Das Homagium der Freien Reichsstadt Nordhausen: Unterschied zwischen den Versionen
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<center>Johann Georg Titius,</center> | <center>Johann Georg Titius,</center> | ||
der christlichen Gemeinde zu St. Blasii wohlberufener Pastor. | der christlichen Gemeinde zu St. Blasii wohlberufener Pastor. | ||
<center>Deo, Caesari ac Imperio fidelis Nordhusa.“ | <center>Deo, Caesari ac Imperio fidelis Nordhusa.“</center> | ||
{{idt2|25}}Diese Schrift wurde dem Nachfolger, dem Kaiser Joseph I. mit folgender Widmung überreicht: | |||
<center>„Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster, Unüberwindlichster Joseph, Allergnädigster Kaiser und Herr!</center> | |||
{{idt2|25}}Zu dem geheiligten Throne Ew. Kaiserl. Majestät nahet sich in tiefster Unterthänigkeit die hochbetrübte, zwar arme, aber doch getreue Stadt Nordhausen und leget hiermit die über den schmerzlichen Tod Dero großen Vaters, ihres weiland Allergnädigsten Kaisers und Herrn, wehmütigst vergossene Thränen, samt den geschehenen herzlichen Wünschen vor Ew. Majestät hohe Wohlfahrt, als ein unterthänigstes Opfer ihrer Leid- und Liebe-tragenden Treue zu Dero Füßen nieder, demütigst bittend, selbiges zu Allergnädigstem Wohlgefallen uffzunehmen und mit Kaiserlichen Huld und Gnade ihr zugetan zu bleiben. | |||
{{idt2|25}}Um den Trost für das gesamte Kaiserl. Haus bei jetziger hohen Trauer, um dessen lang beständige, kräftige Bewahrung für dergleichen Fällen, wie auch für dessen stets blühendes höchstes Wohlergehen wird nicht unterlassen, unausgesetzt zu Gott zu seufzen | |||
(Dat. 15. Juni 1705.) | |||
<center>das Gott und dem Kaiser getreue Nordhausen."</center> | |||
=== Die Kaiserwahl wird gefeiert === | |||
{{idt2|25}}Für die Feier der erfolgten Wahl eines neuen Kaisers liegt im hiesigen Archiv die „Behördliche Instruktion, wie man sich nach Bekanntmachung der neuen Kaiserwahl zu verhalten hat" vor: | |||
{{idt2|25}}„Sobald die Nachricht von der neuen vollbrachten Kaiserwahl dahier angelangt ist, wird den nächst folgenden Sonntag darauf diese frohe Nachricht in allen Kirchen nach geendigter Predigt von den Kanzeln namens des Magistrats der Bürgerschaft mittelst einer kurzen Verordnung dergestalt bekannt gemacht, daß sogleich nach geendigter Predigt, zur Bezeigung unserer Freude dem Allerhöchsten durch Absingen des Te De um auch sofort gedankt werden solle, bis künftighin nach vollzogener Krönung ein besonderes Dank- und Freudenfest gefeiert würde, welches Absingen des Te Deum auch sofort M allen Kirchen (in der Hauptkirche mit Pauken und Trompeten) geschieht. — — | |||
{{idt2|25}}Wenn das Dank- und Freudenfest gleich nach Vollbrachter Krönung soll gefeiert werden, so wird solches des Sonntags vorher von allen Kanzeln der Bürgerschaft bekannt gemacht. | |||
{{idt2|25}}Den Sonnabend vor dem Dankfeste wird in allen Kirchen um 2 Uhr die Vesper mit allen Glocken, wie bei hohen Festtagen ein- und ausgeläutet. In der Vesper selbst werden Dank lieber und dergleichen Kollekten abgesungen, und statt der Bußpsalmen vorgeschriebene Dank- Psalmen abgelesen. In der Marktkirche aber werden, wie bei hohen Festtagen, von den Chorschülern Dank-Motetten gesungen. | |||
{{idt2|25}}Den darauf folgenden bestimmten Sonntag frühe wird um (5/6) Uhr durch Abfeuerung der sämtlichen noch vorhandenen Geschütze der ganzen Stadt und der Nachbarschaft das Zeichen von dem Anfänge des Festes gegeben, und darauf in allen Kirchen mit allen Glocken eine Stunde von (5/6) bis (6/7) Uhr in drei verschiedenen Pulsen dergestalt geläutet, daß nach geendigtem ersten Pulse ein Danklied oder auch nur einige Verse aus einem, mit Begleitung musikalischer Instrumente von den Schülern vom Turme ab- gesungen werden, und nach dessen Beendigung das Geschütz zum zweiten Male abgefeuert wird. Nach dem zweiten Pulse des Läutens wird bloß mit Pauken und Trompeten von den Türmen musiciret, sodann das Geschütz zum dritten Male abgefeuert und mit dem dritten Pulse des Läutens beschlossen. | |||
{{idt2|25}}Um 7½ Uhr wird wie an Festtagen mit allen Glocken zur Kirche geläutet, und der Morgen-Gottesdienst nimmt seinen Anfang, wo in allen Kirchen über den vorgeschriebenen Text gepredigt wird. In der Marktkirche wird wie bei Festtagen mit der Musik des Kyrie der gewöhnliche Anfang gemacht, und nach Endigung desselben eine besondere, auf dieses Fest gerichtete Antiphone abgesungen, sodann statt der Epistel der Nachmittagstext verlesen Hierauf ein auf die Predigt passendes kurzes Lied gesungen, sodann statt des Evangelii der Vormittagstext verlesen, darauf die besondere Musik aufgeführt, und da sich diese vor der Predigt mit „Herr Gott, dich loben wir" endigt, so betrete der Herr Primarius mit dem Schluß desselben sofort die Kanzel. Nach dem Schluß der Predigt wird das Dankgebet den Gedanken eines jeden Herrn Predigers selbst überlassen. Nach der Predigt wird eine auf dieses Fest eingerichtete Präfation (— Eingang) vor dem Altar abgesungen, die übrige Musik aufgeführet, der gewöhnliche Segen gesprochen und mit einem kurzen Dankliede beschlossen. — In den übrigen Kirchen, wo keine Musik aufgeführt wird, wird die Auswahl der zu singenden Lieder den Herrn Geistlichen überlassen, nur, daß nach geendigter Predigt in allen übrigen Kirchen das Te Deum gesungen wird. | |||
{{idt2|25}}Von 11–12 Uhr wird wiederum mit allen Glocken in drei verschiedenen Pulsen, so wie des Morgens geläutet; nach dem ersten Puls von den Türmen „Herr Gott, dich loben wir" oder ein anderes Danklied mit Pauken und Trompeten abgesungen; nach dem zweiten aber bloß mit Pauken und Trompeten musiciret. Das Geschütz aber wird nach Endigung eines jeden Pulses des Läutens und also auch dreimal abgebrannt. | |||
{{idt2|25}}Um 1¼ Uhr nimmt der Nachmittags-Gottesdienst in allen Krrchen zugleich seinen Anfang, wo aber mit allen Glocken wieder eingeläutet und über den vorgeschriebenen Nachmittagstext und in der Oberstadt von den Herrn Diaconi gepredigt wird. Die Musik wird in der St. Blasii-Kirche aufgeführt. — Zum Beschluß des nachmittäglichen Gottesdienstes wird das Lied „Nun danket alle Gott" gesungen, und so denn die Kirche, sowie des Vormittags mit allen Glocken ausgeläutet. — Von (4/5) bis (5/6) Uhr wird zum dritten Male mit allen Glocken in drei verschiedenen Pulsen geläutet, zwischen den ersten und zweiten ein Danklied oder das Te Deum von Türmen musiciret und das Geschütz abgefeuert; nach Endigung des zweiten Pulses mit Pauken und Trompeten musiciret, das Geschütz abgebrannt, und nach dem dritten Pulse des Läutens zum dritten Male abgefeuert. — Eine halbe oder Stunde danach wird durch nochmaliges Abfeuern des Geschützes die Feier dieses Tages beschlossen". | |||
