in großartiger Weise zur Jahrtausendfeier am 27. Mai dieses Jahres rüstet, sind das Ministerium und die Regierung nicht müßig geblieben, um ebenfalls das Ihrige zur Feier beizutragen.

In wahrhaft großzügiger Weise sind die Mittel zur Instandsetzung des bedeutendsten Bauwerkes der alten Kaiserstadt bewilligt worden. Für die vorgesehenen Arbeiten sind 85.000 Mark zur Verfügung gestellt worden. Ein Teil dieser Arbeiten ist freilich durch den Zustand des Gebäudes unbedingt notwendig geworden. Sollte doch bereits schon im Jahre 1893 eine großzügige Instandsetzung des Domes erfolgen.

Aus besonders bewilligten Mitteln sind bereits in den Vorjahren das schadhafte Dach und die Strebepfeiler instandgesetzt worden. Nun aber zeigte es sich, dass es dringend erforderlich war, die Gewölbe genau zu untersuchen und sorgfältig auszubessern, da schon mehrfach, besonders im Chor, Teile des Gewölbes sich gelöst hatten und heruntergestürzt waren. Aber auch im Schiff sind einige Rippenteile der reichen Gewölbe aus ihrem Verband verschoben, so dass ihre gänzliche Loslösung eines Tages nicht unmöglich ist. Nach Ausbesserung der Gewölbe und Wände soll dann das ganze Innere einen zwar schlichten, aber würdigen Lasuranstrich erhalten, ähnlich dem des Domes in Paderborn.

Bevor die Ausbesserung der Wände in Angriff genommen wird, werden die dort befindlichen Beichtstühle und Grabsteine zunächst entfernt werden, um alsdann harmonischer aufgestellt zu werden. Die verschiedenen hohen Grabsteine werden durch stufenartige Unterbauten auf eine Höhe gebracht, die Beichtstühle werden symmetrisch aufgestellt usw.

Vor allem aber wird nun auch der größte Wunsch der Gemeinde in die Tat umgesetzt, indem die Orgelempore, auf der auch die Sänger Aufstellung finden, vergrößert wird. Die Empore bietet nämlich jetzt kaum für die Hälfte der Sänger Platz, da die Orgel den meisten Raum einnimmt. Die Empore ist der Westwand des Mittelschiffes vorgelegt. Sie wurde im Jahre 1853 von dem Bauinspektor Voß aus Nierer Dolomitstein erbaut und zeigt eine für diese Zeit ganz selten gute Gotik. Eine schöne durchbrochene Wendeltreppe führt aus dem nördlichen Seitenschiff zu ihr hinauf. Zur Zeit ist der Grundriss der Empore viereckig. Die Erweiterung erfolgt nun so, dass vor der nach dem Inneren des Domes gerichteten Langseite drei Seiten eines Achtecks vorgebaut werden, so dass für die Sänger ausreichend Platz geschaffen wird. Die hierbei auszuführenden Bauarbeiten sind nicht ganz einfacher Art und bedürfen sorgsamer Vorbereitung, da ein Teil der vorhandenen Empore mit ihren Brüstungen, Strebepfeilern usw. abgebrochen und unter ausreichender Ergänzung durch neue Pfeiler usw. wieder aufgebaut werden muss. Man hatte früher auch daran gedacht, die massive Orgelempore ganz wegzunehmen und durch eine neue reich profilierte hölzerne Empore im barocken Stil zu ersetzen. Doch war man hiervon und wohl nicht zum Schaden der Sache wieder abgekommen, da so die Einheitlichkeit des Stils gewahrt bleibt.

Aber auch im Osten der Kirche wird manches verbessert. So wird eine neue Kommunionbank geschaffen, die mit reich profilierten viereckigen Trägern auf den bereits im Jahre 1924 neu geschaffenen Stufen vor dem Chor aufgestellt wird. Gleiche Treppengeländer werden die weiter in das Chor hinaufgehenden Stufen begleiten. So wird ein sachgemäßer und schöner Abschluss des Chores geschaffen.

