Franz Sturm

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Franz Sturm
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Ernst August Franz Sturm
(vollständiger Name)
geb. 7. Oktober 1889 in Nordhausen
gest. nach 1945
Stadtrat, Unternehmer
Bilder und Medien bei Commons
Datenbank.Nordhausen
DbNDH: Q26541

Ernst August Franz Sturm (geb. 7. Oktober 1889 in Nordhausen[1]; gest. nach 1945) war Stadtbaurat und von 1940 bis 1945 stellvertretender Oberbürgermeister; 1943 war er für zwei Monate sowie im April 1945 kommissarischer Oberbürgermeister.

Leben

Schriftstück der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft vom Juli 1945 mit Unterschrift von Erich Kranz: Der Text bezieht sich auf Stadtrat Sturm, der aus seiner Position ausgeschieden und dessen Aufenthaltsort unbekannt ist. Es wird vermutet, dass er in einem Lager festgehalten wird.

Franz Sturm war als Landwirt in den Ostgebieten tätig und kehrte 1918 in seine Heimatstadt Nordhausen zurück. Hier übernahm er die Ölmühle am Lohmarkt 16[2] und betrieb einen Großhandel mit Lacken und Farben.

In einer Sitzung der Ratsherren der Stadt Nordhausen im Oktober 1937 führte Oberbürgermeister Johannes Meister ihn als Nachfolger des nach Kassel versetzten Reichsbahnrats Werner Vierkant in das Amt des Ratsherrn ein.[3][4] Er gehörte 1937 dem Beirat für Verkehrs- und Wirtschaftsangelegenheiten an[5] und wurde 1939 als ehrenamtlicher Beigeordneter bestimmt. Dank seines Vertrauensverhältnisses zu Kreisleiter Nentwig gewann er bedeutenden Einfluß in der Stadtverwaltung. Als hauptamtlicher Stadtrat[6] verwaltete er de facto seit 1940 die Oberbürgermeisterstelle, da der Zweite Bürgermeister Kurt Henschel zur Wehrmacht eingezogen war.

1937 war er Sturmführer im NSKK,[3][4] 1939 im Rang eines Obersturmführers.[7]

Mit der vorzeitigen Pensionierung von Oberbürgermeister Johannes Meister am 31. März 1942 übernahm Franz Sturm kommissarisch die Amtsgeschäfte.[8] In dieser Funktion rückte er im August 1942 in den Aufsichtsrat der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft nach.[9]

Am 1. Juli 1942 veröffentlichte er in Vertretung des Oberbürgermeisters im Ministerial-Blatt des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern die Ausschreibung für die Stelle des Oberbürgermeisters der Stadt Nordhausen.[10] Zum 9. Mai 1943 wurde dann Herbert Meyer offiziell zum Oberbürgermeister bestimmt.

Am Morgen des 11. April 1945 besetzte die über Werther anrückende 104. US-Infanterie-Division kampflos Nordhausen. Die NS-Führung und der Oberbürgermeister Herbert Meyer hatten die Stadt in Richtung Harz verlassen. In der Befehlsstelle der Stadt im Gehege übergab Franz Sturm als stellvertretender Oberbürgermeister offiziell Nordhausen an die US-Truppen;[11] anwesend waren auch Karl Großmann[12], Polizeimeister der Schutzpolizei und Adjutant des geflohenen Majors Dettmann sowie Wilhelm Werrbach, Revierhauptmann der Schutzpolizei.[13][14] Franz Sturm wurde der Befehl erteilt, innerhalb einer Stunde einen Plan über die Anlegung eines Ehrenfriedhofes mit einem Gedenkstein vorzulegen.

In diesen Tagen versuchte er mit dem Dezernenten des Ernährungsamtes Stadtrat Tolle, durch den Großhandel Lebensmittel für die Bevölkerung zu beschaffen.[15] Eine Vermisstenmeldestelle wurde eingerichtet und das Standesamt trat in Tätigkeit.

Am 13. April wurde er mit 55 weiteren Personen in den ehemaligen Häftlingsbaracken in Niedersachswerfen interniert. Am 15. April erfolgte seine Entlassung als Oberbürgermeister durch den US-amerikanischen Militärgouverneur. Am folgenden Tag wurde Otto Flagmeyer zum Bürgermeister ernannt (siehe Protokoll über die Übernahme der Stadtverwaltung Nordhausen im Auftrage des Militärgouvernements in Nordhausen).

