Bilder aus der Geschichte Nordhausens und des Kreises „Grafschaft Hohenstein“

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Eine Jagd zur Urzeit

In grauer Vorzeit, als es bei uns noch kein Dorf und keine Stadt, keine Hütte und kein Haus gab, suchten die Menschen in Höhlen und Felsklüften einen Unterschlupf. Auch in der Einhornhöhle bei Scharzfeld hatte eine Horde einen sichern Zufluchtsort gefunden. In dem weiten halbdunklen Raum sieht man nur Weiber und Kinder hocken, ein paar Männer sitzen vor einem Steinhaufen, aus dem sie durch geschicktes Zerschlagen der mit Bedacht gewählten Steine spitze und scharfkantige Waffen und Geräte zum Schneiden, Stoßen und Schlagen verfertigen. In einer Ecke liegen abgenagte und gespaltene Knochen. Wochenlang haben die Bewohner der Höhle schon von Wurzeln und Beeren gelebt. Gern hätte man Fleisch gegessen, aber das Glück war den Jägern nicht günstig gewesen. Heute morgen waren wieder alle Männer ausgezogen, nur die Steinhauer ließ man zurück, sie waren den Anstrengungen einer Jagd nicht gewachsen. In Gruppen waren sie nach verschiedenen Richtungen hin fortgegangen. Auf dem Wege, den das Wild nach der Tränkestelle zu benutzen pflegt, waren Fallgruben angelegt. Dahin ging ein Teil der Jäger zuerst. Diesmal hatten sie Glück: ein Wisent war hineingestürzt und hatte sich dabei die Vorderläufe gebrochen. Mit wildem Geschrei machten sich die Jäger daran, dem Tier durch Steinwürfe den Schädel zu zertrümmern und es so zu töten. Als das geschehen war, legten sie um die Füße des Tieres Schlingen aus Weidenruten und zerrten es aus der Grube.

Eine andere Gruppe der Jäger war ausgezogen, um äsendes Wild zu beschleichen. Nach längerem Suchen entdeckten sie ein Rudel Riesenhirsche. Auf allen vieren, gedeckt durch Gras und Busch, krochen sie möglichst nahe an die Tiere heran und schossen dann mit dem Wurfspeer und mit dem Bogen auf sie. Eins der Tiere ist getroffen, auf der Flucht bricht es zusammen.

Die Beute wird an einen Fluß geschafft und hier zerlegt. Ein scharfes Steinmesser trennt das Fell, das durch einen stumpfen Schaber von dem Fleisch losgelöst wird. Die Tierhaut zu gerben verstand der Urmensch noch nicht, er trocknete sie und benutzte sie dann als Kleidungsstück. Aus den Därmen werden Riemen und Bänder angefertigt, der Kopf des erlegten Wildes kam als Siegestrophäe in die Wohnung,- das zerlegte Fleisch wird in der Höhle am Feuer gebraten.

Unsere Heimat zur Urzeit

Bor vielen tausend Jahren — man nimmt 100000 und mehr Jahre an — war ganz Norddeutschland und Thüringen von Eis bedeckt. Auch der Harz war teilweise vereist. Zeitweilig wurde es wieder wärmer, das Eis schmolz, die Erde ward trocken und belebte sich mit Pflanzen und Tieren. Dann setzte wieder ein kälteres Klima ein, und das Eis rückte wieder vor. Dieser Wechsel wiederholte sich einige Male. Die mit Eis bedeckten Flächen boten dem Menschen keine Daseinsmöglichkeit erst gegen Ende der Eiszeit finden sich in unserer Gegend Spuren menschlichen Lebens und zwar die frühesten in der Einhornhöhle bei Scharzfeld.

Hier entdeckte man in drei aufeinanderfolgenden Erdschichten Reste von Knochen und andern Gegenständen, die auf die Anwesenheit von Menschen schließen lassen.