{{idt2|25}}An Pulver ist mit den Geschützen zwei Cent- ner verschossen worden. | |||
=== „Singgedicht“ im Dankgottesdienst === | |||
{{idt2|25}}Nach der Wahl Kaiser Josephs II. ist durch den Musikdirektor Einicke nachstehendes „Singgedicht" im Dank-Gottesdienste aufgeführt worden: | |||
<poem> | |||
„Ein Jubellied, ein Lied voll heil'ger Glut | |||
Tönt durch Germanien! | |||
Denn Gott und Franz besorgen unsre Ruh; | |||
Ihr Joseph wird gekrönt, Europa | |||
jauchzt ihm zu. | |||
Und du, dem Kaiser treue Stadt, | |||
Die Gott in Oesterreichs Schutz | |||
Jahrhunderte geliebt, beschirmt, gesegnet hat, | |||
Nordhausen, laß' dein Lied mit | |||
Deutschlands frohen Söhnen | |||
In unbesorgtem Jubel tönen!" | |||
</poem> | |||
{{idt2|25}}Der Conrector erhielt für diese Dichtung 4 Tlr., der Organist Schröter für die Komposition 8 Tlr., der Cantor, solche aufzuführen, 2 Tlr. 16 Gr | |||
=== Das Interimsregiment bis zur Kaiserwahl === | |||
{{idt2|25}}Wenn ein Kaiser starb, trat der Kurfürst von Sachsen, als Vicarius, das Interimsregiment an, bis ein neuer Kaiser gewählt worden war. Nach dem Tode Kaiser Carls VII. (am 20. Januar 1746) übernahm der Kurfürst Friedrich August von Sachsen durch nachstehendes Patent die Regierung: | |||
{{idt2|25}}„Wir Friedrich August, von Gottes Gnaden König in Polen, Herzog zu Sachsen und Kurfürst, dieser Zeit Vicarius, entbieten allen und jedem Kurfürsten, Fürsten, geistlich- und weltlichen, Prälaten, Grafen, Freiherren, Herren, Ritter, Knechten, Haupt- und Amtleuten, Vögten, Pflegern, Schulzen, Bürgermeistern, Richtern, Räten derer Städten, Bürgern, Gemeinden, und sonst allen anderen, was Würden, Standes und Wesens die sind. Unsere Freund-, Brüder- und Vetterliche Dienste, Freundschaft und was Wir Liebes und Gutes vermögen, freundlichen und günstigen Gruß, Gnade und alles Gute zuvor. | |||
{{idt2|25}}Durchleuchtigste, Großmächtigste, Hochwürdigste, Durchleuchtig-Hochgeborene, Hochwürdige, Hoch- und Wohlgeborene, Edle, Würdige, Andächtige, Ehrsame und Weise, besonders freundlich geliebte Brüder, Vettere, Oheime, Freunde, liebe besondere und getreue. Eueren Majestäten, Eueren Liebden, und Euch geben Wir aus hochbetrübtem Gemüte zu vernehmen: Welchergestalt dem allweisen Gott, nach Seinem unerforschlichen Rate, gefallen, den wehland Durchleuchtigsten, Großmächtigsten Fürsten, Herrn Carl den Sielenden, erwählten Römischen Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs etc. Unsern freundlich geliebten Bruder, Vetter, Schwager und Nachbarn, lobseligster Gedächtnis, am Zwanzigsten dieses Monats, Abends gegen 9 Uhr, durch ein seliges Ende aus diesem zergänglichen Leben zu Sich in die himmlische Glorie aufzunehmen, Dessen Seele der barmherzige Gott gnädig sein, dem Leichnam aber eine sanfte Ruhe, und am großen Tage des Herrn eine fröhliche Auferstehung zum ewigen Leben verleihen wolle! | |||
{{idt2|25}}Gleichwie Uns, als Kurfürsten und Herzogen zu Sachsen; vermöge der güldenen Bulle und uralten Herkommens, zu dieser Zeit, da das Heilige Reich mit keinem Haupte versehen, die Verwaltung und Provision desselben Reichs an Enden des Sächsischen Rechtens und in Unserer Vicarität gehörenden Provinzen, angefallen und zustehet; also haben Wir Uns abermaln, aus angestammter Liebe und patriotischer Anneigung gegen das Heilige Reich, Teutscher Nation, Unser geliebtes Vaterland, demselben und dessen Ständen zum Trost, Ehr und Nutzen, mit solchem, zwar mühseligem Amte beladen wollen. | |||
{{idt2|25}}Je gefährlicher aber die Zeiten bei denen dermalen vorhandenen, höchstbedenklichen Conjuncturen sich ereignen, je nötiger ist es, daß ein gutes Vernehmen, und der innerliche Friede und Ruhestand förderlichst wiederhergestellt, erhalten und befestiget, folglich auch allerhand Unruhe und Empörungen verhütet, und selbigen, so viel möglich, gesteuert werde. Dannen- hero ist, von wegen Unsers Amts, Unser Begehren, Unserthalben aber Unser freundliches Ersuchen, günstiges und gnädiges Gesinnen, Euere Majestäten, Euere Liebden, und Ihr wollet bei Ihrer und Euerer Geistlichkeit verfügen, auch vor Sie und Euch selbst Gott den Allmächtigen andächtiglich anrufen, das Heilige Römische Reich gnädiglich mit einem Haupte, Ihm gefällig und Uns allen tröstlich,, förderlichst zu versehen. Sie und Ihr wollet auch, dem Heiligen Römischen Reiche und Teutscher Nation zu Ehren und Wohlfahrt, Ihnen und Euch selbst zu gute, und Uns zu Gefallen, in Zeit solcher Unserer Reichs-Verwesung, Ihrer und Eurer jeder gegen den anderen sich friedlich halten, und in guter nachbarlicher Einigkeit bleiben, zu Gezänke und Gewalttaten sich nicht bewegen, sondern, ob jemand irrige Sachen und Gebrechen gegen den andern hätte, oder gewänne, dadurch Aufruhr und Weiterung entstehen möchte, solche einstellen, oder, wo der Verzug beschwerlich, die an Uns gelangen, und zu Verhör und Handlung kommen lassen, darauf Wir freundliches und gnädiges Einsehen tun wollen, daß solche Irrungen mit Gottes Hülfe entweder mit Güte beigelegt, oder notdürftig mit .Eurer Majestäten, Euerer Liebden, Eurer und anderer des Heiligen Reichs Stände Rat und Hülfe alle Tätlichkeiten möglichsten Fleißes abgewendet werden möchten. | |||
