Das Nordhäuser Geschichtenbuch: Unterschied zwischen den Versionen
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== Prolog == | == Prolog == | ||
'''W'''ir wurden vor der Erfindung des Fernsehens, des Penizillins, der Schluckirnpfung, | |||
der Tiefkühlkost und der Kunststoffe geboren und kannten Kontaktlinsen, Herzschritt- | |||
macher und die Pille noch nicht. Wir kauften Mehl und Zucker viertelpfundweise in Tüten und nicht in Geschenkpackungen. Wir waren schon da, bevor Kreditkarten, Telefax, | |||
Kernspaltung, Laser und Kugelschreiber zur Verfügung standen. | |||
Es gab noch keine Geschirrspüler, Wäschetrockner, Klimaanlagen, Last-Minute-Flüge | |||
und der Mensch war noch nicht auf dem Mond gelandet. Wir pflegten unsere Verbindungen persönlich und nicht mit hotline, online, inline, airline. Was sich in der Welt | |||
ereignete, zeigte uns die Wochenschau im Kino etwa vierzehn Tage später. | |||
Wir haben erst geheiratet und dann zusammengelebt. Damals waren die Käfer noch | |||
keine Volkswagen. Und „mit jemanden gehen“ hieß schon fast so viel wie verlobt zu | |||
sein. Alte Zeitungen wurden für „hinterlistige“ Zwecke verbraucht oder im Ofen verbrannt. Von Recycling sprach niemand. Wir dachten nicht daran, daß der Wiener Wald | |||
etwas mit Brathähnchen zu | |||
tun hätte, und Arbeitslosigkeit war eine Drohung und kein Versicherungsfall. | |||
Wir waren da, bevor es den Hausmann, die Emanzipation, Pampers, Aussteiger und eine | |||
computergesteuerte 1-leiratsvermittlung gab. Zu unserer Zeit gab es noch keine Gruppentherapie, Weight-Watchers, Sonnenstudios und kein Kindererziehungsj ahr für Väter. | |||
Zweitwagen hatte keiner und brauchte sie auch nicht durchzuchecken. Und wenn man | |||
sich wunderte, sagte man „oh“ und nicht „wow“. | |||
Wir haben damals keine Musik vom Tonband oder über UKW aus Transistorradios oder | |||
die New Yorker Symphonie via Satellit gehört. Wir lauschten Musikkapellen oder einer | |||
Schallplatte, deren Töne nicht gepowert waren. Band in Discos waren unbekannt. Es | |||
gab keine elektronischen Schreibmaschinen, künstliche Nieren, Yoghurt und auch keine | |||
Jungen, die Ohrringe trugen. Die Worte Software für alles, was man beim Computer | |||
nicht anfassen und Non-Food für alles, was man nicht essen und trinken kann, waren | |||
noch nicht erfunden. Und ein gesundes Fachwissen wurde noch nicht mit Know-how | |||
bezeichnet. | |||
ln dieser Zeit hieß Made in Japan so viel wie billiger Schund und man hatte auch noch | |||
nie etwas von Pizzen, MacDonald's und lnstand-Coffee gehört. Der Ausspruch Pommes | |||
mit Ketchup war noch nicht geboren. Wir sagten noch Guten Tag und nicht „Hallo“ oder | |||
„Hi“ (sprich hei) und wenn wir etwas gut fanden, sagten wir auch, es war schön und | |||
nicht okay oder affengeil. | |||
Wir feierten unsere kleinen Feste und keine Parties oder Festivals und Höhepunkte waren keine Highlights. | |||
Wir liefen schon auf der Straße herum, als man noch für fünf Pfennige ein Eis, einen | |||
Beutel Studentenfutter oder eine Flasche Brause kaufen konnte. Auf Briefe klebten wir Sechs-Pfennig-Marken und für fünfzehn Pfennige konnten wir mit der Straßenbahn von | |||