Es war nun fast selbstverständlich, dass man auch eine Verschönerung der Altäre ins Auge fasste, soweit dies erforderlich war. Außer dem Hochaltar sind in der Kirche noch acht Altäre vorhanden. Davon befinden sich zwei ganz gleiche Altäre aus dem Jahre 1844 im Chor, welche jetzt links und rechts die Seitenwände der schönen holzgeschnitzten alten Chorstühle verdecken. Diese Altäre, welche mit ihren jonischen Säulen zwar schöne Verhältnisse im strengen Geiste Schinkelscher Kunst zeigen, passen in ihrer kühlen Art durchaus nicht in die Umgebung, weder zur Architektur des Chores, noch zu den Chorstühlen und den übrigen Altären. Hoffentlich ist ihre vollständige Beseitigung aus dem Chore möglich. Geplant ist ihre Aufstellung an den Seitenschiffswänden der Kirche. Kommt man nun vom hohen Chor die Stufen herab, so befindet sich rechts und links neben dem Triumphbogen je ein Altar; der eine im schönen Barock-, der andere im reichen Empirestil. Besonders der letztere ist gut gezeichnet und von hohem künstlerischem Wert. Beide sind im Jahre 1924 von dem Kunstmaler Leusch, der jetzt in Halle beim Provinzialmuseum angestellt ist, farbig vorzüglich unter Ergänzung fehlender Teile wiederhergestellt. Leusch hatte auch bereits im Jahre 1915 den Hochaltar instand gesetzt. Die beiden vorerwähnten Altäre werden nun statt der wertlosen hölzernen Mensen solche aus Stein oder farbigem Kunstmarmor erhalten, die jeweils ihrem Baustil angepasst sind. Bei den beiden Altären, die an der östlichen Schiffswand neben diesen Altären stehen, werden nur die hölzernen Stufen durch steinerne ersetzt. Im Chor wird ebenfalls der hölzerne Fußboden durch einen massiven Boden ersetzt werden.

Eine ganz wesentliche Verbesserung werden die Zugänge zu der schönen frühromanischen Krypta, die sich unter der westlichen Hälfte des Chores befindet, erhalten. Diese Zugänge bilden nämlich die beiden Kapellen, welche sich im Erdgeschoss des nördlichen und südlichen Turmes befinden und ebenfalls aus der frühromanischen Zeit stammen. Beide Kapellen werden nun wiederhergestellt, und zwar wird die südliche als Taufkapelle ausgestaltet und erhält einen neuen Taufstein aus Stein als Ersatz für den bisher vorhandenen wertlosen aus Blech bestehenden Taufstein. Die nördliche Kapelle aber wird den Hauptzugang zur Krypta bilden. Über ihr hinweg wird man nach Änderung der Treppen und nach Einbringung einer Tür vom Chor aus in den Nordturm und von dort zum Südturm und damit zu den Glocken gelangen.

So wie nun eine Anzahl anderer neuer Glocken in der Stadt zur Feier neu beschafft wird, wird auch der Dom zu seiner allein noch erhaltenen großen Glocke zwei neue Glocken bekommen, um in schönem Zusammenklang eines vollen Geläutes das Fest würdig einzuläuten.

Hat bei allen aufgeführten Arbeiten - mit Ausnahme der Herstellung der Kapellen -, welche die Gemeinde allein bezahlen muss, der Staat als Patron seine Pflicht als Geldgeber erfüllt, so bleiben trotz allem noch genügend dringende Wünsche, deren Erfüllung die Gemeinde selbst bewirken will. So wird sie zu den vorhandenen 26 Registern der Orgel noch 9 weitere auf eigene Kosten beschaffen, während der Staat zur Instandsetzung der Orgel wiederum eine feste Summe schon im vorigen Jahr bereitgestellt hat. Die Orgel wird der Neuzeit entsprechend elektrischen Antrieb erhalten. Ebenso soll gleichzeitig eine ausreichende elektrische Beleuchtung im Dominneren neu angelegt werden. In späterer Zeit wird die Gemeinde dann noch die Stationsbilder im Inneren in würdiger Form neu ausführen lassen. Möglicherweise wird es dann auch noch einmal möglich sein, den alten Kreuzgang, von dem nur noch der westliche Teil in sehr beschädigtem Form erhalten ist, in alter Schönheit neu aufzubauen.

Über das Baugeschichtliche des Domes soll nun noch einiges nachgetragen werden.