{{idt2|25}}Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr wollen sich auch, dem Heiligen Reich zum besten, einheimisch und in guter Verfassung dermaßen hatten, wo im Reiche sich Sachen begäben, daß ein Stand den andern gewalttätiger Weise belästigen und bei Billigkeit nicht bleiben lassen wollte, oder, wo sich jemand unterstehen würde, in ordentlicher Wahl eines Römischen Königs was Widerwärtiges einzuführen, oder Verhinderung zu tun, da Gott vor sei! daß Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr sodann, neben anderen Mit-Ständen des Reichs, Friede und Recht zu erhalten, und Uns alle vor Gewalt und Beschwerung zu schützen, auch Hülfe und Beistand, nach jedes seiner Lande und Oerter Vermögen bedürfenden Falls zu tun sich angelegen sein lassen, bis durch Verleihung Gottes, des Allmächtigen und obersten Regierers, das Reich wieder mit einem Haupte versehen werde. In dem allen wollten Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr Euch freundlich nud gutwillig halten, weil der ganzen Christenheit und sonderlich dem Heiligen Reiche und ganzen Europäischen gemeiner Wohlfahrt, auch Uns allen höchlichst daran gelegen. Darum auch Unseres besonderes Vertrauen darinne stehet. Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr werden von sich selbst, ohne einig Unser Erinnern, dazu geneigt und willig sein. Das wollen Wir um Euere Majestäten, Euere Liebden und Euch, samt und sonders freundlich erwidern, günstig verschulden und gnädiglich erkennen. — Geben zu Dreßden, unter Unserm Königlichen und Chur-Seeret, den 26. Januarii, Anno Christi 1745." | |||
=== Der Rat beglückwünscht den Reichsvikar === | |||
{{idt2|25}}Wenige Tage darauf sandte der hiesige Rat dem Reichs-Vicar folgendes Glückwunschschreiben: | |||
{{idt2|25}}„Ew. Königl. Majestät an uns erlassenes gnädigstes Schreiben und hochgefügtes Mandat hat uns das zu vernehmen gegeben, welcher Gestalt durch des Allerhöchsten Heilige Vorsehung der weiland Allerdurchlauchtigste Fürst und Herr Carl der Siebende, erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, unser allergnädigster Kaiser und Herr, aus diesem zeitlichen Leben in die Ewigkeit abgerufen worden. Wie nun aber durch solchen Todesfall das Heilige Römische Reichs-Vicariat, vermöge der güldenen Bulle an Ew. Königl. Majestät gediehen! So ermangeln wir nicht sowohl zu diesem angetretenen hohen Vicariat unsere untertänigste Gratulation zu erstatten, als auch den Höchsten anzuflehen, daß er Ew. Königl. Majestät sothaner übernommenen allerhöchten Würde und Regierung im Röm. Reiche von oben Herab kräftigst lassen gesegnet sein, damit sowohl allerhöchst Dero gesamtes Königl. und Chursürstl. Haus mit aller selbst desiderirten Glückseligkeit bekrönt, als auch Ruh, Frieden und Sicherheit in ganz Europa durch Ew. Königl. Majestät Mitwirkung und manutenenz auf das erste wieder hergestellet werden möge. | |||
{{idt2|25}}Wir werden indessen nicht unterlassen, nach unser aNeruuterthänigsten Obliegenheit, sowohl das jetzo in- sinuirte Mandat behörig asfigiren zu lassen, als auch alle mögliche Sorge zu tragen, damit solchen Inhalts gemäß aller gehorsamst muß nachgelebt werden. | |||
{{idt2|25}}Ew. Majestät allerhöchste Huld und Gnade bitten wir uns hierbei allersubmissest aus und beharren dafür in allem tiefsten Respect Ew. Königlich. Majestät | |||
<center>Bürgermeister und Rat der Freien Reichsstadt Nordhausen."</center> | |||
=== Eine Freudenpredigt im Druck === | |||
{{idt2|25}}Manchmal wurde auch nach erfolgter Krönung des neuen Kaisers ein Dank- und Freudenfest begangen. Vom Jahre 1742 liegt vor: | |||
{{idt2|25}}„Dank- und Freuden-Predigt wegen glücklich ausgefallener Wahl und Krönung des Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten und Unüberwindlichsten Fürsten und Herrn, Herrn Caroli Alberti, Erwählten Röm. Kaisers, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, auch Königs von Böhmen und Chur-Fürsten zu Bayern, unsers allergnädigsten Kaisers und Herrn, wie solche auf Verordnung Eines Hoch Edlen und Hochweisen Raths der Kaiserl. Röm. Reichs-Stadt Nordhausen Dominica Oculi in der Hauptkirche zu Nicolai bei volksreicher Versammlung öffentlich gehalten, und auf obrigkeitlichen Befehl zum Druck Libergeben worden von Henrich Volckmar Stangen, Pastore Primär., Consistorii Assessor, der Schulen Inspectore und des Weisenhauses Administratore; gedruckt bei Joh. Aug. Cöler." | |||
=== Cantaten zum Fest === | |||
{{idt2|25}}Bei diesem Dank- und Freudenfest am 25. Februar 1742 sind zwei Cantaten durch Cristoph Gottlieb Schröter, Componist und Organist zu St. Nicolai, wie auch Mitglied der Societät der musikalischen Wissenschaften aufgeführt worden: | |||
#über 1. Könige 1. 39: „Glück zu dem Kaiser! rufen Wir; der Herr mit Dir!" | |||
#über 1. Petri 2. 17: „Wer sollte Dich, vollkommne Majestät, nicht scheuen und Dir ein Herz voll Ehrerbietigkeit mit Furcht und Demut weihen?" | |||
{{idt2|25}}War der Kaiser gekrönt, so mußte man in der freien Reichsstadt an das Homagium, an | |||
=== Die Ablegung des Huldigungseides === | |||
denken. Dieser konnte in verschiedener Weise geleistet werden: erstlich am Hofe des neuen Kaisers, entweder durch den ständigen Agenten Nordhausens oder durch bevollmächtigte Abgeordnete der Stadt; zweitens in Nordhausen vor einem kaiserlichen Gesandten, der als Stellvertreter des Herrschers erst vom Rate, dann von der gesamten Bürgerschaft das Homagium entgegennahm. | |||
{{idt2|25}}Beide Arten der Huldigung waren mit großen Ausgaben für die damals noch kleine Stadt verknüpft. Zu den vielen Auslagen kamen noch Geschenke an die kaiserlichen Gesandten oder an die Bevollmächtigten des Rates, vor allem ein beträchtliches Huldigungsgeschenk (Don gratuit = freiwilliges Geschenk) für den neuen Kaiser. | |||
{{idt2|25}}In alter Zeit wurde das Homagium gewöhnlich am kaiserlichen Hofe durch Bevollmächtigte des Rates geleistet. Hiervon einige Beispiele: | |||
{{idt2|25}}Der im Jahre 1346 gewählte Kail er Carl IV. gelangte erst 1349 zur Alleinherrschaft. Der vorsichtige Nordhäuser Rat ließ daher erst in diesem Jahre durch die Ratsmitglieder Hermann von Torstadt und Heinrich von Schernberg den Homagialeid ablegen. Die Vollmacht des Rats ist vom 26. August 1349 datiert. | |||
{{idt2|25}}Kaiser Wenzel war seinem tatkräftigen Vater Carl IV. 1378 gefolgt, aber erst im Jahre 1385 wurden die Bevollmächtigten des Rats, die „honesti viri et Consulares civitatis" Friedrich von Bendel eben und Heinrich von Berge, nach Prag gesandt, um das Homagium zu leisten. Ihre Vollmacht ist am 2. Oktober 1385 ausgestellt. | |||
=== Das Gelöbnis Johann Lews === | |||
{{idt2|25}}Im Jahre 1612 kam nach dem Ableben des gelehrten Kaisers Rudolf II. sein unfähiger Bruder Matthias auf den Kaiserthron. Zwei Jahre später wurde der Agent der freien Reichsstadt Johann Lew mit dem Homagium für Nordhausen beauftragt. Dessen Huldigungseid ist uns erhalten: | |||