einem Ende der Stadt bis zum anderen fahren, wenn wir uns vorher eine Fahrkarte gekauft hatten, die damals noch nicht Ticket hieß. Wenn man weniger als einen Meter groß | |||
war, kostete es nichts. Im Gang stehen war verboten. Ein Ei kostete drei Pfennige und | |||
eine Semmel vier Pfennige. | |||
Bei Regen zog man sich einen Mantel an und kein Outfit. Die Verkäuferin hatte noch | |||
keinen Job im Shop. Man buchstabierte noch deutsch, wer hätte schon etwas verstanden, hätte man Eibiäm (IBM) gesagt? Statt des modernen Countdown sagten wir noch | |||
abzählen. Freunde waren wir und keine Fans. Wir waren wohl die letzte Generation, | |||
die so dumm war zu glauben, daß eine Frau einen Mann heiraten muß, um ein Baby zu | |||
bekommen. Und wenn das Wort Kids el, dachten wir an kleine Rehe. Mit leuchtenden | |||
Augen lauschten wir den Märchen, die uns vorgelesen wurden. Comic-Strip waren uns | |||
unbekannt. | |||
Wir sammelten und bügelten noch alte Schleifen und Geschenkpapier, legten bröckelnde Seifenreste zusammen und waren Meister im Falten von Zahnpastatuben, um die | |||
letzten Spuren herauszuquetschen. | |||
Wir mußten fast alles selber tun und mit dem auskommen, was wir hatten. Zu glauben, | |||
daß der Staat uns schließlich doch versorgen wird, wenn wir vorher über unsere Ver- | |||
hältnisse gelebt haben, wäre undenkbar gewesen. Wer mehr ausgab als er einnahm, war | |||
ein krimineller Bankrotteur. | |||
Und Bock mußten wir immer haben! (Null Bock auf nichts) | |||
Diese ganze Entwicklung haben wir über uns ergehen lassen müssen. Ist es da ein Wun- | |||
der, wenn wir etwas konfus erscheinen? | |||
So ist wohl auch die Kluft zwischen den Generationen entstanden. Wir haben aber alles | |||
überlebt und sind, der Statistik zufolge die gesündeste Generation. Das ist vielleicht | |||
auch der Beweis für unsere total überholte, aber vernünftige Lebensweise. | |||
Darum haben wir alle Grund zum feiern und wir freuen uns, daß wir das heute über- | |||
haupt noch können. | |||
Eine lange Entstehungsgeschichte liegt hinter den Initiatoren. dieses Buches. Die Herausgabe wäre selbst noch einmal eine Geschichte weit. Daher möchte ich mich im Na- | |||
men aller Beteiligten bei der Stadt Nordhausen recht herzlich bedanken, dass sie sich | |||
bereiterklärt hat dieses Buch zu publizieren. Die Autoren sehen es auch als ihren Beitrag | |||
zum 1085-jährigen Jubiläum der Stadt Nordhausen im nächsten Jahr 2012. | |||
== Kurzbiografien (alphabetisch) == | |||
'''Angelstein, Günther'''<br> | |||
1935 in Sundhausen, OT von Nordhausen, geboren und aufgewachsen. Besuch der dortigen Grundschule, Abschluss 8. Klasse. Fleischerlehre, Gesellenprüfung. Berufsausübung als Fleischer, industriell und Hausschlachtung. Qualizierung zum Baggerfahrer | |||
'''Arndt, Jutta geb. Gothe'''<br> | |||
1934 in Bielen geboren, OT von Nordhausen, Besuch der dortigen 8-klassigen Volksschule, Abschluss 8. Klasse. Lehre als Näherin, später Angestellte bei der Deutschen Reichsbahn, dann Bundesbahn, jetz Rentnerin, verheiratet, 4 Kinder | |||
'''Bartscher, Wolfgang''' <br> | |||