Seine Gründung erfolgte im Jahre 961 von der heiligen Mathilde, der Witwe König Heinrichs des Vogelstellers, und zwar als Nonnenkloster zur Ehre der Mutter Gottes, des heiligen Johannes des Täufers und des heiligen Eustratius. Dass die Kirche auch den letztgenannten Heiligen als Mitpatron erhielt, hatte wohl darin seinen Grund, dass die Überbringer der Reliquien auf der Reise nach Quedlinburg hier in Nordhausen eine Nacht rasteten. Von dem allerersten Bau leichterer Art ist nichts erhalten. Mathildes Sohn, Otto, der Große, und dessen Sohn Otto I. brachten dem Dom Wohlwollen entgegen und vermehrten seinen Grundbesitz. Ersterer erhielt das Kloster bereits im Jahr 962 das Marktrecht und Münzrecht. Otto III. aber machte der Kirche im Jahr 990 die bedeutendste Schenkung, indem er ihr einen Splitter vom Kreuze, an dem der Erlöser gelitten hatte, übergab. Danach erhielt die Kirche und das Stift den Namen: „Kirche und Stift zum heiligen Kreuz“. Diese Kreuzpartikel befand sich in einer Glasflasche inmitten eines silbernen Kreuzes und soll von 43 Edelsteinen umgeben gewesen sein. Obwohl dieses Kreuz heute nicht mehr in der Kirche vorhanden ist, haben wir heute noch seine Abbildung, und zwar einmal auf der großen Glocke, ein andermal in Stein, von 5 Engeln umgeben, auf dem Tympanon eines gotischen Türeinganges vom Jahre 1350 ca., welches sich an der Außenmauer des Nordschiffes befindet. Diese wertvolle Kreuzesreliquie wurde auf eine hohe Stange gesteckt und von einem hohen Geistlichen getragen und an den beiden Kreuzfesten, nämlich Kreuzerfindung am 3. Mai und Kreuzerhöhung am 14. September, den Gläubigen gezeigt. Die gesamte Geistlichkeit nahm an diesen Festen teil, zu denen aus der ganzen Umgebung die Pilger herbeieilten. Vielleicht befindet sich dieses Kreuz heute in der Cyriaxkirche in Duderstadt. Wenigstens trifft die Beschreibung eines dort befindlichen Kreuzes, welches 1675 von Nordhausen aus dorthin verkauft wurde, ziemlich genau mit den vorhandenen Abbildungen zusammen.

Aus kunstgeschichtlichen Vergleichen, insbesondere mit dem Kloster Paulinzella, wissen wir nun, dass die ältesten heute noch erhaltenen Teile des Domes ca. 1150 entstanden sein müssen. Es sind dies vor allem die dreischiffige früh-romanische Krypta mit halbkreisförmiger Apsis und 6 Säulen, die beiden schmalen quadratischen Türme mit ihren nach Osten vorgelagerten Apsiden und die Sakristei. Von dem ehemaligen Langhaus und dem Kreuzgang sind nur noch geringe Reste vorhanden.

Die Macht des Stiftes dehnte sich nun immer mehr aus, besonders nachdem Kaiser Friedrich Barbarossa im Jahre 1158 die kaiserliche Burg neben dem Dom und den Herrendorf nebst allen Ländereien dem Kreuzstift schenkte, so dass es nun vollständig über das Dorf Nordhausen herrschte. Als aber im Jahre 1180 Heinrich der Löwe Nordhausen zerstörte, wurden auch das Nonnenkloster und die Kirche arg mitgenommen. Doch bereits im Jahre 1220 hatte man alles prächtiger wieder aufgebaut. In diesem Jahre aber wurde unter dem Propst Dietrich von Hohnstein, der durch den Erzbischof Albrecht von Magdeburg den Kaiser Friedrich II. dazu bewog, das Stift als Nonnenstift aufgehoben. Nunmehr traten Domherren an die Stelle der Nonnen. Die Stadt Nordhausen aber, die bisher unter einer Äbtissin gestanden hatte, wurde freie Reichsstadt. Allmählich wurde nun das alte Chorhaus, welches nur die Größe der darunter liegenden Krypta hatte, für die wachsende Zahl der diensttuenden Geistlichkeit zu klein. So schob man denn nach einem Brande im Jahre 1234 zwischen die beiden Türme das neue Chor im neu entstandenen Übergangsstil in fast doppelter Länge nach Osten vor und schloss es viereckig ab, ohne darauf Rück- sicht zu nehmen, dass man die Choranicht dadurch stark beeinträchtigte. Dieses neue Chor, welches jetzt noch steht, wurde 1267 geweiht.

