100 Jahre C. A. Kneiff G.M.B.H., Nordhausen

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100 Jahre C. A. Kneiff G.M.B.H., Nordhausen
Untertitel 1827 - 1927
Herausgeber Tabakfabrik C. A. Kneiff
Erscheinungsjahr 1927
Umfang 27 Seiten : Illustrationen
Stand: 8. September 2016
Digitalisat:
Editionsrichtlinien:
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Hundert Jahre Kneiff-Tabak

NORDHAUSEN, die tausendjährige Stadt am Harz, Wittum der Sachsenkönigin Mathilde, des Städtegründers Heinrichs 1. Gemahlin, spielte in der deutschen Kaisergeschichte des Mittelalters eine be­ deutsame Rolle. Sechs Jahrhunderte lang war sie des Reiches freie und unmittelbare Stadt, wird auch in der Reformationsgeschichte rühmlich genannt und ist nicht minder bekannt wegen ihres freien Bürgersinnes und ihres Gewerbefleißes. Weltbekannt sind ihre Haupterzeugnisse NORDHÄUSER KORN und NORDHÄUSER KAUTABAK.

Vom Kautabak soll hier die Rede sein und von der Firma, die sich rühmen darf, den Ruf des Nordhäuser Kautabaks an erster Stelle begründet zu haben und die in diesem Jahre auf ein hundertjähriges Bestehen zurückblickt, der Firma C. A. KNEIFF. Sie war es neben zwei schon vor ihr bestehenden und heute noch ebenso wie sie von Namens­ trägern ihres Gründers geleiteten Firmen, die den Grundstein legte für den Ruf Nord­ hausens als „Stadt des Kautabaks“, dessen Herstellung und Vertrieb heute in mehr als 20 Betrieben fast ein Fünftel der Einwohnerzahl Nordhausens ernährt. Dies und die über Nordhausen hinausgewachsene Bedeutung mannigfaltiger Hilfsbetriebe der Tabakfabrikation ist zu einem wesentlichen Teil der hundertjährigen Arbeit der Firma C. A. Kneiff zu danken. / Aus kleinen Anfängen ist das Werk entstanden. In engen Mieträumen in der Rautentraße Nr. 307 mit nur 3 Mitarbeitern und mit geringem Kapital, aber voll Mut und Gottvertrauen ging Carl August Kneiff am 5. Juli 1827 an die Arbeit. Heute zeugt ein stattlicher Fabrikbau mit 440 Fenstern in 6 Stockwerken des Hauptbaues von den Erfolgen deutschen Unternehmungsgeistes. / Im primitiven Handbetrieb wurden die ersten Fabrikate der Firma hergestellt. Heute surren zahlreiche Maschinen durch die weiten Hallen des Fabrikgebäudes. Magere ölflämmchen gaben ursprünglich bei der Arbeit spärliches Licht. Ab 1858 trat die Gasbeleuchtung an ihre Stelle, die wiederum der Edisonlampe weichen mußte. Als 1894 der Fabrikneubau vor den Toren der Stadt bezogen wurde, speiste schon eine eigene Lichtzentrale das Werk. 1911 wurde diese Lichtzentrale zur Kraftzentrale ausgebaut. So hat der Fleiß und Wagemut des Gründers gute Frucht getragen. Weit über Deutschlands Grenzen hinaus wird von allen Freunden des Kautabaks der Name C. A. KNEIFF mit Achtung genannt. Der Geist ihres Gründers lebt noch heute in der Firma. Vertrauensvoll ist sie daran ge­ gangen, die Wunden, die der Weltkrieg der Kautabak-Industrie geschlagen hat, zu heilen. Neuer Glanz, neuer Aufstieg werden nicht ausbleiben als Lohn für unermüdliche Arbeit, unermüdliches Streben. All den Vielen, die mitwirkten an dem großen Werk, den Liefe­ ranten der Rohstoffe, den Vertretern von Handwerk, Technik und Geldwirtschaft, die mit der Firma verbunden waren und sind, dem ständig wachsenden Abnehmerkreis und den Generationen der am Werk Tätigen gehört sein Jubeltag, nicht dem Hause und der Familie allein. Auf wechselseitigem Vertrauen entstand der Bau, auf wechsel­ seitigem Vertrauen wird weiter emporwachsen und blühen die Firma C. A. KNEIFF.

Kurze Geschichte des Hauses C. A. Kneiff

Diese Notiz, die die ehrbaren Bürger der Stadt Nordhausen am 9. Juli 1827 im sfordhäusisdien wöchentlichen Nachrichten­ blatt“ lasen, ist die Geburtsanzeige eines Unternehmens, dessen Name heute untrenn­ bar mit Nordhausen und seiner Kautabak«  Industrie verbunden ist und das in nicht ge­ ringem Maße mit dazu beigetragen hat, dem „Nordhäuser Kautabak“ seinen Ruf und seine Berühmtheit zu verschaffen.