1927 in Nordhausen geboren. Petersbergschule. Mittelschule. Lehre bei Stadtverwaltung Nordhausen, Arbeitsdienst-Flak. Gefangenschaft in Belgien. Hochschule in Leipzig, Abschluss als Diplomwirtschaftler. Tätig im Lebensmittel-Großhandel und EDV, verheiratet, 2 Kinder, Vorruhestand 1990, Rentner ab 1992 | |||
'''Beier, Horst'''<br> | |||
1931 in Nordhausen geboren, Meyenburg-Mittelschule, ab 1945 als Helfer in der Stadtgärtnerei bei Gartenbau-Oberinspektor Ernst tätig. Studium zum Gartenbau-Ingenieur, 1961 bis 1973 Abteilungsleiter Gartenverwaltung, Ingenieur fur Landschaftsgestaltung | |||
'''Boes, Wolfgang'''<br> | |||
1931 in Köln geboren. 1942 in Köln ausgebomt, Umzug mit Familie nach Nordhausen, hier ab 1943 Oberschule. lm April 1945 in der Löbnitzstraße erneut ausgebombt, nach Mühlhausen verzogen, dort Berufsschule. Nach Enteignung des väterlichen Betriebse nach Westdeutschland. Großhandelskaufmann, EDV-Organisator bis zur Rente, verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Bosse, Karl-Heinz'''<br> | |||
1925 in Allstedt/Helme geboren, 1935 nach Nordhausen, Petersbergschule, Lehre als Maschinenschlosser und Technischer Zeichner. 1943 zur Luftwaffe, 1944 abgeschossen, verwundet, 1945 in Gefangenschaft. Tätig in MONTANIA und ABUS, Ingenieurstudium Chefkonstrukteur bei NOBAS. Nach Kriegsende maßgeblich am Aufbau des Segelflugs in Nordhausen beteiligt, jetzt Rentner, verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Dohle, Elisabeth geb. Giese'''<br> | |||
1931 in Netzdorf/Westpreußen geboren, mit 8 Jahren 1940 nach Nordhausen zu den Großeltern gezogen, die in der Hohekreuzstraße beim Bombenangriff ums Leben kamen. Besuchte die Töpfertorschule, dann Mittelschule. 1943 Rückkehr nach Westpreußen, l945 nach der Vertreibung wieder im zerbomten Nordhausen. 2-jährige Lehre als Dreherin in der IFA, dann Assistentin der Betriebsschule, 1961 anach Bremen, Sekretärin, verwitwet, 3 Kinder | |||
'''Dohle, Rolf †'''<br> | |||
1926 in Salza geboren, dortige Volksschule besucht, Abschluss 8. Klasse, ab 1940 Kaufmannslehre bei Kaffee-Krause & Co. in Nordhausen, für 3 Jahre Berufsschule. 1944 Kaufmanns-Gehilfe. Einberufung zum RAD und Luftwaffe, Einsatz in Frankreich, Lazarett, danach Abwehrkämpfe an der Oder, bis 1945 in amerikanischer Gefangenschaft. Ab 1950 bei der HO, ab 1951 Einkäufer IFA, 1961 nach-Bremen, dort Selbständig, 3 Kinder, im Oktober 2009 verstorben | |||
'''Fromme, Ursula'''<br> | |||
1922 in Loburg/Krs. Zerbst geboren, 1926 nach Kleinwerther gezogen, dortigge Volksschule besucht, anschließend Mathilden-Mittelschule Nordhausen, Mittlere Reife, Pflichtjahr, Höhere Handelsschule Halle/Saale, Tätigkeit in der Stadtverwaltung Nordhausen, Sekretärin bis 1985, seit 1982 Rentnerin, Mitglied im Kulturbund, Harzklub | |||
'''Haun, Dr. Ulrich'''<br> | |||
1940 in Nordhausen geboren, Sohn eines Landarztes, Grundschule in Großwechsungen, 1954-58 EOS Nordhausen, Abitur, 1959 Praktikum an der Bergakademie Freiberg, bis 1965 Medizinstudium Charite Berlin und MA Erfurt, 1966 Promotion, Oberarzt der Kinderklinik Nordhausen bis 2003, dann Altersteilzeit. | |||
'''Koch, Otto †'''<br> | |||
