Die Ebersburg

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Die Ebersburg 3. Auflage von Lehrer em. Karl Meyer, Nordhausen

Druck und Verlag: Fr. Eberhardt (Inh.: Paul Meyer), Nordhausen.

Auf einem Porphyrkegel des südlichen Harzrandes liegt nördlich vom Dorfe Hermannsacker, am Westende des von der Tyra durchflossenen einsamen Wetzeltales die Ruine der Ebersburg. Der Burgberg hängt nur an der Nordwestseite mit dem Gebirge zusammen, weshalb an dieser Seite ein mächtiger Graben behufs Isolierung des Burgplatzes angelegt worden ist. Vor der eigentlichen Burg liegt im S. ein Vorplatz, welcher mit einer Mauer umgeben gewesen ist, wie die noch vorhandenen Mauerreste erkennen lassen. Das Burgtor befindet sich in der südlichen Burgmauer, über ihm erhebt sich ein viereckiger Torturm, welcher längst seine Bedachung eingebüßt hat. Im eigentlichen Burghofe standen anscheinend einst zwei größere Gebäude; das eine stand auf der Ostseite in der Richtung von Süden nach Norden und das andere auf der Südseite in der Richtung von Osten nach Westen. Aus dem zweitgenannten Gebäude führte eine Fallbrücke hinüber nach dem Eingange des runden, starken und hohen Burgturmes. Dieser Turm zeigt unten eine Mauerstärke von mehr als drei Metern. Er liegt an der Nordwestecke, der schwächsten Seite der Burg, war in Etagen ausgebaut und oben mit einer Schiefer-Bedachung versehen. An der Innenseite der westlichen Burgmauer befanden sich die Stallgebäude. (Im Sommer 1868 hat Graf Karl Martin von Stolberg-Roßla in den Burgturm unten einen Eingang brechen und im Turme eine eichene Treppe herstellen lassen.)

Nach dieser Betrachtung der Burggebäude wollen wir uns zur Geschichte der Ebersburg wenden: Erzbischof Konrad I. von Mainz, Bischof von Sabina, schildert in einer 1189/18.2.1190 ausgestellten Urkunde (Dobenecker, Regest. Thuring. II. No. 842. — Stumpf, Acta Moguntin. No. 112) den traurigen Zustand der Mainzer Kirche (d. h. des Besitzes des Erzstifts Mainz), in dem er sie nach seiner Rückkehr aus der Verbannung 1183 vorgefunden, und erzählt, daß er nach seiner Rückkehr für 200 Mark die Burg Eversbere mit 50 Mark (Jahres-) Einkünften von seinem Verwandten, dem Pfalzgrafen Hermann von Sachsen, erworben und darauf sie diesem Pfalzgrafen und dessen Gemahlin, seiner Nichte, und deren Tochter wieder zu Lehen gegeben habe. Die Urkundenstelle lautet: „Primo castrum Eversberc cum reditibus L marcarum a connato nostro comite palatino Saxonie CC marcis emimus et rursum ei et uxori sue nepoti nostre et filie in feodo dedimus.“

Diese zweite Gemahlin des sächsischen Pfalzgrafen und seit 1190 thüringischen Landgrafen Hermann war Sophie, die älteste Tochter Herzog Ottos I. von Bayern aus dem Hause Wittelsbach (Bruder des Erzbischofs Konrad I. von Mainz). Die älteste Tochter Landgraf Hermanns und der Sophie von Bayern hieß Irmgard, welche später den Grafen Heinrich I. von Anhalt heiratete.

Der dem Hause der thüringischen Landgrafen entsprossene Hermann (der zweite Sohn Landgraf Ludwigs II., des Eisernen) war 1181 Pfalzgraf von Sachsen geworden. Als solcher hat er zwischen 1181 und 1183 die Ebersburg erbaut, in einem kleinen Gebiete, das er wahrscheinlich von dem aus dem Honsteiner Grafenhause stammenden Heinrich, der dafür von ihm Reichsgut bei der Pfalz Allstedt (die Burg und Herrschaft Vockstedt und das Dorf Goswinsrode, jetzt Landgrafenrode) erhalten hatte und sich „Edelherr von Vockstedt“ nannte. Später erhielt dieser Heinrich aus der Honsteinschen Erbschaft den Südharzbezirk des alten Reichshofes Rottleberode, der seit der Mitte des 10. Jahrhunderts dem Erzbistum Mainz gehörte; Heinrich erbaute in diesem kleinen Erbteile die Burg Stolberg zwischen 1201 und 1210 und nannte sich fortan „Graf von Stolberg“. Er ist der Ahnherr der Grafen und Fürsten zu Stolberg. Pfalzgraf Hermann wurde nach dem söhnelosen Tode seines Bruders Ludwig III. 1190 Landgraf von Thüringen.

