Renate Niethammer
Renate Niethammer geborene Renate Kaiser (* 13. März 1913 in Nordhausen im Harz) ist eine deutsche Grafikerin und Malerin.
Leben und Werk
Renate Niethammer ist die Tochter einer wohlhabenden Familie aus Nordhausen im Harz. Sie waren reich, der Urgroßvater war Möbelfabrikant, der Großvater war Katasterdirektor, die Großmutter bemalte Tonvasen, der Vater betrieb eine Handelsgärtnerei. Die Ehe der Eltern wurde früh geschieden. Niethammer hat mehrere Geschwister. In ihrer Schulzeit war sie wegen häufiger Umzüge der wieder verheirateten Mutter zuerst in Jever/Ostfriesland. In großen Schulklassen mit bis zu 70 Kindern, z. T. aus Moorarbeiterfamilien, lernte Renate früh die Armut kennen. Sie besuchte insgesamt vierzehn verschiedene Schulen, zuletzt das Oberlyzeum in Berlin-Friedenau. In der Unterprima (11. Klasse) gewann sie den 1. Preis der Stadt Berlin für ein Drama über das Frauenbild im Zeitablauf.
Ihr malerisches Interesse wurde früh von ihrer Großmutter und ihrer Tante Paula, einer Diakonisse, geweckt. In Berlin erhielt sie mit 18 Jahren ihren ersten Malunterricht in der privaten Kunstschule von Else Marcks-Penzig (1887-1950), einer Schülerin von Emil Rudolf Weiß, bis 1933 Professor an der Berliner Kunstgewerbeschule.
1932 legte sie die Aufnahmeprüfung an den vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg ab. Lehrer im Porträt- und Aktzeichnen war insbesondere Erich Wolfsfeld, der aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1937 nach Palästina emigrieren musste. Daraufhin bekam die Klasse mit Renate Niethammer den neuen Lehrer Eichhorst, der dem Nationalsozialismus treu ergeben war. Die Schüler boykottierten dessen Unterricht, was zur Auflösung der Klasse führte. Renate Niethammer wurde daraufhin dem Atelier von Prof. Spiegel zugewiesen, einem anderen Lehrer, der den NS-Ideen verpflichtet war. Es gelang ihr, in den grafischen Werkstätten von Prof. Michel unterzutauchen.
1937 heiratete sie den Ingenieur für Flugzeugbau Friedrich Niethammer. In Folge der Geburt der Tochter 1938 in Leipzig litt sie an einer lebensgefährlichen Infektion (Kindbettfieber), die zur fast vollständigen Erblindung führte, es folgte ein Jahr Aufenthalt in der Leipziger Universitätsklinik bis zur Genesung. Ihr Ehemann hielt sich beruflich in Prag auf, wohin sie ihm nach der Geburt des Sohnes 1942 in Augsburg folgte. Im Gefolge des Krieges kam ihr Ehemann 1944 ums Leben. Es gelang Renate Niethammer mit beiden Kindern die Flucht zurück nach Nordhausen. Dort erlebte sie nach einigen Tagen den Bombenhagel auf Nordhausen, den sie und die Kinder überstanden, andere Mitglieder ihrer Familie kamen darin um.
1946 gründete sie eine private Malschule im noch zerbombten Haus der Großeltern in Nordhausen. Insgesamt unterrichtete sie 30 Schüler, die sie systematisch zu Aufnahmeprüfungen an Fach- und Hochschulen, z. B. Burg Giebichenstein und die Hochschule für Architektur in Weimar, führte. Der dort lehrende Professor Hermann Henselmann anerkannte bei Studierenden die aus Nordhausen mitgebrachten Fähigkeiten und Fertigkeiten, eine Studentin erhielt vom Kulturbund den ersten Preis des Landes Thüringen für ihre in Nordhausen angefertigten Arbeiten. Niethammer zeigte ihre Werke in mehreren Ausstellungen, ein lebensgroßes Bild „Junger Geiger“ wurde von der Stadt Nordhausen gekauft und dem Orchester übergeben, weitere Auftragsbilder entstanden. 1948 wurde ihre Malschule von der sowjetischen Kommandantur geschlossen.
1948 bis 1950 absolvierte sie ein weiterführendes Studium, insbesondere der Wandmalerei, bei Prof. Kirchberger in Weimar. Es entstand eine Auftragsarbeit in der Größe 8 x 5 ½ m für das Weimarer Stadttheater zum Thema „Friedensgrenze“. Sie wurde mehrere Wochen im Weimarer Museum ausgestellt. 1953 arbeitete sie mit der Stadt Nordhausen als Leiterin eines Malzirkels für bildende Kunst, um für den Unterhalt der Familie aufkommen zu können.