Es war immerhin ein gewagtes Unterfangen, ein solches neues Unternehmen mit ver­ hältnismäßig geringen Mitteln zu beginnen in einer Zeit, da die Wünsche und Hoffnungen, für die das deutsche Volk in den Freiheitskampf gegen Napoleon gezogen war, ins Wesenlose zerrannen und infolgedessen die Wirtsdiaft auf unsicheren Füßen stand. Und gering waren die Mittel, die Carl August Kneiff zur Verfügung hatte. Auch der Verlauf und das Ergebnis der ersten 10 Jahre war nicht ermutigend. Zwar war der Umfang des Geschäfts bis 1837 auf das Vierfache ge­ wachsen, aber es war nicht nur kein Gewinn erzielt, sondern das Anfangskapital von 4000 Talern war auf 1600 Taler zusammen­ geschrumpft. Aber Carl August Kneiff ließ sich dadurch nicht beirren. Vielmehr vertauschte er sogar die zu eng gewordenen Mieträume in der Rautenstraße mit dem neuerworbenen Grundstück Hagenstraße 1, im Mittelpunkt der Stadt gelegen, und an dieser Stelle blieben dann 57 Jahre lang die Arbeitsstätten der Firma, sich stetig erweiternd und zeit­ weise nach drei Straßen mündend.

Jetzt begann sich auch der materielle Erfolg der zähen Arbeit langsam einzustellen, und im Jahre 1847 schrieb Kneiff an seinen kaum 18jährigen Sohn Karl, der sich in Salzwedel in strenger Lehre befand:

„Mit dem letzten Abschluß bin ich ganz zufrieden, und Gott hat mein Geschäft wieder gesegnet.“

und bescheiden fügte er hinzu:

„Möge fernerhin sein Segen darauf ruhen, möge er aber auch seinen Segen dazu geben, daß Ihr, meine Söhne, Du und Rudolph, Euch zu tüchtigen Männern ausbildet, damit Ihr das schöne, weit­ verbreitete Geschäft dereinstmal in meinem Sinne fortführen und ihm würdig vorstehen könnt.“

Und 10 Monate später heißt es in einem Brief an seinen Sohn:

„Bis jetzt ist trotz aller Konkurrenz mein Geschäft — Gott sei Dankl — immer größer geworden, der Ruf meiner Reellität und das Vertrauen meiner Kundschaft zu mir hat sich immer mehr be­festigt. Von den Grundsätzen strenger Rechtlichkeit wird einmal bei mir nicht abgewichen und wenn Ihr, meine Jungens, mal ebenso denkt und festhaltet an unerschütterlicher Redlichkeit in Eurem Thun und Handeln, so wird auch bei Euch Gottes Segen nicht ausbleiben und dereinst einmal mein redlich erworbener Nachlaß, an welchem kein ungerechter Schweißtropfen klebt, Euch eine glückliche Unabhängigkeit gewähren und die Mittel, Gutes in der Welt zu tun.“

Im lebten Lebensjahrzehnt des Gründers standen ihm die Söhne ~ Carl und Rudolph ~ beim weiteren Ausbau der Firma zur Seite. Die Produktion stieg ständig. Wurden 1828 aus eigener Herstellung

4 Mille Zigarren 37 Ztr. Schnupftabak 254 Ztr. Rauchtabak 11 Ztr. Kautabak

verschickt, so betrug der Umsatj 1865, dem letjten, vollen Lebensjahre C. A. Kneiffs,

6940 Mille Zigarren 446 Ztr. Schnupftabak 1452 Ztr. Rauchtabak 3785 Ztr. Kautabak.

Nachdem am 25. September 1866 der Gründer des Hauses zur ewigen Ruhe eingegangen war, übernahmen die Söhne Carl und Rudolph das Geschäft und damit ein verantwor­ tungsvolles Erbe, das sie zu harter Arbeit verpflichtete und ihnen auch manche Sorgen bereitete. Aber unbeirrt und unermüdlich bauten sie auf den von ihrem Vater gelegten Grunde weiter und führten das Werk empor zu einer Höhe, die heute wie damals dem Namen KNEIFF Achtung und Geltung sichert.