1920 in Salza geboren. Heinrich-Mittelschule, Mittlere Reife. Maurerlehre, gesamte Kriegsteilnahme an der Ostfront, 2 mal verwundet. Nach Kriegsende Berufsschullehrer, Ausbildungsleiter und Direktor der Betriebsberufsschule Hochbau Nordhausen, Dozent an der Fachschule für Bautechnik Weimar, Direktor Lehrmeister-Institut Magdeburg, 3 Kinder | |||
'''Koch, Werner'''<br> | |||
1926 in Nordhausen geboren, 3. Generation einer Nordhäuser Färbeermeisterfamilie, Petersberg-Realgymnasium, Luftwaffenhelfer, Kriegsabitur, Infantrist in der Schlacht von Arnheim, Gefangenschaft bis Oktober 1946. Färbermeister, selbstständig in Nordhausen bis zur Enteignung 1961, dann 25 Jahre Vorsitzender der PGH „Adrett“, verheiratet | |||
'''Köhler, Horst'''<br> | |||
1924 in Nordhausen geboren, Realgymnasium, danach mehrere Jahre Soldat, nach Kriegsgefangenschaft in Bremen wohnhaft, dort im Außenhandel tätig. Buchveröffentlichungen „Glocken vom Petrieturm“, „Laterna magica“', „Sonnenstaub und Wolkenschatten“, zahlreiche Lyrische Gedichte, auch in „Nordhäuser Nachrichten“ | |||
'''Kromann, Hans-Martin'''<br> | |||
1926 in Nordhausen geboren, Petersbergschule, Mittelschule. Luftwaffensoldat, verwundet bis l949 in Kriegsgefangenschaft in Frankreich. Fachschule für Binnenhandel, Großhandelskaufmann. Leitender Angestellter und Betriebsökonom, Autor „110 Jahre Luftfahrt in und um Nordhausen“, verheiratet, 1 Kind | |||
'''Kubach, Walter'''<br> | |||
1923 in Duisburg/Meiderich Rhl. geboren, als Kleinkind nach Nordhausen gezogen. Von 1930 bis 1938 Petersbergschule, Handelsschule bis 1941. Lehre bei VIKK Arbeitsdienst in Polen, lnfanterist im Kaukasus, schwer verwundet, 1945 amerikanische Gefangenschaft, l7 Jahre AOK, danach 27 Jahre Revision Verkehrsbetriebe Nordhausen, verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Kühne, Kurt'''<br> | |||
1923 in Nordhausen geboren. Meyenburg-Mittelschule, Mittlere Reife. Ab 1942 motorisierte lnfanterie, verwundet in Stalingrad, dann Einsatz in Süditalien, 1944 in Gefan- genschaft nach Algerien und Frankreich, 1949 Heimkehr, 1953 Meisterprüfung Sanitär- und Heizungsbau. Weiterführung des väterlichen Betriebes bis 1988, verheiratet | |||
'''Leiß, Ilse geb. Meyer'''<br> | |||
1927 in Nordhausen geboren, Justus-Jonas-Schule, nach Abschluß tätig im elterlichen Lebensmittelgeschäft und Gastwirtschaft „Grimmel Tor“. Nach Geschäftsaufgabe Ende 1960er-Jahre in der Bücherstube beschäftigt, verwitwet, 1 Kind | |||
'''Maibohm, Horst'''<br> | |||
1929 in Nordhausen geboren, Petersbergschule, von 1939-1945 Mittelschule, Bombenangriff in der Schützenstraße überlebt. Von 1946-1949 kaufmännische Lehre bei Fa. Gebhardt & König in Nordhausen, bis 1990 Industriekaufmann bei VEB Schachtbau, verheiratet, l Kind | |||
'''Meurer, Gerhard'''<br> | |||
1926 in Nordhausen geboren, Sohn alteingesessenen Nordhäuser Fabrikantenfamilie, Meyenburgschule, Realgymnasium Nordhausen und Aufbauschule Sondershausen, Luftwaffenhelfer, Arbeitsdienst in Polen, Artillerist, Gefangenschaft 1945, dann Abitur, Kupferschmied, Studium Maschinenbau an TH in Aachen, 1956 Diplomingenieur, in Dortmund tätig. | |||
'''Quosigk, Dr. Hermann'''<br> | |||