{{idt2|25}}„Ich Johann Lew gelobe und schwöre in Kraft des schriftlichen Gewalts, so ich anstatt und im Namen Bürgermeister und Rat der Stadt Nordhausen, zu der Kaiserlichen Reichs-Hofrats-Cancelei übergeben habe, und in die Seele derselben, daß sie der Rom. Kaisers. Majestät Kaiser Matthiae, unserm allergnädigsten Herrn, und Ihrer Majestät Nachkommen am Reiche getreu, gehorsam und gewärtig sein, Ihrer: Majestät Frommen werben, und Schaden wehren sollen und wollen ohn Gefährde, als wahr Ihnen Gott helfe und das Heilige Evangelium". | |||
{{idt2|25}}Am 22. September 1614 teilte Lew aus Wetzlar dem hiesigen Rate mit, daß er am 4. September beim Kaiser!. Hofrat das Homagium abgelegt und die gebührliche Pflicht geleistet habe, eine Bescheinigung darüber bisher nicht bekommen, diese soll erst >u Linz ausgefertigt werden. | |||
{{idt2|25}}Die Informarionen privilegii betr. ist dieselbe zwar ausgefertigt, aber noch nicht von Ihrer Kaiserl. Majestät subscribiret. Der Rat muß sich gedulden, bis die Subscription und Besiegelung erfolgt; deren Beförderung will er sich alsdann sehr angelegen sein lassen. — II. Die Bitte des Rats um Moderation in Erlassung der Steuern betr. hat er soeben den Bescheid bekommen, daß darüber zur Zeit noch nicht entschieden werden könnte, sondern man müßte damit bis zum nächsten Reichstag warten. | |||
{{idt2|25}}Das Schreiben, betr. Befestigung der Freiheiten, will er dem Rate schicken, wenn er die der anderen Städte (Mühlhausen und Goslar) senden wird. | |||
Er schließt mit Segenswünschen und unterzeichnet „dienstwilliger | |||
:::Joh. Lew,<br>Rats-Agent am Kaiserlichen Hofe." | |||
{{idt2|25}}Dem Kaiser Matthias folgte schon 1619 der strenge Katholik Ferdinand II., der lieber über eine Wüste als über ein Land voll Ketzer herrschen wollte. Im folgenden Jahre legte ihm Dr. Salomon Gutwasser für die Stadt Nordhausen den Huldigungseid ab. | |||
{{idt2|25}}Nach dem Tode Ferdinands II. ging 1637 die Kaiserkrone an seinen Sohn Ferdinand III. über. — Im August 1638 beauftragten die freien Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen die Herren Jobst von Dranßfeld und Gottfried Plattner, für sie das Homagium zu leisten. Ihre Eidesformel ist etwas länger als die des Herrn Lew. Es heißt hier noch am Schluß: | |||
{{idt2|25}}„… auch sonst alles dasjenige tun sollen und wollen, was sie alle, und ein jeder insonderheit Ihrer Kaiserl. Majestät als gehorsame Unterthanen ihren natürlichen Herren zu tun schuldig sein; aller getreulich und ohne Gefährde, als obgedachten Bürgermeistern und Rathmannen, auch ganzer Gemeine Gott helfe und das Heilige Evangelium." | |||
=== Eine Lokal-Huldigung kostet viel Geld === | |||
{{idt2|25}}Über das Homagium. das 1746 dem Kaiser Franz 1. geleistet wurde, enthält das hiesige städtische Archiv eine Reihe von Urkunden, denen wir entnehmen, daß es nicht immer leicht war, eine Dispensation von der Lokal-Huldigung zu erhalten. Dies beweist der Briefwechsel mit dem Agenten der Stadt Johann Heinrich von Middelburg. | |||
{{idt2|25}}Als Kaiser Carl VI. 1740 starb, ohne männliche Erben zu hinterlassen, wählten die Kurfürsten Karl Albert von Bayern zu seinem Nachfolger. Nach dessen frühem Tode kam die Kaiserkrone jedoch wieder an einen Habsburger, an Franz I., den Gemahl Maria Theresias. Im Spätherbste des Jahres 1745 hatte die Stadt Nordhausen um Befreiung von einer Lokal-Huldigung gebeten, eingedenk der großen Ausgaben bei der Huldigung vor drei Jahren. Der Rats-Bevollmächtigte, Herr von Middelburg, antwortete am 16. December aus Wien: er habe bereits mit dem Vice-Canzler gesprochen, der äußerte: | |||
{{idt2|25}}„Daß gleichwie die Einnehmung der gleichen Huldigung Per Commissarios in loco ein großes und besonderes Vorrecht Jhro Kaiserl. Majestät wäre, auch einen guten Grund darinnen hätte, weilen die persönliche Abschwörung des Homagial-Eides in denen Gemütern derer so thane Pflicht Selbstleistende Magistratspersonen und Bürgern einen ganz anderen Eindruck würket, als wann solches in der Form Per mandatarium geschehe; weniger nicht dieses eine Gelegenheit wäre, wodurch Jhro Kaiserl. Majestät Wohl meritierten Ministris und Standespersonen eine Gnade und Vergeltung angedeihen lassen könnte, also ließe sich hiervon so leicht nicht abgehen, noch die gebetene Dispensation Verwilligen. Nachdem aber auch ein altes Herkommen, daß die Löbl. Reichsstädte dem zeitlichen Röm. Kaiser bei Antritt Dero Kaiserl. Regierung, mit einem „donatio" entgegengegangen wie solches sowohl in alten Zeiten als noch letzthin temporibus Augustissimorum Enroli VI. et. VII. ebenfalls testantibus actis und Reichskundiqermaßen geschehen, solchem nach Ihro Kaiserl. Majestät verhof- fen, es würden die Löbl. Reichsstädte solcher observanz gemäß, auch Allerhöchst Deroselben dieses Werktätige Merkmal der unterthänigsten Devotion zu bezeugen um so mehr willig und bereit sein, als offen- künig. was dieses Erzhaus zu Behauptung der Freiheit des Reichs und dessen Liberirung von dem Bedruck fremder Völker, für große Kosten angewendet, und noch ferner anzuwenden bereit lei. ingleichen wie Ihro Kaiserl. Majestät Dero allerhöchsten Person dabei zu exponiren keinen Anstand genommen hätte. | |||
{{idt2|25}}So sollte ich deshalb bei Ew. Hochedelgeborene pp. eine Erinnerung tun und anbei nicht Verhalten, daß die Bezeugung der devotion in diesem Stücke das adaequateste Mittel sein dürfte, unter einstens auch die Dispensation von der Lokal-Huldigung zu bewürken." — Dann bittet er um Antwort, wie hoch sie „ratlono grmati" etwa heraus zu lassen gedenken. Man hat ihm „die Listen und acta über die Geschenke bei Kaiser Carl VII. vorgewiesen." |
Version vom 29. Juni 2019, 09:34 Uhr
Trauer beim Tode eines Kaisers
Das Homagium (d. i. Huldigungs- oder Lehnseid) mußte jeder Lehnsmann seinem Lehnsherrn, jeder Untertan seinem Landesfürsten leisten.
Als Kaiser Friedrich II. im Jahre 1220 das von der frommen Königin-Witwe Mathilde 962 gegründete hiesige Nonnenstift in ein weltliches Domherrnstift verwandelte, befreite er die Stadt Nordhausen von der geistlichen Herrschaft und machte sie zu einer freien Reichsstadt. Hierdurch wurde Nordhausen ein kleiner selbständiger, von keinem Landesfürsten abhängiger Staat, der unmittelbar dem Kaiser untergeben war; deshalb hatten die Nordhäuser Bürger dem regierenden Kaiser den Homagial- oder Lehnseid zu leisten und bei jedem Thronwechsel zu erneuern. Der Tod eines Kaisers hatte mithin für die freie Reichsstadt eine viel größere Bedeutung als für eine andere Stadt.