In einer Tiefe von 2-3 m findet sich eine Erdschicht, worin Knochen vom Höhlenbären, Höhlenlöwen, Wolf, Dachs, von der Fischotter, einige Topfscherben und Holzkohlen eingeschlossen waren. Viele Knochen waren der Länge nach gespalten: man hatte aus ihnen das Mark gewinnen wollen. Die Tiere waren den Menschen zur Beute gefallen und in die Höhle geschleppt worden, um hier verzehrt zu werden. Manche Knochen zeigen Spuren von Abrundung und Abrollung. Das läßt darauf schließen, daß später das Eis wieder vorrückte,- und als es dann wieder schmolz, ist ein Bach durch die Höhle geflossen, der die Knochen gegeneinander und gegen die Felswand stieß. Zugleich brachte das Wasser Schlamm mit, der diese unterste Schicht bedeckte.

Nachdem die Erde wieder trocken geworden war, diesmal nun endgültig, also nachdem die Eiszeit vorüber war, nahmen wieder Menschen von der Höhle Besitz. Die Erdschicht, die von ihnen Kunde gibt und über dem Lehm liegt, der die ältere bedeckt, enthält neben Knochen vom Bären, Wolf und von der Fischotter auch schon solche vom Wildschwein, Hirsch und Reh, also von Waldtieren, ein Zeichen, daß das Eis von den Berghängen völlig gewichen ist und die Umgegend sich mit Wald bedeckt hat. Von unsern Haustieren findet sich unter den Knochenresten noch keine Spur.

Diese zweite Schicht ist teilweise mit einer Tropfsteinplatte bedeckt. Auf dieser und zum Teil unmittelbar über der zweiten Schicht liegt eine dritte, die sich von der darunter liegenden durch ihre dunkle Farbe unterscheidet, mit Holzkohle und Asche stark vermengt ist und völlig den Eindruck einer Moderschicht macht. Sie gehört einer viel späteren Zeit an, etwa der Zeit bis 1000 v. Chr. und war vielleicht noch in den ersten Jahrhunderten nach der Geburt Christi bewohnt. Unter den Knochen befinden sich neben denen vom Bär, Wolf, Dachs, Fuchs, Elch und Wildschweine auch solche von Haustieren, vom zahmen Schwein, Rind, Schaf, von der Ziege, vom Pferd, Hund und auch Menschenknochen. Außerdem fand man darin zahlreiche Topfscherben, die meisten von roher Arbeit, aber auch schon solche, die auf der Drehscheibe hergestellt waren. Die Scherben sind vom Feuer geschwärzt,- die Gesäße sind also als Kochgeschirr benutzt worden. Als Herd hat offenbar die Tropfsteinplatte gedient. Es wurden ferner darin gefunden Schmucksachen und Waffen, namentlich ein durchbohrter Steinhammer, ein feingeschliffener Steinkeil, eine rohe Tonperle, eine Bernsteinperle, ein bearbeitetes Stück Hirschhorn, auch einige Gegenstände von Metall, wie eine Spirale von Bronze und eine eiserne Nadel.

Spuren menschlichen Daseins aus der Vorzeit hat man auch sonst an vielen Orten unserer engeren Heimat gefunden, namentlich viele Grabstellen, so bei Nordhausen, Urbach, am Zoll hinter Crimderode, bei Oberdorf, Hainrode unter der Wöbelsburg, auf der Hasenburg, bei Uthleben, Berga und besonders zahlreich bei Auleben. Hier hat man an der Straße nach Kelbra am Abhange des Soolberges ein ganzes Gräberfeld, einen vorzeitlichen Friedhof, entdeckt, von dem eine Anzahl Gräber geöffnet ist. Man fand in ihnen Urnen, Schmuckgegenstände wie Nadeln und allerlei Ringe aus Bronze, ferner kleinere Tongefäße und Waffen. Sie werden im städtischen Museum in Nordhausen aufbewahrt.