1926 in Nordhausen geboren, Sohn einer alteingesessenen Fabrikantenfamilie, Meyenburgschule, Realgymnasium, Luftwaffenhelfer, Arbeitsdienst, Kriegsabitur, Luftwaffe, Gefangenschaft bis 1946, nochmals Abitur, 1948 Dreherberuf, 1951-1956 Medizinstudium an der Humboldt-Universität Berlin, 44 Jahre als Arzt in Nordhausen tätig, verheiratet, 3 Kinder | |||
'''Reinboth, Walter sen.'''<br> | |||
1928 in Nordhausen geboren, 1935-1939 Petersbergschule, bis 1945 Mittelschule, Segelflugausbildung in Ellrich. Beim Angriff 1945 in Schützenstraße ausgebombt, seit- dem wohnhaft in Walkenried, bis 1988 Bankkaufmann bei der NORD/LB, verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Rudloff, Jost-Dieter'''<br> | |||
1934 in Halberstadt geboren, Schulbesuch in Nordhausen, Rundfunkmechaniker bis 1953, Abitur 1956, Diplom-Ingenieur in Pharma-Konzern (Schweiz), verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Sander, Achim'''<br> | |||
1932 in Nordhausen geboren, Petersbergschule, Mittelschule, Mittlere Reife. Ausbildung Industriekaufmann Elektrizitätswerk Nordhausen, bis 1956 im E-Werk tätig, dann Eisengießerei und Verkehrsbetriebe, danach im Kfm. und EDV-Bereich Bergbau Bochum Lebensmittelindustrie Düsseldorf, verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Schröter, Dr. Manfred'''<br> | |||
1935 in Nordhausen geboren, Petersbergschule, 1951 aus politischen Gründen von der Humboldt-Schule verwiesen, Weberlehre in Bleicherode, danach 1955 Abitur, Studium der Medizin in Halle/Leipzig, ab 1961 als Arzt in Nordhausen tätig, 1990 Bürgermeister der Stadt Nordhausen, bis 2002 Verwaltungsdirektor, Publikationen über Zerstörung Nordhausens und Judenverfolgung, verheiratet, 4 Kinder | |||
'''Sieckel, Margret geb. Strecker'''<br> | |||
1927 in Nordhausen geboren, 1934-1938 katholische Dorrischule, von 1938-1946 Lyzeum Nordhausen (Königin Luise Schule), 1946 Abitur, Lehrerausbildung am lfL Nordhausen, Lehrertätigkeit an Töpfertor- und Diesterweg-Schule, sowie Organistin am Dom zu Nordhausen, verwitwet, 3 Kinder | |||
'''Sourell, Bernhard'''<br> | |||
1927 geboren, mit 11 Jahren nach Nordhausen, ab 1938 Realgyrnnasium bzw. Oberschule, Luftwaffenhelfer, Arbeitsdienst, Kanonier, von Gefangenschaft verschont, seit 1945 in Ziegelwerk Nordhausen tätig, 1951 Ingenieur, 1967 Diplom-Ingenieur, ab 1951 Unternehmer in 1990 reprivatisierter Familien GmbH, verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Stürmer, Gerhard'''<br> | |||
1932 in Nordhausen geboren, Meyenburgschule, Ausbildung beim Kreis Nordhausen als Verwaltungsangestellter in der Berufs- und Volksbildung bis 1956, danach Pionierleiter bis Renteneintritt, verheiratet, 3 Kinder | |||
'''Thelemann, Klaus'''<br> | |||
1935 in Nordhausen geboren, Schulbesuch 1942-1950, danach Lehre als Maschinenschlosser im IFA-Motorenwerk, 1970-1973 nach Ablegung des 10. Klasseabschlusses Qualizierung zum Industriemeister und Arbeitsnormer, bis 1990 im IFA-Motorenwerk tätig, verwitwet, 1 Kind, seit 60 Jahren Hobbymusiker | |||
'''Thieme, Wolf'''<br> | |||
1937 als Sohn Nordhäuser Eltern in Bad Dürrenberg geboren, in der Werkssiedlung von Leuna aufgewachsen, Schulbesuch in Mücheln/Geiseltal, später in Berlin, seit 1955 Volontarist und Journalist, verheiratet, Großvater war Besitzer einer Kornbrennerei in der Grimmelallee, Heute Gaststätte „Destille“. | |||