Als solcher suchte er die königliche Stadt Nordhausen in dem Thronstreite zwischen Kaiser Otto IV. und König Philipp in seinen Besitz zu bringen. Als daher Kaiser Otto IV. sich um den Beistand Landgraf Hermanns bewarb, forderte dieser als Preis die Stadt Nordhausen. Kaiser Otto IV. erfüllte auch dem Landgrafen die Forderung, aber die staufisch gesinnte Stadt Nordhausen öffnete dem Landgrafen, ihrem neuen Herrn, ihre Tore nicht, weshalb der Landgraf die Stadt seit Mitte September 1198 belagerte. Allein die königliche Stadt Nordhausen mit ihren starken Mauern und Türmen widerstand den 1800 Rittern, welche der Landgraf gegen sie geführt hatte. Erst nach wiederholten Stürmen und nachdem der Landgraf das Wasser des dicht unter dem Stadtberge hingeleiteten Mühlgrabens durch Seitengräben in das Feldwasser abgeleitet hatte und die Stadt den größten Wassermangel litt, ergab sie sich nach sechswöchentlicher Belagerung. (Nach der „Chronika van Sassen“ ergab sich die Stadt Nordhausen erst, als zum Belagerungsheere des Landgrafen „vor der stat ein koninglikes Heer mit koning Otten“ stieß.)

Im Sommer 1199 rückte König Philipp, nachdem er den Gegenkönig Otto IV. mit Glück bekämpft hatte, gegen Thüringen vor. Da damals König Richard von England, welcher seinen Vetter Otto mit großen Geldsummen unterstützt hatte, gestorben war und Otto IV. dem geld- und ländergierigen Landgrafen Hermann weitere Summen nicht zu zahlen vermochte, trat letzterer im August 1199 zu Fulda über zum König Philipp. Für diesen Abfall gab König Philipp dem Landgrafen die Reichsstädte Nordhausen, Saalfeld, Mühlhausen und Ranis als Reichslehen.

So war Nordhausen durch Schenkung beider Gegenkönige Eigentum des Landgrafen geworden. 1202 forderte jedoch König Philipp, erzürnt darüber, daß Landgraf Hermann wieder dem Welfen Otto IV. zuneigte, dem Landgrafen Nordhausen wieder ab. 1203 trat Landgraf Hermann abermals zu Otto IV. über und erhielt von ihm den Besitz Nordhausen zugesichert, aber Nordhausen gab sich 1204 freiwillig in die Hände Philipps, und die thüringischen Grafen versprachen dem König Philipp beständigen Widerstand gegen den verhaßten Landgrafen.

König Philipp erschien im Sommer 1206 abermals zur Züchtigung des Landgrafen in Thüringen und am 17. September unterwarf sich Landgraf Hermann dem Könige Philipp zu Ichtershausen und schwur ihm Treue. Der Landgraf behielt Nordhausen und die Oberherrlichkeit über die thüringischen Grafen. Im August 1207 erschien König Philipp mit dem Landgrafen Hermann in Nordhausen. Es wurden hier Besprechungen gehalten, um Otto IV. zum freiwilligen Verzicht auf die fast verlorene Krone zu bewegen. Der Landgraf erschien hier mit den Großen seines Landes; unter ihnen befand sich „Heinricus Marscalkus de Eversberch“.

Landgraf Hermann hatte seine Ebersburg seinem Marschalke Heinrich anvertraut, welcher sich seitdem nach ihr nannte. Der Marschalk Heinrich war ein Sohn des Ritters Kunemund von Eckartsberge und seiner Gemahlin Hedwig von Vargula und erscheint von 1178—1243 als Marschalk der Landgrafen von Thüringen. (Das Geschlecht der Marschälke gehört einer in Thüringen stark verzweigten Sippe an, welche im Wappen 2 Schafscheren führte. Zu dieser Sippe gehörten die von Schernberg, die Truchsesse von Schlotheim, die Herren von Myla, von Hagen, von Sondershausen, von Cölleda, von Eckartsberge, von Molschleben, von Kobinstedt, von Lupnitz und andere. Der Stammsitz wird Schernberg auf der Hainleite gewesen sein, weshalb das Geschlecht 2 Scheren im Wappen führte.)

1216 am 29. Juni hielt sich Landgraf Hermann von Thüringen in „castro Eversberg“ auf. Er hatte wohl nicht nur seinen Getreuen, den Marschalk Heinrich, besuchen, sondern vielmehr mit den nordthüringischen Grafen, die ihm untergeben worden, Besprechung halten wollen.

Wir finden hier bei dem Landgrafen auf der Ebersburg eine Anzahl thüringischer Grafen und Herren (nach Walkenrieder Urkundenbuch Nr. 97): Comites Elgerus de Hoenstein, Henricus de Stalenberg, Albertus de Clettenberg, den Freiherrn Burcardus de Hoenstein, die thüringischen Lehnsleute Rudolfe pincerna, Bertoldus de Cruzeburg, Ludolfus de Husen, Theodericus et Hugo de Wilrode, und sogar die sächsischen Grafen Burchardus de Skartfeld et frater ejus Heidenricus de Lutterberg und den Freiherrn Godeskalcus de Blesse. Was damals Wichtiges auf dieser Versammlung verhandelt worden, hat uns keine Urkunde aufbewahrt.