Wenn ein Kaiser gestorben war …
War der Kaiser gestorben, so wurde dies alsbald der Bürgerschaft vom Rate der Stadt bekannt gegeben. Als z. B. im Jahre 1765 Kaiser Franz I. starb, erließ am 4. September Bürgermeister und Rat folgende Bekanntmachung:
„Nachdem wir leider mit dem größten Schrecken und äußerster Bestürzung aus den öffentlichen Nachrichten wahrnehmen müssen, daß es dem allmächtigen Gott nach seinem unerforschlichen Willen und heiligen Rat gefallen, den weiland Allerdurchlauchtigsten Kaiser Franz I. am 18. August zu Innsbruck ganz unvermutet aus diesem vergänglichen Leben abzufordern, und in sein ewiges Reich und Herrlichkeit zu versetzen, so ist bei diesem so unerwarteten als plötzlichen Tode leichtlich zu ermessen, daß solcher, so gewaltiger Riß Uns dem Rate sowohl als allen und jeden hiesigen treuen und redlich gesinnten Bürgern und Einwohnern um so mehr schmerzlich zu Gemüte gehen müssen, als an diesen, so Allerteuersten Oberhaupte wir allesamt, ja das ganze werteste deutsche Vaterland einen gnädigen, frommen, gerechten, leutseligen und mit andern unvergleichlichen großen Eigenschaften begabten Kaiser und Herrn gehabt und nunmehr leider! verloren haben. Unsere Herzen sind durch diesen so schmerzlichen Verlust eines so liebreich gewesenen Monarchen dergestalt gerührt und durchdrungen, daß Wir unsere gerechteste Wehmut hierüber nicht genugsam an den Tag zu legen Uns in dem Stande befinden; zu einiger Entdeckung dieses Unseres tieftesten Leidwesens über solchen empfindlichen Verlust unseres unvergeßlichen und niemals genugsam zu preisenden gewesenen Oberhauptes aber sowohl, als zur Dartuung Unserer alleruntertänigsten Devotion, haben Wir uns pflichtschuldigst erachtet, auch der äußerlichen Trauer halber dieserwegen die nötige Veranstaltung machen zu lassen. Daher Wir denn hiermit vorerst verordnet Haben wollen, daß sogleich, nach Verkündung dieses, von den Kanzeln mit der Trauer der Anfang gemacht und annoch heute das Trauergeläute (und zwar von 11 bis 12 Uhr, mittags in drei Pulsen) angehen, damit auch alle 6 Wochen alltäglich continuiret werden soll; desgleichen befehlen Wir hiermit ernstlich, daß sechs-wöchentige Zeit hindurch alle Instrumental-Musik, die sonst auf den Hochzeiten, Kindtaufen und anderen Gastmahlen und freudigen Zusammenkünften gebrauchet zu werden pflegt, gänzlich aufhören; auch die Orgeln in den Kirchen so lange nicht gerührt werden sollen. Bei welcher Trauer dann ein jeder treugesinnter und gesitteter Bürger und Einwohner mit einem stillen und eingezogenen Leben und Wandel seine besondere Devotion darzulegen hoffentlich nicht vergessen wird.
Wir aber flehen die Barmherzigkeit unseres gnädigsten und mildreichsten Gottes demütigst und inbrünstigst an, daß selbige die dem nachgelassenen Allerhöchsten Nachfolger, dem Allerdurchlauchtigsten Kaiser und Herrn, wie auch der Allerdurchlauchtigsten verwitweten Röm. Kaiserl. und Apostol. Majestät, ingleichen dem ganzen Allerhöchsten Kaisers. Hause geschlagene, höchstempfindliche Wunde durch kräftigen Trost wieder heilen, die der so frühzeitig verblichenen Höchstseligen Majestät entzogene und noch viel mehrer Jahre Allerhöchst Dero Ihrigen hinzulegen, und alles traurige Gemälde, womit Dero Allerdurchlauchtigstes Kaisers. Haus anjetzo umgeben, durch höchsterfreuliche Abwechselungen vertreiben wolle. Wir aber haben hierbei die tröstliche und ungezweifelte Hoffnung, daß in dem Allerdurchlauchtigsten Nachfolger, unseres nunmehro Allergnädigsten Kaisers und Herrn Joseph I., die ruhmwürdigsten Eigenschaften des Höchstseligst verewigten Kaisers Francisci wieder aufleben, und also hierdurch unser empfindlicher Schmerz und tiefgebeugte Gemüter hinwieder gelindert und aufgerichtet werden.“
Beileidsschreiben an das Kaiserliche Haus
Sodann wurde dem Kaiserl. Hause ein Beileidsschreiben überreicht. Als z. B. im Jahre 1705 Kaiser Leopold gestorben war, sandte man
„Nordhausens Alleruntertänigste Devotion und Denkmal bey der heiligen Leiche ihres unvergleichlichen Kaisers Leopolds I., Allezeit Mehrer des Reiches, welches, als jetzt genannte Kaiserl. Majest. glorwürdigsten Andenkens, in Dero Residenzstadt Wien, den 5. Mai, in Gott seligst entschlafen war. Und dann Dero zu Ehren, auch Alleruntertänigster Pflicht zu Folge, E. Edl. Hochweiser Rat der Kaiserl. Freien Reichsstadt Nordhausen am ersten Sonntag Trinit., war der 14. Juni laufenden Jahres 1705, nach vierwöchigen und ferner kontinuirenden Trauergeläute in allen Kirchspielen eine solenne Leichenfeier-, Ehren- und Bedächtnis- Predigt in den Mittagsstunden anordnete, der betrübten Stadt und in specie der christlichen Gemeinde zu St. Blasii aus dem 30. Cap. 1. Chronica, Vers 26—28 wehmütig vor Augen stellen und Ihr
- der ruhmwürdigsten Regierung dankbare Erinnerung,
- des glorieusen Todes schuldigste Betrauerung,
- der glücklichen Succession Trost und Gratulation
an Hand geben, mithin auch auf obrigkeitlichen Befehl und Abforderung dasselbe zu Papier bringen und zum Druck überlassen sollen und wollen
der christlichen Gemeinde zu St. Blasii wohlberufener Pastor.
Diese Schrift wurde dem Nachfolger, dem Kaiser Joseph I. mit folgender Widmung überreicht:
Zu dem geheiligten Throne Ew. Kaiserl. Majestät nahet sich in tiefster Unterthänigkeit die hochbetrübte, zwar arme, aber doch getreue Stadt Nordhausen und leget hiermit die über den schmerzlichen Tod Dero großen Vaters, ihres weiland Allergnädigsten Kaisers und Herrn, wehmütigst vergossene Thränen, samt den geschehenen herzlichen Wünschen vor Ew. Majestät hohe Wohlfahrt, als ein unterthänigstes Opfer ihrer Leid- und Liebe-tragenden Treue zu Dero Füßen nieder, demütigst bittend, selbiges zu Allergnädigstem Wohlgefallen uffzunehmen und mit Kaiserlichen Huld und Gnade ihr zugetan zu bleiben.
Um den Trost für das gesamte Kaiserl. Haus bei jetziger hohen Trauer, um dessen lang beständige, kräftige Bewahrung für dergleichen Fällen, wie auch für dessen stets blühendes höchstes Wohlergehen wird nicht unterlassen, unausgesetzt zu Gott zu seufzen (Dat. 15. Juni 1705.)
Die Kaiserwahl wird gefeiert
Für die Feier der erfolgten Wahl eines neuen Kaisers liegt im hiesigen Archiv die „Behördliche Instruktion, wie man sich nach Bekanntmachung der neuen Kaiserwahl zu verhalten hat" vor:
„Sobald die Nachricht von der neuen vollbrachten Kaiserwahl dahier angelangt ist, wird den nächst folgenden Sonntag darauf diese frohe Nachricht in allen Kirchen nach geendigter Predigt von den Kanzeln namens des Magistrats der Bürgerschaft mittelst einer kurzen Verordnung dergestalt bekannt gemacht, daß sogleich nach geendigter Predigt, zur Bezeigung unserer Freude dem Allerhöchsten durch Absingen des Te De um auch sofort gedankt werden solle, bis künftighin nach vollzogener Krönung ein besonderes Dank- und Freudenfest gefeiert würde, welches Absingen des Te Deum auch sofort M allen Kirchen (in der Hauptkirche mit Pauken und Trompeten) geschieht. — —
Wenn das Dank- und Freudenfest gleich nach Vollbrachter Krönung soll gefeiert werden, so wird solches des Sonntags vorher von allen Kanzeln der Bürgerschaft bekannt gemacht.
Den Sonnabend vor dem Dankfeste wird in allen Kirchen um 2 Uhr die Vesper mit allen Glocken, wie bei hohen Festtagen ein- und ausgeläutet. In der Vesper selbst werden Dank lieber und dergleichen Kollekten abgesungen, und statt der Bußpsalmen vorgeschriebene Dank- Psalmen abgelesen. In der Marktkirche aber werden, wie bei hohen Festtagen, von den Chorschülern Dank-Motetten gesungen.