Außer diesen Gräberfunden werden häufig auch noch Einzelfunde bei Erdarbeiten oder beim Bestellen des Ackers gemacht: Topfscherben und ganze Töpfe, Steinbeile und -messer, Waffen, Geräte und Schmucksachen aus Bronze und Eisen kommen zum Vorschein, die alle für die Vorgeschichte von größter Bedeutung sind.

Nach allen diesen Funden teilt man die Vorzeit ein in eine Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit.

Am weitesten zurück liegt die Steinzeit. In dieser Zeit lieferte der Stein dem Menschen die notwendigsten Geräte,- daneben benutzte er noch die Knochen und Geweihe der Tiere. Je nach der Bearbeitung dieser Rohstoffe unterscheidet man eine ältere und eine jüngere Steinzeit. In der älteren wurden die Steine nur roh behauen. Hauptsächlich wurden Feuersteine verwendet, wo diese nicht zu haben waren, wie in unserer Heimat, auch andere harte Steine, die beim Spalten scharfe Kanten ergaben. Gefäße aus Ton gab es in der älteren Steinzeit noch nicht. Den Lebensunterhalt gewährte die Jagd und das Sammeln von Beeren und Wurzeln. Ackerbau und Viehzucht lagen noch in weiter Ferne. Daher war der Mensch auch noch nicht seßhaft. Außer in der Etnhornhöhle hat man in unserer Nähe noch bei Weimar Spuren des Menschen aus der älteren Steinzeit gefunden.

Die jüngere Steinzeit. Die Menschen der älteren Steinzeit wurden durch das wieder vorrückende Eis aus ihren Wohnräumen vertrieben. Tausende von Jahren war alles wieder von Eismassen bedeckt. Dann wechselte das Klima abermals. Dem zurückweichenden Eise folgte der Mensch,- aber es ist ein anderer Menschenschlag, der jetzt in unsern Gegenden erscheint. Die trocken gewordene Erde bot ihm die Möglichkeit zu längerem Verweilen an einem Orte. Er fing an, den Acker zu bauen und Vieh zu züchten,- er wurde seßhaft. Wo natürliche Höhlen oder überhängende Felsen vorhanden waren, mag er diese noch zu Wohnräumen benutzt haben,- sonst grub er Löcher in die Erde und bedeckte sie mit einem btenenkorbartigen Schutzdache aus Rutengeflecht, das er mit einer Lehmschicht gegen Wind und Wetter dicht machte. Solche Wohnstätten treten an verschiedenen Stellen in größeren Gruppen zu dorfartigen Ansiedlungen vereinigt auf. In unserer Gegend hat man davon noch keine Spuren gesunden, wohl aber bei Sangerhausen, bei Göttingen. Weißenfels, Zeitz u. a. O. Daß aber auch unsere Heimat damals schon bewohnt war, das beweisen die zahlreichen Einzelfunde, die auch hier gemacht worden sind, wie z. B. die Steinbeile, Meißel, Hämmer, Messer, Schaber, Dolche, Pfeilspitzen. Sie sind zum Unterschiede von den Geräten der älteren Steinzeit jetzt sauber geschliffen, die Beile und Hämmer haben bereits ein Loch für den Stiel. Auch Tongefäße (Urnen) findet man häufig, meist jedoch nur Scherben davon. Sie sind im Feuer gebrannt und mit allerlei Zierat versehen, wie mit Schnüren und Bändern in den verschiedensten Mustern.

