Urnenfund zu Nordhausen: Unterschied zwischen den Versionen
Die Seite wurde neu angelegt: „Der Fund wurde am 4. Juni und den folgenden Tagen bei der Grundlegung der Röderschen Brauerei an der südwestl. Abdachung des Hütersbergs, unweit der Rautenstraße, also in dem belebtesten Theile der Stadt, gemacht. In einer Tiefe von 1b< stießen die Arbeiter auf Urnen, die sie anfangs zerschlugen, bis ein nahewohnender Schuhmacher aufmerksam darauf wurde und zunächst 2 Urnen ganz herausholte. In Folge dessen kam mir der Vorfall zu Ohren, ich ging hin…“ |
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Nordhausen, 8. August 1869. | Nordhausen, 8. August 1869. | ||
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Aktuelle Version vom 8. Januar 2023, 20:34 Uhr
Der Fund wurde am 4. Juni und den folgenden Tagen bei der Grundlegung der Röderschen Brauerei an der südwestl. Abdachung des Hütersbergs, unweit der Rautenstraße, also in dem belebtesten Theile der Stadt, gemacht. In einer Tiefe von 1b< stießen die Arbeiter auf Urnen, die sie anfangs zerschlugen, bis ein nahewohnender Schuhmacher aufmerksam darauf wurde und zunächst 2 Urnen ganz herausholte. In Folge dessen kam mir der Vorfall zu Ohren, ich ging hin, und es gelang mir ebenfalls zwei Urnen ganz herauszuholen; außerdem sind spater noch drei Stück unversehrt ausgegraben worden.
Der Grund des Bodens besteht aus einer Thonschicht, auf der eine Schicht Kiesel und Gemeng in einer Höhe von 15' lagert. Durch diese letztere Schicht gehen zwei Spalten ca 20' von einander entfernt, die oben ca. 1b' breit nach unten bis zu 1'Breite abnehmen. Am Grunde dieser Spalten fanden sich die Gefäße. Die Spalten waren bis ca. 5' vom Grunde auf mit einer dunklen, klebrigen Masse gefüllt, darüber lag Füllerde und Humus (oben waren Gärten).
Die Urnen lagen sämmtlich horizontal, sie waren alle leer. Die unzerbrochenen sieben Stück sind alle recht wohl erhalten, von festem, röthlichem Thon; eine ganz schwarz von Ruß. Die Gestalt ist bei fünf die bekannte blasenförmige, nach oben sich verengend, mit ausschweifendem Rande; der Fuß ist platt. Als Verzierungen sind nur einige leicht eingedrückte parallele Reife an der Halsverengerung zu bemerken. Die Höhe ist verschieden. Ein Exemplar hat 4^/4" Höhe, Weite der Oeffnung 3'Zr", größte Bauchweite 4Vr"- Bei 3 andern (die vierte habe ich nicht gesehen) ist das Verhältniß 3)
Form, von der ein ganzes Exemplar, aber auch viele Scherben gefunden sind, ist gehenkelt mit 3 Füßen. Das Material ist schwarzer, dunkler Thon, die Arbeit plump, ohne Verzierung. Höhe 5", Mundweite 3Vü", Bauchwette 4'/r".
Auffällig ist nun ein Gefäß von einer Form, wie sie noch jetzt üblich ist: gebaucht mit grad aufstrebendem Rande und einem Henkel. Dies ist aus Steingut, aus dem noch jetzt die Flaschen gemacht werden, einfach aber geschickt gearbeitet, glasirt und fest gebrannt. Der Rand ist leicht geringelt, in der Mitte der Bauchung tritt ein starker Reif hervor, der Fuß ist leicht geschweift. Von derselben Masse haben sich noch Scherben gefunden, die auf größere Gefäße, wohl Näpfe, schließen lassen, aber nicht ausreichend vorhanden sind, um eine genauere Darstellung der ursprünglichen Form zu gestatten. Von Metall sind nur zwei Stück gefunden, ein kleines kugelförmiges Stück Bronze von der Größe eines Kirschkerns, ganz oxydirt, und ein Stück Eisen, so oxydirt, daß seine frühere Form nicht zu erkennen ist. Außerdem fanden sich Thierknochen, kleineren Thieren ungehörig, auch ein Schädel (wahrscheinlich eines Lammes), dann ein halb zerschlagener größerer Knochen. Am auffälligsten war schließlich, daß sich auch Stücke Ziegelsteine, Hohlziegel, schwerfällig, von ältester Form, vorfanden.
Alles Gefundene zeigt, die oben erwähnte Urne ausgenommen, keine Spur von Feuer.
Besonders der letztere Fund zeigt, daß wir es hier nicht mit einem alten Begräbnißplatze zu thun haben, es findet sich auch sonst mancherlei, was auf entschieden spätere Zeit hindeutet.
Am richtigsten möchte die Annahme sein, daß jene zwei Schluchten früher Wasserrinnen oder Bäche waren, die zum Wasserschöpfen benutzt wurden; darauf deutet die schkammähnliche Masse am Grunde. Die Gefäße sind beim Wasserholen hineingefallen. Später wurden die Rinnen verschüttet, daher die Ziegelsteine, überhaupt der Füllboden, der sich über der Schlammlage fand, und darüber haben nun eine Reihe von Jahren lustig Gärten gegrünt. — Interessant ist es immerhin, wenn obige Annahme richtig ist, zu wissen, wie auf der Höhe des Hütersberges unsere Vorfahren sich Wasser gesammelt haben.
Nordhausen, 8. August 1869.
Dr. Th. Perschmann.