Den darauf folgenden bestimmten Sonntag frühe wird um (5/6) Uhr durch Abfeuerung der sämtlichen noch vorhandenen Geschütze der ganzen Stadt und der Nachbarschaft das Zeichen von dem Anfänge des Festes gegeben, und darauf in allen Kirchen mit allen Glocken eine Stunde von (5/6) bis (6/7) Uhr in drei verschiedenen Pulsen dergestalt geläutet, daß nach geendigtem ersten Pulse ein Danklied oder auch nur einige Verse aus einem, mit Begleitung musikalischer Instrumente von den Schülern vom Turme ab- gesungen werden, und nach dessen Beendigung das Geschütz zum zweiten Male abgefeuert wird. Nach dem zweiten Pulse des Läutens wird bloß mit Pauken und Trompeten von den Türmen musiciret, sodann das Geschütz zum dritten Male abgefeuert und mit dem dritten Pulse des Läutens beschlossen.
Um 7½ Uhr wird wie an Festtagen mit allen Glocken zur Kirche geläutet, und der Morgen-Gottesdienst nimmt seinen Anfang, wo in allen Kirchen über den vorgeschriebenen Text gepredigt wird. In der Marktkirche wird wie bei Festtagen mit der Musik des Kyrie der gewöhnliche Anfang gemacht, und nach Endigung desselben eine besondere, auf dieses Fest gerichtete Antiphone abgesungen, sodann statt der Epistel der Nachmittagstext verlesen Hierauf ein auf die Predigt passendes kurzes Lied gesungen, sodann statt des Evangelii der Vormittagstext verlesen, darauf die besondere Musik aufgeführt, und da sich diese vor der Predigt mit „Herr Gott, dich loben wir" endigt, so betrete der Herr Primarius mit dem Schluß desselben sofort die Kanzel. Nach dem Schluß der Predigt wird das Dankgebet den Gedanken eines jeden Herrn Predigers selbst überlassen. Nach der Predigt wird eine auf dieses Fest eingerichtete Präfation (— Eingang) vor dem Altar abgesungen, die übrige Musik aufgeführet, der gewöhnliche Segen gesprochen und mit einem kurzen Dankliede beschlossen. — In den übrigen Kirchen, wo keine Musik aufgeführt wird, wird die Auswahl der zu singenden Lieder den Herrn Geistlichen überlassen, nur, daß nach geendigter Predigt in allen übrigen Kirchen das Te Deum gesungen wird.
Von 11–12 Uhr wird wiederum mit allen Glocken in drei verschiedenen Pulsen, so wie des Morgens geläutet; nach dem ersten Puls von den Türmen „Herr Gott, dich loben wir" oder ein anderes Danklied mit Pauken und Trompeten abgesungen; nach dem zweiten aber bloß mit Pauken und Trompeten musiciret. Das Geschütz aber wird nach Endigung eines jeden Pulses des Läutens und also auch dreimal abgebrannt.
Um 1¼ Uhr nimmt der Nachmittags-Gottesdienst in allen Krrchen zugleich seinen Anfang, wo aber mit allen Glocken wieder eingeläutet und über den vorgeschriebenen Nachmittagstext und in der Oberstadt von den Herrn Diaconi gepredigt wird. Die Musik wird in der St. Blasii-Kirche aufgeführt. — Zum Beschluß des nachmittäglichen Gottesdienstes wird das Lied „Nun danket alle Gott" gesungen, und so denn die Kirche, sowie des Vormittags mit allen Glocken ausgeläutet. — Von (4/5) bis (5/6) Uhr wird zum dritten Male mit allen Glocken in drei verschiedenen Pulsen geläutet, zwischen den ersten und zweiten ein Danklied oder das Te Deum von Türmen musiciret und das Geschütz abgefeuert; nach Endigung des zweiten Pulses mit Pauken und Trompeten musiciret, das Geschütz abgebrannt, und nach dem dritten Pulse des Läutens zum dritten Male abgefeuert. — Eine halbe oder Stunde danach wird durch nochmaliges Abfeuern des Geschützes die Feier dieses Tages beschlossen".
An Pulver ist mit den Geschützen zwei Cent- ner verschossen worden.
„Singgedicht“ im Dankgottesdienst
Nach der Wahl Kaiser Josephs II. ist durch den Musikdirektor Einicke nachstehendes „Singgedicht" im Dank-Gottesdienste aufgeführt worden:
„Ein Jubellied, ein Lied voll heil'ger Glut
Tönt durch Germanien!
Denn Gott und Franz besorgen unsre Ruh;
Ihr Joseph wird gekrönt, Europa
jauchzt ihm zu.
Und du, dem Kaiser treue Stadt,
Die Gott in Oesterreichs Schutz
Jahrhunderte geliebt, beschirmt, gesegnet hat,
Nordhausen, laß' dein Lied mit
Deutschlands frohen Söhnen
In unbesorgtem Jubel tönen!"
Der Conrector erhielt für diese Dichtung 4 Tlr., der Organist Schröter für die Komposition 8 Tlr., der Cantor, solche aufzuführen, 2 Tlr. 16 Gr
Das Interimsregiment bis zur Kaiserwahl
Wenn ein Kaiser starb, trat der Kurfürst von Sachsen, als Vicarius, das Interimsregiment an, bis ein neuer Kaiser gewählt worden war. Nach dem Tode Kaiser Carls VII. (am 20. Januar 1746) übernahm der Kurfürst Friedrich August von Sachsen durch nachstehendes Patent die Regierung:
„Wir Friedrich August, von Gottes Gnaden König in Polen, Herzog zu Sachsen und Kurfürst, dieser Zeit Vicarius, entbieten allen und jedem Kurfürsten, Fürsten, geistlich- und weltlichen, Prälaten, Grafen, Freiherren, Herren, Ritter, Knechten, Haupt- und Amtleuten, Vögten, Pflegern, Schulzen, Bürgermeistern, Richtern, Räten derer Städten, Bürgern, Gemeinden, und sonst allen anderen, was Würden, Standes und Wesens die sind. Unsere Freund-, Brüder- und Vetterliche Dienste, Freundschaft und was Wir Liebes und Gutes vermögen, freundlichen und günstigen Gruß, Gnade und alles Gute zuvor.
Durchleuchtigste, Großmächtigste, Hochwürdigste, Durchleuchtig-Hochgeborene, Hochwürdige, Hoch- und Wohlgeborene, Edle, Würdige, Andächtige, Ehrsame und Weise, besonders freundlich geliebte Brüder, Vettere, Oheime, Freunde, liebe besondere und getreue. Eueren Majestäten, Eueren Liebden, und Euch geben Wir aus hochbetrübtem Gemüte zu vernehmen: Welchergestalt dem allweisen Gott, nach Seinem unerforschlichen Rate, gefallen, den wehland Durchleuchtigsten, Großmächtigsten Fürsten, Herrn Carl den Sielenden, erwählten Römischen Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs etc. Unsern freundlich geliebten Bruder, Vetter, Schwager und Nachbarn, lobseligster Gedächtnis, am Zwanzigsten dieses Monats, Abends gegen 9 Uhr, durch ein seliges Ende aus diesem zergänglichen Leben zu Sich in die himmlische Glorie aufzunehmen, Dessen Seele der barmherzige Gott gnädig sein, dem Leichnam aber eine sanfte Ruhe, und am großen Tage des Herrn eine fröhliche Auferstehung zum ewigen Leben verleihen wolle!
Gleichwie Uns, als Kurfürsten und Herzogen zu Sachsen; vermöge der güldenen Bulle und uralten Herkommens, zu dieser Zeit, da das Heilige Reich mit keinem Haupte versehen, die Verwaltung und Provision desselben Reichs an Enden des Sächsischen Rechtens und in Unserer Vicarität gehörenden Provinzen, angefallen und zustehet; also haben Wir Uns abermaln, aus angestammter Liebe und patriotischer Anneigung gegen das Heilige Reich, Teutscher Nation, Unser geliebtes Vaterland, demselben und dessen Ständen zum Trost, Ehr und Nutzen, mit solchem, zwar mühseligem Amte beladen wollen.