'''Unger, Margarete'''<br> | |||
1923 in Nordhausen geboren, Mathilden-Mittelschule (Mädchenschule), Mittlere Reife, 10 Jahre als Telefonistin und Fernschreiberin bei der Deutschen Post Nordhausen tätig, dann Studium als Lehrerin und Erzieherin, 30 Jahre in pädagogischen Berufen tätig, Internatsleiterin in Eisenach, ledig, keine Kinder | |||
'''Warnstedt, Gustav'''<br> | |||
1927 in Nordhausen geboren, Petersberg- und Mittelschule, Mittlere Reife, Maurerlehre, 1944 Kavallerist an der Balkanfront. Sowjetische Gefangenschaft bis Dezember 1949, 1950 Lehre beendet, Besuch der Bauschule, Abschluss als Bauingenieur, in mehreren Funktionen tätig, auch bei VEB Hydrogeologie Wassererkundung-Tiefbrunnenbau Nordhausen | |||
'''Werther, Hans-Dieter'''<br> | |||
1933 in Nordhausen geboren, Sohn einer Nordhäuser Unternehmerfamilie, Sohn des bekannten Fliegers Hans Werther. Meyenburg- und Humboldt-Oberschule, Abitur 1952, Studium in Jena, Berlin, Halle, Diplom-Brennerei-Ingenieur, Patent-Ingenieur (Sozio-logie), lmkerfacharbeiter, ab 1968 Betriebleiter Fa. Georg I-Iügues, später VEB Biochemie-Nordeis, verheiratet, 2 Kinder | |||
'''Wittekopf, Gerhard †'''<br> | |||
1927 in Nordhausen geboren, Meyenburg-Mittelschule, Mittlere Reife, Verwaltungslehre im Landratsamt, Dezember 1944 Panzergrenardier bis Mai 1945, ab Sommer Demontagearbeiten im Kohnstein, Pädagogische Fachschule, 5 Jahre Neulehrer, dann Großhandelskaufmann bei Papier-Druck Erfurt, Verkaufsleiter Bildpostkarten, verheiratet, 2 Kinder |
Version vom 11. November 2016, 10:39 Uhr
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Das Nordhäuser Geschichtenbuch ist ein im Dezember 2011 durch die Stadt Nordhausen herausgegebenes Erinnerungsbuch, in dem 24 Nordhäuser ihre Erlebnisse in den Jahren zwischen 1930 und 1945 niederschrieben.
Zum Geleit
Immer dann, wenn sich die Rauchschwaden einer bedeutenden Epoche so weit verzogen haben, dass nur die empndlichen Nasen mancher erst viel später geborener Historiker noch den kalten Brandgeruch wahrzunehmen meinen, während sie suchend und forschend in der grauen Asche der Geschichte herumstochern, immer dann schlägt die Stunde der Zeitzeugen. Ach, das sind alte Leute - so heißt es dann - und die Erinnerung der Alten, das weiß man ja, hüllt das Vergangene gern in ein sanftes, verklärendes Licht. Dennoch - niemand sollte sich anmaßen, ihre Glaubwürdigkeit leichtfertig in Frage zu stellen, denn sie genießen den entscheidenden Vorteil eines großen Vorsprungs: Sie waren dabei. ln diesem Buch kommt eine Reihe solcher Zeitzeugen zu Wort, denen bei aller Unterschiedlichkeit ihres Herkornmens und ihrer Betrachtungsweise eines gemeinsam ist: Die Liebe zu ihrer Heimat, zu ihrer Vaterstadt Nordhausen und zu ihren Menschen. Folgen wir ihnen auf einem Gang durch ihre längst versunkene Zeit, durch die Straßen und Gassen, die den alten Lesern so vertraut sein werden, als spürten sie das holprige Kopfsteinpaster wieder unter den nun müde gewordenen Füßen. Aber auch die jungen Nordhäuser sind eingeladen, uns zu begleiten und mitzuwandern auf Wegen, die sie so nie gekannt haben, wenn sie auch da