Im Jahre 1324 wurden die Domherren, als sie sich in einen Streit zwischen den Zünften und den Patriziern eingelassen hatten, zwei Jahre aus der Stadt vertrieben. Als sie aber, nachdem der Erzbischof von Mainz die Stadt siegreich belagert hatte, wieder zurückkehrten, wurden alle zerstörten Domherrenhäuser wieder aufgebaut. Aber auch in der Kirche baute man nun - und zwar im inzwischen neu aufgekommenen frühgotischen Stil - das Langhaus um und errichtete die jetzigen acht großen Bündelpfeiler und den größten Teil der Umfassungsmauern des Langhauses. Letzteres erhielt eine provisorische Balkendecke. Alle diese Bauarbeiten waren ungefähr bis zum Jahre 1340 vollendet.

Als dann, wieder 100 Jahre später, der hochgotische Stil mit seinen reich entwickelten Formen aufkam, wollte man auch diesen beim Dom verwenden. So erlitt das Langhaus abermals einen Umbau. Die Fenster wurden wesentlich größer gemacht und erhielten, besonders an der Südseite, schönes reiches Maßwerk. Außerdem wurden große Strebepfeiler angebaut. Zwischen den beiden westlichsten Strebepfeilern der Südseite aber wurde im Jahre 1444 eine neue Vorhalle, die mit schönen Netzgewölben ausgestattet wurde, angelegt. Im Innern aber wurde über die vorhandenen Pfeiler nach Entfernung der horizontalen Balkendecke ein reiches Netzgewölbe, zu dem der Rat der Stadt Nordhausen die Hälfte der Kosten beitrug, gespannt. Gleichzeitig wurde das Dach nunmehr bedeutend erhöht, wodurch wiederum die beiden schmalen Türme in ihrer Wirkung bedeutend beeinträchtigt und fast erdrückt werden. Aber auch der Kreuzgang, an der Nordseite der Kirche gelegen und ursprünglich einen Hof umschließend, erhielt ebenfalls ungefähr im Jahre 1450 gotische Fenster. Heute ist leider nur noch die eine Seite des Kreuzganges, die in der Verlängerung der Westfront des Domes und vor dem Kapitelhaus liegt, vorhanden und zwar in einem sehr verwahrlosten Zustand. Das Übrige wurde mit den am Kreuzgang gelegenen Margarethen- und Laurentius- kapellen im Jahre 1762 abgetragen.

So wie wir das Äußere der Kirche heute sehen, war es ungefähr im Jahre 1525 vollendet, nur die östlichen 3 Schiffjoche und 2 Joche des nördlichen Seitenschiffes fehlten und erhielten einen provisorischen Bretterverschluss.

Dann kamen schlimme Zeiten, die Bauernunruhen, insbesondere aber der Dreißigjährige Krieg, in welchem der Dom besonders in den Jahren 1632 und 1637 im Innern verwüstet wurde. Nach dem Westfälischen Frieden 1648 erblasste dann die Herrlichkeit des Domstiftes ganz. Die Stadt wurde rein lutherisch, nur im Domviertel wohnten noch Katholiken. 1802 wurde die Stadt und damit auch das Stift preußisch, um schließlich nach so glänzender Vergangenheit unter der französisch-westfälischen Regierung 1810 zu einer Königlichen Domäne erklärt zu werden. Die Domherren und Vikare wurden ihrer Ämter enthoben. Der Dom hatte damit aufgehört, eine Domherrenkirche zu sein. Nach der siegreichen Schlacht bei Leipzig wurde dann 1813 die preußische Regierung wiederhergestellt. Als Rechtsnachfolger des ehemaligen freien Reichsstiftes wurden zwei Weltgeistliche im Dom angestellt. Die Preußische Regierung aber übernahm die Patronatspflicht für Kirche, Pfarre und Schule in vollem Umfange. Hauptsächlich in den Jahren 1843-44 wurde dann unter Friedrich Wilhelm IV durch den tatkräftigen Dechanten Hieronymus Ludolph von dem sehr begabten Bauinspektor Schöberl Bau vollendet und in den schadhaften Teilen instandgesetzt.