Je gefährlicher aber die Zeiten bei denen dermalen vorhandenen, höchstbedenklichen Conjuncturen sich ereignen, je nötiger ist es, daß ein gutes Vernehmen, und der innerliche Friede und Ruhestand förderlichst wiederhergestellt, erhalten und befestiget, folglich auch allerhand Unruhe und Empörungen verhütet, und selbigen, so viel möglich, gesteuert werde. Dannen- hero ist, von wegen Unsers Amts, Unser Begehren, Unserthalben aber Unser freundliches Ersuchen, günstiges und gnädiges Gesinnen, Euere Majestäten, Euere Liebden, und Ihr wollet bei Ihrer und Euerer Geistlichkeit verfügen, auch vor Sie und Euch selbst Gott den Allmächtigen andächtiglich anrufen, das Heilige Römische Reich gnädiglich mit einem Haupte, Ihm gefällig und Uns allen tröstlich,, förderlichst zu versehen. Sie und Ihr wollet auch, dem Heiligen Römischen Reiche und Teutscher Nation zu Ehren und Wohlfahrt, Ihnen und Euch selbst zu gute, und Uns zu Gefallen, in Zeit solcher Unserer Reichs-Verwesung, Ihrer und Eurer jeder gegen den anderen sich friedlich halten, und in guter nachbarlicher Einigkeit bleiben, zu Gezänke und Gewalttaten sich nicht bewegen, sondern, ob jemand irrige Sachen und Gebrechen gegen den andern hätte, oder gewänne, dadurch Aufruhr und Weiterung entstehen möchte, solche einstellen, oder, wo der Verzug beschwerlich, die an Uns gelangen, und zu Verhör und Handlung kommen lassen, darauf Wir freundliches und gnädiges Einsehen tun wollen, daß solche Irrungen mit Gottes Hülfe entweder mit Güte beigelegt, oder notdürftig mit .Eurer Majestäten, Euerer Liebden, Eurer und anderer des Heiligen Reichs Stände Rat und Hülfe alle Tätlichkeiten möglichsten Fleißes abgewendet werden möchten.
Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr wollen sich auch, dem Heiligen Reich zum besten, einheimisch und in guter Verfassung dermaßen hatten, wo im Reiche sich Sachen begäben, daß ein Stand den andern gewalttätiger Weise belästigen und bei Billigkeit nicht bleiben lassen wollte, oder, wo sich jemand unterstehen würde, in ordentlicher Wahl eines Römischen Königs was Widerwärtiges einzuführen, oder Verhinderung zu tun, da Gott vor sei! daß Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr sodann, neben anderen Mit-Ständen des Reichs, Friede und Recht zu erhalten, und Uns alle vor Gewalt und Beschwerung zu schützen, auch Hülfe und Beistand, nach jedes seiner Lande und Oerter Vermögen bedürfenden Falls zu tun sich angelegen sein lassen, bis durch Verleihung Gottes, des Allmächtigen und obersten Regierers, das Reich wieder mit einem Haupte versehen werde. In dem allen wollten Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr Euch freundlich nud gutwillig halten, weil der ganzen Christenheit und sonderlich dem Heiligen Reiche und ganzen Europäischen gemeiner Wohlfahrt, auch Uns allen höchlichst daran gelegen. Darum auch Unseres besonderes Vertrauen darinne stehet. Euere Majestäten, Euere Liebden und Ihr werden von sich selbst, ohne einig Unser Erinnern, dazu geneigt und willig sein. Das wollen Wir um Euere Majestäten, Euere Liebden und Euch, samt und sonders freundlich erwidern, günstig verschulden und gnädiglich erkennen. — Geben zu Dreßden, unter Unserm Königlichen und Chur-Seeret, den 26. Januarii, Anno Christi 1745."
Der Rat beglückwünscht den Reichsvikar
Wenige Tage darauf sandte der hiesige Rat dem Reichs-Vicar folgendes Glückwunschschreiben:
„Ew. Königl. Majestät an uns erlassenes gnädigstes Schreiben und hochgefügtes Mandat hat uns das zu vernehmen gegeben, welcher Gestalt durch des Allerhöchsten Heilige Vorsehung der weiland Allerdurchlauchtigste Fürst und Herr Carl der Siebende, erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, unser allergnädigster Kaiser und Herr, aus diesem zeitlichen Leben in die Ewigkeit abgerufen worden. Wie nun aber durch solchen Todesfall das Heilige Römische Reichs-Vicariat, vermöge der güldenen Bulle an Ew. Königl. Majestät gediehen! So ermangeln wir nicht sowohl zu diesem angetretenen hohen Vicariat unsere untertänigste Gratulation zu erstatten, als auch den Höchsten anzuflehen, daß er Ew. Königl. Majestät sothaner übernommenen allerhöchten Würde und Regierung im Röm. Reiche von oben Herab kräftigst lassen gesegnet sein, damit sowohl allerhöchst Dero gesamtes Königl. und Chursürstl. Haus mit aller selbst desiderirten Glückseligkeit bekrönt, als auch Ruh, Frieden und Sicherheit in ganz Europa durch Ew. Königl. Majestät Mitwirkung und manutenenz auf das erste wieder hergestellet werden möge.
Wir werden indessen nicht unterlassen, nach unser aNeruuterthänigsten Obliegenheit, sowohl das jetzo in- sinuirte Mandat behörig asfigiren zu lassen, als auch alle mögliche Sorge zu tragen, damit solchen Inhalts gemäß aller gehorsamst muß nachgelebt werden.
Ew. Majestät allerhöchste Huld und Gnade bitten wir uns hierbei allersubmissest aus und beharren dafür in allem tiefsten Respect Ew. Königlich. Majestät
Eine Freudenpredigt im Druck
Manchmal wurde auch nach erfolgter Krönung des neuen Kaisers ein Dank- und Freudenfest begangen. Vom Jahre 1742 liegt vor:
„Dank- und Freuden-Predigt wegen glücklich ausgefallener Wahl und Krönung des Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten und Unüberwindlichsten Fürsten und Herrn, Herrn Caroli Alberti, Erwählten Röm. Kaisers, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, auch Königs von Böhmen und Chur-Fürsten zu Bayern, unsers allergnädigsten Kaisers und Herrn, wie solche auf Verordnung Eines Hoch Edlen und Hochweisen Raths der Kaiserl. Röm. Reichs-Stadt Nordhausen Dominica Oculi in der Hauptkirche zu Nicolai bei volksreicher Versammlung öffentlich gehalten, und auf obrigkeitlichen Befehl zum Druck Libergeben worden von Henrich Volckmar Stangen, Pastore Primär., Consistorii Assessor, der Schulen Inspectore und des Weisenhauses Administratore; gedruckt bei Joh. Aug. Cöler."
Cantaten zum Fest
Bei diesem Dank- und Freudenfest am 25. Februar 1742 sind zwei Cantaten durch Cristoph Gottlieb Schröter, Componist und Organist zu St. Nicolai, wie auch Mitglied der Societät der musikalischen Wissenschaften aufgeführt worden:
- über 1. Könige 1. 39: „Glück zu dem Kaiser! rufen Wir; der Herr mit Dir!"
- über 1. Petri 2. 17: „Wer sollte Dich, vollkommne Majestät, nicht scheuen und Dir ein Herz voll Ehrerbietigkeit mit Furcht und Demut weihen?"
War der Kaiser gekrönt, so mußte man in der freien Reichsstadt an das Homagium, an
Die Ablegung des Huldigungseides
denken. Dieser konnte in verschiedener Weise geleistet werden: erstlich am Hofe des neuen Kaisers, entweder durch den ständigen Agenten Nordhausens oder durch bevollmächtigte Abgeordnete der Stadt; zweitens in Nordhausen vor einem kaiserlichen Gesandten, der als Stellvertreter des Herrschers erst vom Rate, dann von der gesamten Bürgerschaft das Homagium entgegennahm.
Beide Arten der Huldigung waren mit großen Ausgaben für die damals noch kleine Stadt verknüpft. Zu den vielen Auslagen kamen noch Geschenke an die kaiserlichen Gesandten oder an die Bevollmächtigten des Rates, vor allem ein beträchtliches Huldigungsgeschenk (Don gratuit = freiwilliges Geschenk) für den neuen Kaiser.