und dort noch die lieb gewordenen Namen tragen. Damals! Waren die Zeiten damals besser als heute, oder waren sie schlechter? Wer wollte sich unterstehen, diese Frage wahrheitsgemäß zu beantworten? Sie waren - anders. Man sagt, es gäbe nichts Älteres als die Zeitung von gestern. Das mag zutreffen. Indessen - es gibt auch nichts Lebendigeres als die Erinnerung. Lasst sie uns behutsam pflegen und bewahren, unsere Stadt hat es verdient, denn sie hat viel gelitten. Vergessen wir aber dabei das Eine nicht: Die Erinnerung an sich wäre nichts ohne die Kraft, die sie in die Zukunft trägt. Inhalt
PrologWir wurden vor der Erfindung des Fernsehens, des Penizillins, der Schluckirnpfung, der Tiefkühlkost und der Kunststoffe geboren und kannten Kontaktlinsen, Herzschritt- macher und die Pille noch nicht. Wir kauften Mehl und Zucker viertelpfundweise in Tüten und nicht in Geschenkpackungen. Wir waren schon da, bevor Kreditkarten, Telefax, Kernspaltung, Laser und Kugelschreiber zur Verfügung standen. Es gab noch keine Geschirrspüler, Wäschetrockner, Klimaanlagen, Last-Minute-Flüge und der Mensch war noch nicht auf dem Mond gelandet. Wir pflegten unsere Verbindungen persönlich und nicht mit hotline, online, inline, airline. Was sich in der Welt ereignete, zeigte uns die Wochenschau im Kino etwa vierzehn Tage später. Wir haben erst geheiratet und dann zusammengelebt. Damals waren die Käfer noch keine Volkswagen. Und „mit jemanden gehen“ hieß schon fast so viel wie verlobt zu sein. Alte Zeitungen wurden für „hinterlistige“ Zwecke verbraucht oder im Ofen verbrannt. Von Recycling sprach niemand. Wir dachten nicht daran, daß der Wiener Wald etwas mit Brathähnchen zu tun hätte, und Arbeitslosigkeit war eine Drohung und kein Versicherungsfall. Wir waren da, bevor es den Hausmann, die Emanzipation, Pampers, Aussteiger und eine computergesteuerte 1-leiratsvermittlung gab. Zu unserer Zeit gab es noch keine Gruppentherapie, Weight-Watchers, Sonnenstudios und kein Kindererziehungsj ahr für Väter. Zweitwagen hatte keiner und brauchte sie auch nicht durchzuchecken. Und wenn man sich wunderte, sagte man „oh“ und nicht „wow“. Wir haben damals keine Musik vom Tonband oder über UKW aus Transistorradios oder die New Yorker Symphonie via Satellit gehört. Wir lauschten Musikkapellen oder einer Schallplatte, deren Töne nicht gepowert waren. Band in Discos waren unbekannt. Es gab keine elektronischen Schreibmaschinen, künstliche Nieren, Yoghurt und auch keine Jungen, die Ohrringe trugen. Die Worte Software für alles, was man beim Computer nicht anfassen und Non-Food für alles, was man nicht essen und trinken kann, waren noch nicht erfunden. Und ein gesundes Fachwissen wurde noch nicht mit Know-how bezeichnet. ln dieser Zeit hieß Made in Japan so viel wie billiger Schund und man hatte auch noch nie etwas von Pizzen, MacDonald's und lnstand-Coffee gehört. Der Ausspruch Pommes mit Ketchup war noch nicht geboren. Wir sagten noch Guten Tag und nicht „Hallo“ oder „Hi“ (sprich hei) und wenn wir etwas gut fanden, sagten wir auch, es war schön und nicht okay oder affengeil. Wir feierten unsere kleinen Feste und keine Parties oder Festivals und Höhepunkte waren keine