Es bleibt nun noch einiges über die wertvolle Ausstattung und die Kunstschatze im Innern des Domes, soweit dieselben nicht vorher schon erwähnt sind, zu sagen.

Im Schiff sind unter neuen Baldachinen vier große Steinfiguren, nämlich der Heilige Benediktus, der Heilige Josef, der Apostel Simon und der Heilige Bernhard, welche aus dem Kloster Reifenstein bei Birkungen stammen, an den Wänden angebracht. Außer ihnen noch der Heilige Eustachius und die Jungfrau Maria. Alle diese Figuren, ungefähr aus dem Jahre 1700 stammend, zeigen nur geringen Kunsterwert. Dagegen haben die sechs großen kaiserlichen Sandsteinfiguren im Chor einen hohen kunstgeschichtlichen Wert. Sie sind über 600 Jahre alt. Auf der einen Chorwand sind drei Kaiser, auf der anderen drei Kaiserinnen dargestellt. Man hat sie als Kaiser Heinrich den Vogelsteller und Gemahlin Mathilde, als Kaiser Otto den Großen und Gemahlin Adelheid, ferner als Otto II. nebst Gemahlin Theophano gedeutet. Alle sind sie mit Krone, Unterkleid und langem Schultermantel geschmückt. Drei von ihnen tragen, und eine vierte trug, als Stifter das Modell der Kirche in der Hand.

Den bedeutendsten künstlerischen Wert haben jedoch die holzgeschnitzten Chorstühle, die ungefähr im Jahre 1390 geschaffen worden sind. Sie stellen in bewegter Form ein reiches inneres Erleben dar. Bis zum Jahre 1844 waren sie mit weißer Ölfarbe überstrichen, dann erst wurden sie gereinigt und ausgebessert. Da sehen wir an den Rückwangen in ernster Würde König Heinrich I. mit Szepter und Krone dargestellt, ferner seine Gemahlin Mathilde, wie sie das Modell des Domes mit seinen zwei hohen Türmen trägt. Die Türme aber sind noch reicher als wie jetzt aus- gebildet, da jede Turmspitze von vier kleinen Turmspitzen begleitet ist. An zwei vorderen Pultwangen sind der aus dem Grabe steigende Erlöser und seine Vorbilder, Jonas und Isaak, an der Hand Abrahams, ferner Simson, den Löwen zerreißend, dargestellt. Die vier folgenden Mittelwangen zeigen in überaus sorgfältiger Arbeit die vier großen abendländischen Kirchenlehrer, nämlich den Erzbischof St. Ambrosius, den heiligen Augustinus, den heiligen Hieronymus und Gregor den Großen. Auf den letzten vier Wangen ist die Legende vom heiligen Eustachius dargestellt, der in dem Dom als Mitpatron verehrt wird. So sieht man ihn selbst, in der Hand den Hirschkopf haltend, welcher zwischen dem Geweih das Kreuz zeigt, auf der anderen Seite erblickt man seine Gemahlin. Beide sind umgeben von Szenen aus ihrem abenteuerlichen, vielgeprüften Leben. An den Rückwänden des Gestühls sehen wir an der einen Seite Engel, die auf allen Arten von Musikinstrumenten jener Zeit eine frohe Hymne anstimmen, an der anderen Seite eine Reihe von Sängern. Die Scheidewände zwischen den Sitzen aber sind an der einen Seite mit Männern, gegenüber mit Frauenköpfen geziert. So bietet das Gestühl ein würdiges Gegenstück zu dem schönen Gestühl des Erfurter Doms...

Besonders erwähnenswert sind dann noch eine Pietà, die sich auf dem Altar an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes befindet, und ein erst im Jahre 1894 in einem Sakristeischrank wieder gefundenes Marienbild, das der ältesten brabantischen Schule angehört und ungefähr aus dem Jahre 1400 stammt. Es dürfte das älteste Ölgemälde der Stadt Nordhausen sein.

Wird nun der ganze Dom neu hergestellt sein, und im neuen farbigen Gewande erstrahlen, können wir wohl hoffen, dass ihm mehr als bisher diejenige Beachachtung geschenkt wird, die er wegen seiner hohen künstlerischen und geschichtlichen Werte voll und ganz verdient.