In alter Zeit wurde das Homagium gewöhnlich am kaiserlichen Hofe durch Bevollmächtigte des Rates geleistet. Hiervon einige Beispiele:
Der im Jahre 1346 gewählte Kail er Carl IV. gelangte erst 1349 zur Alleinherrschaft. Der vorsichtige Nordhäuser Rat ließ daher erst in diesem Jahre durch die Ratsmitglieder Hermann von Torstadt und Heinrich von Schernberg den Homagialeid ablegen. Die Vollmacht des Rats ist vom 26. August 1349 datiert.
Kaiser Wenzel war seinem tatkräftigen Vater Carl IV. 1378 gefolgt, aber erst im Jahre 1385 wurden die Bevollmächtigten des Rats, die „honesti viri et Consulares civitatis" Friedrich von Bendel eben und Heinrich von Berge, nach Prag gesandt, um das Homagium zu leisten. Ihre Vollmacht ist am 2. Oktober 1385 ausgestellt.
Das Gelöbnis Johann Lews
Im Jahre 1612 kam nach dem Ableben des gelehrten Kaisers Rudolf II. sein unfähiger Bruder Matthias auf den Kaiserthron. Zwei Jahre später wurde der Agent der freien Reichsstadt Johann Lew mit dem Homagium für Nordhausen beauftragt. Dessen Huldigungseid ist uns erhalten:
„Ich Johann Lew gelobe und schwöre in Kraft des schriftlichen Gewalts, so ich anstatt und im Namen Bürgermeister und Rat der Stadt Nordhausen, zu der Kaiserlichen Reichs-Hofrats-Cancelei übergeben habe, und in die Seele derselben, daß sie der Rom. Kaisers. Majestät Kaiser Matthiae, unserm allergnädigsten Herrn, und Ihrer Majestät Nachkommen am Reiche getreu, gehorsam und gewärtig sein, Ihrer: Majestät Frommen werben, und Schaden wehren sollen und wollen ohn Gefährde, als wahr Ihnen Gott helfe und das Heilige Evangelium".
Am 22. September 1614 teilte Lew aus Wetzlar dem hiesigen Rate mit, daß er am 4. September beim Kaiser!. Hofrat das Homagium abgelegt und die gebührliche Pflicht geleistet habe, eine Bescheinigung darüber bisher nicht bekommen, diese soll erst >u Linz ausgefertigt werden.
Die Informarionen privilegii betr. ist dieselbe zwar ausgefertigt, aber noch nicht von Ihrer Kaiserl. Majestät subscribiret. Der Rat muß sich gedulden, bis die Subscription und Besiegelung erfolgt; deren Beförderung will er sich alsdann sehr angelegen sein lassen. — II. Die Bitte des Rats um Moderation in Erlassung der Steuern betr. hat er soeben den Bescheid bekommen, daß darüber zur Zeit noch nicht entschieden werden könnte, sondern man müßte damit bis zum nächsten Reichstag warten.
Das Schreiben, betr. Befestigung der Freiheiten, will er dem Rate schicken, wenn er die der anderen Städte (Mühlhausen und Goslar) senden wird. Er schließt mit Segenswünschen und unterzeichnet „dienstwilliger
- Joh. Lew,
Rats-Agent am Kaiserlichen Hofe."
- Joh. Lew,
Dem Kaiser Matthias folgte schon 1619 der strenge Katholik Ferdinand II., der lieber über eine Wüste als über ein Land voll Ketzer herrschen wollte. Im folgenden Jahre legte ihm Dr. Salomon Gutwasser für die Stadt Nordhausen den Huldigungseid ab.
Nach dem Tode Ferdinands II. ging 1637 die Kaiserkrone an seinen Sohn Ferdinand III. über. — Im August 1638 beauftragten die freien Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen die Herren Jobst von Dranßfeld und Gottfried Plattner, für sie das Homagium zu leisten. Ihre Eidesformel ist etwas länger als die des Herrn Lew. Es heißt hier noch am Schluß:
„… auch sonst alles dasjenige tun sollen und wollen, was sie alle, und ein jeder insonderheit Ihrer Kaiserl. Majestät als gehorsame Unterthanen ihren natürlichen Herren zu tun schuldig sein; aller getreulich und ohne Gefährde, als obgedachten Bürgermeistern und Rathmannen, auch ganzer Gemeine Gott helfe und das Heilige Evangelium."
Eine Lokal-Huldigung kostet viel Geld
Über das Homagium. das 1746 dem Kaiser Franz 1. geleistet wurde, enthält das hiesige städtische Archiv eine Reihe von Urkunden, denen wir entnehmen, daß es nicht immer leicht war, eine Dispensation von der Lokal-Huldigung zu erhalten. Dies beweist der Briefwechsel mit dem Agenten der Stadt Johann Heinrich von Middelburg.
Als Kaiser Carl VI. 1740 starb, ohne männliche Erben zu hinterlassen, wählten die Kurfürsten Karl Albert von Bayern zu seinem Nachfolger. Nach dessen frühem Tode kam die Kaiserkrone jedoch wieder an einen Habsburger, an Franz I., den Gemahl Maria Theresias. Im Spätherbste des Jahres 1745 hatte die Stadt Nordhausen um Befreiung von einer Lokal-Huldigung gebeten, eingedenk der großen Ausgaben bei der Huldigung vor drei Jahren. Der Rats-Bevollmächtigte, Herr von Middelburg, antwortete am 16. December aus Wien: er habe bereits mit dem Vice-Canzler gesprochen, der äußerte:
„Daß gleichwie die Einnehmung der gleichen Huldigung Per Commissarios in loco ein großes und besonderes Vorrecht Jhro Kaiserl. Majestät wäre, auch einen guten Grund darinnen hätte, weilen die persönliche Abschwörung des Homagial-Eides in denen Gemütern derer so thane Pflicht Selbstleistende Magistratspersonen und Bürgern einen ganz anderen Eindruck würket, als wann solches in der Form Per mandatarium geschehe; weniger nicht dieses eine Gelegenheit wäre, wodurch Jhro Kaiserl. Majestät Wohl meritierten Ministris und Standespersonen eine Gnade und Vergeltung angedeihen lassen könnte, also ließe sich hiervon so leicht nicht abgehen, noch die gebetene Dispensation Verwilligen. Nachdem aber auch ein altes Herkommen, daß die Löbl. Reichsstädte dem zeitlichen Röm. Kaiser bei Antritt Dero Kaiserl. Regierung, mit einem „donatio" entgegengegangen wie solches sowohl in alten Zeiten als noch letzthin temporibus Augustissimorum Enroli VI. et. VII. ebenfalls testantibus actis und Reichskundiqermaßen geschehen, solchem nach Ihro Kaiserl. Majestät verhof- fen, es würden die Löbl. Reichsstädte solcher observanz gemäß, auch Allerhöchst Deroselben dieses Werktätige Merkmal der unterthänigsten Devotion zu bezeugen um so mehr willig und bereit sein, als offen- künig. was dieses Erzhaus zu Behauptung der Freiheit des Reichs und dessen Liberirung von dem Bedruck fremder Völker, für große Kosten angewendet, und noch ferner anzuwenden bereit lei. ingleichen wie Ihro Kaiserl. Majestät Dero allerhöchsten Person dabei zu exponiren keinen Anstand genommen hätte.
So sollte ich deshalb bei Ew. Hochedelgeborene pp. eine Erinnerung tun und anbei nicht Verhalten, daß die Bezeugung der devotion in diesem Stücke das adaequateste Mittel sein dürfte, unter einstens auch die Dispensation von der Lokal-Huldigung zu bewürken." — Dann bittet er um Antwort, wie hoch sie „ratlono grmati" etwa heraus zu lassen gedenken. Man hat ihm „die Listen und acta über die Geschenke bei Kaiser Carl VII. vorgewiesen."