Der Aufstieg der Firma ist nicht krisenlos und nicht frei von Rückschlägen gewesen. Zwar war der Kautabakversand in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf über 5600 Ztr. jährlich gestiegen, doch hatte sich die Zigarren- und Schnupftabakherstellung infolge veränderter Verhältnisse, die teilweise zusammenhingen mit einer Umstellung der Ge­schmacksrichtung, nicht auf der alten Höhe halten lassen. - Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Tabaksteuerkampf Ende der 70er Jahre, als das Tabakmonopol abgelehnt war, dafür aber die Erhöhung des Tabakzolles von 24 Mk. auf 85 Mk. p. DZ. drohte und zu vorbeugender Vorversorgung mahnte, traf ein Bankzusammenbruch am Orte die Firma schwer. 310000 Mk. gingen verloren, die zur Deckung dieser Tabakkäufe angesammelt waren. Verpflichtungen von über >/2 Million Mark hingen in der Luft, denn innerhalb 4 Monaten waren 665 Faß ~ rund 50 Doppelladungen ~ nordamerik. Kentucky-Tabak gekauft worden. Aber das Vertrauen, das die Firma in deutschen Wirtschaftskreisen genoß, half ihr über die Krise hinweg. Die Rücksicht und Einsicht der Bremer Rohtabakhändler, die dem bisherigen Diskonteur ihrer Rechnungen das jetzt beanspruchte Ziel verlän­gerten, gestattete derFirma KNEIFF sogar, den eigenen Kredit noch z ur Stützung anderer durch das Falissement in Not geratener Firmen zu benutzen.

überraschend schnell war auch eine zweite Krise überwunden, als in der kältesten Nacht des Januar 1893 ein großer Brand mit der Hälfte der Fabrikgebäude das gesamte Fabrikat - und Halbfabrikatlager vernichtete. 235 Mille Zigarren, 63 Ztr. Schnupf- und Rauchtabak, 1780 Ztr. Kautabak wurden ein Raub der Flammen. Eine Versandstockung von öWochen war die Folge. Die Gefahr war groß; zum mindesten ein Teil der gewonnenen Märkte konnte verloren gehen, aber dank der sorglichen Pflege der Kundschaft, die von jeher der Firma oberstes Gesetz war und blieb, nahmen alle Bezieher in dankenswerter Treue vorbildliche Rücksicht auf die durch Fabrikbrand geschaffenen Verhältnisse. Doch sehnten alle Geschäftsfreunde stürmisch die Wiederaufnahme der Lieferungen herbei, und als diese wieder einsetjten, fehlte keiner von ihnen.

Die dritte und vierte Krise waren anderer Art. Erstere trat ein, als das im Anfang dieses Jahrhunderts herrschende Streikfieber auch auf die Nordhäuser Tabakindustrie Übergriff. Die Firma C. A. KNEIFF blieb hiervon nicht verschont, obwohl bei ihren eigenen Ar­ beitern keinerlei Streikneigung bestand. Wie es geschah, wie es kam Vergangenes soll vergessen sein. Der innere Frieden wurde seitdem nicht mehr gestört. Die Vernichtung des äußeren Friedens und damit die vierte Krise brachte der Ausbruch des Weltkrieges. Die Folgen dieser Katastrophe sind auch heute noch nicht überwunden. Von den Segnungen des nach vierjähriger Kriegsdauer geschlossenen sogenannten Friedens merkt man heute in seinem 9. Jahre noch nicht viel. Die Zersetzungen der Welt­ krise und Währungskrise gingen zu tief. Das deutscheTabakgewerbe, während des Krieges dem Zusammenbruch nahe, ging aus ihm besonders schwer behindert und belastet hervor. Es muß nicht nur für die sogenannten Reparationen besonders bluten, es wurde auch in die Fesseln der Steuerbanderole eingespannt.

Aber allen Schwierigkeiten und Krisen zum Trotz setzte die Firma nach wie vor den von Anfang an eingehaltenen Weg fort. Carl und Rudolph, den Söhnen C. A.Kneiffs, folgten 1900 bzw. 1902 die Enkel Fri$ und Rudolf, neben denen des Le^teren Söhne, Gerhard und Friedrich, am großen Werk des Wiederaufbaus wirken, getreu der alten Tradition der Familie, die in der fast 90jährigen Witwe von Rudolph Kneiff noch verkörpert ist. Auch die dritte und vierte Generation schaffen und wirken im treuen Verein mit einem großen Stamm alter, bewährter Mitarbeiter, daß der Name KNEIFF seinen alten Glanz bewahre. In diesem Jahre, in dem die ehemals freie und reichsunmittelbare Stadt Nord- hausen das Fest ihres 1000 jäh­ rigen Bestehens feiert, blickt die Firma mit Stolz auf eine 100 jährige Ge­schichte zurück. Eine solche Vergangenheit legt Verpflichtungen auf. Führer und