Von der äußeren Erscheinung der damaligen Bewohner unserer Gegenden kann man sich nach den erhaltenen Skelettresten eine nicht ungünstige Vorstellung machen, sie lassen auf einen wohlgebauten Menschenschlag schließen. Für die Kleidung standen außer den Fellen schon gewebte Stoffe zur Verfügung. Die sichtbaren Körperflächen bemalte man gern mit Rötel. Den Hals schmückten Ketten, zu denen perlen aus Bernstein, Marmor, Braunkohle, Schiefer, Muscheln, durchbohrten Tierzähnen u. dergl. verwendet wurden. Auch Ohrringe trug man schon, ebenso Armringe aus Marmor oder Muscheln. Ein künstlerischer Sinn zeigt sich bereits in der Formgebung und Verzierung der Gefäße. Auch einen lebhaften Handelsverkehr unterhielt der Mensch der jüngeren Steinzeit schon. Da in Thüringen der Feuerstein selten ist oder nur in kleineren Stücken vorkommt, bezog man die größeren Dolche und Lanzenspitzen aus dem Norden,- aus südlicheren Gegenden stammen die Marmorringe,- Bernsteinperlen kamen von der Ostsee,- sogar kupferne Schmuckstücke, ebenfalls aus dem Süden, finden sich. Dieser Einfuhr fremder Waren entsprach eine Ausfuhr hier angefertigter Gegenstände,- so kommen Steingeräte von einer ganz bestimmten Form aus Steinen des Harzes weit nach Süden und nach Osten hin vor.

Die vorherrschende Bestattungsform war die Beisetzung der unverbrannten Leiche in Erdgräbern und zwar meist mit gekrümmten Knien (Hocker) in liegender oder sitzender Stellung, daneben kommen auch gestreckte Skelette vor.

Die jüngere Steinzeit dauerte bis etwa 2000 v. Chr.

Die Bronzezeit (2000 — 500 v. Chr.).
Mit der Zeit verdrängte das Metall den Stein als Material für Werkzeuge und Waffen. Schon in der jüngeren Steinzeit kamen vereinzelt kleine Gegenstände aus Kupfer vor,- doch war dieses Metall für den Gebrauch zu weich. Erst als man durch eine Mischung des Kupfers mit Zinn ein Metall, die Bronze, erfunden hatte, das dem Stein an Härte gleich kam, ihn aber an Dauerhaftigkeit übertraf, wurden die Steingeräte in den Hintergrund gedrängt, obgleich sie immer noch gebraucht wurden. Die Bronze ist vermutlich Ln Spanien, wo sich viel Kupfer und Zinn findet, erfunden worden und ist zunächst auf dem Handelswege nach Norden gekommen. Später wurde sie hier selbst hergestellt. Aus Bronze fertigte man Beile, Dolche, Schwerter, Hals- und Armringe, Nadeln usw. Funde dieser Art find bei Nordhausen, Auleben, Görsbach, Sangerhausen, Uthleben, Oberdorf gemacht worden. (S. Nordhs. Museum).

Große Bronzefundstätten entdeckte man in Hallstadt im Salzkammergut, daher nennt man diese Zeit auch oft die Hallstadtzeit.

Die Eisenzeit. Etwa um 500 v. Chr. kamen zu den Bronzegegenständen noch eiserne. Da Eisenteile leicht rosten, sind Waffen und Geräte aus Eisen, die man in Gräbern oder einzeln findet, stark vom Rost angefressen. Die oberste Schicht in der Einhornhöhle enthält auch Eisenteile. Ebenso ist in einem Grabe am Zoll eine eiserne Schwertklinge gefunden worden,- auf der Hasenburg fand man ebenfalls eiserne Nadeln, eine eiserne Schere u. a., ferner bei Sondershausen usw.

Je mehr wir uns der Zeit der Geburt Christi nähern, desto besser werden auch die Wohnverhältnisse. Ein Bild davon geben uns dieGräber. Man findet Grabkammern aus festgezimmertem Eichenholz mit einem Dach aus schrägen Sparren/ aus den Sparren ruhen Bohlen, deren Fugen mit Gips verstrichen sind. Ähnliche Formen haben die sogen. Hausurnen. Man kann diese Gräber und Urnen als Modelle der damals üblichen Wohnhäuser ansehen. Wie nun aber neben den reich ausgestatteten Grabstätten auch noch einfache Flachgräber Vorkommen, so war sicher auch ein Unterschied in den Wohnhäusern: der Vornehme saß im festgefügten Holzbau, der geringe Mann hauste in der schon von der Steinzeit her bekannten Wohn- oder Herdgrube, die von einer leichten mit Lehm beworfenen Reisighütte überdacht war.