Seine Spur verliert sich seitdem. Ein Dokument der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft vom 24. Juli 1945, verfasst von Erich Kranz, deutet darauf hin, dass Sturm aus seiner Position ausgeschieden war. Zudem wurde darin angedeutet, dass er möglicherweise in einem Lager interniert ist. Aufgrund dieser Unsicherheit wurde jegliche Kommunikation oder Zusendung an Sturm eingestellt und sein Amt als Aufsichtsratsmitglied als erloschen betrachtet. Am 18. Mai 1946 erfolgte seine Entlassung aus der amerikanischen Internierung.[16] Nach Angaben von Heinz Sting gehörte Sturm 1967 nicht mehr zu den Lebenden.[17]

Trivia

1930 war er Vorsitzender des Vereins für Rassetaubenzucht von Nordhausen und Umgegend.[18]

Aus Anlaß seines 25jährigen Bestehens beging das Nordhäuser Stadttheater 1942 einen Festakt. Nach einem kurzen geschichtlichen Rückblick stellte Stadtrat Sturm die kulturelle Bedeutung dieses Theaters für Nordthüringen heraus.[19]

Seine Personalakte wird im Stadtarchiv Nordhausen im Bestand X 0103, Indexnummer: 424, verwahrt.[20] Die Karteikarte über seine Internierung befindet sich im Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, unter der Signatur EL 904/2 Nr. 69101.[21]

Einzelnachweise

  1. Namensliste zu den Geburtsregistern der Stadt Nordhausen/Harz für die Jahre 1874 - 1899, S. 398, Registernummer Nordhausen / Harz 1889/645, abgerufen am 26. April 2023.
  2. Adreß-Buch der Stadt Nordhausen : für das Jahr 1924 - Nordhausen, S. 224, abgerufen am 18. April 2023.
  3. 3,0 3,1 Nordhausen. (Neuer Ratsherr.). In: Mitteldeutsche National-Zeitung/Ausgabe Halle, Jg. 8, Nr. 286 vom Sonntag, 17. Oktober 1937, S. 8 (Digitalisat).
  4. 4,0 4,1 Bürgersteuer unverändert/Ergebnisse der Ratsherrensitzung. In: Mitteldeutschland/Merseburger Zeitung, Jg. 177, Nr. 243 vom Montag, den 18. Oktober 1937, S. 6 (Digitalisat).
  5. Einwohnerbuch 1937 von Nordhausen. S. 458, abgerufen am 5. Juli 2023.
  6. Peter Kuhlbrodt: Nordhausen unter dem Sternenbanner. Die amerikanische Besetzung der Stadt Nordhausen vom 11. April bis Anfang Juli 1945. Nordhausen: Archiv der Stadt Nordhausen, 1995, S. 5, Anm. 7.
  7. Ewald Oppermann, Nationalsozialistsches Kraftfahr-Korps: Deutsche Kraftfahrt, vereint mit Motorwelt. 1939. S. 98. (Digitalisat)
  8. Stadtarchiv Nordhausen (Hrsg.): Chronik der Stadt Nordhausen. 1802 bis 1989. Horb am Neckar: Geiger, 2003. S. 391.
  9. Volkswirtschaft/Nordhausen - Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft, Wernigerode. In: Hamburger Fremdenblatt, Spätausgabe, Jg. 114, Nr. 219 vom Montag, 10. August 1942, S. 3 (Digitalisat).
  10. Ministerial-Blatt des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern, Nr. 26, Band 7, Teil 1, 1942, S. 1388.
  11. Stadtarchiv Nordhausen (Hrsg.): Chronik der Stadt Nordhausen. 1802 bis 1989. Horb am Neckar: Geiger, 2003. S. 414.
  12. auch Hermann Hugo Karl Grossmann; geb. 1. Januar 1902 in Leutenberg Krs. Saalfeld; Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg - Findbuch EL 904/2 Nr. 21583: Amerikanische Interniertenkartei. Abgerufen am 9. Januar 2024.
  13. Peter Kuhlbrodt: Inferno Nordhausen – Schicksalsjahr 1945. Nordhausen: Archiv der Stadt Nordhausen, 1995. S. 42.
  14. Peter Kuhlbrodt: Nordhausen unter dem Sternenbanner. Die amerikanische Besetzung der Stadt Nordhausen vom 11. April bis Anfang Juli 1945. Nordhausen: Archiv der Stadt Nordhausen, 1995, S. 32.
  15. Peter Kuhlbrodt: Inferno Nordhausen – Schicksalsjahr 1945. Nordhausen: Archiv der Stadt Nordhausen, 1995. S. 57.
  16. Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg - Findbuch EL 904/2: Amerikanische Interniertenkartei. Abgerufen am 18. Juni 2025.
  17. Heinz Sting: Historische Nachrichten von der ehemals Kayserl. und Heil. Röm. Reiches Freyen Stadt Nordhausen, neue Folge 1967. Hannover: Verlag der Nordhäuser Nachrichten, 1967. S. 62. (Digitalisat)
  18. Einwohnerbuch 1930 von Nordhausen a./H. mit den Kreisen Grafschaft Hohenstein und Ilfeld. Nordhausen a. H.: Theodor Müller, 1930. S. 494. (Digitalisat)
  19. Mitteldeutschland/25 Jahre Stadttheater Nordhausen. In: Hallische Nachrichten : General-Anzeiger für Halle und die Provinz Sachsen, Jg. 54, Nr. 232 vom Samstag, 03. Oktober 1942, S. 6 (Digitalisat).
  20. http://www.geschichtsportal-nordhausen.de/fileadmin/Geschichte/Archive/PDF/79-Findbuch-X.pdf#page=53, abgerufen am 12. April 2023.
  21. Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg - Findbuch EL 904/2: Amerikanische Interniertenkartei. Abgerufen am 22. Oktober 2023.