Highlights. Wir liefen schon auf der Straße herum, als man noch für fünf Pfennige ein Eis, einen Beutel Studentenfutter oder eine Flasche Brause kaufen konnte. Auf Briefe klebten wir Sechs-Pfennig-Marken und für fünfzehn Pfennige konnten wir mit der Straßenbahn von einem Ende der Stadt bis zum anderen fahren, wenn wir uns vorher eine Fahrkarte gekauft hatten, die damals noch nicht Ticket hieß. Wenn man weniger als einen Meter groß war, kostete es nichts. Im Gang stehen war verboten. Ein Ei kostete drei Pfennige und eine Semmel vier Pfennige. Bei Regen zog man sich einen Mantel an und kein Outfit. Die Verkäuferin hatte noch keinen Job im Shop. Man buchstabierte noch deutsch, wer hätte schon etwas verstanden, hätte man Eibiäm (IBM) gesagt? Statt des modernen Countdown sagten wir noch abzählen. Freunde waren wir und keine Fans. Wir waren wohl die letzte Generation, die so dumm war zu glauben, daß eine Frau einen Mann heiraten muß, um ein Baby zu bekommen. Und wenn das Wort Kids el, dachten wir an kleine Rehe. Mit leuchtenden Augen lauschten wir den Märchen, die uns vorgelesen wurden. Comic-Strip waren uns unbekannt. Wir sammelten und bügelten noch alte Schleifen und Geschenkpapier, legten bröckelnde Seifenreste zusammen und waren Meister im Falten von Zahnpastatuben, um die letzten Spuren herauszuquetschen. Wir mußten fast alles selber tun und mit dem auskommen, was wir hatten. Zu glauben, daß der Staat uns schließlich doch versorgen wird, wenn wir vorher über unsere Ver- hältnisse gelebt haben, wäre undenkbar gewesen. Wer mehr ausgab als er einnahm, war ein krimineller Bankrotteur. Und Bock mußten wir immer haben! (Null Bock auf nichts) Diese ganze Entwicklung haben wir über uns ergehen lassen müssen. Ist es da ein Wun- der, wenn wir etwas konfus erscheinen? So ist wohl auch die Kluft zwischen den Generationen entstanden. Wir haben aber alles überlebt und sind, der Statistik zufolge die gesündeste Generation. Das ist vielleicht auch der Beweis für unsere total überholte, aber vernünftige Lebensweise. Darum haben wir alle Grund zum feiern und wir freuen uns, daß wir das heute über- haupt noch können. Eine lange Entstehungsgeschichte liegt hinter den Initiatoren. dieses Buches. Die Herausgabe wäre selbst noch einmal eine Geschichte weit. Daher möchte ich mich im Na- men aller Beteiligten bei der Stadt Nordhausen recht herzlich bedanken, dass sie sich bereiterklärt hat dieses Buch zu publizieren. Die Autoren sehen es auch als ihren Beitrag zum 1085-jährigen Jubiläum der Stadt Nordhausen im nächsten Jahr 2012. Kurzbiografien (alphabetisch)Angelstein, Günther Arndt, Jutta geb. Gothe Bartscher, Wolfgang Beier, Horst Boes, Wolfgang Bosse, Karl-Heinz Dohle, Elisabeth geb. Giese Dohle, Rolf † Fromme, Ursula Haun, Dr. Ulrich Koch, Otto † Koch, Werner Köhler, Horst Kromann, Hans-Martin Kubach, Walter Kühne, Kurt Leiß, Ilse geb. Meyer Maibohm, Horst Meurer, Gerhard Quosigk, Dr. Hermann Reinboth, Walter sen. Rudloff, Jost-Dieter Sander, Achim Schröter, Dr. Manfred Sieckel, Margret geb. Strecker Sourell, Bernhard Stürmer, Gerhard Thelemann, Klaus Thieme, Wolf Unger, Margarete Warnstedt, Gustav Werther, Hans-Dieter Wittekopf, Gerhard † |