1957 siedelte die Familie nach Berlin über, von dort aus kaufte sie ein Grundstücks in Kolberg, nahe Königs Wusterhausen. Niethausen bekam den Auftrag der evangelischen Kirche, ein Triptychon für die Dorfkirche Selchow/Mark, Kreis Frankfurt/Oder, insgesamt 6 m lang mit 56 Figuren, zu malen. 1962 übernahm sie den Zirkel für bildnerisches Volksschaffen im Schwermaschinenbau in Wildau, zwei Zirkel des NVA-Nachrichtenregiments in Niederlehme, den Mal- und Zeichenzirkel als künstlerische Leiterin im Kulturhaus Interflug und im Kulturhaus Fernsehelektronik-Berlin. Weitere Auftragsarbeit war ein 2 x 4 m großes Tafelbild mit den Porträts der besten Arbeiter des Binnenhafens in Königs Wusterhausen. Niethausen ist seit 1995 Mitglied in der GEDOK – Brandenburg in Rangsdorf.
Bis 2011 war ihr Wohnsitz in Kolberg. Es entstand hier insbesondere Malerei in Öl, Aquarell, Kohle und Kreide. Motive sind immer wiederkehrend, Menschen; Männer-, Frauen- und Kinder-Porträts, Arbeiter, Politiker, Künstler, aber auch leuchtend farbige Blumen-Stillleben. Ein Triptychon über Frauen der Weltgeschichte blieb bislang unvollendet.
2011 folgte die altersbedingte Übersiedelung nach Nordrhein-Westfalen in die Nähe des Wohnsitzes ihres Sohnes. Eine größere Retrospektive anlässlich des 100. Geburtstages von Renate Niethammer am 13. März 2013 ist seitens der Familie geplant.
Werke
- 2002 begonnen: „Frauen“, Triptychon, unvollendet, im Besitz der Familie
- 1988: „Verkauf der Kinder“, Öl
- 1985: "Jan Koplowitz und Frau", 1985, Öl auf Hartfaser, 90 x 86 cm (Kunstarchiv Beeskow)
- 1985: "Hedda Zinner", 1985, Öl auf Hartfaser, 91 x 73 cm (Kunstarchiv Beeskow)
- 1981: „Geiger (Abschied von der Moldau)“, Öl
- 1975-1977: „Rehabilitation der Querschnittsgelähmten“, Öl, Auftragsarbeit als Wandbild für das Klinikum Buch; (Kunstarchiv Beeskow)
- 1974: "Landbriefträger", 1974, Öl auf Hartfaser, 90 x 70 cm (Kunstarchiv Beeskow)
- 1972: „Kommet her zu mir …“ Altar-Triptychon, Öl, Evangelische Dorfkirche in Selchow/Mark (Storkow)
- 1971: "Arbeiterveteranin Helene G.", 1971, Öl auf Hartfaser, 90 x 70 cm (Kunstarchiv Beeskow)
- 1971: „Sozialistische Brigade der LPG Großziethen“, Öl, VII. Kunstausstellung der DDR 1972
- 1962: „Hafen-Bild“, Öl, ca. 200 x 400 cm, Binnenhafen Königs Wusterhausen
Ausstellungen
- 2011: Berlin, Abgeordnetenhaus 26.01.2011 – 11.03.2011: „Porträts aus dem Kunstarchiv Beeskow“ mit „Landbriefträger“ von 1974 vertreten
- 2009: Burg Beeskow, 19. Oktober 2009 - 20. Juni 2010: "Helden auf Zeit. Porträts aus Kunstarchiv Beeskow ("Landbriefträger" 1974)
- 2008: Landkreis Dahme-Spreewald, Lübben, Vertikale-Galerie, 12.02.2008 bis 16.04.2008 „Porträts“, Lebenswerkausstellung zum 95. Geburtstag
- 2007: Landgalerie Mark Brandenburg e. V., Jacobsdorf-Petersdorf: 30.06.2007 bis 20.08.2007: „Renate Niethammer“
- 2005: Burg Beeskow, 23. Oktober 2005 - 29. Januar 2006: "Ein weites Feld. Landwirtschaft in der Malerei der DDR" ("Landbriefträger" von 1974)
- 2004: Burg Beeskow, 14. Dezember 2003 - 16. Mai 2004: "Offenes Depot 2. Teil. Künstler aus Ostbrandenburg zwischen gestern und heute" ("Landbriefträger" von 1974)
- 1996: GEDOK Brandenburg, Klubhaus Rangsdorf: 28.01.1996 – 26.02.1996: „Malerei und Zeichnungen“[1]
- 1978: Bukarest, Kunstausstellung der DDR.
- 1972: VII. Kunstausstellung der DDR 1972 in Dresden: mit „Sozialistische Brigade der LPG Großziethen“, Öl, 1971 vertreten
Literatur
- „Ein weites Feld“. Landwirtschaft in der Malerei der DDR, Katalog zur Ausstellung, Kunstarchivs Beeskow / Simone Tippach-Schneider (Hrsg.), Beeskow 2005
- „Helden auf Zeit“. Porträts aus dem Kunstarchiv Beeskow, Katalog zur Ausstellung, Kunstarchiv Beeskow / Simone-Tippach-Schneider (Hrsg.), Beeskow 2009
- Verbundprojekt „Bildatlas: Kunst in der DDR”, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (mit 5 Gemälden des Kunstarchivs Beeskow darin vertreten)
Einzelnachweise
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