1209, als König Otto IV. dem Landgrafen Hermann die königliche Stadt Nordhausen wegen seines Wankelmutes wieder abgenommen hatte, blieb die Burg Ebersburg Eigentum des Landgrafen.

Im Gebiete der Ebersburg ist wohl erst kurz nach Erbauung der Burg das Dorf Hermannsacker angelegt worden, welches augenscheinlich dem Landgrafen Hermann zu Ehren benannt worden ist. Zum Burggute der Ebersburg gehörten, wie spätere Urkunden nachweisen, Hufen beim Dorfe Ebersborn (südwestlich von Urbach) und zwei Höfe in Nordhausen, von denen einer im Altendorfe und einer am Töpfertore belegen war. Anscheinend gehörten die Dörfer Hermannsacker, Vockenrode am Fuße des Burgberges, Schmiedehausen beim Hainfeld und Elwingen (zwischen Steigerthal und Stempeda) zum Burgamte Ebersburg.

Der Marschalk Heinrich von Ebersburg stand in hohem Ansehen bei seinem Herrn, dem Landgrafen Hermann (als dessen Begleiter er oft in Urkunden genannt wird), und bei dessen Nachfolgern: 1216 befindet er sich als Gesandter des Landgrafen Hermann am Hofe Kaiser Friedrichs II. zu Würzburg; 1227 zieht er mit dem Landgrafen Ludwig IV. nach Italien zum Kreuzzuge; 1242 ist er am Hofe des Landgrafen Heinrich Raspe auf der Wartburg, 1243 zu Weißensee. Eine Tochter gab der Marschalk Heinrich 1199 in das Kloster Ichtershausen bei Erfurt.

Mit dem Jahre 1243 verschwindet der Marschalk Heinrich von Ebersburg aus der Geschichte. Er wird um diese Zeit gestorben sein.

Aus der Zeit seines Kreuzzugs (1227) erzählt sich das umwohnende Volk folgende Sage:

Als der Marschälk Heinrich mit seinem Herrn, dem Landgrafen Ludwig (welcher bereits in Italien starb), den Kreuzzug unternommen hatte, waren die Äbte der Nachbarklöster Ilfeld und Himmelgarten willens, seine Söhne ins Kloster zu nehmen und deren Erbe an sich zu reißen. Als eines Tages die beiden Brüder unter Aufsicht der Amme auf blumiger Wiese bei Vockenrode spielten, überfielen und raubten mehrere Mordgesellen die Knaben und erschlugen die Amme, welche nach Hilfe schrie. Der Burgvogt eilte sofort den Räubern mit seinen Rittern nach und rettete auch den älteren Sohn seines in der Ferne weilenden Herrn. An der Stelle, wo die Amme gemordet worden, errichtete er ein steinernes Mordkreuz; den einen gefangenen Räuber ließ er auf der Sägemühle, welche unten am Fuße des Burgberges an der Tyra lag, in Stücke zersägen. Der jüngere Bruder aber blieb verschwunden und hat erst später als alter Greis und Mönch sich dem Bruder zu erkennen gegeben. Er war im Kloster Himmelgarten gefangen gehalten worden, wie er angab. (Geschichtlichen Wert hat die Sage nicht, da sie gegen die Geschichte verstößt, indem das Kloster Himmelgarten erst 1295 gestiftet worden ist.)

Nach dem Tode des Marschalks Heinrich von Ebersburg scheint die Ebersburg an seinen ältesten Sohn Hermann von Ebersberg gefallen zu sein. Doch dieser behielt die Burg Ebersberg nicht lange im Besitze. Im Jahre 1247 starb das Haus der Landgrafen von Thüringen mit dem Landgrafen und Pfaffenkönige Heinrich Raspe aus. Zwar war Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen vom Kaiser Friedrich II. zum neuen Landgrafen ernannt worden, aber auch der Graf Siegfried von Anhalt machte wegen seiner Abstammung (mütterlicherseits) vom alten Landgrafenhause Erbansprüche auf Thüringen geltend, nannte sich in seinem Siegel „Erbe von Thüringen“ und eroberte einen Teil des nördlichen Thüringens, besetzte die Burgen Ebersberg, Spatenberg, Bottendorf, Vitzenburg und erbaute die Sachsenburg an der Unstrut.

Siegfrieds Vater, Graf Heinrich von Anhalt, hatte 1211 Irmgard, die älteste Tochter Landgraf Hermanns aus zweiter Ehe, geheiratet. Diese Irmgard hatte 1183 Erzbischof Konrad I. von Mainz mit der Ebersburg belehnt. — Der Ritter Hermann von Ebersberg, welcher von seiner väterlichen Burg vertrieben worden, erhielt Besitz in Sulza an der Ilm, wo wir ihn 1256–1282 finden.

Von einem seiner Brüder stammen die Herren von Marschall ab.